stahlmarkt 2.2016 (Februar)
Aus dem Inhalt: Steel International / Stahlhandel & Stahl-Service-Center / Trennende Fertigungsverfahren / Recht
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10 K Steel International<br />
Einfuhrdruck in die EU: Dramatische Zunahme der Importe<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
EU-Stahlimporte aus dritten Ländern<br />
(Mill. t Walzstahl)<br />
23,6<br />
29,3<br />
22,4<br />
2010 2011 2012 2013 2014 2015*<br />
* Jan. bis Okt. hochgerechnet<br />
23,5<br />
26,2<br />
32,3<br />
2014: +12 %<br />
Jan. bis Okt. 15: +19 %<br />
Okt. 15: +50 %<br />
doch eine gewisse Stabilisierung. Bei den<br />
Stahlrohren sah Kerkhoff Impulse vor allem<br />
aus dem Bereich der Großrohre. In Summe<br />
werde die Erzeugung bei den Verarbeitern<br />
im Durchschnitt leicht zulegen und der<br />
Stahlbedarf sich in etwa seitwärts bewegen.<br />
Verband erwartet sinkende<br />
Rohstahlproduktion in Deutschland<br />
»Trotzdem erwarten wir, dass die Rohstahlproduktion<br />
im kommenden Jahr um 3 %<br />
auf 41,5 Mill. t sinkt«, führte Kerkhoff weiter<br />
aus. Dies stelle im historischen Vergleich<br />
ein außergewöhnlich niedriges Niveau dar.<br />
Tatsächlich fiel die Erzeugung in den letzten<br />
20 Jahren nur in den Jahren 1996 und 2009<br />
niedriger aus. In beiden Jahren, insbesondere<br />
im Jahr der Finanzkrise, war der Rückgang<br />
der Produktion vor allem eine Folge rezessiver<br />
Entwicklungen bei den deutschen Stahlverarbeitern<br />
und damit auch Ausdruck eines<br />
schwachen realen Stahlbedarfs. Für 2016<br />
drohten dagegen verstärkt Marktanteilsverluste<br />
in Folge eines oft ruinösen und teilweise<br />
unfairen internationalen Wettbewerbs.<br />
»Wir befürchten, dass sich die Ungleichgewichte<br />
auf den internationalen Märkten<br />
2016 sogar noch einmal zuspitzen könnten«,<br />
zeigte sich Kerkhoff besorgt.<br />
Aufbau von Kapazitäten weltweit<br />
führt zu sinkender Auslastung<br />
Diese Einschätzung beruht vor allem auf drei<br />
Entwicklungen. So werde sich weltweit das<br />
Kapazitätsproblem im laufenden Jahr noch<br />
verschärfen. Zwar erwartet die WV Stahl,<br />
nach einer im vergangenen Jahr um 3 %<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
3,2<br />
EU-Stahlimporte aus China<br />
(Mill. t Walzstahl)<br />
4,2<br />
2,6<br />
3,0<br />
4,5<br />
6,9<br />
2014: +50 %<br />
Jan. bis Okt. 15: +52 %<br />
Okt. 15: +122 %<br />
2010 2011 2012 2013 2014 2015*<br />
Quelle: Amtl. Außenhandelsstatistik, WV Stahl (18.12.2015)<br />
gesunkenen Stahlproduktion weltweit, für<br />
2016 ein stabile Rohstahlerzeugung. Der<br />
Kapazitätsausbau schreite jedoch fort – was<br />
eine sinkende Auslastung weltweit nach sich<br />
zöge. 2015 liege sie bei voraussichtlich 71 %.<br />
Vor allem in China drohen sich die Un -<br />
gleichgewichte zu erhöhen: 2016 werde die<br />
Stahlnachfrage dort zum dritten Mal in Folge<br />
sinken (– 3 %) nach –5 % im vergangenen<br />
Jahr. Zudem komme der Kapazitätsabbau<br />
dort nicht voran und die Kapazitätsüberhänge<br />
dürften 2016 daher um weitere<br />
35 Mill. t auf ein Rekordlevel von 430 Mill. t<br />
steigen. Dies entspreche mehr als 50 % der<br />
Stahlnachfrage der gesamten restlichen<br />
Welt. Werde dieser Anstieg in ähnlichem<br />
Umfang in das Ausland exportiert wie in den<br />
vergangenen Jahren, sei ein weiteres<br />
Anschwellen der chinesischen Stahlausfuhren<br />
auf über 120 Mill. t zu befürchten (nach<br />
voraussichtlich 112 Mill. t 2015). Auch<br />
außerhalb von China befänden sich viele<br />
Märkte in einer Schieflage. Trotz der weltweit<br />
schwierigen wirtschaftlichen Situation<br />
werden in vielen Schwellenländern, insbesondere<br />
in Indien, jedoch weiterhin Kapazitäten<br />
ausgebaut.<br />
Handelspolitik: Faire Handelsbedingungen<br />
durchsetzen<br />
Die Krise auf den internationalen Stahlmärkten<br />
beruhe allerdings nicht allein auf einer<br />
schwachen Stahlnachfrage. Ursache sei vielmehr,<br />
dass der Wettbewerb auf den internationalen<br />
Märkten immer weiter verzerrt<br />
werde, unterstrich Kerkhoff. So stiegen be -<br />
reits 2015 die globalen Stahlexporte auf<br />
360 Mill. t (+ 5 %). Nahezu jede dritte Tonne<br />
komme inzwischen aus China, das seine<br />
Exporte seit 2012 mehr als verdoppelt habe.<br />
Bedrohlich dabei sei, dass ein großer Teil des<br />
chinesischen Materials zu Dumpingpreisen<br />
auf den Märkten angeboten wird.<br />
Die Verbreitung von unfairem Handel<br />
habe zu einer wahren Flut von weltweiten<br />
Handelsklagen im vergangenen Jahr ge -<br />
führt. Der OECD zufolge seien bereits in den<br />
ersten zehn Monaten 2015 mehr als doppelt<br />
so viele Antidumping- und Antisubventionsverfahren<br />
auf den Weg gebracht worden<br />
wie im Mittel der letzten Jahre. Davon<br />
beträfe etwa ein Drittel Lieferungen aus<br />
China. Zudem haben eine Reihe von Schwellenländern,<br />
u. a. Indien, Schutzklauselverfahren<br />
eingeleitet und / oder ihren tarifären<br />
Außenschutz deutlich erhöht und damit den<br />
Marktzugang auch für faire Importe spürbar<br />
eingeschränkt.<br />
Im kommenden Jahr werden handelspolitische<br />
Maßnahmen einen noch größeren<br />
Einfluss auf die Handelsströme und Marktgegebenheiten<br />
ausüben als 2015, prophezeit<br />
Kerkhoff. Die EU und damit auch die<br />
Stahlindustrie in Deutschland seien dabei<br />
besonders gefährdet. So seien die Drittlandimporte<br />
in die EU bereits 2015 mit einer<br />
zweistelligen Rate angestiegen, während die<br />
Exporte in die Länder außerhalb der Europäischen<br />
Union in Folge des Verdrängungswettbewerbs<br />
auf den internationalen Märkten<br />
trotz günstigen Wechselkurses spürbar<br />
zurückgegangen seien. Die Veränderung im<br />
Stahl-Außenhandelssaldo für die EU belaufe<br />
sich auf über 6 Mill. t. Keine andere Region<br />
in der Welt habe im vergangenen Jahr eine<br />
größere Saldenverschlechterung hinnehmen<br />
müssen.<br />
Wie dramatisch die Einfuhrsituation ist,<br />
machte Kerkhoff mit Blick auf die Handelszahlen<br />
vom Oktober 2015 deutlich – die um<br />
50 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum<br />
zugelegt hatten. Vor allem die Stahleinfuhren<br />
aus China erreichten »immer absurdere<br />
Höhen«: Im Oktober 2015 hatten sie sich<br />
um 120 % erhöht, auf – hochgerechnet auf<br />
das Gesamtjahr – 12 Mill. t. Dies entspricht<br />
in etwa der gesamten Stahlproduktion in<br />
Großbritannien. Fast jede dritte Tonne Stahl,<br />
die in die EU importiert wird, sei damit<br />
zuletzt aus China gekommen. »Unser Konjunkturausblick<br />
macht deutlich, dass eine<br />
zeitnahe und konsequente Anwendung des<br />
<strong>stahlmarkt</strong> 0<strong>2.2016</strong>