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Der dressierte Mann - WikiMANNia

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den Männern herumgesprochen. Manche Frauen fühlen sich während dieser- Zeit besonders wohl, und es<br />

ist neuerdings Mode geworden, das sogar offen zuzugeben. Daß sie alle dadurch häßlich und unansehnlich<br />

werden, mit klobiger Figur, aufgedunsenem Gesicht, fleckiger Haut, spröden Haaren und geschwollenen<br />

Beinen, braucht sie wenig zu kümmern. Sie suchen ja während dieser Zeit keinen <strong>Mann</strong>, sie haben schon<br />

einen, und wenn der mit ansehen muß, wie seine Frau sich vom Schmetterling zur Raupe wandelt, hat er<br />

sich das ja selbst zu verdanken. Es ist ja sein Kind, das sie erwartet, er hat sie dermaßen entstellt - welches<br />

Recht hätte er da, sie plump und abstoßend zu finden (außerdem ist sie ja gerade dabei, ihm »ihre Jugend<br />

zu schenken«)?<br />

Über den Gebärvorgang selbst grassieren noch Gerüchte, die so furchterregend sind, daß der <strong>Mann</strong> nie auf<br />

die Idee kommen kann, eine Frau bekäme ihre Kinder zu ihrem eigenen Vorteil und nicht zu seinem. Die<br />

Redensart »Sie schenkte ihm ein Kind«, die früher in den Romanen vorkam, gerät zwar in der Literatur<br />

allmählich aus dem Gebrauch, im Bewußtsein der Männer ist sie jedoch immer noch stark genug verwurzelt,<br />

um bei der Geburt ihrer Nachkommenschaft nichts als Schuldgefühle in ihnen zu erzeugen (Schuldgefühle,<br />

wohlgemerkt, gegenüber der Frau, nicht etwa gegenüber dem Neugeborenen!).<br />

Ein <strong>Mann</strong> müßte sich nur einmal vorstellen, daß er sich durch eine sechsstündige Sitzung bei seinem<br />

Zahnarzt eine kleine Lebensrente verdienen könnte - würde er das nicht tun? Natürlich gibt es zuweilen<br />

auch schwierige Geburten (sie sind wegen der Narkose weitgehend schmerzlos), im Allgemeinen jedoch<br />

ist die Entbindung von einem Kind für eine Frau nicht schlimmer als eine lange Sitzung beim Zahnarzt.<br />

Was die Männer von ihren Frauen über den Geburtsvorgang erfahren, sind meist schamlose Übertreibungen.<br />

Die wüsten Schreie, die häufig durch die Türen der Entbindungszimmer zu ihnen dringen, lassen sich<br />

am besten durch fehlenden Stolz und mangelnde Selbstbeherrschung erklären (beides wurde an anderer<br />

Stelle ausführlich erläutert). Seit Jahren gibt es die schmerzlose Geburt, bei der Frauen ihre Kinder nach<br />

einer Vorbereitungszeit mit Gymnastik und autogenem Training ohne Narkose zur Welt bringen und sich<br />

nicht beklagen. Die Frauen täten deshalb gut daran, sich zu verabreden, ob die Entbindung von einem Kind<br />

nun weh tut oder nicht. Solang die einen dies erzählen und die anderen jenes, bringen sie sich in Mißkredit<br />

und schaden so der gemeinsamen Sache.<br />

Natürlich hat die Frau für das Erzeugen kleiner Menschen noch ein paar andere Gründe als den, daß sie<br />

sich damit einen Anstrich von Hilflosigkeit gibt und so ihre Tage bei leichter Arbeit und ohne Vorgesetzte<br />

verbringen kann. Zum Beispiel entdeckt sie eines Tages, daß ihr Körper wie ein Automat funktioniert, in<br />

den man nur etwas ganz Unscheinbares hineinstecken muß, damit etwas ganz Tolles herausfällt. Es reizt<br />

sie natürlich, dieses wundervolle Spiel einmal auszuprobieren. Und wenn sie es einmal gespielt hat, möchte<br />

sie es wieder und wieder spielen (es klappt fast immer - nach genau neun Monaten kommt ein Mensch),<br />

sie ist ganz verrückt vor Begeisterung und findet sich wunderbar. Die Bedienung des Automaten ist natürlich<br />

im Grunde so legitim, wie wenn ein Mensch einem anderen den<br />

Schädel einschlägt (und dieser dann automatisch umfällt), nur weil das biologisch möglich ist. - Wenn<br />

nicht jedes dieser Spiele mit ihrem Körperautomaten hinterher ein bißchen Mühe für sie bedeuten würde,<br />

wäre sie dabei unersättlich. So ist sie gezwungen, sich eine Grenze zu setzen: dort, wo noch ein Kind mehr<br />

nur eine Vergrößerung ihres Arbeitspensums mit sich brächte und keine Steigerung von Sicherheit und<br />

Komfort.<br />

Diese Grenze ist in der Regel ganz leicht zu fixieren und wird hauptsächlich durch das Stadium der Automatisierung<br />

des jeweiligen Haushalts bedingt: In hochindustrialisierten Ländern wünscht sich eine Frau<br />

durchschnittlich zwei bis drei Kinder. Bei der Nordamerikanerin, deren Haushalt vollautomatisiert ist, liegt<br />

das Optimum näher bei drei, bei der Westeuropäerin (der noch einige Haushaltsgeräte fehlen) näher bei<br />

zwei. Ein einziges Kind wird selten gewünscht, und mehr als drei Kinder gelten schon fast als asozial wegen<br />

ihres Lärms und des Wäschegeruchs. Ein Einzelkind bringt keinen Vorteil mit sich, nur Nachteile.<br />

Eine Frau mit nur einem Kind erscheint nie so schutzlos und ans Haus gefesselt, wie sie sollte. Auch könnte<br />

diesem einen Kind etwas zustoßen - womöglich in einem Alter, wenn die Frau nicht mehr gebärfähig ist<br />

-, es gäbe dann keine Ausrede mehr für sie, es sich bequemer zu machen als ihr <strong>Mann</strong>, und er hätte keine<br />

Ausrede mehr, ausgerechnet für sie zu arbeiten. Außerdem hätte ein solches Einzelkind ja keinen Spielkameraden,<br />

die Frau müßte womöglich selbst mit ihm spielen - und wenn es etwas gibt, was Frauen hassen,<br />

dann ist es, mit ihren Kindern zu spielen. Während Kinder sich für alles interessieren, nach allem fragen,<br />

interessiert sich ja die Frau prinzipiell für nichts (außer für die schwachsinnigen Amüsiermöglichkeiten,<br />

die ihr der Haushalt und ihr eigener Körper bieten). Es fällt der Frau deshalb - selbst, wenn sie den besten<br />

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