Aettenbühler Huuszytig Ausgabe 22, Februar 2017
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Winter in Abtwil<br />
Pferdeschnützi<br />
Traktorschnützi mit Hans Marti, Xaver Felber<br />
und Franz Wicki<br />
vorzulenken, auf dem die Lehrerin sass. Der Vorlenker<br />
legte sich bäuchlings auf seinen Schlitten<br />
und hakte mit den Füssen in die Kufen des zu lenkenden<br />
Schlittens ein, auf dem meist drei oder vier<br />
Personen sassen. Die volle Verantwortung lag jetzt<br />
beim Vorlenker. Vollzog er einen unkontrollierten<br />
Schlenker, geriet der Personenschlitten ins Trudeln<br />
und kippte um. Nachträglich gesehen war ein<br />
Sturz meist der Höhepunkt einer richtigen Schlittenfahrt,<br />
falls dabei nichts Schlimmes passiert war.<br />
Es gab schon verschiedene Schlitten. Man sah die<br />
Geiss, ein aus dünnem Eisengestänge handgeschmiedetes<br />
Modell mit einem bunten Sitzplatz. Es<br />
gab den Bock oder Göppel. Er war ein ruppiger,<br />
hochbeiniger Einsitzer aus Buchenholz, unverwüstlich,<br />
klobig und gefährlich, aber geeignet zum<br />
Vorlenken. Und einige besassen schon die Limousine<br />
unter den Schlitten, den «Davoser». Er war<br />
handlich, schnell, mehrplätzig und gut lenkbar,<br />
weil in richtiger Proportion gebaut.<br />
Völlig veraltet, verglichen mit den heutigen<br />
hochtechnischen Modellen, waren unsere Skis. Wir<br />
hatten «Fassdugeli», aus Dauben alter Mostfässer<br />
zugeschnittene Bretter, auf die wir eine Bindung<br />
aus Riemen oder Eisenbändern montierten. Skiwachs<br />
kannten wir anfänglich noch kaum. Wir<br />
bedeckten die Laufflächen mit Kerzentropfen und<br />
hofften, meist erfolglos, Schneeklötze an den Laufflächen<br />
zu verhindern. Aber für eine kurze Schussfahrt<br />
an einem steilen Bord mit abschliessendem<br />
Sprung über eine aufgebaute Schanze taugten sie.<br />
Eine mühsame Arbeit war die Schneeräumung.<br />
Der Sigrist Jakob Waldesbühl musste den Zugang<br />
zur Kirche und die Wege auf dem Friedhof frei räumen.<br />
Er zog eine kleine «Holzschnützi» durch die<br />
Schneemassen und zur Belastung musste sich seine<br />
Tochter Marie auf die «Schnützi» setzen. Und gefroren<br />
habe sie, gefroren! meint Marie, die jetzt im<br />
Zentrum Aettenbühl wohnt. Für die Schneeräumung<br />
der Dorfstrassen hatte die Gemeinde eine<br />
grosse «Holzschnützi» anfertigen lassen. Vier Pferde<br />
mussten vorgespannt werden, um eine Fahrspur<br />
ziehen zu können. Die Seitenplanken, die vorne<br />
in V-Form zusammenliefen, konnten ausgedehnt<br />
oder zusammengezogen werden, um Hindernissen<br />
auszuweichen. Für diese Manipulation war der<br />
Strassenwärter zuständig, der bei der Schneeräumung<br />
das Kommando hatte. Um die «Schnützi»<br />
zu belasten, durften wir Kinder auf den Verbindungsplanken<br />
Platz nehmen. Ein Riesengaudi,<br />
auch wenn wir vor den beiden Wirtschaften und<br />
dem einten oder andern Bauernhaus manchmal<br />
gar lange warten mussten, bevor es wieder weiterging!<br />
Die Zugfpferde wurden später übrigens durch<br />
einen Traktor ersetzt.<br />
Wir hatten auch Schlittschuhe, die man mit einem<br />
Schlüssel an die Schuhsohlen klammern konnte.<br />
Das waren unhandliche eiserne Monster und<br />
richtige Absatzmörder! Mangels einer geeigneten<br />
Eisfläche versuchten wir auf zugefrorenen Güllensammlern<br />
und auch auf vereisten Strassen zu<br />
kufen, auch wenn wir hier immer wieder von Kieselsteinen<br />
abgebremst wurden, die aus der schneegepressten<br />
Unterlage hervorschauten.<br />
Herzlichen Dank an Marie Meienberger, Josef<br />
Roos, Robert Rütimann, Alois Leu, Jakob<br />
Fleischlin, Bruno Marti und Fritz Marti für die<br />
interessanten Gespräche und Beiträge.<br />
Fotos: Fritz Marti und Jakob Fleischlin<br />
BARBARA GNÄDINGER<br />
<strong>22</strong>. <strong>Ausgabe</strong>, <strong>Februar</strong> <strong>2017</strong> | AETTENBÜHLER HUUSZYTIG 13