21.12.2016 Aufrufe

blu Januar 2017

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

GESUNDHEIT<br />

BESCHAFFUNG<br />

FOTOS: C. KNUTH<br />

So lange die Kostenübernahme nicht<br />

geklärt ist, besorgen sich PrEP-User die<br />

Medikamente auf anderen Wegen. Unser<br />

Interviewpartner erzählte über die<br />

illegale Methode des Selbst-Importes<br />

per Post. Es gibt aber auch noch die<br />

Möglichkeit, auf legalem Wege günstiger<br />

an die PrEP zu kommen.<br />

PrEP-Aktivist Nicholas Feustel fasste<br />

diesen Weg in einer Facebookdiskussion<br />

zusammen: „Legal wäre zum Beispiel das<br />

Mitbringen von Generika ‚für den Eigenbedarf‘<br />

bei einer Reise von England nach<br />

Deutschland: ‚Reisende dürfen Arzneimittel<br />

bei der Einreise nach Deutschland in<br />

einer dem üblichen persönlichen Bedarf<br />

entsprechenden Menge mitführen (§ 73<br />

Absatz 2 Nr. 6 oder 7 AMG). In diesem<br />

Fall ist weder eine Einfuhrerlaubnis nach<br />

Deutschland noch eine Zulassung oder<br />

Registrierung der jeweiligen Arzneimittel<br />

für Deutschland erforderlich. Unerheblich<br />

ist auch, ob es sich um verschreibungspflichtige<br />

und apothekenpflichtige<br />

Präparate handelt oder nicht. Als<br />

‚üblicher persönlicher Bedarf‘,<br />

der bei der Einreise mitgeführt<br />

werden darf, ist in der<br />

Regel ein Bedarf von maximal<br />

drei Monaten, unter<br />

Berücksichtigung der<br />

Dosierungsempfehlung<br />

für das jeweilige<br />

Arzneimittel, anzusehen. Hinweise hierzu<br />

enthalten die Packungsbeilage/Fachinformation<br />

des jeweiligen Arzneimittels.“<br />

(Quelle: http://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/krankenversicherung/arzneimittelversorgung/einfuhr-vonarzneimitteln.html)<br />

Der legale Versand des Originalpräparates<br />

Truvada innerhalb der EU über<br />

Internetapotheken, der nach einem Urteil<br />

des Europäischen Gerichtshofes gegen<br />

die deutsche Preisbindung theoretisch<br />

möglich wäre, ist aufgrund politischer<br />

Entscheidungen noch nicht frei. Bundesgesundheitsminister<br />

Hermann Gröhe<br />

(CDU) wollte das Gerichtsurteil unterwandern,<br />

indem er in einem ersten Vorstoß<br />

ein komplettes Verbot des Onlinehandels<br />

und von Online-Apotheken durchsetzen<br />

wollte. Dies scheiterte am Widerstand<br />

der SPD. Auch Linke und Grüne sowie<br />

FDP-Chef Lindner sprachen sich gegen<br />

ein solches Verbot aus. Ausgang zurzeit<br />

ungewiss. •ck<br />

KOSTENFRAGEN<br />

Rund 800 Euro im Monat kostet eine Behandlung<br />

mit Truvada in Deutschland. Ein Kostenfaktor, den<br />

sich nur wenige leisten können. Wird die PrEP also<br />

nur Reichen zur Verfügung stehen und so sichtbares<br />

Zeichen einer Zwei-Klassen-Medizin?<br />

Dass die gesetzliche Krankenkasse einspringen wird,<br />

ist eher unwahrscheinlich. So schrieb uns der Pressesprecher<br />

des GKV-Spitzenverbandes auf Nachfrage:<br />

„Eine Finanzierung der Tabletten durch die gesetzlichen<br />

Krankenkassen als Mittel zur Prävention wäre<br />

jedoch durch das Sozialgesetzbuch nicht gedeckt und<br />

kann deshalb nicht erfolgen. Im SGB V § 12 Abs. 1 ist<br />

vorgegeben, dass die Leistungen der GKV ‚ausreichend,<br />

zweckmäßig und wirtschaftlich‘ sein müssen<br />

und ‚sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten‘.<br />

Mit dem Kondom gibt es eine bewährte<br />

und leicht zugängliche Methode, einer HIV-Infektion<br />

vorzubeugen.“<br />

LÜCKE IM SYSTEM<br />

Die Hoffnung lag nun auf dem Gemeinsamen Bundesausschuss<br />

(G-BA). Dieses oberste Beschlussgremium<br />

der Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen<br />

bestimmt in Deutschland, welche Leistungen von<br />

den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden.<br />

Auf Nachfrage der Deutschen AIDS-Hilfe antwortet<br />

der Vorsitzende des G-BA, Josef Hecken, dieser „sei<br />

für diese Frage nicht zuständig“. Bei der Präexpositionsprophylaxe<br />

(PrEP) werde Truvada weder zur<br />

Behandlung einer Krankheit eingesetzt, noch handele<br />

es sich um eine Impfung. Truvada sei außerdem keine<br />

Alternative zu Kondomen.<br />

Insofern entspreche die PrEP nicht den gesetzlichen<br />

Vorgaben, nach denen der G-BA über eine Finanzierung<br />

von Medikamenten befindet. Dazu erklärt Sylvia<br />

Urban vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe: „Wir<br />

bedauern sehr, dass der Gemeinsame Bundesausschuss,<br />

der sonst für die Erstattungsfähigkeit aller<br />

Medikamente zuständig ist, sich nicht mit der PrEP<br />

befassen möchte.<br />

Die Absage offenbart eine Systemlücke: Medikamentöse<br />

Prophylaxen sind nicht eindeutig vorgesehen. Da<br />

sie aber wirksam sind, brauchen wir so schnell wie<br />

möglich eine Lösung. Die Bundesregierung muss jetzt<br />

ein klares Signal setzen, dass die PrEP ein Teil unserer<br />

erfolgreichen deutschen Präventionsstrategie werden<br />

soll.“ •ck

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!