Passauer Land Magazin 2017 - Reise-DA.de
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TREND MIT TRADITION<br />
konnten sich Janker zur Jeans und<br />
Karohem<strong>de</strong>n durchsetzen. Denn in<br />
Tracht ist man immer gut angezogen,<br />
da sind sich wohl alle Altbayern einig.<br />
VOM G'WAND ZUR TRACHT<br />
Woher stammt die – in allen Teilen<br />
<strong>de</strong>r Welt – beliebte Bayerische<br />
Tracht? Der Name ist wohl ganz allge-<br />
<strong>Land</strong>esverband Bayerischer Heimatund<br />
Volkstrachtenvereine ins Leben<br />
gerufen. Dies zeugt von vielen kleinen<br />
Vereinen, die auf ganz Bayern verteilt<br />
waren und es immer noch sind. Im<br />
<strong>Passauer</strong> <strong>Land</strong> gibt es momentan 27<br />
Heimat- und Trachtenvereine, bei <strong>de</strong>nen<br />
die Bewahrung <strong>de</strong>s Brauchtums<br />
hoch im Kurs steht. Ihre Mitglie<strong>de</strong>r<br />
stammen aus allen Altersschichten –<br />
vom Kleinkind bis zum Greis. Gera<strong>de</strong><br />
Bayerischen Wal<strong>de</strong>s ließen sich karierte<br />
Westen zu groben Leinenhosen ausmachen.<br />
Ein einfaches Halstuch, eine<br />
Zipfelmütze und Holzschuhe komplettierten<br />
das alltägliche Gewand dieser<br />
Schicht. Nur wenige Wohlhaben<strong>de</strong><br />
hatten bessere Kleidung für beson<strong>de</strong>re<br />
Anlässe. Die musste aber meist vom<br />
Hochzeitstag bis zur Bahre dienen. Um<br />
1900 entwickelte sich im Rottal die<br />
Stiefelhosentracht <strong>de</strong>r Männer. Dazu<br />
be. Ihre Ursprünge gehen bis ins 18.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rt zurück, als Passau und<br />
Linz als große Mo<strong>de</strong>zentren galten.<br />
In diesen Jahren kam auch die altbayerische,<br />
aus Wolle und Leinen gefertigte<br />
Kleidung aus <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>. Man<br />
griff sonntags zu sei<strong>de</strong>nen Klei<strong>de</strong>rn<br />
o<strong>de</strong>r trug Mie<strong>de</strong>r zu Rock und Spenzer.<br />
Doch diese Tracht hielt nicht lange<br />
an. Schon nach <strong>de</strong>m 1. Weltkrieg<br />
verän<strong>de</strong>rte sich das Kleidungsverhal-<br />
Le<strong>de</strong>rhosen sind schön, gehören<br />
für mich aber nicht zur traditionellen<br />
Tracht. Sie sind Trachtenmo<strong>de</strong><br />
und haben wenig Verbindung zum<br />
Brauchtum“, sagt <strong>de</strong>r 52-Jährige.<br />
Dennoch entlehnt man <strong>de</strong>m Brauchtum<br />
heutzutage vieles und variiert<br />
zwischen Trend und Tradition. „Bei<br />
Stickereien an Le<strong>de</strong>rhosen o<strong>de</strong>r Blusen<br />
orientieren wir uns häufig an<br />
alten, überlieferten Kleidungsstü-<br />
gehen auf ihren Ursprung im Bäuerlichen<br />
zurück. Dennoch kombiniert<br />
man sie zu Turnschuhen und<br />
Jeans. „Durch Musikgruppen wie<br />
LaBrassBanda sind auch T-Shirts<br />
gängig zur Le<strong>de</strong>rhose. Damit wird<br />
ein traditionelles Naturprodukt cool,<br />
weil es neu interpretiert ist“, erklärt<br />
Christian Drescher. Er sieht die Grenze<br />
zwischen Brauchtum und Mo<strong>de</strong> nicht<br />
so eng. Denn die Trachten sollen<br />
mein auf das „Tragen“ von Kleidung<br />
zurückzuführen. Entwickelt hat sich<br />
die Tracht aus Uniformen und <strong>de</strong>r<br />
bäuerlichen Kleidung, die von Region<br />
zu Region unterschiedlich war.<br />
Wie die Kleidung heute, unterlag die<br />
Tracht damals einem stetigen Wan<strong>de</strong>l.<br />
Anfang <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts begeisterte<br />
sie die Regenten <strong>de</strong>r bayerischen<br />
und österreichischen Höfe. Noch<br />
Jahre später stand sie beim österreichischen<br />
Kaiser Franz Josef I. (1830<br />
– 1916) und Prinzregent Luitpold von<br />
Bayern (1821 – 1912) hoch im Kurs.<br />
Sie trugen Janker und Le<strong>de</strong>rhose zur<br />
Jagd in <strong>de</strong>n Alpen. Die Begeisterung<br />
stieg damit wohl auch in <strong>de</strong>r Bevölkerung.<br />
So wur<strong>de</strong> bereits 1909 <strong>de</strong>r<br />
Jugendliche engagieren sich vermehrt<br />
in Blaskapellen o<strong>de</strong>r Heimat- und<br />
Trachtenvereinen. Noch heute lassen<br />
sich manche Bewohner an <strong>de</strong>r Tracht<br />
ihrer Heimatregion zuordnen. Ihre<br />
Festtagskleidung hat unterschiedliche<br />
Farben, Schnitte o<strong>de</strong>r Stickmotive.<br />
TRACHTEN MIT STIL<br />
Eine einheitliche Tracht gab es im<br />
<strong>Passauer</strong> <strong>Land</strong> nicht. So trugen die<br />
Rottaler an<strong>de</strong>re Kleidung, als die<br />
Bistümler und die übrigen, vom bayerischen<br />
Herzog regierten, Teile <strong>de</strong>s<br />
heutigen <strong>Land</strong>kreises. Bei <strong>de</strong>r nie<strong>de</strong>ren,<br />
arbeiten<strong>de</strong>n Bevölkerung <strong>de</strong>s<br />
gehörten ein schwarzer Kurzjanker<br />
mit Münzknopfauszieher, eine Weste,<br />
eine lange Le<strong>de</strong>rhose und dunkle<br />
Le<strong>de</strong>rstiefel. Run<strong>de</strong> Filzhüte mit breiter<br />
Krempe durften dabei nicht fehlen.<br />
Auch breite Bauchgurte wur<strong>de</strong>n gerne<br />
zur Stiefelhosentracht getragen. Sie<br />
zog sich mit einigen Abwandlungen<br />
auch über das Wegschei<strong>de</strong>r <strong>Land</strong> und<br />
bis nach Vilshofen.<br />
GOLDHAUBEN – DIE KRONEN<br />
DER PASSAUERINNEN<br />
Die reichen Bürgerinnen und Bäuerinnen<br />
trugen feiertags Goldhauben.<br />
Insbeson<strong>de</strong>re die <strong>Passauer</strong> Goldhau-<br />
ten <strong>de</strong>r Bevölkerung. Die Mo<strong>de</strong> setzte<br />
sich durch. Tracht wur<strong>de</strong> nur noch zu<br />
ganz beson<strong>de</strong>ren Anlässen getragen<br />
und stand immer mehr unter Einfluss<br />
<strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>. Historische Trachten,<br />
wie sie die Vorfahren trugen, wur<strong>de</strong>n<br />
allenfalls zu beson<strong>de</strong>ren Umzügen<br />
und Ereignissen hervorgeholt.<br />
TRADITION IST WIEDER<br />
IN MODE<br />
Auch Christian Drescher von Spieth<br />
und Wensky teilt die heutige Tracht<br />
in traditionelle Bayerische Tracht,<br />
die meist von <strong>de</strong>n Vereinen getragen<br />
wird und in Trachtenmo<strong>de</strong> ein. „Pinke<br />
cken“, verrät <strong>de</strong>r Fachmann. Die<br />
wer<strong>de</strong>n dann an die heutige Mo<strong>de</strong><br />
angepasst. Um <strong>de</strong>n Le<strong>de</strong>rhosen einen<br />
historischen Charakter zu verleihen,<br />
greifen viele Trachtenhersteller sogar<br />
zu Schleifpapier und Schuhcreme.<br />
Denn eine richtige Le<strong>de</strong>rhose braucht<br />
Charakter.<br />
„ZWISCHEN LAPTOP<br />
UND LEDERHOSE“<br />
Beson<strong>de</strong>rs im Trend liegen <strong>de</strong>rzeit<br />
Tradition und Hochwertigkeit. Ge<strong>de</strong>ckte<br />
Farben, wie Pastelltöne sowie<br />
traditionelle Optiken und Schnitte<br />
sind wie<strong>de</strong>r gefragt. Die Trachten<br />
sich genau wie ihre Träger weiterentwickeln.<br />
„Wir müssen zusehen,<br />
<strong>de</strong>n Brauch zu bewahren“, warnt <strong>de</strong>r<br />
Le<strong>de</strong>rexperte. Die von Roman Herzog<br />
geprägte und vielzitierte Begrifflichkeit<br />
– „zwischen Laptop und Le<strong>de</strong>rhose“<br />
– beschreibt das Leben <strong>de</strong>r<br />
Bayern in vielerlei Hinsicht. Genau wie<br />
wir, hat sich auch die Tracht weiterentwickelt.<br />
Sie gehört zu <strong>de</strong>n Bayern<br />
– wie das Bier und die Volksfeste.<br />
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