Steinheimer Blickpunkt 538
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<strong>Steinheimer</strong> <strong>Blickpunkt</strong> Nr. <strong>538</strong><br />
15. Dezember 2016 SEITE 7<br />
Weihnachten<br />
in<br />
Steinheim<br />
Die „Bullemänner“ in Ottenhausen: Münsteraner Duo erklärt die Welt<br />
„Rammdöösig“ durch das Landleben<br />
Seit Jahren hatte der Heimatverein<br />
Ottenhausen versucht die „Bullemänner“<br />
zu verpflichten. Endlich<br />
hat es geklappt. Mit ihrem aktuellen<br />
Programm „Rammdöösig“ haben<br />
die beiden Münsterländer Augustin<br />
Upmann und Heinz Weißenberg aus<br />
Suchtdrup im zweimal ausverkauften<br />
Dorfgemeinschaftshaus die Ruhe<br />
bewahrt, wenn sie den Westfalen<br />
mit ihrer „Tastenfachkraft“ Svetlana<br />
Svoroba als ukrainischer „Strahlefrau“<br />
die Welt erklären.<br />
Rammdöösig ist die zwölfte Produktion<br />
der „Bullemänner“: schräger<br />
bis schwarzer Humor, trocken<br />
rübergebracht, intelligent und immer<br />
komisch. Die Landthemen gehen<br />
den beiden Kabarettisten nicht aus,<br />
wenn sie das Leben auf dem Lande<br />
wie auf einem OP-Tisch sezieren.<br />
Schließlich geht es in Suchtdrup<br />
nicht anders als im Rest der Welt. Ein<br />
russischer Oligarch kauft das Dorf,<br />
die ausgemusterte Kampfdrohne<br />
Floriane verursacht Chaos in der<br />
Leitstelle, ein Ehepaar lässt sich<br />
wegen falsch aufgehängter Klorollen<br />
scheiden und „Shades of Grey“ fräst<br />
Spuren durch die Schlafzimmer im<br />
Neubaugebiet.<br />
Mit Junggesellen aus Westfalen hat<br />
Svetlana sowieso nichts am Hut. „Die<br />
sind alle über 50 und leben noch bei<br />
Mama,“ hat sie festgestellt. Mit Muslimen<br />
in der Freiwilligen Feuerwehr<br />
hat man dagegen in Suchtdrup keine<br />
Probleme, auch Niedersachsen wird<br />
kurzerhand zum sicheren Herkunftsland<br />
erklärt, obwohl mit Andersgläubigen<br />
nicht immer so umgegangen<br />
wurde. Die Käfige auf dem Turm der<br />
Lambertikirche in Münster mit den<br />
Leichen der Wiedertäufer verraten,<br />
dass der Umgang nicht erst durch die<br />
Islamisten ein Thema sei, sondern<br />
schon eine frühere „katholische<br />
Kernkompetenz“ war. Auch Gevatter<br />
Tod geht mit der Zeit. Er kommt nicht<br />
mehr mit der Sense, sondern mit der<br />
Stihl Motorsäge.<br />
Spott muss sich auch die Politik<br />
gefallen lassen. Früher habe es in<br />
jedem Ort einen Dorftrottel gegeben.<br />
„Die haben sich heute alle vernetzt,<br />
rausgekommen ist die AfD,“ ätzt<br />
Feuerwehrmann Heinz Weißenburg.<br />
Auch die Ottenhäuser bleiben vom<br />
derben, aber sympathischen Humor<br />
nicht verschont. Im Dorf steht kein<br />
Geldautomat, weil die Nutzer mit der<br />
vierstelligen Geheimzahl nicht klar<br />
kommen. Die „Bullemänner“ glänzen<br />
nicht nur durch ihre klare Sprache,<br />
sondern auch durch ihre mit Gesang<br />
gewürzten musikalischen Einlagen<br />
und das schauspielerische Talent. Sie<br />
schlüpfen immer wieder in andere<br />
Rollen, sind pointensicher, bleiben<br />
aber immer liebenswert.<br />
Sie verraten, dass alle Tänze in<br />
Westfalen ihren Ursprung haben. Angefangen<br />
hat es mit dem Unterhaken,<br />
entstanden ist daraus das Schunkeln<br />
im Karneval. Und der erste Zumbatänzer<br />
hat zuvor einen elektrischen<br />
Weidezaun geküsst. Der Beifall des<br />
Publikums gibt ihnen recht, wenn sie<br />
anregen, auf Autos künftig Dürers<br />
betende Hände mit dem Zitat „Gib mir<br />
Ablass mit dem Abgas“ anzubringen.<br />
Mit ihrem aktuellen Kabarettprogramm „Rammdöösig“ glänzen die „Bullemänner“ Heinz Weißenberg<br />
(rechts) und Augustin Upmann im zweimal ausverkauften Dorfgemeinschaftshaus in Ottenhausen.<br />
Buch von Annette Fischer: Streifzüge zwischen Eggegebirge, Weser, Sauerland und Senne<br />
Natur entdecken vor der eigenen Haustür<br />
„Warum sieht eigentlich die Landschaft so<br />
aus, wie sie aussieht?“ Mit dieser Fragestellung<br />
im Gepäck hat Annette Fischer unzählige<br />
Streifzüge durch die vielgestaltige Region<br />
zwischen Eggegebirge, Weser, Sauerland und<br />
Senne unternommen, wo bewaldete Bergrücken<br />
und Täler ebenso das Bild bestimmen<br />
wie fast baumlose Hochflächen, ackerbaulich<br />
genutzte Börden, von Grünland geprägte Flussniederungen<br />
und eine Sandebene, auf deren<br />
kargen Böden Kiefern- und Heidebewuchs<br />
dominieren.<br />
Zu entdecken gibt es dabei eine ganze Menge:<br />
Lichte Buchenbestände, in denen zeitig im<br />
Jahr die Frühblüher ihre Teppiche ausbreiten,<br />
und Orchideenwiesen, die mit sommerlicher<br />
Farbenpracht und überraschender Artenfülle<br />
beeindrucken; schroffe Felsen, deren Geheimnisse<br />
sich oft erst auf den zweiten Blick<br />
offenbaren, und einiges mehr: Verborgene<br />
Schönheiten aufspüren und Bekanntes, auch<br />
Alltägliches im wahrsten Sinne des Wortes<br />
in einem neuen Licht sehen – darum geht<br />
Blick über Vinsebeck hinweg auf das <strong>Steinheimer</strong> Becken. Am Horizont ist der Köterberg erkennbar.<br />
Interessante Einblicke in die Erdgeschichte vermittelt ein Steinbruch bei Vinsebeck.<br />
es Annette Fischer, die als Fotografin Natur<br />
und Landschaft zwischen Weser und Diemel,<br />
Alme, Lippe und Ems erkundet. „Man sieht<br />
nur, was man weiß“ ist ihr Motto, wenn sie<br />
den landschaftlichen Eigenarten unter anderem<br />
von Paderborner Hochfläche und Senne,<br />
Eggegebirge, Brakeler Bergland und Wesertal,<br />
<strong>Steinheimer</strong> Becken und Warburger Börde<br />
nachgeht, um in lebendigen und informativen<br />
Texten die vielfältigen Facetten der Region<br />
vorzustellen.<br />
Die Ergebnisse ihrer Recherchen und Entdeckungstouren<br />
hat die im lippischen Schlangen<br />
lebende Fotodesignerin und Autorin in einem<br />
aufwendig gestalteten Text-/Bildband zusammengefasst,<br />
der mit seinen Schilderungen und<br />
faszinierenden, zum Teil großformatigen Fotografien<br />
einmal mehr dazu anregen kann, sich<br />
offenen Auges auf den Weg durch heimische<br />
Gefilde zu machen.<br />
Annette Fischer: Natur entdecken – Streifzüge<br />
zwischen Eggegebirge, Weser, Sauerland<br />
und Senne, 271 Seiten, über 400 farbige, teils<br />
großformatige Landschafts- und Naturfotografien.<br />
Bonifatius Verlag Paderborn 2016, 36,90<br />
Euro, ISBN 978-3-89710-639-0.<br />
Der<br />
nächste<br />
<strong>Steinheimer</strong><br />
<strong>Blickpunkt</strong><br />
erscheint<br />
am<br />
19. Januar<br />
2017!<br />
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