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KURT 04/2017

KURT 04/2017 Das Stadt-, Kultur- und Szenemagazin für die Region Gifhorn

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Das Stadt-, Kultur- und Szenemagazin für die Region Gifhorn

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Hightech-Flatscreen – die beide aus Gründen ihrer<br />

Funktionsfähigkeit beraubt wurden. Ich nehme<br />

noch einen Schluck Fenchel.<br />

Mittlerweile trage ich beim Schlafen eine Mütze,<br />

damit ich für den Fall der Fälle, dass in einem<br />

komplett abgedunkelten Raum doch irgendwo ein<br />

Lichtkegel seine Bahnen wirft, den Strick doch über<br />

meine Augen gezogen bekomme. Geborgenheit.<br />

Ich überdenke kurz mein emanzipatorisches Weltbild<br />

und googele nach Jeanette Biedermann.<br />

Was die wohl jetzt macht. Wahrscheinlich<br />

schlafen. Aber auch ansonsten<br />

ist da nicht viel los, „come baby,<br />

come baby, rock my life“ und<br />

andere postpubertäre Klimperkatastrophen<br />

sind Schnee von<br />

gestern. Es ist 02.08 Uhr und<br />

ich wünschte, ich wäre Jeanette<br />

Biedermann. Dann trinke ich<br />

noch einen Schluck Fenchel.<br />

Ich starre auf den Bildschirm und<br />

das Gesehene verschiebt sich surreal<br />

in die Tiefe. In letzter Zeit hatte ich, wenn<br />

der Geist dem Körper doch eines frühen Morgens<br />

nachgeben durfte, sowieso verhältnismäßig oft<br />

groteske Träume von quaderförmigen Gebilden<br />

mit ausgefransten Schlieren, die sich in einem<br />

Mordstempo entweder auf mein Auge zu- oder<br />

von meinem Auge wegbewegten. Ich trinke noch<br />

einen Schluck Fenchel und überlege, „Die Traumdeutung“<br />

von Sigmund Freud aus dem Regal zu<br />

holen. Dabei stoße ich die halbe Tasse Fenchel um.<br />

Reicht jetzt auch mit Trinken. Ich muss ja eh schlafen.<br />

Ein Versuch noch. Es ist 02.46 Uhr. Mal wieder.<br />

Kopfüber<br />

Über Schlafstörungen<br />

Von Malte Schönfeld<br />

gebracht hat, der<br />

jetzt aber nicht angeschlossen<br />

ist. Somit<br />

steht hier eine<br />

25-Kilo-Röhre und ein<br />

Zerbrecht Ihr Euch<br />

auch manchmal den<br />

Kopf über irgendetwas?<br />

Oder habt Ihr einen<br />

guten Tipp, der Malte bei<br />

seinen Schlafstörungen<br />

helfen könnte? Mailt an<br />

redaktion@kurt-gifhorn.de!<br />

Es ist Dienstag, nach 01.30 Uhr, und ich habe mir<br />

einen Fencheltee gemacht. Ich verspreche mir relativ<br />

viel von dieser Tasse Brühheiß, vor allem, dass sie<br />

mich müde macht. Müde werde ich nämlich nicht<br />

mehr. Obwohl ich es dauerhaft bin. Da auf dem<br />

Beuteletikett allerdings keine Anweisung gegeben<br />

ist, wie lange sie überhaupt ziehen muss, wird die<br />

Wirkung wahrscheinlich eh verfehlt. Auf meinem<br />

Handy ploppt eine Nachricht von Facebook auf:<br />

Irgendjemand und drei weitere haben Geburtstag.<br />

Es ist 01.52 Uhr.<br />

Vielleicht klappt das ja mit dem<br />

Lesen. Ich nehme mir von meinem<br />

Nachttisch das „Remix“-Buch<br />

von Benjamin von Stuckrad-<br />

Barre, eine Anhäufung von Tiraden<br />

gegen einzelne Menschen<br />

und Unternehmungen. In etwa<br />

das gleiche, wie der Inhalt vom<br />

Buch daneben: Truman Capotes<br />

„Wenn die Hunde bellen“. Da mir<br />

aber nicht der Sinn nach Schriftblumen<br />

und Wort-Chic ist, blättere ich doch<br />

durch den „Remix“, einfach flippiger für so eine<br />

Dienstagnacht. Ich nehme den ersten Schluck von<br />

meinem Fenchel und spüre, wie sich die Wärme in<br />

mir ausbreitet. Stucki widmet ein Kapitel der Autorin<br />

Sibylle Berg und fährt ihr in seinem ihm eigenen<br />

Buchstaben-Bombardement vollends in die Karre,<br />

wobei beide Popliteraten sind und damit dieselben<br />

Felder bestellen und ernten. Vielleicht bin ich da<br />

aber auch zu pauschalisierend.<br />

Generell ist gerade alles so oder so: Augenringe,<br />

Akkuladezeiten, Handschweiß, Stehlampe. Es nervt,<br />

und selbst wenn etwas nicht nervt, fokussiere ich<br />

es so lange, bis es nervt. Kurz überlege ich, ob ich<br />

den Fernseher anmachen sollte, aber das klappt ja<br />

eh nicht, weil ein Freund seinen Fernseher zu mir<br />

Foto: NFP (Filmwelt)<br />

24.<strong>04</strong>. Gott lebt! Mit<br />

seiner Frau und der zehnjährigen<br />

Tochter Éa in einer<br />

Hochhauswohnung in<br />

Brüssel. Seinen verstorbenen<br />

Sohn Jesus hält er<br />

für ein Weichei. Freude<br />

hat der Sadist bloß daran,<br />

den Menschen das Leben<br />

mit absurden Geboten zu erschweren<br />

– und ihr Leben mit<br />

einem Computerprogramm<br />

zu manipulieren. Eines Tages<br />

jedoch rebelliert Éa gegen<br />

Gotts Tyrannei, bringt seinen<br />

Rechner zum Absturz,<br />

und das respektlose und zugleich<br />

sehr originelle Drama<br />

Das brandneue Testament<br />

nimmt seinen Lauf...<br />

Wie Regisseur Jaco van<br />

Dormael in dieser belgischfranzösisch-luxemburgischen<br />

Koproduktion irrwitzige<br />

Ideen mit viel Humor und<br />

kunst & kultur<br />

Gott lebt –<br />

als Sadist mit Computer im Plattenbau<br />

Monty-Python-Surrealismus<br />

zu einem hochgradig<br />

erratischen, stets leicht<br />

manisch daherkommenden<br />

Gesamtkunstwerk<br />

montiert hat, ist bei uns<br />

in der Reihe „Kirchen und<br />

Kino“ zu sehen – am Montag,<br />

24. April, ab 19 Uhr<br />

im Kinocenter, Steinweg 32,<br />

in Gifhorn. Die Inszenierung<br />

greift tabuisierte Themen<br />

wie Armut, Krankheit, Gewalt,<br />

Sex und Suchtverhalten<br />

auf und hinterfragt nicht zuletzt<br />

die Rolle von Frauen in<br />

Bibel und Gesellschaft.

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