09.12.2012 Aufrufe

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

EXCURSION TERMINALE: POLITISCHE APORIEN UND UTOPIEN LXXXVII<br />

Was aber macht das +Wesen* des solchermaßen aus <strong>der</strong> postmo<strong>der</strong>nen Ausweglosigkeit (neuer-<br />

lich) hervorgekehrten Utopischen aus? – Karl Mannheim, an den ich hier anschließen möchte,<br />

begriff das utopische Bewußtse<strong>in</strong> als e<strong>in</strong>e transzendierende Orientierung, +die, <strong>in</strong> das Handeln<br />

e<strong>in</strong>gehend, die jeweils bestehende Se<strong>in</strong>sordnung […] teilweise o<strong>der</strong> ganz sprengt* (Ideologie<br />

und Utopie; S. 169). Es erweist sich also immer nur <strong>in</strong> (negieren<strong>der</strong>) Relation zu e<strong>in</strong>er konkreten<br />

Wirklichkeit, die es überschreiten will, als utopisch. Genau <strong>in</strong> diesem negativen Wirklichkeitsbe-<br />

zug +ist es möglich, daß die Utopien von heute zu den Wirklichkeiten von morgen werden<br />

können* (ebd.; S. 177), d.h. Utopie schöpft ihre (potentielle) +Realität* aus <strong>der</strong> Negation <strong>der</strong><br />

Aktualität. Nur das wi<strong>der</strong>ständige +Denken des Außen* (Foucault), kann den sozialen Innenraum<br />

erweitern. In <strong>der</strong> dialektischen Spannung von Se<strong>in</strong> und Bewußtse<strong>in</strong> stößt und reibt sich das<br />

Subjekt am Objekt – und reflektiert (h<strong>in</strong>terfragt) damit dessen +Objektivität*.<br />

Kritische Reflexion, die für die überschreitende Bewegung <strong>der</strong> Utopie unabd<strong>in</strong>gbar ist, macht<br />

sich folglich am Konkreten fest, sie ist bestimmte Negation. Das Utopische selbst, jener negative<br />

Nicht-Ort, darf h<strong>in</strong>gegen nicht konkret se<strong>in</strong> (um wirklich werden zu können). Der e<strong>in</strong>zige<br />

Weg, e<strong>in</strong>en +konstruktiven* Beitrag zu leisten, besteht <strong>in</strong> Dekonstruktion. Ansonsten droht<br />

das utopische Denken banal zu werden und sich <strong>in</strong> die Wi<strong>der</strong>sprüche <strong>der</strong> E<strong>in</strong>deutigkeit zu<br />

verwickeln. Es verschlösse <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Festlegungen die Möglichkeiten <strong>der</strong> Zukunft, statt sie<br />

3<br />

offen zu halten. Utopisches Bewußtse<strong>in</strong> muß deshalb gerade als konkret angestoßener Wunsch<br />

und Wille zum Besseren ›pr<strong>in</strong>zipiellen‹ und unbestimmten Charakter haben. Erst im Zusam-<br />

menspiel von bestimmter Negation und unbestimmter Utopie wird das Mögliche (als Über-<br />

schreitung <strong>der</strong> Aktualität) erschlossen, e<strong>in</strong> Kont<strong>in</strong>genzraum eröffnet.<br />

Doch was könnte, so muß man weiter fragen, die Grundlage solcher +Überschreitung* se<strong>in</strong>?<br />

Oben wurde mit dem Gedanken e<strong>in</strong>es +selbst-bewußten* Subjekts e<strong>in</strong>e mögliche Antwort<br />

hierauf bereits angedeutet. Es gibt allerd<strong>in</strong>gs durchaus verschiedene Möglichkeiten, den +Ur-<br />

sprung* <strong>der</strong> utopischen Transzendenz zu denken. Drei aus me<strong>in</strong>er Sicht beson<strong>der</strong>s vielver-<br />

sprechende sollen hier kurz nachgezeichnet werden: Theodor Adorno sieht im Rahmen se<strong>in</strong>er<br />

+Ästhetischen Theorie* (1970) primär im mimetischen, nachahmend-e<strong>in</strong>fühlenden, dem<br />

+Nichtidentischen* verpflichteten Impuls <strong>der</strong> Kunst e<strong>in</strong> Moment <strong>der</strong> (negativen) Transzendenz.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs bef<strong>in</strong>det die Kunst sich gegenwärtig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er schwierigen Situation: +Was als Utopie<br />

sich fühlt, bleibt e<strong>in</strong> Negatives gegen das Bestehende, und diesem hörig. Zentral unter den<br />

gegenwärtigen Ant<strong>in</strong>omien ist, daß Kunst Utopie se<strong>in</strong> muß und will und zwar desto ent-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!