Kongressjournal Allgemeinmedizin Ausgabe 26. November 2016
Das Kongressjournal ist eine Live-Berichterstattung für Kongressteilnehmer des Allgemeinmedizinkongresses der stafam in Graz. Da viele Themen auch für Interessierte oder Betroffene wichtig sind, wurde eine eigene Publikumsausgabe hier in digitaler Form zusammengestellt. Hinweis: Aus rechtlichen Gründen wurden sämtliche Werbeeinschaltungen, die nicht für die Allgemeinheit erlaubt sind, herausgenommen.
Das Kongressjournal ist eine Live-Berichterstattung für Kongressteilnehmer des Allgemeinmedizinkongresses der stafam in Graz. Da viele Themen auch für Interessierte oder Betroffene wichtig sind, wurde eine eigene Publikumsausgabe hier in digitaler Form zusammengestellt. Hinweis: Aus rechtlichen Gründen wurden sämtliche Werbeeinschaltungen, die nicht für die Allgemeinheit erlaubt sind, herausgenommen.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
KONGRESS<br />
JOURNAL<br />
Abschied nehmen – Hoffnung geben<br />
Am Ende des Lebens<br />
End of Life Care ist eine fachliche,<br />
kommunikative und medizinethische<br />
Herausforderung und<br />
vereint wie keine andere ärztliche<br />
Tätigkeit die naturwissenschaftlichen<br />
und humanwissenschaftlichen<br />
Aspekte der Medizin.<br />
Die Zunahme chronischer Erkrankungen,<br />
die Vielfalt der palliativen,<br />
konservativen und interventionellen<br />
therapeutischen Möglichkeiten, welche<br />
die Grenze zwischen Leben und<br />
Tod variabel gemacht haben, führen<br />
dazu, dass wir eine längere Lebenserwartung<br />
mit längerer Pflegebedürftigkeit<br />
haben. Wir leben länger,<br />
sterben aber auch länger. Eine wesentliche<br />
Rolle kommt den Ärzten<br />
zuteil: Sie können für eine gute Sterbekultur<br />
sorgen.<br />
Sterben wird in unseren Breitengraden<br />
generell meist als unglücklicher<br />
Verlauf und nicht als natürlicher Prozess<br />
erlebt – von Betroffenen wie von<br />
Helfern gleichermaßen. Die terminale<br />
Lebensphase (End of Life Care) eines<br />
Menschen stellt demnach meist eine<br />
intensive Zeit für alle Beteiligten dar.<br />
End of Life Care fordert eine aktive,<br />
flexible und kontinuierlich individuell<br />
angepasste Behandlung und ist<br />
sicherlich eine interdisziplinäre und<br />
multiprofessionelle Herausforderung<br />
– wenngleich trotzdem eine schöne<br />
Tätigkeit. „End of Life Care ist eine<br />
sehr sinnvolle Aufgabe“, schildert<br />
OÄ Dr. Julijana Verebes, Universitäre<br />
Palliativmedizinische Einrichtung<br />
(UPE), Univ.-Klinik für Innere Medizin,<br />
Med. Universität Graz, aus ihrem<br />
Berufsalltag. „Wir Ärzte können<br />
maßgeblich dazu beitragen, dass<br />
eine gute Sterbekultur entsteht.“<br />
Eine gute Sterbekultur gelingt am<br />
besten mit einer frühzeitigen Kommunikation<br />
über den Willen und die<br />
Wünsche der Patienten und durch<br />
Sicherung der Symptomlinderung in<br />
der Sterbephase. „Die Betreuung der<br />
Angehörigen, die in emotionaler Not<br />
sind, ist gleichermaßen eine wichtige,<br />
wenn auch manchmal zeitlich<br />
aufwendige, aber sehr oft dankbare<br />
Aufgabe“, so Dr. Verebes.<br />
Zeit zu handeln<br />
Aus ethischen Gesichtspunkten gesehen<br />
hat der Erhalt oder die Wiederherstellung<br />
der Lebensqualität<br />
Priorität vor möglichem Zugewinn<br />
an Lebenszeit. Lebensqualität ist im<br />
überindividuellen Definitionszusammenhang<br />
als erlebte Handlungsfähigkeit<br />
zu verstehen. Es heißt, je<br />
handlungsfähiger sich Patienten und<br />
Angehörige erleben, desto besser<br />
fühlen sie sich. Je handlungsunfähiger<br />
sie sich erleben, desto schlechter<br />
fühlen sie sich. „Dies betrifft auch<br />
die Ärzte. Es fällt uns leichter, Diagnostik<br />
und Therapie fortzuführen<br />
oder einzuleiten, als auf Diagnostik<br />
zu verzichten und manche medizinische<br />
Maßnahmen abzubrechen“,<br />
erklärt Dr. Verebes. Es hilft, die palliativen<br />
therapeutischen Zielsetzungen<br />
gleichwertig ernst zu nehmen wie die<br />
präventiven oder kurativen.<br />
Advanced Care Planning<br />
Eine zeitliche Prognose ist schwierig.<br />
Aber wenn der behandelnde Arzt<br />
nicht mehr glaubt, dass der Patient<br />
die nächsten sechs bis zwölf Monate<br />
überleben wird, ist es Zeit, mit dem<br />
Advanced Care Planning zu beginnen.<br />
Das heißt, Gespräche zu den Wünschen<br />
des Patienten in Form eines<br />
Vorsorgedialoges, Beratung bezüglich<br />
schriftlicher Patientenverfügung oder<br />
Vorsorgevollmacht. Dr. Verebes: „Wir<br />
können in den Entscheidungsfindungsprozessen<br />
der End of Life Care<br />
letztendlich auch durch Ethik in der<br />
Kommunikation am Lebensende Gutes<br />
bewirken.“ Studien zeigen, dass für<br />
Patienten und Angehörige in der letzten<br />
Lebensphase aus medizinischer<br />
Sicht das Wichtigste das Vertrauen in<br />
den behandelnden Arzt ist, danach<br />
wird die ehrliche, behutsame Kommunikation<br />
und keine Lebensverlängerung<br />
um jeden Preis benannt.<br />
VORTRAG FÜR ÄRZTE:<br />
Abschied nehmen –<br />
Hoffnung geben<br />
Samstag, <strong>26.</strong>11., 14.55 Uhr<br />
10 KONGRESSJOURNALGraz/<strong>26.</strong> <strong>November</strong> <strong>2016</strong>