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blu Januar 2017

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FILM<br />

PATRICE<br />

„Einfach das<br />

Ende der Welt“<br />

FOTOS: SHAYNE LAVERDIÈRE, SONS OF MANUAL<br />

Interview<br />

XAVIER DOLAN<br />

Selten dürfte ein Regisseur so jung eine<br />

so steile Entwicklung hingelegt haben<br />

wie Xavier Dolan. Nach einer erfolgreichen<br />

Karriere als Kinderdarsteller und<br />

Synchronsprecher (u. a. lieh er Ron<br />

Weasley in der québec-französischen<br />

Version der „Harry Potter“-Filme seine<br />

Stimme) inszenierte er als 19-Jähriger<br />

seinen ersten Film „Ich habe meine<br />

Mutter getötet“, der prompt beim Filmfestival<br />

in Cannes lief.<br />

Seither folgten mit „Herzensbrecher“,<br />

„Laurence Anyways“, „Sag nicht, wer du<br />

bist!“ und „Mommy“ vier weitere Filme,<br />

außerdem führte der offen schwule Kanadier<br />

beim sensationell erfolgreichen Video<br />

zu Adeles „Hello“ Regie. Jetzt kommt am<br />

29.12. mit „Einfach das Ende der Welt“<br />

Dolans sechster Spielfilm in die Kinos. Wir<br />

trafen den 27-Jährigen aus diesem Anlass<br />

zum Interview, bei dem die Stimmung<br />

angespannt war, denn: Zwar gewann der<br />

Film in Cannes den Großen Preis der Jury,<br />

doch die Kritiken fielen so (unverdient!)<br />

negativ aus wie nie.<br />

XAVIER, DIE KRITIKEN WAREN ZUR WELT-<br />

PREMIERE DEINES NEUEN FILMS „EIN-<br />

FACH DAS ENDE DER WELT“ TEILWEISE<br />

RECHT HARSCH. BEKOMMST DU SO<br />

ETWAS ÜBERHAUPT MIT?<br />

Was für eine Frage. Natürlich! Mir wurde<br />

zwar schon am Anfang meiner Karriere<br />

von ganz vielen Leuten dauernd gesagt:<br />

„Lies bloß nicht die Kritiken“, aber mich<br />

hat immer interessiert, was die Leute über<br />

meine Arbeit sagen. Ich finde es notwendig,<br />

ja sogar fast eine Pflicht, mich damit<br />

auseinanderzusetzen. Das kann durchaus<br />

hilfreich sein, denn manchmal finde ich in<br />

den Besprechungen meiner Filme Antworten<br />

auf Fragen, die ich selber hatte. Und<br />

wenn ich überall lese, dass zum Beispiel<br />

die Kritiker Weiß sehen, wo ich aber<br />

Schwarz im Sinn hatte, dann sollte mir das<br />

zu denken geben. Was ich in diesem Jahr<br />

in Cannes erlebt habe, war aber etwas<br />

anderes.<br />

NÄMLICH?<br />

In den sieben Jahren, die ich schon zu<br />

diesem Festival komme, haben sich der<br />

Tonfall und die Atmosphäre verändert.<br />

Plötzlich liegen Angst und Hass und Verachtung<br />

in der Luft und zwischen den Zeilen.<br />

Social Media haben vieles verändert,<br />

plötzlich ist ein eiliger Tweet wichtiger als<br />

eine lange, durchdachte Kritik. Natürlich<br />

gehört es immer zu Festival, dass Filme<br />

das Publikum spalten. Man wird von manchen<br />

gefeiert und von anderen abgelehnt.<br />

Aber mir gefällt nicht, wie sich da gerade<br />

die Grenzen verschieben.<br />

ABER KANN MAN SOLCHE TEXTE UND<br />

TWEETS NICHT EINFACH IGNORIEREN?<br />

GESCHMÄCKER SIND NUN EINMAL<br />

VERSCHIEDEN ...<br />

Ich weiß aber einfach nicht, wie ich<br />

Kritiken nicht persönlich nehmen soll. Wer<br />

meine Filme nicht mag, der mag mich<br />

nicht. Es steckt so viel von mir und meiner<br />

Persönlichkeit in meiner Arbeit, das lässt<br />

sich nicht trennen. Das da auf der Leinwand<br />

– das ist ein Teil von mir.<br />

DANN MUSST DU DIR VIELLEICHT EIN-<br />

FACH SAGEN, DASS GEWISSE LEUTE DEN<br />

FILM NICHT VERSTANDEN HABEN.<br />

Bislang habe ich mich immer geweigert,<br />

Unverständnis als Ausrede zu nehmen.<br />

Ich fand, dass das eine Beleidigung ist,<br />

denn damit unterstelle ich den Kritikern,

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