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SPORTaktiv Bikeguide 2017

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Rasch die Eckpunkte: Die „Tutti<br />

Frutti Epic“ ist eine neue, permanent<br />

ausgeschilderte Tour,<br />

die ab heuer jeder in seinem eigenen<br />

Tempo abfahren kann. Auf den<br />

45 Kilometern sind nur wenige hundert<br />

Meter bergauf in die Pedale zu treten<br />

– weil alle Trails per Gondelbahn<br />

oder Sessellift erreichbar sind. Ihr<br />

müsst für die Tour auch keineswegs<br />

Fähigkeiten wie Brian Lopes mitbringen,<br />

mein Partner auf dieser Jungfernfahrt.<br />

Brian ist eine Bike-Ikone, war<br />

Weltmeister und wurde in die „MTB<br />

Hall of Fame“ aufgenommen – so wie<br />

meine Wenigkeit ...<br />

Die Schwierigkeit aller Trails bewegt<br />

sich zwischen rot und blau,<br />

sprich: mittel oder leicht. Sie sind also<br />

für alle Könnensstufen geeignet und<br />

perfekt für Cross-Country-, All-Mountain-<br />

und Enduro-Bikes.<br />

Rund um Livigno sind in den vergangenen<br />

Jahren 25 Kilometer an speziellen<br />

Flow Trails enstanden. Dazu<br />

kommt das vorhandene Netzwerk an<br />

natürlichen Trails, macht zusammen<br />

3.500 Abfahrtshöhenmeter. Livignos<br />

Slogan „Feel the Alps“ heißt jetzt inoffiziell<br />

schon „Feel the Flow“. Denkt<br />

aber bloß nicht, dass Trails, auf denen<br />

sich Familien und Anfänger wohlfühlen,<br />

langweilig für Profis sind. Nicht,<br />

wenn sie richtig gebaut sind!<br />

FLOW UND CAPPUCCINO<br />

Start und Ziel der Tutti Frutti ist die<br />

Talstation der „Livigno Centro“-Gondelbahn.<br />

Oben angekommen beginnt<br />

der „Roller Coaster“, einer meiner<br />

Lieblingstrails auf der Epic. Italiens<br />

einziger kompletter Flow-Country-<br />

Trail bietet auf vier Kilometern feine<br />

Anleger, kleine Wellen und eine unglaubliche<br />

Aussicht, bevor es mit dem<br />

Vetta-Sessellift wieder bergauf geht.<br />

Der nächste Abschnitt beinhaltet mit<br />

dem „Coast to Coast“, dem „S-Way“<br />

und dem letzten Teil des „H-Dreams“<br />

eine Vielzahl an Trails, bevor du am<br />

anderen Ende des Berges bei der Mittelstation<br />

der „Carosello 3000“ ankommst.<br />

Eine kurze Gondelfahrt und einen<br />

Cappuccino später fahren wir den<br />

neuesten Trail der Gegend, den „Bikers<br />

United“ hinab – als Erste überhaupt.<br />

Es ist immer ein Vergnügen,<br />

hinter Brian herzufahren. Was er am<br />

Bike macht, ist einfach unglaublich.<br />

Sogar auf einem Einsteiger-Trail<br />

schafft er es, neue und interessante<br />

Lines zu verbinden und Dinge zu machen,<br />

die ich bei keinem anderen Fahrer<br />

je gesehen habe. Aus zwei unschuldigen<br />

Wellen wird zum Beispiel<br />

einfach ein kräftiger Doppelsprung.<br />

DREI SÄULEN EINES TRAILS<br />

Nach einem schnellen Selfie mit<br />

schottischen Hochlandrindern, die<br />

hier weiden, sind wir zurück in der<br />

Gondel – für ein überfälliges Instagram-Update<br />

und um unserer Armmuskulatur<br />

eine kleine Pause zu gönnen.<br />

Die nächste Etappe ist doppelt so<br />

lang. Wenn du nicht oft stehenbleibst,<br />

bist du in 18 Minuten durch. Sie verbindet<br />

den oberen Teil des „Coast to<br />

Coast“ mit dem „H-Dream“ und ist ein<br />

roter Trail mit ein paar größeren, aber<br />

fahrbaren Sprüngen ohne böse Überraschungen.<br />

Drei Säulen sind es, die<br />

für mich einen großartigen Trail ausmachen:<br />

Nachhaltigkeit, Sicherheit,<br />

Berechenbarkeit. Und das gilt für Profi-<br />

genauso wie für Einsteiger-Trails.<br />

Am Ende des „H-Dream“folgt ein<br />

kurzer Übergang von der Carosello-Mittelstation<br />

zur „Blueberry Line“,<br />

ein weiterer flowiger Trail, der extrem<br />

Spaß macht. Der Trail spuckt dich<br />

dann direkt bei der Tea-Borch-Hütte,<br />

einer der zahlreichen Hütten in der<br />

Die Bikelegende<br />

HANS REY, 50, ist ein Pionier im Trialund<br />

Extrem-Freeride-Mountainbiken.<br />

Der gebürtige Deutsche gewann mehrere<br />

Weltmeisterschaften sowie eine<br />

Silbermedaille bei den ersten XGames<br />

1995.<br />

Seit 2008 ist Rey US-Bürger und lebt in<br />

Laguna Beach, Kalifornien.<br />

Gegend aus. Wir sind jetzt bei der<br />

Hälfte der Tour, grinsen aber schon<br />

über das ganze Gesicht. Nächster<br />

Stopp ist der Gipfel der Carosello 3000<br />

auf – wie der Name schon sagt – 3.000<br />

Metern. Hier gönnen wir uns ein Mittagessen<br />

und lassen uns für einen Moment<br />

in die Liegestühle fallen. Die<br />

Aussicht ist unglaublich. Direkt im<br />

Westen die Schweiz und im Osten erheben<br />

sich drei der höchsten Berge Italiens:<br />

die Ortlergruppe, die Königsspitze<br />

„Gran Zebru“ und der<br />

Stilfserjoch-Gletscher.<br />

HEIRATSANTRAG IN DER HÜTTE<br />

Nächster Checkpoint auf der Tutti-Frutti-Reise<br />

ist „Madonon“. Ein guter<br />

Biker braucht 25 Minuten für die<br />

Strecke. Die sind es wirklich wert – es<br />

ist ein Highlight der gesamten Tour.<br />

Für mich sowieso, 2008 habe ich meiner<br />

Carmen hier einen Heiratsantrag<br />

gemacht. Zu meiner Überraschung<br />

fand ich dort eine charmante, kleine<br />

Hütte, von der aus man das ganze Tal<br />

überblickt und bis zu den Gletschern<br />

des Bernina-Massivs sieht. Solche<br />

Hütten finden sich in der ganzen Gegend<br />

um Livigno verstreut. Wenn du<br />

Glück hast, so wie ich damals mit Carmen<br />

und jetzt auch mit Brian, hat jemand<br />

eine Flasche Wein dagelassen.<br />

Die nahe Madonna-Statue ist eines der<br />

Wahrzeichen dieser Gegend und ganz<br />

in der Nähe gibt es auch eine Freiluft-Toilette<br />

mit einem unschlagbaren<br />

Panoramablick ...<br />

Von hier fahren wir über einen<br />

Singletrail zum Lac Salin, einem kleinen<br />

See, dann weiter zur Rückseite<br />

des Carosello und schließlich einen<br />

Naturtrail hinunter ins „Val Federia“.<br />

eines der schönsten und abgeschiedensten<br />

Täler, das du dir vorstellen<br />

kannst. Auf halbem Weg bleiben wir<br />

auf der Alpe Federia stehen, wo offenbar<br />

alle Kühe von Livigno (und eine<br />

Senner-Familie) den Sommer verbringen.<br />

Weil die Tour fast zu Ende ist, stoßen<br />

Brian und ich mit einem Bier an.<br />

Eine halbe Stunde später sind wir<br />

zurück in Livigno und Brian besteht<br />

darauf, eine Runde im See zu schwimmen.<br />

Meine Gedanken sind währenddessen<br />

schon bei der „Gelateria<br />

Talgliede“. Ich weiß nämlich, dass der<br />

Besitzer vor Kurzem eine neue Sorte<br />

kreiert hat: „Tutti Frutti“ heißt sie.<br />

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