Stadionzeitung_Nr7_Frankfurt
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Rückblick<br />
17:21 Uhr in der SGL arena, hängende Köpfe auf Mainzer Seite.<br />
Wieder ein dramatisches Spiel in Augsburg, wieder geht es mit<br />
leeren Händen nach Hause. In diesem Fall war Augsburg für den<br />
FSV keine Reise wert. Es schien, als hätten die ersatzgeschwächten<br />
05er vor der Abfahrt nach Schwaben etwas in Mainz liegengelassen<br />
zu haben: das fußballerische Selbstverständnis.<br />
Text: Silke Bannick<br />
Thomas Tuchel bemängelte vor den Medienvertretern nach dem Spiel<br />
vor allem, mit welcher Fahrlässigkeit die Gegentore zugelassen wurden: „Wir<br />
haben uns vorgenommen, unbedingt zu Null spielen, und das ist uns nachweislich<br />
nicht gelungen. Beim ersten Gegentreffer haben wir einen taktischen<br />
Fehler gemacht und wurden dafür mit dem Tor bestraft. Was ich aber echt<br />
nicht verstehen kann, ist warum wir beim 2:0 insbesondere im Bewusstsein<br />
um die Tabellenkonstellation nicht die Torlinie beschützen, nachdem Wetklo<br />
André Hahn so gut pariert hat. Keiner hat ihm geholfen. So mussten wir dem<br />
doppelten Rückstand hinterherlaufen. Am Ende muss man dann auch anerkennen,<br />
dass dann auch ein Tor von uns nicht reicht, um hier was zu holen.“<br />
Dabei ließ sich das Spiel in Augsburg eigentlich gut an. Die 05er, die mit<br />
drei Innenverteidigern im 5-2-2-1 agierten, stellten sich defensiv ein gegen<br />
einen gewohnt bissig nach vorne spielenden FC Augsburg. Die dichte Verteidigung<br />
sollte das direkte Spiel des FCA über die schnellen Flügelspieler<br />
möglichst unterbinden. Das gelang zunächst auch sehr gut. In der ersten<br />
Spielphase standen die 05er hinten sicher und ließen die Fuggerstädter<br />
nur selten durch, setzten aber in der Gegenbewegung auch Akzente nach<br />
vorne. „Wir hatten besonders in der ersten halben Stunde hochkarätige<br />
Chancen, nur haben wir leider keine davon genutzt“, haderte Tuchel nach<br />
Abpiff. In der Tat hatte der FSV bis zum ersten Gegentor der Augsburger<br />
ein Chancenplus – Joo-Ho Parks Kopfball aus spitzem Winkel (9. Minute),<br />
Shinji Okazakis spektakulär zurück erkämpfte Ball im Strafraum und sein<br />
Schuss aus knapp zehn Metern aufs Tor (18. Minute) oder der Direktschuss<br />
von Sebastian Polter nach Flanke von Zdenek Pospech (23. Minute) verlangten<br />
dem FCA-Keeper Marwin Hitz einiges an Können ab, allerdings<br />
behielt der junge Schweizer Schlussmann die Oberhand gegen die 05-Angreifer.<br />
Einnetzen, das taten nur die Augsburger in der ersten Spielhälfte.<br />
Ein Diagonalpass von Daniel Baier auf den pfeilschnellen André Hahn in den<br />
Rücken der Mainzer Abwehr, die in der Szene auf Abseits spekulierte, besorgte<br />
nach einer knappen halben Stunde die Führung für den FCA. Ab dann<br />
liefen die 05er dem Spiel hinterher und kassierten kurz nach Anpfiff der<br />
zweiten Spielhälfte erneut durch Hahn gar noch einen Gegentreffer. Heinz<br />
Müller war zur Pause wegen Hüftproblemen ausgewechselt worden, sein<br />
Vertreter Christian Wetklo rettete zunächst gegen den Augsburger Neuzugang<br />
aus Offenbach mit einer tollen Parade, allerdings verpasste es die versammelte<br />
05er-Abwehr, den Nachschuss von Hahn von der Torlinie wegzuhalten.<br />
Der Ball segelte rein, 2:0. Doch in der 58. Minute hatte Fortuna dann<br />
doch noch für einen kurzen Moment ein Einsehen mit den 05ern – Sebastian<br />
Polter setzte im Strafraum zum Fallrückzieher an, wurde am Trikot gezogen<br />
und fiel. Schiedsrichter Bastian Dankert entschied auf Strafstoß, und der<br />
frisch eingewechselte Eric Maxim Choupo-Moting verwandelte mit seinem<br />
ersten Ballkontakt der Partie zum 1:2-Anschlusstreffer. Das Tor gab den<br />
Mainzern merklichen Aufwind, die Offensivbemühungen wurden gesteigert<br />
und die Partie mehr zum offenen Schlagabtausch. „Wir wussten, dass<br />
Augsburg schon ein paar Mal die Führung verspielt hat und haben drauf<br />
gehofft, dass sie dieser Serie auch gegen uns treu bleiben“, sagte Tuchel.<br />
Doch die Strafraumszenen waren oft zu ungefährlich und die Abschlüsse<br />
zu unpräzise. Oder wurden von den Referees falsch eingeschätzt. Polter<br />
wurde erneut im Strafraum gefoult, der Augsburger Verteidiger Jeong-Ho<br />
Hong stieg dem Angreifer in die Hacken, doch die Pfeife von Dankert blieb<br />
diesmal stumm. „Den ersten Elfmeter kann man geben, diesen muss man<br />
geben“, ärgerte sich Tuchel.<br />
Doch allein darin war die Niederlage nicht begründet. Es fehlte das spielerische<br />
Selbstverständnis, mit und gegen den Ball, das Spielzüge leichter<br />
von der Hand gehen lässt. Und auch ein Stück weit Selbstvertrauen in der<br />
ersatzgeschwächten Mannschaft, die neben Heinz Müller auch Bo Svensson<br />
in der Halbzeit verletzungsbedingt ersetzen musste. Der FC Augsburg<br />
hatte einfach mehr vom Spiel: mehr Ballbesitzzeiten, effektivere Zweikämpfe,<br />
mehr Spritzigkeit, mehr Torgefahr und mehr Genauigkeit in den<br />
Pässen und in der Ballannahme. Eigentlich Tugenden, die das Mainzer Spiel<br />
beschreiben. Der FCA hat die 05er mit den eigenen Waffen geschlagen.<br />
Den Schlusspunkt für einen rundum gebrauchten Tag setzte Christian Wetklo,<br />
der kurz vor Ende der regulären Spielzeit Rot sah wegen einer Notbremse.<br />
Polter, der in der Jugend mal Torwart war, musste zwischen die Pfosten<br />
und hielt in den letzten Minuten spektakulär den Kasten sauber. Allein die<br />
positive Wendung zugunsten der 05er blieb in Augsburg aus.<br />
Bundesliga 11. Spieltag, FC Augsburg – 1. FSV Mainz 05 2:1<br />
So spielten die 05er:<br />
So spielte der FCA:<br />
Tore: 1:0 Hahn (27.)<br />
Zuschauer:<br />
H. Müller (46. Wetklo) – Pospech, Bell,<br />
Hitz – Verhaegh, Callsen-Bracker,<br />
2:0 Hahn (49.)<br />
28.007<br />
Svensson (46. N. Müller), Noveski,<br />
Klavan, Ostrzolek – Vogt, Baier –<br />
2:1 Ch.-Moting (59.)<br />
Diaz – Geis, Soto (57. Ch.-Moting) –<br />
Hahn, Halil Altintop (71. Hong), Werner<br />
Schiedsrichter:<br />
Polter, Park – Okazaki<br />
(90. de Jong) – Mölders (63. Milik)<br />
Rote Karte: Wetklo (88.)<br />
Bastian Dankert (Rostock)<br />
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