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Snowtimes-2008-Davos

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SEITE 8/9<br />

Stammgast Joe<br />

<strong>Davos</strong>, die Parsennhütte und Joe. Ein untrennbares Trio.<br />

JOE BETSCHART WÄRE OHNE<br />

DAVOS NICHT DERSELBE, UND<br />

ZUMINDEST DIE PARSENNHÜT-<br />

TE WÄRE NICHT DIESELBE, GÄBE<br />

ES JOE NICHT. DAVOS UND ER,<br />

DAS IST, WIE DER ZUGER SAGT,<br />

„EINE SEHR LANGE GESCHICH-<br />

TE“. SIE BEGINNT IM JAHRE<br />

1953, ALS JOE, DAMALS 21 JAH-<br />

RE JUNG, ZUM ERSTEN MAL<br />

HIER HINAUF KOMMT. SEINE<br />

FREUNDIN MUSS ZUR KUR, ER<br />

BEGLEITET SIE. „EIN JAHR VIEL-<br />

LEICHT“, WERDE ER BLEIBEN,<br />

HABE ER GEDACHT. DOCH DA-<br />

VOS WÜRDE SICH NICHT SO<br />

SCHNELL VON IHM TRENNEN.<br />

Betschart findet eine<br />

Stelle in einer<br />

<strong>Davos</strong>er Druckerei.<br />

Und er wird ein<br />

Teil des Dorfes, Mitglied<br />

des renommierten Männerchors<br />

und des Skiclubs. Er<br />

erinnert sich gerne an die Zeit<br />

damals: „In den Fünfziger Jahren,<br />

da ging man noch gut gekleidet<br />

aus, in die Dancings<br />

von <strong>Davos</strong>.“ Er holt ein Foto<br />

hervor. Es zeigt inmitten einer<br />

Grossfamilie einen jungen<br />

Mann, gepflegt und elegant im<br />

braunen Anzug. Richard Gere<br />

als James Bond, meint der erste<br />

Blick. Doch es ist Joe.<br />

Nach sieben Jahren im Buchdruck<br />

beschliesst Betschart <strong>Davos</strong><br />

zu verlassen. Nach verschiedenen<br />

Anstellungen wird<br />

er schliesslich Verkäufer bei<br />

einem internationalen Druckmaschinenhersteller.<br />

Anfangs<br />

zuständig für den Schweizer<br />

Markt, beginnt seine Erfolgsgeschichte.<br />

Er kann den Verkauf<br />

auf Österreich und den<br />

kommunistischen Ostblock ausweiten.<br />

Für sein Geschäft ist er<br />

ständig unterwegs. Sofia, Moskau,<br />

Wien, später New York,<br />

Seine Augen leuchten, als habe er jemandem einen Streich gespielt. Joe<br />

Betschart, der 50 Jahre Parsenngeschichte miterlebt hat.<br />

gehören zu den Destinationen.<br />

In dieser Zeit kehrt Betschart<br />

jedoch immer wieder nach <strong>Davos</strong><br />

zurück. Wenn er seine Arbeitswoche<br />

unterwegs in Zagreb<br />

oder Brünn verbringt, ist<br />

er am Wochenende zur Erholung<br />

in seiner zweiten Heimat.<br />

„Ich bin manchmal von New<br />

York direkt nach <strong>Davos</strong>.“ Dreissig<br />

bis vierzig mal im Jahr<br />

reist er damals nach Graubünden.<br />

Dann findet der begeisterte<br />

Skifahrer auch immer<br />

wieder den Weg in die Parsennhütte,<br />

die er seit seinen<br />

ersten <strong>Davos</strong>er Jahren kennt.<br />

„Wir schätzten das rustikale und<br />

günstige Essen.“ Joe nimmt<br />

einen kleinen Schluck aus seinem<br />

Weinglas. Ein jung gebliebener,<br />

optimistischer Mensch<br />

sitzt da. Er ist bester Verfassung<br />

und seine Augen leuchten,<br />

als habe er eben noch jemandem<br />

einen Streich gespielt.<br />

Seit einem Unfall vor 15 Jahren<br />

war Joe stets mit seinem Chihuahua<br />

unterwegs. Die Hündin<br />

Carina kam überall hin<br />

mit, auch auf die Skipiste. Joe<br />

blättert durch das kleine Fotoalbum,<br />

das er mitgebracht hat.<br />

Da. Ein lachender Joe mit Sonnenbrille,<br />

in einer roten Skijacke,<br />

aus deren Mitte ein kleiner<br />

Hund seinen Kopf hervor<br />

streckt. Ein amerikanischer<br />

Tourist habe die Aufnahme begeistert<br />

geknipst. Heute noch<br />

werde er auf der Skipiste darauf<br />

angesprochen. „Where’s<br />

the dog?“, fragten die Leute<br />

dann.<br />

Die Chihuahua-Dame Carina<br />

begleitet Joe nicht mehr mit<br />

ins Skigebiet. Vieles ist anders.<br />

Joes Frau verstarb 1998, heute<br />

hat er eine finnische Lebenspartnerin.<br />

Doch noch immer<br />

ist Joe ein aktiver und sporlicher<br />

Mensch. „Ich muss einfach<br />

an die Luft“, erklärt er.<br />

Und so geht er auch mit 75 Jahren<br />

„fast jeden Tag und bei<br />

jedem Wetter“ auf die Skis.<br />

Joe hat über 50 Jahre Parsenngeschichte<br />

miterlebt und viele<br />

Wirte kommen und gehen sehen.<br />

„Doch seit Maria und Urs<br />

das hier machen, ist es anders“,<br />

schwärmt er. „Ein wahrer<br />

Gourmet-Tempel“ sei die<br />

Parsennhütte geworden. Urs<br />

und Maria Schmidt sind gute<br />

Freunde Joes geworden und der<br />

Mann weiss um den Wert guter<br />

Freundschaften. Sie liessen<br />

Joe seit über 50 Jahren in<br />

<strong>Davos</strong> Wurzeln schlagen, und<br />

sie führen ihn bis heute dorthin<br />

zurück. Eines ist gleichgeblieben:<br />

Die Parsennhütte und<br />

Joe, das sind zwei, die nicht<br />

ohne einander können.<br />

Autor Matthias Raaflaub, Foto Ennio Leanza

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