Der dressierte Mann - WikiMANNia
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dieser <strong>Mann</strong> teuer angezogen oder fährt er gar einen teuren Sportwagen, dann ist die Freude um so größer.<br />
Sie ist etwa mit jenem Gefühl vergleichbar, das ein Aktionär bei der Lektüre eines positiven Börsenzettels<br />
empfindet. Ob der <strong>Mann</strong> für die Frau gut aussieht oder nicht, sympathisch oder nicht, intelligent oder nicht,<br />
spielt keine Rolle. Dem Aktionär ist es ja auch gleichgültig, mit welchen Farben seine Coupons bedruckt<br />
sind.<br />
Erlebt diese Frau hingegen, daß sich eine andere Frau nach ihr umwendet - was wirklich nur im äußersten<br />
Fall geschieht, denn die Maßstäbe, nach denen Frauen sich gegenseitig messen, sind viel umbarmherziger<br />
als die der Männer -, hat sie ihr Höchstes erreicht. Dafür lebt sie: für die Anerkennung, für die Bewunderung,<br />
für die »Liebe« der anderen Frauen.<br />
Denn in der Welt der Frauen existieren nur die anderen Frauen: die Frauen, mit denen sie beim Kirchgang,<br />
Elternabend oder im Supermarkt zusammentreffen. Die Frauen, mit denen sie sich über die Hecken ihrer<br />
Vorgärten hinweg unterhalten. Die Frauen, an denen sie beim Einkaufsbummel in den eleganten Geschäftsstraßen<br />
oder bei festlichen Abendveranstaltungen scheinbar achtlos vorübergehen. Sie messen sich<br />
mit dem, was in deren Köpfen ist, nicht in denen der Männer, ihr Urteil ist für sie ausschlaggebend, nicht<br />
das der Männer, und für ein schlichtes Lob aus dem Mund einer anderen Frau verzichten sie gern auf all<br />
die unbeholfenen Komplimente ihrer Liebhaber, die doch immer nur dilettantisch sein können. Denn Männer<br />
haben keine Ahnung, in welcher Welt die Frauen wirklich leben, und übersehen so bei ihren Lobeshymnen<br />
immer alle wichtigen Gesichtspunkte.<br />
Dann wollen die Frauen den Männern also gar nicht gefallen? Vergessen wir nicht, daß die Männer ihre<br />
materielle Basis sind. Aber die Bedürfnisse der Männer wären, da sie in Bezug auf Frauen so gut wie ausschließlich<br />
auf Sexsymbole und eine gewisse Verfremdung durch Schminke reagieren, mit viel weniger<br />
Aufwand zu befriedigen. Zum Beispiel durch lange Haare, bemalte Lippen, enganliegende Pullover, kurze<br />
Röcke, durchsichtige Strümpfe, Stöckelabsätze. Doch die lebenden weiblichen Kunstwerke, die man in den<br />
eleganten Einkaufsstraßen von Paris, Rom oder New York trifft, sind den Wünschen und dem Verständnis<br />
der Männer weit entrückt. Einen Lidschatten gut zu placieren und abzutönen erfordert eine hohe Kultur;<br />
die Wahl eines bestimmten Lippenstifts, die Technik, ihn optimal, mit Pinseln oder direkt, in Schichten<br />
oder nicht in Schichten, aufzutragen, die gewünschten Wirkungen und die unerwünschten Nebenwirkungen<br />
von falschen Wimpern in ein optimales Verhältnis zu bringen und am Schluß alles in sich und mit dem<br />
Kleid, der Stola, dem Mantel, der Beleuchtung abzustimmen, erfordert Spezialistentum. Ein <strong>Mann</strong> hat dafür<br />
keinen Sinn, er hat überhaupt keine Kultur in Bezug auf weibliche Maskerade entwickelt und kann<br />
deshalb wandelnde Kunstwerke dieser Art in ihrer ganzen Größe überhaupt nicht adäquat bewerten. Denn<br />
dazu braucht man Zeit, Geld und eine unendliche geistige Beschränktheit - Voraussetzungen, die sich ausschließlich<br />
bei Frauen finden lassen.<br />
In anderen Worten: Eine Frau wird einen <strong>Mann</strong> immer nur so weit beeindrucken wollen, daß er bei ihr<br />
bleibt und sie - im weitesten Sinn allerdings - ernährt. Alles was sie sonst noch in sich investiert, zielt auf<br />
die anderen Frauen: Außerhalb seiner Funktion als Ernährer mißt die Frau dem <strong>Mann</strong> keinen Wert zu.<br />
Wenn ein Unternehmen hinter einer Spitzenarbeitskraft her ist, wird es versuchen, sie mit den äußersten<br />
Mitteln so lange zu ködern, bis sie weich ist. Es weiß, daß es sich nach Unterzeichnung des Vertrags<br />
schadlos halten kann. Es sitzt immer am längeren Hebel. Mit den Frauen ist es das gleiche: Sie lassen ihrem<br />
<strong>Mann</strong> nur so viel Leine, daß er das Leben an ihrer Seite einer Kündigung des Vertrags gerade noch<br />
vorzieht.<br />
Überhaupt kann man eine Frau gut mit einer Firma vergleichen. So wie eine Firma ein neutrales System<br />
zur Gewinnmaximierung ist, so ist die Frau ohne persönliche Liebe, Bosheit und ohne Haß mit dem <strong>Mann</strong><br />
verbunden, der für sie arbeitet. Wenn er sie verläßt, bekommt sie es natürlich mit der Angst zu tun, denn<br />
ihre wirtschaftliche Existenz steht ja auf dem Spiel. Aber dies ist eine rationale Angst, sie hat rationale<br />
Ursachen und läßt sich ausschließlich rational -ohne daß sich Abgründe auftun könnten - kompensieren.<br />
Zum Beispiel dadurch, daß sie einen anderen <strong>Mann</strong> unter Vertrag nimmt. Diese Angst hat also überhaupt<br />
nichts mit den Empfindungen eines <strong>Mann</strong>es zu tun, der sich in der gleichen Situation in Eifersucht, Minderwertigkeitsgefühlen<br />
oder Selbstmitleid verzehrt.<br />
Da ein <strong>Mann</strong> eine Frau immer nur wegen einer anderen Frau verläßt und nie, um frei zu sein, gibt es für<br />
eine Frau keinen Grund, ihn zu beneiden oder gar eifersüchtig zu werden. Er verbessert ja in ihren Augen<br />
seine Position um nichts. Das existentielle Abenteuer, das ihrem <strong>Mann</strong> durch die neue Liebe zu einer anderen<br />
Frau widerfährt, beobachtet sie aus der Perspektive eines kleinen Unternehmers, der seinen besten An-<br />
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