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stahlmarkt 3.2014 (März)

Aus dem Inhalt: Steel International / Stahlstandort Deutschland / Edelstahl / IT / Vorbericht zu den Messen wire & Tube 2014

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12 K Steel International<br />

Umsatzsteuerbetrug hält Ostmitteleuropa<br />

im Griff<br />

Die Regierungen mussten Maßnahmen ergreifen<br />

Warschau (Be). Polen und die Slowakei haben auf den systematischen<br />

Steuerbetrug unseriöser Firmen mit einer Rechtsänderung reagiert und<br />

damit einen ersten Erfolg erzielt. Allerdings droht immer noch Ungemach<br />

aus Tschechien und Ungarn. Das Problem ist noch lange nicht gelöst.<br />

WW K »Neue rechtliche Regelungen wie die<br />

Umkehrung der Steuerschuldnerschaft (Re -<br />

verse-Charge) haben seit dem 1. Oktober<br />

2013 zwar im bedeutenden Maße unseriöse<br />

<br />

Vorsitzende der polnischen Vereinigung der<br />

Stahlhändler PUDS, im Gespräch mit dem<br />

<br />

»Doch haben unsere Nachbarn Ungarn und<br />

Tschechen ähnliche Probleme«, erklärte sie.<br />

»Von dort aus könnte kriminell erwirtschafteter<br />

Stahl wieder zu uns gelangen und uns<br />

<br />

Hintergrund: Die gesamte Region wird<br />

seit einigen Jahren von einem gigantischen<br />

»<br />

Polen<br />

und die Slowakei haben<br />

bereits durchgegriffen.<br />

Umsatzsteuerbetrug belastet. Internatio nale<br />

Firmen versuchen so, die Preise zu drücken<br />

und einen gnadenlosen Verdrängungswettbewerb<br />

zu starten. Unter den Unternehmen,<br />

die massiv unter Druck gekommen<br />

sind, befanden sich auch Gesellschaften mit<br />

deutschem Kapital.<br />

Dieses Verbrechen ist einer der größten<br />

Fälle von Wirtschaftskriminalität, den es je<br />

in der Geschichte in Ostmitteleuropa nach<br />

der politischen Wende 1989 gegeben hat.<br />

In offizielle Schätzungen gingen davon aus,<br />

dass allein in Polen bis zur Hälfte des Marktes<br />

betroffen gewesen sein könnte, der zwischen<br />

4 und 5 Mrd. € umfasst. Damit prellten<br />

die Verbrecher allein das polnische Fi -<br />

nanzamt in den vergangenen Jahren pro<br />

Jahr um 100 Mill. €. Das Land stellt pro Jahr<br />

etwa 8 Mill. t Stahl her und gehört damit zu<br />

den größeren Produzenten in der EU.<br />

Die Verbrecher bedienten sich unterschiedlicher<br />

Varianten, um das Finanzamt zu<br />

betrügen. Beispielsweise schoben sich mehrere<br />

Unternehmen über Landesgrenzen hinweg<br />

systematisch die Ware zu. Sie profitierten<br />

unter anderem davon, dass für Exporte<br />

keine Umsatzsteuer anfällt. Zwischenzeitlich<br />

wurde eine Firma in dieser Handelskette<br />

liquidiert, sodass der Fiskus darauf keinen<br />

Zugriff mehr hatte. Fachleute nennen diesen<br />

Trick »Steuerkarussell«, das überwiegend<br />

darauf setzt, dass die Kontrolle der Warenströme<br />

aufgrund des komplizierten Handelsnetzwerkes<br />

nicht ganz einfach ist.<br />

Deswegen mussten die Regierungen drastische<br />

Maßnahmen ergreifen: Die Polen<br />

führten im Oktober das Reverse-Charge-<br />

Verfahren ein, das die Steuerlast dem Leistungsempfänger<br />

aufbürdet. Die Slowakei<br />

folgte zum Jahreswechsel. Experten sprachen<br />

damals von einer »wahren Revolution<br />

<br />

ist damit ganz zufrieden und weist auf die<br />

ersten Wirkungen dieser Änderungen hin:<br />

»Produktion und Import von Langprodukten<br />

sind gleich im Oktober im Vergleich zum<br />

Vorjahreszeitraum bei uns in Polen um 45 %<br />

gestiegen.« Das zeige, wie groß das Aus-<br />

<br />

Die Lage in Polen hat sich zwar verbessert,<br />

doch könnte kriminell erwirtschafteter Stahl<br />

weiterhin von den Nachbarländern Tschechien<br />

und Ungarn ins Land gelangen. Denn<br />

diese Märkte haben ähnliche Probleme.<br />

Anders als Polen haben sie aber erst mit der<br />

Bekämpfung des Verbrechens begonnen.<br />

»Nach unseren Informationen haben viele<br />

Verbrecher ihre Aktivitäten von Polen<br />

nach Tschechien verlagert«, sagte Stefan<br />

Dzienniak, der Vorsitzende der Vereinigungen<br />

der polnischen Stahlproduzenten HIPH,<br />

im Dezember auf einer Veranstaltung. Die<br />

Polen, die Slowakei und Tschechien hatten<br />

sie organisiert, um das gemeinsame Vorgehen<br />

zu beraten. »Wichtig war die Frage,<br />

welche Wirkungen Änderungen im Umsatzsteuerrecht<br />

haben«, unterstrich Dzienniak.<br />

»In Tschechien werden die Schäden, die<br />

dadurch entstanden sind, auf etwa 1 Mrd.<br />

»<br />

Das<br />

Problem verlagert sich<br />

nach Tschechien.<br />

Kronen oder 36 Mill. € geschätzt«, sagte<br />

Robert Agh, Sprecher des regionalen Stahlhändlers<br />

Ferona AS. Die Verlagerung dieses<br />

Betruges nach Tschechien ist nach seiner Einschätzung<br />

leicht erfolgt, weil dort der Stahlhandel<br />

schon wesentlich früher über die<br />

Vermittlung von Unternehmen abge wickelt<br />

worden ist, die Polen gegründet haben.<br />

Hintergrund: In Tschechien haben die Be -<br />

hörden den Kampf zwar schon lange begonnen.<br />

So hat die Regierung 200 Polizisten<br />

abgestellt, die sich ausschließlich mit diesem<br />

Thema befassen. Und im November gab es<br />

auch schon die ersten Fahndungserfolge, als<br />

man insgesamt zwölf Verdächtige inhaftierte.<br />

Ihnen wird ein Betrug von 4,1 Mill. € vorgeworfen.<br />

Doch hat man immer noch nicht das<br />

Reverse-Charge-Verfahren eingeführt, das<br />

nachhaltige Effekte bringen könnte.<br />

»Insgesamt dürfte das Problem in Tschechien<br />

aber nicht so groß wie in Polen werden«,<br />

versuchte Agh den Ball flach zu halten. »Das<br />

Ausmaß war dort nur deswegen so groß, weil<br />

die Unternehmen bei den Ausschreibungen<br />

<strong>stahlmarkt</strong> 0<strong>3.2014</strong>

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