Loslassen, Juli 2012 - Freie Seelsorge München
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LosLassen – Der trauer-ratgeber<br />
„Der hat sich ja schnell wieer<br />
getröstet!“, das ist der Oriinalton<br />
eines Witwers, der<br />
twa ein Jahr nach dem Tod<br />
ine neue Partnerin gefunden<br />
at und mit dieser zusammenebt.<br />
Andererseits kennen Anehörige<br />
aber auch den Satz:<br />
Jetzt ist das doch schon fast<br />
in Jahr her, da muss doch nieand<br />
mehr schwarz tragen.<br />
nd lachen darf man doch<br />
ohl auch wieder.“<br />
Eigentlich, so scheint es,<br />
önnen es Trauernde nur<br />
alsch machen mit ihrer Traur.<br />
Dahinter steckt allerdings<br />
ine letztlich unhaltbare Verutung:<br />
Es gibt Kriterien, an<br />
enen man richtige oder falche<br />
Trauer festmachen und<br />
ewerten kann. Neueste wisenschaftliche<br />
Forschungen<br />
elegen allerdings, dass diese<br />
nnahme so schlichtweg nicht<br />
altbar ist?<br />
Trauerphasenmodelle<br />
nicht haltbar<br />
Trauernde fragen sich nicht<br />
elten: Wann ist das vorbei?<br />
n welchem Punkt des Trauerrozesses<br />
stehe ich denn? Bin<br />
ch schon in Phase drei oder<br />
ier angekommen? Die Hoffung,<br />
dass man richtig trauert,<br />
ber auch die Hoffnung, dass<br />
as Leben irgendwann auch<br />
ieder schön, zumindest aber<br />
ebenswert ist, bewegt sehr viee<br />
Trauernde.<br />
So wurden in der inzwischen<br />
nüberschaubaren Trauerliteatur<br />
oft von Vergleichbarkeien<br />
auf eine feste Regel gechlossen:<br />
Wenn beispielsweie<br />
viele Trauernde Momente<br />
aben, in denen sie den Tod<br />
icht wahrhaben wollen, dann<br />
uss das allgemeingültig richig<br />
sein.<br />
Zum Problem kann das dann<br />
erden, wenn nun jemand diee<br />
vermeintliche Phase nicht<br />
urchlebt und sich fragt: Trauee<br />
ich normal? Holt mich diese<br />
hase irgendwann später noch<br />
Sie nehmen Abschied,<br />
alles anderemachenwir<br />
• Bestattungen<br />
• Vorsorge<br />
Wir beraten Sie kompetent, umfassend<br />
und individuell.<br />
Tag & Nacht<br />
erreichbar<br />
Damenstiftstr. 7l80331 <strong>München</strong><br />
=> S-Bhf Karlsplatz (Stachus)<br />
Telefon 235 06 70<br />
Gibt es falsche und richtige Trauer?<br />
ein? Verunsicherung, die<br />
weitreichende Folgen haben<br />
kann, entsteht. Auch wenn<br />
viele Menschen ähnliche<br />
Trauerabläufe haben, es gibt,<br />
Stand heute, kein wissenschaftlich<br />
nachweis- und<br />
haltbares Trauerphasenmodell.<br />
irrtÜmer Der trauer<br />
■ trauernde können nicht lachen,<br />
sind verschlossen gegenüber positiven<br />
emotionen.<br />
nicht wenige trauernde erschrecken<br />
beinahe, wenn sie feststellen, dass sie,<br />
manchmal sogar sehr schnell, lachen<br />
und positive Emotionen empfinden<br />
können. das ist nicht nur nicht verwerflich,<br />
sondern kann sich sogar sehr<br />
positiv auf den trauerverlauf auswirken.<br />
■ trauer ist erst dann beendet,<br />
wenn die bindung zum Verstorbenen<br />
aufgelöst ist.<br />
Viele trauernde finden gut in ihr leben<br />
zurück, manchmal sogar mit einem neuen<br />
lebensbegleiter an der seite und fühlen<br />
sich dennoch dem Verstorbenen weiterhin<br />
verbunden und nahe. dass das mal<br />
Trauer passt in<br />
kein Schema<br />
Der Wunsch nach Sicherheit,<br />
nach Vergleichbarkeit<br />
und Verstehbarkeit hat dazu<br />
geführt, dass Regel- und Phasenverständnisse<br />
ein bestimm-<br />
tesBildvonrichtigerunddamit<br />
auch von falscher Trauer entworfen<br />
und geprägt haben.<br />
Trauer ist offenbar viel persönlicher,<br />
die Strategien, sie zu<br />
bewältigen, vielfältiger, als bisher<br />
angenommen. Doch es<br />
werden durch die Trauerforschung<br />
ja nicht nur Modelle als<br />
intensiver und mal weniger intensiv ist,<br />
ist vollkommen normal.<br />
■ trauerarbeit muss geleistet werden.<br />
der von siegmund freud erstmals verwendetet<br />
Begriff meint, dass eine intensive Beschäftigung<br />
mit dem Verlust notwendig ist,<br />
damit die trauer auf dauer nicht krank<br />
macht. forschungen bestätigen das nicht.<br />
Auch menschen, die sich mit dem Verlust<br />
nicht so intensiv befassen, können gut<br />
trauern, ohne seelische rückstände zu behalten.<br />
offensichtlich scheint es ratsam,<br />
verschiedene Bewältigungsstrategien zu<br />
kombinieren: mal den trüben Gedanken<br />
nachhängen, ein anderes mal aber auch<br />
bewusst Ablenkung suchen.<br />
■ Die trauerzeit dauert ein bis zwei<br />
Jahre.<br />
Dienstag, 17. <strong>Juli</strong> <strong>2012</strong><br />
die form der trauer und des<br />
Abschiednehmens läuft bei<br />
den verschiedenen menschen<br />
ganz unterschiedlich. foto: dpa<br />
Irrwegeidentifiziert.DieStudien<br />
zu sozial nicht anerkannter<br />
Trauer oder zu komplizierter<br />
Trauer belegen das. Ihre Ergebnisse<br />
machen es leichter, Menschen,<br />
die in der Gefahr stehen,<br />
dass ihre Trauer sie tatsächlich<br />
krank macht, dann<br />
auch helfen zu können. tm<br />
Es wäre sicher falsch, zu behaupten,<br />
dass daran gar nichts stimmen würde.<br />
doch oft spricht schon die eigene Erfahrung<br />
dagegen. Gerade an bestimmten<br />
tagen ist die Erinnerung an den Verstorbenen<br />
auf einmal wieder da und das<br />
schmerzhaft: Geburtstag, todestag oder<br />
an familienfesten. insofern hört trauer<br />
eigentlich nie auf, wird aber nach und<br />
nach seltener. Es hat etwas von einem<br />
verblassenden licht. Auch wenn es<br />
schwächer wird, geht es nicht aus, zumindest<br />
nicht ganz. tm