Passauer Land Magazin 2017 - Reise-DA.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
TREND MIT TRADITION<br />
men, damit das Gewebe am En<strong>de</strong><br />
gleichmäßig wird. Das ist wie beim<br />
Tanzen“, lacht die Wegschei<strong>de</strong>rin.<br />
Dabei zählt sie genau mit: Bei einem<br />
falschen Tritt ist <strong>de</strong>r Musterverlauf<br />
gestört. Schon nach wenigen Schüssen<br />
ist das Gewebe zu erkennen und<br />
formt sich ein prächtiges Muster. Es<br />
wird eine Tisch<strong>de</strong>cke, das hat uns<br />
die Kunsthandwerkerin zuvor bereits<br />
verraten. Man kann Monika Holler<br />
verstehen: Es ist schon faszinierend,<br />
zuzusehen, wie ein Leinenmuster<br />
Stück für Stück von Hand entsteht.<br />
Nur ein paar Minuten später, dann<br />
macht es „klack“. Die erste Spule<br />
ist leer. Monika Holler stoppt <strong>de</strong>n<br />
Webstuhl und legt eine neue ein.<br />
Dabei verknotet sie Anfang und<br />
En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s rosaroten Garns miteinan<strong>de</strong>r.<br />
„Auftrennen kann man das<br />
Gewebte nicht – im Gegensatz zum<br />
Gestrickten. Dazu muss man natürlich<br />
sehr konzentriert arbeiten“, so<br />
ihr knapper Hinweis, während sie<br />
das Weberschiffchen wie<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r<br />
richtigen Stelle platziert. Schon geht<br />
es weiter und schießt das Schiffchen<br />
mit <strong>de</strong>m Garn abermals durch die<br />
Ketten.<br />
T I P P<br />
[ ]<br />
„WILLST LEBEN,<br />
MUSST WEBEN“ –<br />
Das Webereimuseum<br />
Breitenberg<br />
Willst leben, musst weben“, das war lange Zeit das Lebensmotto im<br />
Wegschei<strong>de</strong>r <strong>Land</strong>.<br />
“<br />
Was dahinter steckt und wie das berühmte Wegschei<strong>de</strong>r Leinen entstan<strong>de</strong>n<br />
ist, kann man im Webereimuseum Breitenberg auf spannen<strong>de</strong><br />
Weise erleben. Auf <strong>de</strong>m alten bäuerlichen Anwesen im Freizeitzentrum<br />
Gegenbach wird immer noch an verschie<strong>de</strong>nen Webstühlen gearbeitet.<br />
Dort bieten sich nicht nur faszinieren<strong>de</strong> Einblicke, wie die Leute im <strong>Land</strong><br />
vor <strong>de</strong>m Dreisessel einst gelebt, gewohnt und gearbeitet haben. Man<br />
kann auch noch miterleben, wie <strong>de</strong>r Flachs und alte heimische Getrei<strong>de</strong>sorten<br />
angebaut wur<strong>de</strong>n.<br />
Je<strong>de</strong>s Jahr fin<strong>de</strong>n hier außer<strong>de</strong>m zwei Museumsfeste statt: „Vom Flachs<br />
zum Leinen“ (je<strong>de</strong>n ersten Sonntag im August) und das traditionelle<br />
Drescherfest (je<strong>de</strong>n ersten Sonntag im September).<br />
ÖFFNUNGSZEITEN: Von Mai bis Oktober: mittwochs, samstags und<br />
sonntags von 13.30 - 16.30 Uhr.<br />
Gruppen nach Anmeldung je<strong>de</strong>rzeit unter Tel. (08584) 96 18-0.<br />
„ Der Winter ist mir die liebste Jahreszeit. Wenn es draußen stürmt und schneit,<br />
und unser Haus wie in Watte gepackt ist, dann genieße ich die Ruhe, um neue<br />
Webmuster zu zeichnen. “<br />
MEISTER-SCHÜSSE<br />
– SEIT GENERATIONEN<br />
Über 50 Jahre webt Monika Holler<br />
nun schon, und das acht Stun<strong>de</strong>n<br />
täglich. Das hält sie fit, sagt<br />
sie – ohne dass man das bezweifeln<br />
wollte. Ihre hölzernen Webstühle<br />
stammen noch aus <strong>de</strong>r Ära ihrer<br />
Großeltern. „Die Maschinen haben<br />
sich nicht verän<strong>de</strong>rt, nur die Zeit“,<br />
bemerkt die 70-Jährige, die erst<br />
2014 für <strong>de</strong>n Erhalt <strong>de</strong>r Weberei-<br />
Kunst in <strong>de</strong>r Region mit <strong>de</strong>m Kulturpreis<br />
<strong>de</strong>s <strong>Land</strong>kreises Passau<br />
ausgezeichnet wur<strong>de</strong>. „Mehr als 100<br />
Jahre haben die bereits auf <strong>de</strong>m<br />
Buckel, was natürlich auch seine<br />
Spuren hinterlassen hat“. Ihr großer<br />
Kontermarsch-Webstuhl in <strong>de</strong>r<br />
Werkstatt zeugt noch von <strong>de</strong>r Zeit,<br />
als es bei <strong>de</strong>n Männern im Bayerischen<br />
Wald üblich war, Pfeife zu<br />
rauchen. Mit vielen schwarzen Stellen<br />
im vergrauten Holz. Brandstellen.<br />
Eine Pfeife, die noch glühte,<br />
war ihrem Großvater heruntergefallen<br />
und hatte das Leinen entflammt.<br />
„Es brannte lichterloh“, erinnert<br />
sich Monika Holler an <strong>de</strong>ssen Erzählungen.<br />
Für sie sind die Brandmale<br />
ein An<strong>de</strong>nken, weshalb eine<br />
Behandlung nie in Frage kam.<br />
T I P P<br />
[ ]<br />
Ihre Großeltern waren es auch, die<br />
ihr die Kunst <strong>de</strong>s Handwebens beigebracht<br />
haben. Der Vater war Bleicher.<br />
Schon als Kind schaute Monika Holler<br />
gerne <strong>de</strong>n Webern in <strong>de</strong>r Werkstatt<br />
zu: „Ich war fasziniert davon,<br />
wie das Schifferl hin und her sauste<br />
und <strong>de</strong>r Stoff damit wächst“. Die<br />
Begeisterung dafür hat sie bis heute<br />
behalten. Auch ihr Mann Gerhard<br />
stammt aus einer Weberfamilie. Mit<br />
ihm gemeinsam führte sie die Tradition<br />
lange fort, bis er gesundheitliche<br />
Probleme bekam und mit <strong>de</strong>m Weben<br />
aufhören musste. „Mein Mann Gerhard<br />
war ein hervorragen<strong>de</strong>r Weber,<br />
<strong>de</strong>r sein Handwerk verstand. Aber es<br />
ist inzwischen zu anstrengend für ihn<br />
gewor<strong>de</strong>n“, bedauert Monika Holler.<br />
Wo er könne, helfe er ihr aber noch.<br />
Immerhin lässt sie das Interesse ihres<br />
Neffen wie<strong>de</strong>r hoffen, dass es mit <strong>de</strong>r<br />
Handweberei doch noch weitergeht.<br />
Monika Holler tritt wie<strong>de</strong>r in die Pedale.<br />
Glatt und gleichmäßig entwickelt<br />
sich <strong>de</strong>r Rand <strong>de</strong>r neuen Tisch<strong>de</strong>cke.<br />
Trotz<strong>de</strong>m macht sie immer<br />
wie<strong>de</strong>r halt, um das Muster zu überprüfen.<br />
Am En<strong>de</strong>, bevor man sie abholen<br />
wird, bekommt ihre Tisch<strong>de</strong>cke<br />
noch schmucke Saumecken, erzählt<br />
die Wegschei<strong>de</strong>r Handweberin. Bis<br />
dahin wird sie noch rund drei Kilometer<br />
Garn dafür verweben.<br />
LEINENRADWEG AN DER WEBERSTRASSE<br />
Von <strong>de</strong>r langen Tradition <strong>de</strong>s Webens<br />
zeugt die Weberstraße in<br />
<strong>de</strong>r Wegschei<strong>de</strong>r Gegend. Hier entlang<br />
läuft <strong>de</strong>r „Leinenradweg“. Die<br />
Rundstrecke führt rund 42 Kilometer<br />
durch Hügel und Täler, entlang<br />
Der Rannasee<br />
einer malerischen <strong>Land</strong>schaft. Doch<br />
bei <strong>de</strong>r Radtour gibt es nicht nur unberührte Natur, Berge, Wiesen, Fel<strong>de</strong>r,<br />
Schluchten und Täler zu ent<strong>de</strong>cken – auch Wissenswertes zum Thema<br />
Leinenweberei. Denn hier liegt von alters her die Heimat <strong>de</strong>r Weber.<br />
Der Rundweg, auf <strong>de</strong>m 530 Höhenmeter zu überwin<strong>de</strong>n sind, bietet Haltestopps<br />
bei Monika Holler in Kasberg, am Webereimuseum Breitenberg,<br />
<strong>de</strong>n Skisprungschanzen Rastbüchl, <strong>de</strong>r Teppichweberei Lichtenauer, <strong>de</strong>m<br />
Sonnener Hochmoor, <strong>de</strong>m Rannasee und <strong>de</strong>r Weberei Moser.<br />
Das Haus am Strom ist die Umweltstation<br />
<strong>de</strong>s <strong>Land</strong>kreises Passau. In<br />
<strong>de</strong>r interaktiven Ausstellung dreht<br />
sich alles um das <strong>Passauer</strong> Donautal:<br />
Die Besucher sind eingela<strong>de</strong>n, einen<br />
Ritt auf <strong>de</strong>m Hausen zu wagen, <strong>de</strong>m<br />
mit 5 Metern größten Fisch <strong>de</strong>r Donau,<br />
mit <strong>de</strong>m Tretboot durch Passau<br />
zu schippern und dabei Energie zu<br />
erzeugen o<strong>de</strong>r Smarag<strong>de</strong>i<strong>de</strong>chsen<br />
aus <strong>de</strong>r Nähe zu erleben. Zu<strong>de</strong>m ist<br />
die Ausstellung barrierefrei.<br />
Wer auch die Anfahrt von Passau<br />
schon genießen will, <strong>de</strong>m sei das<br />
Schiff empfohlen. Außer<strong>de</strong>m bietet<br />
das Haus am Strom zahlreiche Veranstaltungen<br />
für Familien und Naturinteressierte.<br />
Gleich neben <strong>de</strong>m<br />
Haus am Strom liegt das größte<br />
Wasserkraftwerk. Im gemütlichen<br />
Biergarten mit Spielplatz fin<strong>de</strong>t<br />
<strong>de</strong>r Besuch einen gelungenen Ausklang.<br />
22<br />
Am Kraftwerk 4 · 94107 Jochenstein<br />
Tel. 00 49 (0) 85 91 / 91 28 90 23<br />
www.hausamstrom.<strong>de</strong>