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Passauer Land Magazin 2017 - Reise-DA.de

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RÖSSER, RITTER, RITUALE<br />

• PL: Neben <strong>de</strong>r ostfriesischen gilt die<br />

Rottaler Pfer<strong>de</strong>zucht als die älteste<br />

in Deutschland. Wie weit reicht sie<br />

tatsächlich zurück?<br />

• KD: Die Rottaler stammen eigentlich<br />

von <strong>de</strong>n Rössern <strong>de</strong>r Hunnen<br />

ab. Die hatten auf <strong>de</strong>r Heimkehr von<br />

ihren Raubzügen im Rottal <strong>de</strong>n Inn<br />

überquert. Auf <strong>de</strong>r Pockinger Hei<strong>de</strong>,<br />

östlich von Rotthalmünster, wur<strong>de</strong>n<br />

sie von Herzog Arnulf geschlagen und<br />

ihre Pfer<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Rottaler Bauern<br />

abgenommen. Das war <strong>de</strong>r Ursprung.<br />

Mit <strong>de</strong>n Beutetieren als Basis und<br />

verschie<strong>de</strong>nen Einkreuzungen entwickelte<br />

sich seit <strong>de</strong>m 10. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

die Zucht. So erklärt sich auch das<br />

Jodlbauer-Emblem.<br />

• PL: Wann hatte <strong>de</strong>r Rottaler seine<br />

Blütezeit?<br />

• KD: Vor 1900, wür<strong>de</strong> ich sagen.<br />

Da waren die Bauern auf die Pfer<strong>de</strong><br />

angewiesen. Wenn Du ein gescheites<br />

wolltest, hast Du es im Rottal gekauft.<br />

Dann kamen die Traktorenfabriken.<br />

Die haben die Rottaler verdrängt. Von<br />

da an war je<strong>de</strong>r nur noch auf Sport<br />

aus und alle hatten das gleiche Pferd.<br />

• PL: Wodurch zeichnet sich die Rasse<br />

aus?<br />

• KD: Für mich war <strong>de</strong>r Rottaler nie<br />

eine Rasse, son<strong>de</strong>rn die Bezeichnung<br />

für das Zuchtgebiet, aus <strong>de</strong>m<br />

er stammt. Eine Rasse ist, wenn einer<br />

ausschaut wie <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re. Selbst <strong>de</strong>r<br />

Haflinger ist heute keine mehr, da haben<br />

sie auch das Vollblut eingekreuzt.<br />

Für ein Kutschenpferd braucht <strong>de</strong>r<br />

Rottaler vielleicht nicht ganz so zierlich<br />

zu sein, dafür aber geschickt. Ist<br />

er mehr für die Reiterei gedacht, sollte<br />

er fein und filigran sein. Darin liegt<br />

eine gewisse züchterische Freiheit.<br />

In Kriegszeiten, wo sie Kanonen<br />

gezogen hatten o<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>m Acker,<br />

da waren es jeweils an<strong>de</strong>re als für<br />

<strong>de</strong>n Herrn, <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Kutsche ausfuhr.<br />

Der hatte ein eleganteres Pferd<br />

in seinem Stall. Heute müssen wir<br />

uns als Rottaler-Züchter Gedanken<br />

machen, was <strong>de</strong>r Markt braucht. Ich<br />

sage immer: Der Papa fährt ein wenig<br />

Kutsche, die Mama reitet ein bisschen<br />

und die Kin<strong>de</strong>r spielen sich damit. So<br />

brav muss ein Rottaler sein. Wenn er<br />

all diese Gütezeichen hat und dazu<br />

noch gut ausschaut, dann ist es für<br />

mich ein Rottaler.<br />

• PL: Ein Rottaler ist also ausgesprochen<br />

vielseitig und umgänglich im<br />

Gemüt.<br />

• KD: Ja. Ein sagenhaftes Pferd. Vom<br />

Zuchtziel her unterschei<strong>de</strong>t es sich<br />

nicht so stark von <strong>de</strong>n Bayerischen<br />

Warmblütern, die alle auf das Rottaler<br />

Pferd zurückgehen. Die Rottaler<br />

lassen sich ohne große Übung zu<br />

einem Zehnerzug zusammenspannen<br />

und damit fahren. Das kann man mit<br />

einem Sportpferd nicht. Einfach<br />

traumhaft, das fin<strong>de</strong>t selbst unser<br />

neuer Reitlehrer. Wir setzen da auch<br />

die kleinen Kin<strong>de</strong>r drauf und fahren<br />

mit ihnen Kutsche. Bis zu drei Stun<strong>de</strong>n<br />

am Stück, obwohl die Pfer<strong>de</strong> auch<br />

länger gehen wür<strong>de</strong>n. Das klappt<br />

prima. Da kann man sich hun<strong>de</strong>rtprozentig<br />

auf die Tiere verlassen.<br />

• PL: Was muss man für einen Rottaler<br />

ausgeben?<br />

• KD: Einen Wallach, <strong>de</strong>n man schon<br />

vor die Kutsche spannen und reiten<br />

kann, gebe ich nicht unter 15.000<br />

Euro her. Denn die ganze Vorbereitung<br />

kostet schon Geld. Auch kann man nie<br />

ausschließen, dass er sich während<br />

<strong>de</strong>r Ausbildung verletzt.<br />

• PL: Reiten Sie auch selbst?<br />

• KD: Momentan nicht. Das wür<strong>de</strong><br />

ich aber gerne wie<strong>de</strong>r. Mein jüngs-<br />

ter Sohn fängt jetzt gera<strong>de</strong> damit an.<br />

Mit seinem Reitlehrer versteht er sich<br />

je<strong>de</strong>nfalls recht gut. Wenn es einer<br />

mit <strong>de</strong>n Tieren und <strong>de</strong>n Leuten kann,<br />

das ist schon schön. Früher bin ich<br />

viel geritten, sogar auf Fuchsjag<strong>de</strong>n<br />

und habe das Reitabzeichen gemacht.<br />

Nur wenn ich jetzt runter falle, gibt es<br />

einen Flurscha<strong>de</strong>n (lacht).<br />

STARKE ZUGPFERDE<br />

Das Karpfhamer Fest und die<br />

Rottalschau locken jährlich bis zu<br />

einer halben Million Besucher an.<br />

Den Pfer<strong>de</strong>n ist es vermutlich<br />

auch zu verdanken, dass in<br />

Karpfham, <strong>de</strong>r ländlich beschaulichen<br />

Idylle im Rottaler Bä<strong>de</strong>rdreieck,<br />

immer ab En<strong>de</strong> August<br />

eine unerwartete Betriebsamkeit<br />

erwacht. Wenn an sechs<br />

Tagen die Besuchermassen auf<br />

die historische Festwiese strömen,<br />

zum Karpfhamer Fest. Eines<br />

<strong>de</strong>r größten traditionellen Volksfeste<br />

in Nie<strong>de</strong>rbayern, das ursprünglich,<br />

so sagt man, aus einem<br />

Pfer<strong>de</strong>markt entstan<strong>de</strong>n ist.<br />

Immer wie<strong>de</strong>r atemberaubend<br />

dabei: <strong>de</strong>r berühmte Zehnerzug.<br />

Ein mächtiges Postkutschen-<br />

Gespann mit zehn paarweise<br />

eingespannten Pfer<strong>de</strong>n, das in<br />

rasantem Tempo über <strong>de</strong>n Turnierplatz<br />

jagt. Ein absoluter<br />

Höhepunkt und seit 1928 das<br />

Wahrzeichen <strong>de</strong>s Volksfestes.<br />

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