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Zürich

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Nicht ohne meinen Anwalt!<br />

Text und Interview: Maximilian Marti<br />

… ist die Aussage, die in jedem Krimi, ob<br />

gespielt oder gedruckt, die Spannung noch<br />

um zwei Drehungen erhöht. Jedermann<br />

fühlt: jetzt geht’s in Richtung Minenfeld.<br />

Dem Beschuldigten ist klar, dass er ohne<br />

professionelle Hilfe im Regen steht, weil er<br />

aufgrund einer unbedachten Bemerkung<br />

Freiheit, Vermögen und Ansehen verlieren<br />

kann, im Extremfall sogar sein Leben.<br />

Wer sind diese Verteidiger, die man in der<br />

Not zu Hilfe ruft? Sie haben ein Studium<br />

absolviert, eine Prüfung bestanden und<br />

vom Staat das Patent zur Ausübung ihres<br />

Berufs erhalten. Mit der komplexen Rechtslandschaft<br />

unserer Zivilisation konfrontiert,<br />

spezialisieren sie sich fast ausnahmslos auf<br />

dem Gebiet, dessentwegen sie den Beruf<br />

überhaupt wählten und arbeiten entweder<br />

als Einzelkämpfer mit eigener Kanzlei oder<br />

im Verbund mit Kollegen. Die Idealisten unter<br />

ihnen möchten einfach der Gerechtigkeit<br />

zum Recht verhelfen, andere streben nach<br />

hohen gesellschaftlichen Lorbeeren, andere<br />

nach hohen Honoraren oder beidem.<br />

Wie arbeiten diese Anwälte? Was gehört<br />

ausser dem Diplom zu ihrem Arsenal? Sind<br />

sie die Schauspieler, als die man sie oft<br />

beschreibt und darstellt? Magier, die mit<br />

dem Spürsinn eines Drogenhundes überraschende<br />

Fakten aufdecken, mit der sie die<br />

Argumente der Anklage zerpfl ücken? Gutmenschen,<br />

die der Wahrheit und nur der<br />

Wahrheit dienen? Oder Winkeladvokaten,<br />

die mit allem, was erlaubt ist oder auch<br />

nicht, schlitzohrig die Interessen ihrer gewissenlosen<br />

Mandantschaft schützen?<br />

Um mehr darüber zu erfahren, besuchte<br />

ich eine der schillerndsten Persönlichkeiten<br />

der Rechtsszene in seiner Kanzlei: Dr.<br />

lic. iur Valentin Nikolai Josef Landmann,<br />

Anwalt, Dozent, Buchautor, begehrter<br />

Strafverteidiger und Gentleman. Er fällt auf<br />

durch seinen unorthodoxen Kleiderstil, besticht<br />

durch sein souveränes Auftreten vor<br />

Gericht, überzeugt mit Erfolgen in scheinbar<br />

hoffnungslosen Fällen und wurde, als<br />

Rechtsvertreter der Hells Angels, zum<br />

Liebling der Boulevardpresse, die ihn als<br />

«Milieuanwalt» tituliert und feiert. Von ihm<br />

wollte ich wissen:<br />

Advocatus Diaboli?<br />

Herr Landmann, warum umgeben Sie sich<br />

mit Totenköpfen, tragen einen solchen am<br />

Gürtel und Krawatten mit Uhrenmustern?<br />

Mit den Uhrensujets bezeuge ich visuell<br />

mein Bestreben, die Zeit, für die mich meine<br />

Mandantinnen und Mandanten bezahlen,<br />

nach bestem Wissen und Gewissen zu ihrem<br />

Vorteil zu nutzen. Der Totenkopf ist<br />

Sinnbild für meine Aufgabe, die zukünftige<br />

Lebensqualität der Menschen, denen ich<br />

beistehe, möglichst positiv zu beeinfl ussen.<br />

Ab und zu lösen Sie mit witzigen Bemerkungen<br />

im Gerichtssaal einen Lacher aus. Wirkt<br />

das für einen Anwalt nicht etwas flippig?<br />

Das sehe ich anders. Humor kann, mit strategisch<br />

korrektem Timing, die Sichtweise<br />

von Personen verändern, Situationen entschärfen<br />

und Verständnis erzeugen. Allerdings<br />

sind witzige Bemerkungen nur dem<br />

vorbehalten, der perfekt vorbereitet ist und<br />

nicht denen, die damit einen Fehler oder ihr<br />

Unwissen übertünchen möchten. Auch<br />

eine Prise schwarzer Humor kann manchmal<br />

eine dunkle Wolke etwas aufhellen. Wie<br />

für den Angeklagten, der mich nach Erhalt<br />

seines Urteils zu längerem Freiheitsentzug<br />

fragte: «Können Sie mich da herausholen?»<br />

und ich antwortete: «Auf jeden Fall, ich<br />

kann nur nicht versprechen wann». Er sah<br />

wieder Licht am Horizont.<br />

Sie haben in scheinbar hoffnungslosen Fällen<br />

nachträglich Strafreduktion oder Freispruch<br />

erwirkt. Warum sind Sie als Strafverteidiger<br />

so erfolgreich?<br />

Weil ich das Wort hoffnungslos nicht kenne.<br />

Erfolge sind für mich das Resultat akribischer<br />

Recherchen und bestärken mich in meiner<br />

Überzeugung, aus der Enge des üblichen<br />

Rahmens treten zu müssen, um die Dimension<br />

und Bedeutung der Komponenten eines<br />

Falls besser beurteilen, und dessen Entstehen<br />

besser analysieren zu können. So finde<br />

ich oft Spuren, Indizien und Hinweise, die<br />

beweisen, dass ein Ablauf, so wie er vor Gericht<br />

dargestellt wurde, nicht stattgefunden<br />

haben kann und damit das verkündete Strafmass<br />

in Frage gestellt ist. Dann beginnt die<br />

Suche nach der Wahrheit, der ich als Anwalt<br />

und Verteidiger verpflichtet bin.<br />

Das Gespräch dauerte länger als geplant<br />

was mir prompt einen Strafzettel unter dem<br />

Scheibenwischer bescherte. Diesen Fall<br />

werde ich wohl selber lösen müssen. Sollte<br />

es einmal brenzliger werden weiss ich, wen<br />

ich als Rechtsbeistand hole.<br />

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