Loslassen, Juli 2012 - Freie Seelsorge München
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LosLassen – Der trauer-ratgeber<br />
Etwa fünf Prozent sind von der<br />
„komplizierten trauer“ betroffen.<br />
foto: fotolia/ Chepko danil Chepko@yandex.ru<br />
Wenn ein nahestehender<br />
Mensch stirbt, dann beginnt<br />
für die, die ihn geliebt und<br />
wertgeschätzt haben, die Zeit<br />
der Trauer. Enge Verwandte<br />
und Freunde empfinden dabei<br />
Trauer bewältigen.<br />
www.merkurtz.trauer.de<br />
Trauern ist Stress für die Seele<br />
sehr häufig einen großen Verlustschmerz.<br />
Das Durchleben<br />
dieser Zeit kostet sehr viel<br />
Kraft.<br />
Und nicht selten haben<br />
Trauernde in dieser Zeit das<br />
beängstigende Gefühl, irgendwie<br />
verrückt zu werden.<br />
Man glaubt, dem Verstorbenen<br />
auf der Straße zu begegnen,<br />
seine Stimme zu hören<br />
und vor allem, niemals wieder<br />
ohne ihn zurechtkommen<br />
zu können.<br />
Und doch bewältigen die<br />
allermeisten Trauernden diese<br />
Zeit und erleben, dass<br />
Trauer vergehen kann und sie<br />
trotz der emotionalen Wellenschläge<br />
in dieser Zeit<br />
nicht verrückt geworden<br />
sind.<br />
auf warnsignaLe achten<br />
Empfindungen und<br />
Verhaltensweisen, die<br />
auf komplizierte trauer<br />
hindeuten können:<br />
■ die sehnsucht nach dem<br />
verstorbenen menschen<br />
bleibt sehr stark.<br />
■ die Gedanken an den<br />
Verlust kommen immer<br />
wieder.<br />
■ das Gefühl: ich bin ein<br />
stück mitgestorben.<br />
Das Phänomen<br />
„komplizierte Trauer“<br />
Dennoch gibt es auch einige<br />
wenigeMenschen,derenTrauer<br />
nicht vergehen will. Ganz<br />
im Gegenteil: Im Lauf der Zeit<br />
scheint die Trauer größer zu<br />
werden und nach und nach<br />
das ganze Leben zu bestimmen<br />
und auszumachen. Für<br />
dieses Trauerverhalten wird in<br />
der Trauerforschung seit einiger<br />
Zeit der Begriff „komplizierte<br />
Trauer“ verwendet. Ihr<br />
■ man fragt immer nach<br />
dem eigenen Anteil an<br />
schuld.<br />
■ tiefe lebensangst.<br />
■ orte, die man gemeinsam<br />
mit dem Verstorbenen<br />
aufgesucht hat,<br />
werden bewusst<br />
gemieden.<br />
■ man empfindet<br />
Bitterkeit, Gereiztheit,<br />
Wut , wenn man an den<br />
Verlust denkt. tm<br />
Dienstag, 17. <strong>Juli</strong> <strong>2012</strong><br />
gegenüber steht die „normale<br />
Trauer“, zu deren<br />
Kennzeichen es eben gehört,<br />
dass die Verlustgefühle<br />
nach und nach abklingen.<br />
Allerdings dauert<br />
„normale Trauer“<br />
meist länger, als das die<br />
Betroffenen oder ihr Umfeld<br />
vermuten.<br />
In seinem Buch „KomplizierteTrauer“beschreibt<br />
Hansjörg Znoj, Professor<br />
für Klinische Psychologie<br />
undPsychotherapieander<br />
Universität Bern, was die<br />
Anzeichen für „komplizierte<br />
Trauer“ sein können:<br />
Da ist zuerst die Dauer<br />
der Trauer. Trauer, die<br />
chronisch, also über viele<br />
Jahre besteht, ist sehr ungewöhnlich.<br />
Diese lange<br />
Trauer auf intensivem Niveau<br />
verursacht bei den<br />
Betroffenen zumeist körperliche<br />
und seelische Beschwerden.<br />
Prozess der<br />
Aufschaukelung<br />
Mangelnde soziale Unterstützung,Bewältigungsstrategien,<br />
die in<br />
die falsche Richtung führen,<br />
andauernde unpassende,<br />
in der Fachsprache<br />
dysfunktionale Gedanken<br />
und nicht zuletzt<br />
die ständige Beschäftigung<br />
mit dem Verlust, so<br />
Znoj, führten nach und<br />
nach zu einem Aufschaukelungsprozess,<br />
der sich<br />
dann irgendwann verselbständigen<br />
könne.<br />
Wie viele sind<br />
betroffen?<br />
Während etwa 95 Prozent<br />
aller Trauernden die<br />
„normale Trauer“ erleben<br />
und bewältigen, sind etwa<br />
fünf Prozent der Trauernden<br />
von „komplizierter<br />
Trauer“ betroffen. Allerdings<br />
wird auch in der<br />
Trauerforschung darauf<br />
verwiesen, dass die Unterscheidung<br />
selbst Fachleute<br />
nicht ohne weiteres vornehmen<br />
können.<br />
Da auch „normale Trauer“<br />
oft intensiver, langanhaltender<br />
und individueller<br />
ist, als das in Phasenmodellen<br />
beschrieben ist,<br />
ist eine Selbstdiagnose<br />
nicht ratsam. Trauernde,<br />
die das Gefühl haben, betroffen<br />
zu sein, sollten professionellen<br />
Rat suchen.<br />
Wird dann ein komplizierter<br />
Trauerverlauf diagnostiziert,<br />
ist nach heutigen<br />
Erkenntnissen eine Psychotherapie<br />
am hilfreichsten.<br />
thomas multhaup