12.12.2012 Aufrufe

Der dressierte Mann - WikiMANNia

Der dressierte Mann - WikiMANNia

Der dressierte Mann - WikiMANNia

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

in einem Erdhügel steckt und nach ihrer Zahnbürste sucht, wie in »Glückliche Tage«. Vielleicht hätte er<br />

damit sogar Erfolg beim Publikum. Aber ein solches Experiment wäre für einen nach dem Leistungsprinzip<br />

<strong>dressierte</strong>n <strong>Mann</strong> natürlich zu riskant. Deshalb schreibt einer wie Beckett lieber weiterhin dramatisch<br />

über die Absurdität des Lebenstriebes: denn dafür ist ihm Lob sicher.<br />

Dressur durch Selbsterniedrigung<br />

Manchmal wird ein kritisch eingestellter <strong>Mann</strong> vielleicht sagen, die Frauen hätten - wegen der Schamlosigkeit,<br />

mit der sie ihre Ignoranz auf allen Wissensgebieten eingestehen - kein Ehrgefühl. Dabei vergißt er<br />

allzu leicht, daß er seine eigenen Begriffe von Ehre, Stolz, Menschenwürde et cetera weiblicher Dressur<br />

verdankt. Daß er nur deshalb ehrenhaft, stolz, ritterlich geworden ist, weil er von einer Frau dazu dressiert<br />

wurde. Und daß diese Eigenschaften - die seine Männlichkeit ausmachen, auf die er so stolz ist - desto<br />

stärker in seinem Charakter verankert sind, je gründlicher diese Dressur an ihm vorgenommen wurde. Er<br />

selbst hat nichts dazu getan.<br />

In jedem einschlägigen Psychologie-Lehrbuch steht zu lesen, daß Leistung beim Kind am besten durch<br />

Selbstvertrauen gefördert wird. Es ist aber unmöglich, daß ein Kind von sich aus Selbstvertrauen gewinnt:<br />

Es wird in ein Milieu hineingeboren, wo ihm alles überlegen ist und es aus eigener Kraft nichts erreichen<br />

könnte. Die Frau, die daran interessiert ist, aus einem männlichen Kind einen Menschen zu machen, der<br />

nicht nur sich selbst erhält, sondern auch noch andere, wird deshalb mit ihrer Erziehung in erster Linie<br />

darauf abzielen, Selbstvertrauen zu züchten. Sie wird die Gefahren des Daseins - soweit sie diese überhaupt<br />

selbst erkennt - in seinen Augen bagatellisieren, die Möglichkeit seines eigenen Todes vor ihm verheimlichen<br />

(zum Beispiel durch die Versprechung eines ewigen Lebens als Belohnung für Wohlverhalten<br />

in ihrem Sinn) und so jene schwachsinnig-optimistische Grundstimmung in ihm erzeugen, die es für ihre<br />

Dressurakte (und somit für das Leben überhaupt) am besten aufrüsten. Eine der Methoden, das männliche<br />

Selbstbewußtsein und damit das Leistungsniveau hochzuschrauben, ist, wie wir schon gesehen haben, das<br />

Lob. Eine weitere ist die Selbsterniedrigung der Frau.<br />

Wenn die Frau einem von ihr geborenen Kind nicht wenigstens während seiner ersten Lebensjahre an Intelligenz<br />

überlegen wäre, hätte die Menschheit längst aufgehört zu existieren. Doch eine gute Mutter wird<br />

immer auf der Hut sein, daß diese anfängliche Überlegenheit ihr Kind nicht in seiner Entwicklung hemmt,<br />

sich so eines Tages womöglich noch gegen sie selbst richtet und das Kind länger als unbedingt nötig an<br />

ihrem Rockzipfel hängt. Sie wird versuchen, ihrem Kind, besonders wenn es ein Junge ist, sobald wie<br />

möglich ein Gefühl der Überlegenheit über sie zu vermitteln. Eine Art Vorschuß auf spätere Leistungen,<br />

der ihm sein erstes Selbstvertrauen gibt. Dabei gebraucht sie um so häufiger einen Kunstgriff, je weiter der<br />

präsumptive <strong>Mann</strong> in seiner Entwicklung vorwärts kommt: Sie stellt sich immer noch dümmer, als sie ohnehin<br />

schon ist, und gibt ihm so einen Vorsprung, den er, wenn er ein richtiger <strong>Mann</strong> werden will (und sie<br />

sorgt dafür, daß er es will), nicht mehr verlieren darf.<br />

Da der Wert der Frauen in der Gesellschaft nicht nach ihrer Intelligenz gemessen wird, sondern nach ganz<br />

anderen Gesichtspunkten (eigentlich wird überhaupt nichts gemessen: <strong>Der</strong> <strong>Mann</strong> braucht sie, und damit<br />

genug), können sie es sich leisten, sich so dumm zu stellen und so dumm zu sein, wie es ihnen gerade<br />

kommt. In diesem Punkt gleichen die Frauen den Reichen allgemein: Auch bei diesen ist nicht wichtig, ob<br />

sie intelligent sind, sondern daß sie reich sind. Wenn Henry Ford II. die geistige Kapazität einer der<br />

Stammkundinnen von Tiffany's hätte, wäre er nicht minder gesellschaftsfähig. Nur sein Chauffeur kann<br />

sich das nicht leisten. Ebenso wie ein Reicher kann sich eine Frau jede Blöße geben - und man kann mit<br />

Recht behaupten, daß sie sich jede nur mögliche Blöße gibt - ohne daß ihr Nachteile daraus erwachsen. Mit<br />

anderen Worten: Eine Frau kann so dumm sein, wie sie nur will - der <strong>Mann</strong> wird trotzdem zu ihr aufsehen<br />

und nicht auf ihre Gesellschaft verzichten wollen.<br />

Ihre Beschwörungsformel lautet ganz einfach: Arbeiten ist männlich, Nichtstun weibisch. Sie verkündet,<br />

der <strong>Mann</strong> sei in einer beneidenswerten Situation, stark und ungebunden, sie dagegen schwach und durch<br />

die heilige Bürde des Gebarens ans Haus gefesselt. Sie sei zu wertvoller Arbeit körperlich nicht geeignet.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Mann</strong> folgt dieser Mythologie willig und hält sie für schmeichelhaft. Er bedenkt nicht, daß auch der<br />

Elefant stark ist, stärker als ein <strong>Mann</strong> zum Beispiel, und daß Männer trotzdem für die meisten Arbeiten<br />

besser geeignet sind als Elefanten.<br />

Natürlich verheimlicht die Frau dem <strong>Mann</strong>, daß sie selbst im Vergleich zu ihm so gut wie nichts tut. Tatsächlich<br />

beschäftigt sie sich ja unentwegt mit irgend etwas. Sie sagt nur, alles, was sie tut, sei im Vergleich<br />

19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!