Leute machen Kleider - RegJo
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Bilder: Roland Schmidt<br />
30 MODE Regjo HAnnoveR Regjo HAnnoveR MODE 31<br />
Text: Angela Andresen-Schneehage Fotografie: Claudia Rump, Axel Herzig, Dieter Sieg, Andreas Klein, Roland Schmidt, Themenwechsel<br />
Natürlich! Hannover ist weder New York<br />
noch Mailand. Es gibt in der niedersächsischen<br />
Metropole keine internationalen<br />
Fashionshows, die Eskapaden von Naomi<br />
Campbell und Co. ereignen sich nicht am<br />
Kröpcke und in puncto Edelshopping hält<br />
die Georgstraße einem Vergleich mit der<br />
Pariser Avenue Montaigne wohl kaum<br />
stand. Selbst wenn man in Sachen Mode<br />
ganz deutsch denkt, stehlen Düsseldorf<br />
und Berlin der Leinestadt die Schau. Was<br />
allerdings die Leidenschaft für den Look,<br />
die Kreativität und die handwerklichen<br />
Fähigkeiten der hiesigen Designer betrifft,<br />
da kann sich Hannover durchaus mit anderen<br />
Modemetropolen messen.<br />
Davon ist jedenfalls Martina Glomb,<br />
Professorin am Studiengang Modedesign<br />
der Fachhochschule Hannover überzeugt:<br />
„Diese Stadt bietet den jungen Modedesignern<br />
ein ganz wunderbares Wirkungsfeld.<br />
Hannover ist aktiv und kreativ, hier<br />
herrscht eine Atmosphäre, die ein ausgesprochen<br />
konzentriertes Arbeiten zulässt.“<br />
Selbst London, die heimliche Welthauptstadt<br />
der Mode, bekommt von Prof. Glomb<br />
keine Bestnoten: „In London gibt es ein<br />
vergleichsweise oberflächliches Konsumdenken,<br />
die Stadt hat sich zu einem Disneyland<br />
des Modedesigns entwickelt,<br />
hier fehlt inzwischen die Tiefe.“ Und die<br />
Diplom-Designerin weiß, wovon sie spricht.<br />
Schließlich hat sie zwölf Jahre als Assistentin<br />
bei der exzentrischen Mode-Ikone Vivienne<br />
Westwood gearbeitet und am Londoner<br />
Royal College of Art unterrichtet.<br />
Zurück in Norddeutschland ist sie von der<br />
Stimmung in Hannover begeistert. „Verglichen<br />
mit den klassischen Modemetropolen<br />
der Welt ist es hier tatsächlich ein bisschen<br />
provinziell. Doch ich mag das. Hier kann<br />
man das Feld der Mode noch neu bestellen<br />
und etliches bewegen. Und daran arbeiten<br />
die Nachwuchs-Designer verbindlich,<br />
fleißig und bescheiden. Statt eine arrogante<br />
Großstadtattitüde vor sich herzutragen,<br />
überzeugen sie mit ihrer großen<br />
Kreativität.“<br />
nach dem Studienabschluss an der Fachhochschule Hannover gründete<br />
Mareike otto vor fünf jahren das Label „ping pong“.<br />
Drei wichtige Designerschmieden sor-<br />
gen dafür, dass Phantasie und Ideenreichtum<br />
sich auf unterschiedlichen Ausbildungswegen<br />
zu einer höchst professionellen<br />
Gestaltung von Mode entwickeln<br />
können.<br />
Der achtsemestrige Bachelor-Studiengang<br />
Modedesign an der Fachhochschule<br />
Hannover bereitet die Studierenden intensiv<br />
auf die vielfältigen Betätigungsfelder der<br />
Branche vor. Neben der reinen Produktentwicklung<br />
spielen zunehmend auch Marketing,<br />
Werbung und Journalismus eine<br />
Rolle. Hinzu kommen die Bereiche Art<br />
Direction, Illustration und Trendscouting.<br />
Das umfangreiche Repertoire an wissenschaftlichen,<br />
fachlich-gestalterischen und<br />
produktionstechnischen Studienangeboten<br />
bietet beste Voraussetzungen für ein konzentriertes<br />
Studium; ebenso wie die hochmoderne<br />
Ausstattung der Fachhochschule<br />
auf der Expo-Plaza. Hier scheint auch neun<br />
Jahre nach der Weltausstellung noch internationaler<br />
Wind zu wehen: Der Studien-<br />
Shooting im Bretz-Store Hannover / Lyra Amber;<br />
Label: ping pong (Designerin: Mareike otto).<br />
gang Modedesign zeichnet sich durch die<br />
intensive Pflege von weltweiten Kontakten<br />
aus und ermöglicht den Studierenden<br />
Auslands- oder Praktikumssemester,<br />
überwiegend in den Ländern der Europäischen<br />
Union oder im Fernen Osten. Ein<br />
internationales Alumni-Netzwerk unterstützt<br />
die angehenden Modedesigner bei<br />
ihren Projekten und auf der Suche nach<br />
Praktikumsplätzen.<br />
„Unsere Absolventen sind hervorragend<br />
ausgebildet“, so die Leiterin des Studiengangs<br />
Prof. Martina Glomb. „Und<br />
die Industrie liebt uns dafür. Viele der<br />
besten Jungdesigner verlassen nach ihrem<br />
Abschluss daher leider die Stadt und gehen<br />
zu bekannten Modelabels wie Hugo Boss<br />
oder Esprit. Wir hoffen natürlich, dass viele<br />
von ihnen zurückkommen. Eine ganze<br />
Reihe kreativer Köpfe siedelt sich zunehmend<br />
aber auch hier in der Stadt an, vernetzen<br />
sich und arbeiten daran, das provinzielle<br />
Image der Stadt zu korrigieren.“ Wie<br />
groß das Interesse an der Hannoverschen<br />
Bild: Axel Herzig<br />
Entwicklungsarbeit in Sachen Fashion tatsächlich<br />
ist, beweisen die Abschlussmodenschauen.<br />
Wenn die Studierenden ihre<br />
Diplomkollektionen auf den Laufstegen der<br />
Fachhochschule präsentieren, sind regelmäßig<br />
rund 1.000 Zuschauer dabei.<br />
Über mangelnde Aufmerksamkeit kann<br />
sich auch die vor sechs Jahren in Hannover<br />
gegründete Fahmoda nicht beklagen,<br />
Niedersachsens einzige staatlich anerkannte<br />
Berufsfachschule für Modedesign<br />
und Maßschneiderei, die sich in kurzer Zeit<br />
zu einer bundesweit anerkannten Erfolgsinstitution<br />
der Textilwirtschaft entwickelt<br />
hat. In den denkmalgeschützten Räumen<br />
der ehemaligen Continental AG Limmer<br />
wird nach dem Prinzip „Design und Handwerk<br />
aus einer Hand“ gelehrt. Insgesamt<br />
dreieinhalb Jahre dauert die Ausbildung,<br />
an deren Ende sowohl der von der Handwerkskammer<br />
anerkannte Gesellenbrief für<br />
Maßschneiderei steht wie auch der qualifizierte<br />
Abschluss in Modedesign. „Diese<br />
Kombination aus praktischen und kreati-<br />
ven Lehrinhalten ist unsere Stärke“, erklärt<br />
Fahmoda-Direktorin Karin Lilienthal. „Die<br />
zweigleisige Ausbildung ist besonders effektiv.<br />
Besser kann man sich wohl nicht auf<br />
die hohen Anforderungen im Modebusiness<br />
vorbereiten. Von unseren Absolventen<br />
zählen sicherlich zwei Drittel zu den<br />
Hoffnungsträgern der Branche. So wurde<br />
Mery Esajan bereits als Schülerin von der<br />
Zeitschrift „Burda“ zur besten deutschen<br />
Nachwuchsdesignerin gekürt. Und die<br />
Abschluss kollektion von Wladimir Arutti<br />
brachte ihm bereits Vergleiche mit den<br />
Kreationen von Balmain ein.“<br />
Rund 100 Schüler in insgesamt vier<br />
Jahrgängen streben in der Fahmoda ihren<br />
Abschluss an und damit auch den Eintritt<br />
in eine breit gefächerte Berufswelt.<br />
Das Spektrum reicht von Entwurfs- und<br />
Schnittdirectrice über Trendguide für<br />
Ein- und Verkauf bis zum Damenschneiderhandwerk<br />
mit anschließender Meisterprüfung.<br />
Für viele Absolventen ebenso<br />
interessant: Tätigkeiten bei Theater, Film<br />
Bild: Roland Schmidt