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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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XIV POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

Unter Historikern dom<strong>in</strong>iert die Ansicht, daß <strong>der</strong> Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Neuzeit um das Jahr 1500 herum<br />

angesiedelt werden sollte, als technische und soziale Umwälzungen wie die Erf<strong>in</strong>dung des<br />

Buchdrucks o<strong>der</strong> die Ausbildung neuer Grundherrschaftsformen das Leben <strong>der</strong> Menschen<br />

nachhaltig verän<strong>der</strong>t hatten, die Macht <strong>der</strong> (katholischen) Kirche durch die Reformation sowie<br />

die zunehmende Verselbständigung <strong>der</strong> fürstlichen Herrschaft herausgefor<strong>der</strong>t wurde und<br />

6<br />

geographische +Entdeckungen* neue Handelswege und Ressourcen erschlossen. Aber ist<br />

<strong>der</strong> geschichtswissenschaftliche Begriff <strong>der</strong> Neuzeit mit dem <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne tatsächlich identisch?<br />

– Für diese These spricht zum<strong>in</strong>dest, daß etwa im romanischen Sprachraum gar ke<strong>in</strong>e zwei<br />

getrennten Begriffe existieren. Dazu Wolfgang Welsch, <strong>der</strong> hierzulande e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> wichtigsten<br />

Stimmen im Mo<strong>der</strong>ne-<strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne-Diskurs darstellt:<br />

+Italienisch ›il mo<strong>der</strong>no‹, o<strong>der</strong> französisch ›les temps mo<strong>der</strong>nes‹, bezeichnet ungetrennt das, was man<br />

im Deutschen als ›Neuzeit‹ und ›Mo<strong>der</strong>ne‹ zwar nicht unterscheiden muß, aber unterscheiden kann.*<br />

(Unsere postmo<strong>der</strong>ne Mo<strong>der</strong>ne; S. 66)<br />

Tatsächlich ist aber auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> deutschen Sprache <strong>der</strong> Unterschied <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wortbedeutung<br />

zwischen +Mo<strong>der</strong>ne* und +Neuzeit* re<strong>in</strong> virtuell, und e<strong>in</strong> Blick <strong>in</strong> den +Duden* lehrt schnell,<br />

daß das Adjektiv +mo<strong>der</strong>n* sich vom late<strong>in</strong>ischen +mo<strong>der</strong>nus* ableitet, was wie<strong>der</strong>um nichts<br />

an<strong>der</strong>es als eben +neu(zeitlich)* bedeutet. Entsprechend <strong>der</strong> oben von ihm angedeuteten<br />

Möglichkeit zur Differenzierung zwischen Mo<strong>der</strong>ne und Neuzeit me<strong>in</strong>t Welsch nun allerd<strong>in</strong>gs,<br />

daß das Konzept <strong>der</strong> <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne e<strong>in</strong>e Unterscheidung zwischen den beiden Begriffen geradezu<br />

verlange, denn +die <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne setzt sich zwar entschieden von <strong>der</strong> Neuzeit, sehr viel weniger<br />

h<strong>in</strong>gegen von <strong>der</strong> eigentlichen Mo<strong>der</strong>ne ab* (ebd.).<br />

Die Neuzeit läßt Welsch (im Gegensatz zur dom<strong>in</strong>anten geschichtswissenschaftlichen Datierung)<br />

erst mit René Descartes (1596–1650) und damit im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t beg<strong>in</strong>nen. Er bef<strong>in</strong>det<br />

sich als Philosoph mit dieser Bestimmung allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> guter Gesellschaft. Fast alle Interpreten<br />

<strong>der</strong> Philosophiegeschichte sehen <strong>in</strong> Descartes jenen Denker, <strong>der</strong> die +Epochenschwelle* markiert<br />

(vgl. z.B. Röd: Philosophie <strong>der</strong> Neuzeit; S. 9) – e<strong>in</strong>e Auffassung, die bereits Hegel vertrat:<br />

+Die […] eigentlich mo<strong>der</strong>ne Philosophie fängt mit Cartesius an*, bemerkt dieser <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />

Vorlesungen zur +E<strong>in</strong>leitung <strong>in</strong> die Geschichte <strong>der</strong> Philosophie* (S. 238).<br />

Je pense, donc je suis (Ich denke, also b<strong>in</strong> ich) – jener (Kurz-)Schluß Descartes’ ist die<br />

7<br />

solipsistische Basis <strong>der</strong> neuzeitlichen Subjektphilosophie, und er selbst me<strong>in</strong>te, mit diesem

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