09.12.2012 Aufrufe

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ENTRÉE DISCURSIVE: POSTMODERNE – ENDE ODER VOLLENDUNG DER MODERNE? XXXI<br />

stehenden Zeit, Sparsamkeit sowie die Erfüllung <strong>der</strong> Berufspflichten s<strong>in</strong>d für den Kapitalisten<br />

wie den (calv<strong>in</strong>istischen) Protestanten (den Weber als prototypisch behandelt) zentrale Tugenden.<br />

So kann Weber resümieren:<br />

+Die <strong>in</strong>nerweltliche protestantische Askese […] wirkte […] mit voller Wucht gegen den unbefangenen<br />

Genuß des Besitzes, sie schnürte die Konsumption, speziell die Luxuskonsumption, e<strong>in</strong>. Dagegen entlastete<br />

sie im psychologischen Effekt den Gütererwerb von den Hemmungen <strong>der</strong> traditionalistischen Ethik,<br />

sie sprengte die Fesseln des Gew<strong>in</strong>nstrebens, <strong>in</strong>dem sie es nicht nur legalisierte, son<strong>der</strong>n […] direkt<br />

als gottgewollt ansah.* (Die protestantische Ethik und <strong>der</strong> Geist des Kapitalismus; S. 179)<br />

Luther sah nämlich gemäß Weber die Pflichterfüllung im Rahmen des weltlichen Berufs als<br />

e<strong>in</strong>zigen Weg an, Gott wohlzugefallen. Die Prädest<strong>in</strong>ationslehre Calv<strong>in</strong>s besagte zwar im<br />

Pr<strong>in</strong>zip das genaue Gegenteil:<br />

+Gott hat zur Offenbarung se<strong>in</strong>er Herrlichkeit durch se<strong>in</strong>en Beschluß e<strong>in</strong>ige Menschen […] bestimmt<br />

[…] zu ewigem Leben und an<strong>der</strong>e verordnet […] zu ewigem Tode.* (Zitiert nach ebd.; S. 119)<br />

Durch se<strong>in</strong>e Handlungen hat <strong>der</strong> Mensch deshalb ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluß auf se<strong>in</strong> Schicksal. Aber<br />

auch Calv<strong>in</strong> verlangte von se<strong>in</strong>en Anhängern strenge Pflichterfüllung und Mäßigung <strong>der</strong> Lebens-<br />

weise. Zudem wurde <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folgezeit die ursprüngliche, psychisch stark belastende calv<strong>in</strong>istische<br />

Lehre modifiziert: Gnadengewißheit konnte nun erlangt werden, <strong>in</strong>dem man von Gott Zeichen<br />

<strong>der</strong> Auserwähltheit wie ökonomischen Wohlstand erhielt. Die Gläubigen strebten also nach<br />

materiellen Gütern, um sich <strong>der</strong> eigenen Erwähltheit zu vergewissern, durften diese aber gemäß<br />

<strong>der</strong> puritanischen Ideologie nicht genießen und verwirklichten somit die oben im Zitat ange-<br />

sprochene <strong>in</strong>nerweltliche Askese. Zusammengenommen zeigen sich starke Parallelen zum<br />

+Geist des Kapitalismus*, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e streng rationale Lebensführung diktiert. Dies veranschaulicht<br />

Weber anhand e<strong>in</strong>iger Äußerungen Benjam<strong>in</strong> Frankl<strong>in</strong>s und filtert die für ihn zentralen Momente<br />

heraus:<br />

• Die Akkumulation von Kapital betrieben als Selbstzweck<br />

• Die Identifizierung des Guten mit dem Nützlichen (Utilitarismus)<br />

• Die Verpflichtung zu Sparsamkeit und Kapital-Re<strong>in</strong>vestition<br />

Diese Merkmale s<strong>in</strong>d jedoch gemäß Weber nur für den mo<strong>der</strong>nen europäischen und nicht<br />

für den traditionalen Kapitalismus typisch, da ersterer (im Gegensatz zu letzerem) schließlich

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!