Der dressierte Mann - WikiMANNia
Der dressierte Mann - WikiMANNia
Der dressierte Mann - WikiMANNia
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Das schönere Geschlecht<br />
<strong>Der</strong> <strong>Mann</strong> wäre für einen außerirdischen Betrachter sicher das anbetungswürdigste Wesen auf diesem Planeten;<br />
jedenfalls steht außer Zweifel, daß er ihn weit attraktiver finden müßte als beispielsweise die Frau.<br />
Denn der Frau gegenüber hat er zwei Vorzüge: Er ist schön, und er ist intelligent.<br />
Nur dank einer jahrhundertelangen Verwirrung aller Wertmaßstäbe kann es möglich geworden sein, die<br />
Frau als »das schöne Geschlecht« zu apostrophieren. Allein die Tatsache, daß sie dümmer ist als der <strong>Mann</strong>,<br />
würde genügen, diese absurde Behauptung zu widerlegen. Ein dummer Mensch kann niemals schön sein,<br />
es sei denn, man legt den kreatürlichen Charakter des Menschen bei der Beurteilung zugrunde. Und es muß<br />
betont werden, daß vor allem der <strong>Mann</strong> selbst den Fehler begeht, die Frau nach Maßstäben zu bewerten,<br />
die Mensch und Tier auf die gleiche Stufe stellen. Das ist wohl nötig, denn in der Gruppe homo sapiens<br />
hätte sie nicht die geringste Chance.<br />
<strong>Der</strong> <strong>Mann</strong> braucht, wie wir noch sehen werden, die Frau, um sich ihr zu unterwerfen. Und um vor sich<br />
selbst zu bestehen, läßt er nichts unversucht, sie mit Qualitäten auszustatten, die seine Unterwerfung rechtfertigen.<br />
Da sie ihren Geist noch nie unter Beweis gestellt hat, kann er sie nicht gut für geistreich halten<br />
(obwohl er mit der Erfindung des Begriffs »weibliche Intuition« auch in dieser Richtung schon Versuche<br />
unternommen hat). Also nennt er sie schön.<br />
Ästhetische Maßstäbe erzwingen die Haltung der Subjektivität, jedes ästhetische Urteil ist ein Akt persönlicher<br />
Freiheit. Aber die Subjektivität wird leicht zum Alibi, und der <strong>Mann</strong> läßt sich gern versklaven. Nur<br />
weil die Frau sich auf eine Weise herausputzt, die darauf abzielt, alle Blicke auf sich zu lenken, setzt der<br />
<strong>Mann</strong> voraus, sie habe auch einen Grund dazu. Er findet sie schön, weil sie sich selbst schön findet. Und er<br />
ist ihr dankbar dafür, daß sie ihm erlaubt, sie schön zu finden.<br />
Sie unterstützt diesen Anspruch auch noch mit einem Trick: Da sich das höchste Ideal der Frau - ein Leben<br />
ohne Arbeit und Verantwortung - mit dem eines Kindes deckt, imitiert sie das Kind. Kinder sind »rührend«<br />
hilflos, sie haben einen lustigen kleinen Körper mit lustigen kleinen Gliedmaßen, über ihren lustigen kleinen<br />
Fettpolstern spannt sich makellose, junge, zarte Haut. Sie können leicht zum Lachen gebracht werden,<br />
benehmen sich überhaupt possierlich - sie sind eine Verniedlichungsform des Erwachsenen -, und da sie<br />
sich nicht selbst ernähren können, ist es selbstverständlich, daß man für sie sorgt und ihnen alle Schwierigkeiten<br />
aus dem Weg räumt. Das ist durch einen biologischen Mechanismus gesichert: Spezies, die ihre<br />
Nachkommenschaft zugrunde gehen lassen, sterben aus.<br />
Durch eine raffinierte Kosmetik, die darauf abzielt, ihren Baby-Look zu konservieren und ein hilflosniedliches<br />
Geplapper, in dem Ausdrücke des Erstaunens, der Überraschung und der Bewunderung (»Oh!«,<br />
»Ah!«, »Wundervoll!«) die Hauptrolle spielen, versucht sie, ihrer Umwelt so lang wie möglich das süße<br />
liebe kleine Mädchen vorzugaukeln. Denn dadurch, daß sie ihr Kindergesicht und eine gewisse Attitüde<br />
der Hilflosigkeit bewahrt, appelliert sie an die Beschützerinstinkte des <strong>Mann</strong>es und veranlaßt ihn, für sie zu<br />
sorgen.<br />
Diese Rechnung ist, wie alles, was die Frau selbständig unternimmt, so dumm und kurzsichtig, daß es an<br />
ein Wunder grenzt, wenn sie trotzdem aufgeht. Solang sie nämlich das Babygesicht als weibliches Schönheitsideal<br />
propagiert, muß sie sich spätestens mit fünfundzwanzig Jahren in einer Sackgasse wiederfinden.<br />
Mit allen Tricks der Kosmetik (in Frauenzeitschriften liest man tatsächlich, die Frau habe beim Denken<br />
Denkfalten und beim Lachen Lachfalten zu vermeiden) läßt es sich nicht verhindern, daß sie in diesem<br />
Alter das Gesicht einer Erwachsenen bekommt. Aber was soll der <strong>Mann</strong>, der darauf dressiert wurde, nur<br />
süße kleine Mädchen schön, liebenswert und hilfsbedürftig zu finden, mit einer erwachsenen Frau anfangen?<br />
Was soll er anfangen mit einer Frau, deren glatte, feste Rundungen zu schwabbeligen Fettklumpen unter<br />
einer schlaffen, weißen Hautdecke geworden sind? <strong>Der</strong>en Stimme nicht mehr kindlich klingt, sondern<br />
schrill? <strong>Der</strong>en Lachen nicht mehr spontan und fröhlich ist, sondern stoßweise und wiehernd? Mit einer<br />
Schreckschraube, deren abstoßend dummes Geschwätz jetzt, da es nicht mehr aus Kindermund kommt, an<br />
seinen Nerven zerrt und in deren Gesicht die vielen überraschten »Ahs« und »Ohs« immer seltener den<br />
Ausdruck naiven Erstaunens hervorzaubern und immer häufiger den des Schwachsinns? Keinerlei erotische<br />
Wunschträume wird die kindische Mumie jemals wieder entzünden. Man möchte glauben, endlich sei<br />
es aus mit ihrer Macht.<br />
Doch die Rechnung der Frauen geht, wie gesagt, trotzdem auf, und zwar aus zwei Gründen: erstens, weil<br />
11