Kongressjournal Allgemeinmedizin Ausgabe 26. November 2016
Das Kongressjournal ist eine Live-Berichterstattung für Kongressteilnehmer des Allgemeinmedizinkongresses der stafam in Graz. Da viele Themen auch für Interessierte oder Betroffene wichtig sind, wurde eine eigene Publikumsausgabe hier in digitaler Form zusammengestellt. Hinweis: Aus rechtlichen Gründen wurden sämtliche Werbeeinschaltungen, die nicht für die Allgemeinheit erlaubt sind, herausgenommen.
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KONGRESS<br />
JOURNAL<br />
Gicht-Management <strong>2016</strong><br />
Diagnose und Therapie<br />
Bei Gicht handelt es sich um<br />
eine entzündliche Gelenkerkrankung,<br />
die durch Mono-<br />
Natriumuratkristalle (MNU)<br />
in Gelenken und Sehnen entsteht.<br />
Ein bis zwei Prozent aller<br />
Erwachsenen in den Industrieländern<br />
sind betroffen. Die<br />
Gichtinzidenz steigt vor allem<br />
mit dem Alter, dem BMI und<br />
dem Wohlstand. Als Zielwert der<br />
Therapie gilt eine Serumharnsäurekonzentration<br />
< 6 mg/dl,<br />
bei Tophi von < 5 mg/dl.<br />
OÄ Dr. Judith Sautner und Dr. Rudolf Puchner<br />
Fotos: Unlimited Media<br />
Eine Gicht gilt als Systemerkrankung.<br />
Die Patienten leiden unter<br />
der verminderten Lebensqualität.<br />
Zu den nicht beeinflussbaren Risikofaktoren<br />
gehören Alter, männliches<br />
Geschlecht oder genetische<br />
Faktoren, zu den beeinflussbaren<br />
zählen eine Hyperurikämie, purinreiche<br />
Ernährung, Alkoholgenuss,<br />
Adipositas oder auch Medikamente<br />
(vor allem niedrig dosiertes ASS oder<br />
Diuretika). OÄ Dr. Judith Sautner,<br />
Landesklinikum Stockerau: „Nach<br />
der neuesten Klassifikation unterscheidet<br />
man vier Stadien: Stadium<br />
A ist die Hyperurikämie, es gibt<br />
keinen MNU-Nachweis und keine<br />
Gichtsymptome und daher auch<br />
keine Therapieindikation.<br />
Aber es ist die erste Stufe des Gichtgeschehens.<br />
Im Stadium B kann<br />
man MNU nachweisen, es fehlen<br />
aber die Symptome. Stadium C inkludiert<br />
rezente/frühere Gichtanfälle.<br />
Bei Stadium D handelt es sich<br />
um eine fortgeschrittene Erkrankung<br />
mit der Notwendigkeit, einen Spezialisten<br />
zu involvieren.<br />
Symptomatik der Gicht<br />
Es handelt sich um rezidivierendes<br />
Auftreten einer akuten, sehr schmerzhaften<br />
Entzündung eines einzelnen<br />
Gelenks. „Zumeist mehr als 50 Prozent<br />
ist das Großzehengrundgelenk<br />
betroffen“, so Dr. Rudolf Puchner,<br />
Internist in Wels. Andere häufige Entzündungsorte<br />
sind Fuß, Knöchel, Knie,<br />
Finger, Handgelenk und Ellenbogen.<br />
Typisch sind starke, plötzlich auftretende<br />
Schmerzen, Schwellungen und<br />
auch ausgeprägte Berührungsempfindlichkeit.<br />
Die Anfälle beginnen oft<br />
in der Nacht oder am frühen Morgen<br />
und klingen unbehandelt innerhalb<br />
von sieben bis zehn Tagen ab.<br />
Dr. Puchner: „Die Verdachtsdiagnose<br />
Gicht kann auch ohne Gelenkpunktion<br />
und Analyse der Synovialflüssigkeit<br />
gestellt werden, wenn typische<br />
Podagra-Bilder festzustellen sind<br />
oder Gichtanfälle bzw. Hyperurikämie<br />
in der Vergangenheit vorlagen.“ Eine<br />
eindeutige Diagnose ist durch den<br />
Nachweis von Kristallen in Gelenkoder<br />
Tophus-Proben möglich. Die Behandlungsziele<br />
bei der akuten Gicht<br />
sind, die Schmerzen zu lindern und<br />
die Entzündung zu hemmen. Akute<br />
Gichtanfälle können mit NSAR,<br />
Colchicin oder Glukokortikoiden<br />
meist gut behandelt werden. In der<br />
langfristigen Behandlung ist die Gicht<br />
durch die Auflösung der Kristalle und<br />
die Verhinderung weiterer Kristallbildung<br />
heilbar. „Als Zielwert sollte<br />
eine Serumharnsäurekonzentration<br />
unter 6 mg/dl angestrebt werden“, rät<br />
OÄ Sautner. Allerdings hängt der<br />
Harnsäurespiegel auch von den Co-<br />
Morbiditäten ab. Dr. Puchner ergänzt:<br />
„Unter 5 mg/dl bilden sich sogar die<br />
Tophi wieder zurück.“ Eine Änderung<br />
der Lebensweise reicht meist (alleine)<br />
nicht aus. „Bei zwei oder mehr Anfällen<br />
pro Jahr ist eine medikamentöse<br />
Harnsäuresenkung erforderlich“, so Dr.<br />
Puchner. Zu Beginn wird mit Allopurinol<br />
behandelt, eventuell in Kombination<br />
mit Urikosurika. Bei ungenügender<br />
Harnsäuresenkung, Unverträglichkeit<br />
oder Niereninsuffizienz rät er zur Therapie<br />
mit Febuxostat (Adenuric®). Die<br />
chronische, tophöse Gicht ist immer<br />
ein Fall für Febuxostat.<br />
Graz/<strong>26.</strong> <strong>November</strong> <strong>2016</strong> KONGRESSJOURNAL 15