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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 3: DIE ANTINOMIEN +KLASSISCHER* POLITIK IN DER GLOBALEN RISIKOGESELLSCHAFT 263<br />

Es ist offensichtlich, daß die Pr<strong>in</strong>zipien, die Bell den e<strong>in</strong>zelnen Bereichen zuordnet, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Spannungsverhältnis zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong> stehen. H<strong>in</strong>zu kommt noch, daß <strong>der</strong> Kapitalismus e<strong>in</strong>erseits<br />

im Produktionsbereich e<strong>in</strong> asketisches Arbeitsethos (er)for<strong>der</strong>t, an<strong>der</strong>erseits e<strong>in</strong>en hedonistischen<br />

Konsumismus för<strong>der</strong>n muß, um s<strong>in</strong>e Waren absetzen zu können, was mit <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en<br />

Tendenz <strong>der</strong> Kultursphäre zur Ich-Bezogenheit überlappt (vgl. ebd.; Kap. 1). E<strong>in</strong> Potential<br />

zur Überw<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> sich damit auftuenden Wi<strong>der</strong>sprüche läge laut Bell <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Erneuerung<br />

des Sakralen (vgl. ebd.; Kap. 4) sowie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>bes<strong>in</strong>nung auf die öffentlichen Tugenden<br />

<strong>der</strong> liberalen Tradition (vgl. ebd.; S. 315–320). Die +Selbstbezüglichkeit* <strong>der</strong> (post-)mo<strong>der</strong>-<br />

nistischen Kultur soll also durch +Rückbezüglichkeit* transzendiert werden.<br />

So wenig dieser konservative +Lösungsvorschlag* Bells konsensfähig se<strong>in</strong> dürfte: Auf deskriptiver<br />

und analytischer Ebene kann – trotz unterschiedlicher Formulierungen und Akzentuierungen<br />

– e<strong>in</strong>e erstaunliche Übere<strong>in</strong>stimmung zwischen Bell (+Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>fallen <strong>der</strong> Bereich*), Habermas<br />

(+Entkopplung von System<strong>in</strong>tegration und Sozial<strong>in</strong>tegration*) und Luhmann (+Differenz von<br />

Inklusion und Exklusion*) konstatiert werden. Die analog unterstellte defizitäre bzw. +gelockerte*<br />

Integration fortgeschrittener Gesellschaften wird also auf e<strong>in</strong>e, wie auch immer geartete, struk-<br />

turelle Entkopplung zurückgeführt, und die im Individualisierungsprozeß freigesetzten Individuen<br />

können nicht mehr +produktiv* sozial e<strong>in</strong>gebunden werden.<br />

Was auf <strong>der</strong> Ebene des Nationalstaats übere<strong>in</strong>stimmend als hoch problematisch ersche<strong>in</strong>t,<br />

kann aus <strong>der</strong> +globalisierten* Sicht <strong>der</strong> neueren +cultural theory* positiv o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest ambi-<br />

valent gedeutet werden. Gerade die auch hier gesehene fortschreitende Unverbundenheit<br />

von Ökonomie, <strong>Politik</strong> und Kultur (auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> globalen Austauschprozesse), eröffnet<br />

nämlich Handlungsspielräume für lokale Akteure, und Homogenisierungsprozesse werden<br />

durch e<strong>in</strong>e parallele +Indigenisierung* überformt. Roland Robertson zieht deshalb, wie bereits<br />

dargelegt, den Hybridbegriff +Glocalization* dem Globalisierungsbegriff vor (siehe S. 73), und<br />

Arjun Appadurai bemerkt:<br />

+The new global cultural economy has to be un<strong>der</strong>stood as a complex, overlapp<strong>in</strong>g, disjunctive or<strong>der</strong>,<br />

which cannot any longer be un<strong>der</strong>stood <strong>in</strong> terms of exist<strong>in</strong>g center-periphery models […]* (Disjucture<br />

and Difference <strong>in</strong> the Global Cultural Economy; S. 296)<br />

Appadurai, dessen Ansatz <strong>in</strong> <strong>der</strong> aktuellen Debatte wachsende Bedeutung zukommt, schlägt<br />

entsprechend e<strong>in</strong>en neuen Analyse-Rahmen für die Betrachtung globaler (kultureller) Beziehungen

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