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Demenzerkrankungen - Österreichische Gesellschaft für Neurologie

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P.b.b. 07Z037411M, Benachrichtigungspostamt 1070 Wien<br />

neurologisch<br />

Fachmagazin <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> AUSGABE 2/08<br />

Update<br />

<strong>Demenzerkrankungen</strong><br />

Kongresshighlights<br />

Jahrestagung der ÖGSM-ASRA<br />

AAN-Meeting<br />

European Stroke Conference<br />

Für die<br />

gutachterliche Praxis<br />

Das posttraumatische<br />

organische Psychosyndrom<br />

Offizielles Organ<br />

der <strong>Österreichische</strong>n<br />

<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Neurologie</strong><br />

MedMedia<br />

Medical Opinion<br />

Network<br />

<strong>Neurologie</strong> aktuell<br />

Zertifizierungskurs: Botulinumtoxin<br />

Drei-Länder-Eck-Kopfschmerzsymposium


Editorial<br />

Sehr geehrte Frau Kollegin,<br />

sehr geehrter Herr Kollege!<br />

Die Absichten einer Teilreform unseres Gesundheitssystems<br />

haben in den vergangenen<br />

Wochen sehr viele verschiedene und teils<br />

auch emotionale Reaktionen hervorgerufen.<br />

Eine Fachgesellschaft wie die <strong>Österreichische</strong><br />

<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> ist von diesen<br />

Entwicklungen zwar nicht unmittelbar berührt,<br />

hat aber doch aufmerksam die aktuellen<br />

Entwicklungen am Gesundheitssektor<br />

zu beobachten und bei Bedarf entsprechend<br />

zu reagieren.<br />

Da die Änderungsvorschläge letztendlich alle<br />

ÄrztInnen und somit auch unsere Mitglieder<br />

in mehr oder weniger ausgeprägtem Maße<br />

betreffen, sind wir gefordert, bei neurologisch<br />

relevanten Fragestellungen unsere Mitglieder<br />

entsprechend zu vertreten und zu unterstützen.<br />

Die Reformideen lassen zudem auch Entwicklungen<br />

erkennen, auf die wir uns im Interesse<br />

unserer Mitglieder auch als Fachgesellschaft<br />

einstellen müssen.<br />

Drei Punkte erscheinen mir dabei in Zukunft<br />

besonders wichtig. Diese sind: eine optimierte<br />

Dokumentation unserer Leistungen und<br />

Kompetenzen, eine adäquate medizinisch<br />

orientierte Qualitätskontrolle und eine bessere<br />

Vernetzung zwischen niedergelassenem<br />

und stationärem Bereich.<br />

Nur durch ein Erfüllen dieser Aspekte erscheint<br />

es mir möglich, auch längerfristig<br />

klarstellen zu können, dass eine Ablehnung<br />

mancher Reformideen nicht aus mangelndem<br />

Änderungswillen, sondern aus echter Sorge<br />

um die Qualität der Versorgung unserer PatientInnen<br />

erfolgt. Ähnliche Aspekte werden<br />

auch anzuführen sein, wenn es um eigene<br />

fachpolitische Anliegen in Verhandlungen mit<br />

anderen Sonderfächern geht. Auch hier werden<br />

wir eher erfolgreich sein, wenn wir unsere<br />

Hausaufgaben bereits erledigt haben.<br />

Univ.-Prof. Dr. Franz Fazekas<br />

Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Graz;<br />

Präsident der ÖGN<br />

Die <strong>Österreichische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />

hat in den letzten Jahren schon eine Reihe<br />

von Entwicklungen eingeleitet. Vor allem in<br />

Bezug auf Aus- und Weiterbildung wurden<br />

viele Initiativen gesetzt, und wir können ein<br />

breites Spektrum an Fortbildungsprogrammen<br />

anbieten. In den nächsten Jahren werden<br />

wir uns deshalb verstärkt um Leistungsdokumentation,<br />

Qualitätskontrolle und Vernetzung<br />

bemühen können.<br />

Mit Michael Ackerl als neuem Präsidenten<br />

steht ab 1. 7. 2008 eine ideale Integrationsfigur<br />

an der Spitze unserer <strong>Gesellschaft</strong>. Gemeinsam<br />

mit dem teils erneuerten Vorstand,<br />

den Fachgruppenobmännern und dem Generalsekretär<br />

wird es ihm sicher gelingen, die<br />

ÖGN weiter auf Erfolgskurs zu halten und<br />

zukunftsweisend zu gestalten.<br />

Ich selbst möchte mich zum Abschluss meiner<br />

Amtsperiode bei Ihnen allen ganz herzlich<br />

<strong>für</strong> die vielfach erfahrene Unterstützung<br />

bedanken! Die kontinuierlich steigende Zahl<br />

an Mitgliedern und TeilnehmerInnen bei Kongressen<br />

und Fortbildungsveranstaltungen<br />

sowie letztendlich auch die Realisierung unserer<br />

Zeitschrift neurologisch haben mir<br />

enorme Freude bereitet und waren stets ein<br />

Ansporn bei der geleisteten Arbeit.<br />

Ich wünsche Ihnen natürlich auch noch einen<br />

schönen und möglichst erholsamen Sommer<br />

und grüße Sie bestens<br />

Ihr<br />

Univ.-Prof. Dr. Franz Fazekas<br />

Wollen Sie mit uns<br />

in Kontakt treten?<br />

Leserbriefe erwünscht:<br />

neurologisch@medmedia.at oder<br />

Seidengasse 9/Top1.1,<br />

1070 Wien<br />

Chefredaktion<br />

neurologisch<br />

Priv.-Doz. Dr. Regina Katzenschlager<br />

SMZ Ost, Wien<br />

Univ.-Prof. Dr. Bruno Mamoli<br />

Generalsekretär der ÖGN<br />

3<br />

FOTO: MEDCOMMUNICATIONS


Wissenschaftlicher<br />

Beirat<br />

Bewegungsstörungen<br />

Univ.-Prof. Dr. Eduard Auff, Wien<br />

Priv.-Doz. Dr. Regina Katzenschlager, Wien<br />

Univ.-Prof. Dr. Werner Poewe, Innsbruck<br />

Epilepsie<br />

Univ.-Prof. DI Dr. Christoph Baumgartner, Wien<br />

OA Dr. Michael Feichtinger, Graz<br />

Univ.-Doz. Dr. Eugen Trinka, Innsbruck<br />

Schlafstörungen<br />

Univ.-Prof. Dr. Birgit Högl, Innsbruck<br />

Univ.-Prof. DDr. Josef Zeitlhofer, Wien<br />

Neurorehabilitation<br />

Univ.-Prof. Dr. Eduard Auff, Wien<br />

Prim. Univ.-Prof. Dr. Heinrich Binder, Wien<br />

Univ.-Prof. Dr. Leopold Saltuari, Hochzirl<br />

Schlaganfall<br />

Prim. Univ.-Prof. Dr. Franz Aichner, Linz<br />

Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Brainin, Gugging<br />

Prim. Univ.-Prof. Dr. Wilfried Lang, Wien<br />

Schmerz<br />

Dr. Gerhard Franz, Reutte<br />

Prim. Priv.-Doz. Dr. Christian Lampl, Linz<br />

Univ.-Prof. Dr. Stefan Quasthoff, Graz<br />

Neuromuskuläre Erkrankungen<br />

Prim. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Grisold, Wien<br />

Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Löscher, Innsbruck<br />

Univ.-Prof. Dr. Stefan Quasthoff, Graz<br />

Multiple Sklerose<br />

Univ.-Prof. Dr. Thomas Berger, Innsbruck<br />

Univ.-Prof. Dr. Franz Fazekas, Graz<br />

Univ.-Prof. Dr. Karl Vass, Wien<br />

Demenz<br />

Univ.-Prof. Dr. Thomas Benke, Innsbruck<br />

Univ.-Prof. Dr. Peter Dal-Bianco, Wien<br />

Univ.-Prof. Dr. Reinhold Schmidt, Graz<br />

Neurogeriatrie<br />

Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Iglseder, Salzburg<br />

Prim. Univ.-Prof. Dr. Gerhard Ransmayr, Linz<br />

Univ.-Doz. Dr. Josef Spatt, Wien<br />

Neurochirurgie<br />

Univ.-Prof. Dr. Alain Barth, Graz<br />

Univ.-Prof. Dr. Engelbert Knosp, Wien<br />

4<br />

Leitmotiv der<br />

aktuellen Ausgabe neurologisch<br />

Ohne Titel: Aquarell, Farbstift, Graphit und Tusche auf Papier, 30 x 42 cm, 2007<br />

„Ausgehend von Photographien, die ich als Anhaltspunkte verwende, versuche ich die auf<br />

den Zeichnungen Dargestellten zu Variablen <strong>für</strong> mich selbst zu machen, zu Projektionsflächen<br />

eigener Erinnerungen oder Gefühle. Zeichnen ist <strong>für</strong> mich eine tägliche Beschäftigung<br />

mit mir selbst, eine Selbsterforschung. Und wenn das bewusste Nachdenken aufhört,<br />

kommt etwas anderes in Gang – man verliert sich im Arbeiten und wird im besten<br />

Fall am Ende von einem Bild überrascht.“ (Philip Patkowitsch)<br />

Der 1981 in Zell am See geborene Künstler Philip Patkowitsch wechselte von einem Architekturstudium<br />

und nach Auslandsaufenthalten in Australien und Indonesien 2003 an die<br />

Akademie der Bildenden Künste, wo er bei Gunter Damisch Malerei und Grafik studiert.<br />

Auswahl bisheriger Ausstellungen:<br />

2006: Einzelausstellung, SWINGR, Wien<br />

2007: Gruppenausstellung Akademie der bildenden<br />

Künste, Wien<br />

Einzelausstellung, Kulturhaus, Piesendorf<br />

Gruppenausstellung, Galerie 422, Gmunden<br />

Gruppenausstellung, Montrouge, Frankreich<br />

2008: Gruppenausstellung, Galerie Lukas Feichtner, Wien<br />

Gruppenausstellung, Investkredit Bank, Wien<br />

Diplomausstellung, Akademie der bildenden<br />

Künste, Wien Philip Patkowitsch<br />

Impressum Herausgeber: <strong>Österreichische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Univ.-Prof. Dr. Franz Fazekas, Präsident der ÖGN. Chefredaktion: Univ.-Prof. Dr. Bruno<br />

Mamoli, Priv.-Doz. Dr. Regina Katzenschlager. Medieninhaber und Verlag: MEDMEDIA Verlag und Mediaservice Ges.m.b.H, Seidengasse 9/Top 1.1, 1070 Wien, Tel.: 01/407 31 11-0,<br />

E-Mail: office@medmedia.at. Verlagsleitung: Mag. Gabriele Jerlich. Redaktion: Maria Uhl. Lektorat: onlinelektorat@aon.at. Layout/DTP: Martin Grill. Projektbetreuung:<br />

Natascha Fial. Coverbild: Philip Patkowitsch. Print: Bauer Druck, Wien. Bezugsbedingungen: Die Zeitschrift ist zum Einzelpreis von Euro 9,50 plus MwSt. zu beziehen. Druckauflage:<br />

8.425 Stück im 4. Quartal 2007, geprüft von der <strong>Österreichische</strong>n Auflagenkontrolle. Grundsätze und Ziele von neurologisch: Kontinuierliche medizinische Fortbildung <strong>für</strong><br />

Neurologen, Psychiater und Allgemeinmediziner. Allgemeine Hinweise: Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die persönliche und/oder wissenschaftliche<br />

Meinung des jeweiligen Autors wieder und fallen somit in den persönlichen Verantwortungsbereich des Verfassers. Angaben über Dosierungen, Applikationsformen<br />

und Indikationen von pharmazeutischen Spezialitäten müssen vom jeweiligen Anwender auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Trotz sorgfältiger Prüfung<br />

übernehmen Medieninhaber und Herausgeber keinerlei Haftung <strong>für</strong> drucktechnische und inhaltliche Fehler. Der besseren Lesbarkeit halber werden die Personen-<br />

und Berufsbezeichnungen nur in einer Form verwendet. Sie sind natürlich gleichwertig auf beide Geschlechter bezogen.


Inhalt 2/2008<br />

GESELLSCHAFTSNACHRICHTEN<br />

6 Jobbörse<br />

8 Neuigkeiten aus der ÖGN<br />

86 Veranstaltungskalender<br />

SCHWERPUNKT<br />

<strong>Demenzerkrankungen</strong><br />

10 Einleitung zum Schwerpunkt<br />

R. Schmidt, Graz<br />

12 Evidenzbasierte Therapien<br />

und aktuelle Entwicklungen<br />

P. Dal-Bianco, Wien<br />

18 Sonderformen der Alzheimer-Demenz<br />

T. Benke, Innsbruck<br />

20 Update vaskuläre Demenzen<br />

F. Leblhuber, R. Topakian, Linz<br />

24 Demenz mit Lewy-Körperchen<br />

G. Ransmayr, Linz<br />

26 Frontotemporale Demenz – ein Update<br />

J. Spatt, Wien<br />

NEUROLOGIE IN ÖSTERREICH<br />

32 Langzeiterfolg neurologischer<br />

Intensivmedizin<br />

G. Brössner, Innsbruck<br />

KONGRESS-HIGHLIGHTS<br />

34 Jahrestagung der <strong>Österreichische</strong>n<br />

<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Schlafmedizin und<br />

Schlafforschung<br />

J. Zeitlhofer, Wien<br />

36 Highlight vom 60. AAN-Meeting<br />

A. Vass, Wien<br />

37 Neues von der 17 th European<br />

Stroke Conference<br />

J. Ferrari, Wien<br />

FÜR DIE PRAXIS<br />

40 Ambulante neurologische Versorgung<br />

ausbauen<br />

A. Wuschitz, Wien<br />

FÜR DIE GUTACHTERLICHE PRAXIS<br />

44 Das posttraumatische<br />

organische Psychosyndrom<br />

NEUROLOGIE AKTUELL<br />

46 Bewegungsstörungen<br />

T. Sycha, Wien<br />

51 Epilepsie<br />

M. Feichtinger, Graz<br />

52 Schlafstörungen<br />

J. Zeitlhofer, Wien<br />

54 Neurorehabilitation<br />

B. Voller, Wien<br />

56 Schlaganfall<br />

K. Matz<br />

58 Schmerz<br />

G. Luthringshausen, Salzburg<br />

66 Neuromuskuläre Erkrankungen<br />

W. Grisold, Wien; W. Löscher, Innsbruck<br />

68 Multiple Sklerose<br />

F. Fazekas, C. Enzinger, Graz<br />

71 Demenz<br />

M. Windisch, Graz<br />

72 Neurogeriatrie<br />

B. Iglseder, Salzburg<br />

74 Neurochirurgie<br />

A. Barth, Graz; A. Gruber, E. Knosp, Wien<br />

76 Palliativmedizin<br />

S. McNamara, Edinburgh<br />

81 Pharma-News<br />

5


GESELLSCHAFTS-<br />

NACHRICHTEN<br />

6<br />

SCHWERPUNKT<br />

ÖGN-Service: Stellenausschreibungen<br />

Wie bereits im letzten Heft angekündigt, bietet<br />

die ÖGN das Service an, Stellenausschreibungen<br />

zu veröffentlichen. Um das Angebot<br />

möglichst aktuell zu halten, erfolgt jeweils<br />

sofort eine Aussendung per E-Mail an alle<br />

ÖGN-Mitglieder durch Frau Weinhart.<br />

Eine schriftliche Schaltung in neurologisch<br />

Jobbörse<br />

NEUROLOGIE IN<br />

ÖSTERREICH<br />

KONGRESS-<br />

HIGHLIGHTS<br />

Waldburg-Zeil Kliniken suchen zum nächstmöglichen Termin einen/eine<br />

Assistenzarzt/Assistenzärztin oder Facharzt/Fachärztin<br />

<strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> (in Vollzeit)<br />

FÜR DIE PRAXIS<br />

Ihr Aufgaben:<br />

• Versorgung eines stationären Bereiches als Stationsarzt/Stationsärztin<br />

• (Nach entsprechender Einarbeitung) Durchführung und selbstständige Befundung aller diagnostischen Verfahren in der <strong>Neurologie</strong><br />

• Teilnahme am interdisziplinären Bereitschaftsdienst, bei entsprechender Qualifikation auch als Rufbereitschaft<br />

Ihr Profil:<br />

• Berufserfahrung als Arzt/Ärztin, gerne im Fach <strong>Neurologie</strong><br />

• Interesse am Fach, an rehabilitativen und interdisziplinären Fragen<br />

ist zusätzlich möglich, wird aber nicht automatisch<br />

vorgenommen, damit nur wirklich<br />

aktuelle Ausschreibungen gedruckt werden.<br />

Wenn eine schriftliche Ausschreibung in<br />

neurologisch gewünscht wird, ersuchen wir<br />

um Übersendung des Ausschreibungstextes<br />

direkt an den Verlag, z. H. Frau Fial,<br />

Unser Angebot:<br />

• Einarbeitung und Fortbildung in das neue Fachgebiet<br />

• Verantwortungsvolle Aufgabe in einem innovativen Umfeld mit individuellen Entwicklungsmöglichkeiten<br />

• Erlernen sämtlicher neurophysiologischer und neurosonologischer Verfahren<br />

• 2-jährige Weiterbildungsermächtigung <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, 1 Jahr Sozialmedizin und Rehabilitationswesen<br />

• Regelmäßige hausinterne Fortbildungen, Unterstützung externer Fortbildungen<br />

• Eine Ihrer Qualifikation und Leistung entsprechende Vergütung<br />

• Vergütung bzw. Freizeitausgleich etwaiger Überstunden (Regelarbeitszeit 38,5 Std.)<br />

• Hilfe bei der Wohnungssuche<br />

• Geringe Nachtdienstfrequenz (2–3/Monat)<br />

• Interessanter Standort in landschaftlich reizvoller Umgebung in der Nähe von Alpen und Bodensee<br />

Die Waldburg-Zeil Kliniken bieten in privater Trägerschaft in 11 Rehabilitationskliniken – 2 davon auch mit Akutmedizin – sowie einem<br />

weiteren Akutkrankenhaus Dienstleistungen rund um die Gesundheit an.<br />

Die Fachkliniken in Wangen gehören mit 321 Betten zu den Waldburg-Zeil Kliniken. Sie bestehen aus Akut- und Rehabilitationskliniken<br />

<strong>für</strong> Internistische und Pädiatrische Pneumologie, Allergologie, Thoraxchirurgie, Intensivmedizin, <strong>Neurologie</strong> und Kinderrehabilitation.<br />

Die Neurologische Klinik betreut in 55 Betten auf 3 Stationen Patienten der Neurologischen Rehabilitation in den Phasen B und C.<br />

Wir arbeiten in einem multiprofessionellen Team mit flachen Hierarchien.<br />

Für Fragen steht Ihnen der Chefarzt, Dr. R. Weber, unter Tel.: +49 (0)7522/797 12 19 gerne zur Verfügung.<br />

Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann senden Sie bitte Ihre aussagefähige Bewerbung an:<br />

Waldburg-Zeil Kliniken, Fachkliniken Wangen<br />

Hans-Jürgen Wolf, Krankenhausdirektor<br />

Am Vogelherd 14, 88239 Wangen<br />

E-Mail: fachkliniken-wangen@wz-kliniken.de, Internet: www.fachklinikenwangen.de oder www.wzk-portal.de<br />

n.fial@medmedia.at, jeweils vor dem nächsten<br />

Erscheinungstermin (Abgabetermine<br />

bitte ebenfalls im Verlag erfragen).<br />

Die ÖGN hofft, dass es gelungen ist, mit diesem<br />

seit kurzem laufenden Angebot das Service<br />

<strong>für</strong> unsere Mitglieder und LeserInnen<br />

weiter auszubauen.<br />

FOTO: PERO-DESIGN - FOTOLIA.COM


Klinik Pirawarth sucht zum nächstmöglichen Termin einen/eine<br />

Assistenzarzt/Assistenzärztin <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />

Zusammengestellt von:<br />

Priv.-Doz. Dr. Regina Katzenschlager<br />

Univ.-Prof. Dr. Bruno Mamoli<br />

Die Klinik Pirawarth ist ein privat geführtes Kur- und Rehabilitationszentrum <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> und Orthopädie und liegt nordöstlich von Wien im<br />

Weinviertel in Niederösterreich. Wir betreuen in einem multiprofessionellen Team 270 neurologische und orthopädische PatientInnen.<br />

Anforderung:<br />

Ius practicandi, Notarztdiplom, Bereitschaft zu Nacht- und Wochenenddienst<br />

Unser Angebot:<br />

Einarbeitung und Fortbildung in das Fachgebiet der <strong>Neurologie</strong>.<br />

Verantwortungsvolle Aufgabe in einem innovativen Umfeld mit individuellen Entwicklungsmöglichkeiten.<br />

Erlernen sämtlicher neurophysiologischer und neurosonologischer Verfahren.<br />

Regelmäßige hausinterne Fortbildungen, Unterstützung externer Fortbildungen.<br />

Haben wir Ihr Interesse geweckt?<br />

Dann senden Sie bitte Ihre aussagefähige Bewerbung an:<br />

Klinik Pirawarth, Kur- und Rehabilitationszentrum <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> und Orthopädie<br />

z. Hdn. Frau Prim. Dr. Monika Rupp-Adelmann<br />

Kurhausstraße 100, 2222 Bad Pirawarth<br />

Für nähere Auskünfte stehen wir Ihnen gerne unter Tel.: 02574/291 60-515 zur Verfügung.<br />

Landesklinikum Waldviertel Horn + Allentsteig sucht <strong>für</strong> beide Standorte je einen/eine<br />

Facharzt/Fachärztin <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />

Das Landesklinikum Waldviertel Horn ist eine regionale Schwerpunktkrankenanstalt mit 300 Betten etwa 80 km nordwestlich von Wien.<br />

Etwa 25 km entfernt befindet sich das 2007 neu errichtete neurologische Rehabilitationszentrum Allentsteig mit 65 Betten der Phase C.<br />

Ihr Profil:<br />

• Interesse und breit gefächerte Erfahrung im Fach <strong>Neurologie</strong><br />

• Freude an abwechslungsreicherer, interdisziplinärer Teamarbeit<br />

• Idealerweise Kenntnisse der neurologischen Intensivmedizin und Elektrophysiologie bzw. Erfahrung in neurologischer Rehabilitation<br />

• Bereitschaft zur Leistung von Nacht- bzw. Bereitschaftsdiensten<br />

Unser Angebot:<br />

• Mitarbeit in einem jungen und aufgeschlossenen Team mit der Möglichkeit, durch Ihre Eigeninitiative maßgeblich zur Gestaltung<br />

der Abteilung beizutragen<br />

• Ein angenehmes, kollegiales Arbeitsklima mit flachen Hierarchien<br />

• Sehr attraktive finanzielle Rahmenbedingen<br />

• Flexible Arbeitszeit mit Kerndienstzeit 8–14 Stunden unter voller Berücksichtigung des Arbeitszeitgesetzes<br />

• Ein unbefristetes Dienstverhältnis bei einem öffentlich-rechtlichen Träger<br />

Information:<br />

Prim. Univ.-Doz. Dr. Christian Bancher Tel.: +43 (0)2982/2661, E-Mail: christian.bancher@horn.lknoe.at, Internet: www.lknoe.at<br />

Bewerbung:<br />

Amt der NÖ Landesregierung, Abteilung Personalangelegenheiten, Landhausplatz 1, 3109 St. Pölten, E-Mail: bewerbung@noel.gv.at<br />

7


GESELLSCHAFTS-<br />

NACHRICHTEN<br />

8<br />

SCHWERPUNKT<br />

NEUROLOGIE IN<br />

ÖSTERREICH<br />

KONGRESS-<br />

HIGHLIGHTS<br />

ÖGN-Gespräche mit dem<br />

Hauptverband der Sozialversicherungsträger<br />

Eine Delegation der ÖGN hatte auch dieses<br />

Frühjahr wieder Gelegenheit, beim einmal<br />

jährlich stattfindenden Gespräch mit Entscheidungsträgern<br />

des Hauptverbandes der<br />

Sozialversicherungsträger neurologische Themen<br />

und Anliegen zu diskutieren. Das<br />

Gespräch fand am 10. April statt.<br />

Es waren einige positive Neuerungen festzuhalten:<br />

So wurde zumindest <strong>für</strong> einen der<br />

zugelassenen Cholinesterasehemmer (Rivastigmin,<br />

Exelon ® ) der MMSE-Cut-off <strong>für</strong><br />

eine Neueinstellung entsprechend Literatur<br />

und Zulassung von 12 auf 10 abgesenkt. Im<br />

Zusammenhang mit der Versorgung demenzkranker<br />

PatientInnen hatte es bereits einen<br />

Schriftwechsel gegeben, in welchem die<br />

ÖGN die Bedeutung des Beibehaltens fachärztlich-neurologischer<br />

Erst- und Weiterver-<br />

Multiple Sklerose Forschungsgesellschaft<br />

Ausschreibungs- und Förderrichtlinien <strong>für</strong><br />

wissenschaftliche Projekte<br />

Die Multiple Sklerose Forschungsgesellschaft ist ein aus Spenden<br />

finanzierter gemeinnütziger Verein zur Förderung der wissenschaftlichen<br />

Forschung zur Pathogenese, Diagnostik und Therapie der<br />

multiplen Sklerose. Einmal jährlich werden Forschungsprojekte zur<br />

multiplen Sklerose, die in Österreich durchgeführt werden, zur Förderung<br />

ausgeschrieben.<br />

Folgende Projekte können aus den Mitteln des Vereins gefördert werden:<br />

• Forschungsprojekte zur Pathogenese, Diagnostik und Therapie<br />

der multiplen Sklerose. Neben der Finanzierung kompletter<br />

Forschungsvorhaben ist auch eine Teilfinanzierung, insbesondere<br />

in Form einer Starthilfe <strong>für</strong> einschlägige Projekte, möglich.<br />

• Druckkostenbeiträge <strong>für</strong> einschlägige Publikationen<br />

Bei vergleichbarer Qualität werden Projekte mit direkter diagnostischer<br />

und therapeutischer Relevanz mit Priorität gefördert.<br />

Antragsteller werden gebeten, ihr Ansuchen mit einer Kurzbeschrei-<br />

Univ.-Prof. Dr. Lüder Deecke wird 70<br />

schreibungen dargestellt hatte. Die da<strong>für</strong><br />

notwendigen Hausbesuche bei PatientInnen<br />

im Pflegeheim werden von den niedergelassenen<br />

KollegInnen zum allergrößten Teil<br />

abgedeckt. Soweit eruierbar, ist es in Einzelfällen<br />

zu geografisch bedingten Problemen<br />

gekommen, und die ÖGN erinnert noch einmal<br />

an die Wichtigkeit einer durchgehenden<br />

fachärztlichen Betreuung dieser Patientengruppe.<br />

Einige weitere Themen, die bei früheren<br />

Gesprächen thematisiert worden waren, sind<br />

in der Zwischenzeit entschärft, so z. B. die<br />

Verschreibbarkeit von Atorvastatin (Sortis ® ) in<br />

allen Dosierungen.<br />

Diskutiert wurde das von der ÖGN betreute<br />

Tysabri ® -Register, wobei von Seiten des<br />

Hauptverbandes die große Verantwortung<br />

Der langjährige Vorstand der Abteilung <strong>für</strong> Klinische <strong>Neurologie</strong> am AKH und Ordinarius <strong>für</strong> Klinische<br />

<strong>Neurologie</strong> an der Universität Wien, o Univ.-Prof. Dr. med. Dr. h.c. Lüder Deecke wird am 22. Juni 70.<br />

Die ÖGN wünscht ihm zum Geburtstag alles Gute und weitere Schaffenskraft.<br />

FÜR DIE PRAXIS<br />

der ÖGN bei der Zertifizierung von MS-Zentren<br />

betont wurde.<br />

Sehr gewürdigt wurde auch der bereits laufende<br />

Zertifizierungskurs <strong>für</strong> Botulinumtoxin-<br />

AnwenderInnen, der von der <strong>Österreichische</strong>n<br />

Parkinsongesellschaft/Arbeitsgruppe<br />

Dystonie und Botulinumtoxin initiiert worden<br />

ist. Einige Substanzen, deren Erstattung derzeit<br />

nicht den europäischen Zulassungsstatus<br />

reflektiert, wurden diskutiert. Ein weiterer<br />

Informationsaustausch zu einigen dieser Themen<br />

ist geplant.<br />

Insgesamt wurde mit diesem Treffen der laufende<br />

Dialog mit dem Hauptverband fortgesetzt,<br />

der im Sinne unserer neurologischen<br />

PatientInnen eine wertvolle Diskussionsplattform<br />

mit Informationsfluss und Feedback in<br />

beide Richtungen darstellt.<br />

bung des Projektes, einer Kostenaufstellung und der eventuellen<br />

Restfinanzierung sowie eines Lebenslaufes an die MS-Forschungsgesellschaft<br />

Wien zu richten.<br />

Die Vergabe einer Förderung ist zudem an die Erstellung eines<br />

Ergebnisberichtes gebunden. Dieser ist im Laufe des nächsten Jahres<br />

zu erstellen und in einer <strong>für</strong> „Nicht-Mediziner“ verständlichen Version<br />

zu verfassen, um die Veröffentlichung des Projektes auf der<br />

Homepage der Multiple Sklerose <strong>Gesellschaft</strong> Wien zu ermöglichen.<br />

Fördersumme: Die Förderung <strong>für</strong> wissenschaftliche Projekte ist mit<br />

insgesamt € 20.000,00 dotiert, wobei Projekte in Form von vernetzten<br />

Kooperationen bevorzugt werden.<br />

Einreichschluss <strong>für</strong> Projekte: 26. September 2008<br />

Nähere Informationen: Multiple Sklerose <strong>Gesellschaft</strong> Wien<br />

1170 Wien, Hernalser Hauptstraße 15–17<br />

Tel.: 01/409 26 69-12, Fax: -20, www.msges.at


GESELLSCHAFTS-<br />

NACHRICHTEN<br />

SCHWERPUNKT<br />

Zum Schwerpunkt <strong>Demenzerkrankungen</strong><br />

Verehrte Leserin, verehrter Leser<br />

Die Wirkung der derzeit verfügbaren Antidementiva ist moderat, und neue, vor allem kausal wirksame<br />

Substanzen werden dringlich benötigt. Die Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten hat in den vergangenen<br />

Jahren durch den raschen Erkenntniszuwachs in der Neurobiologie demenzieller Prozesse erhebliche Fortschritte<br />

gemacht.<br />

Alzheimer-Erkrankung: Peter Dal-Bianco<br />

beschreibt in diesem Heft in einer Synopsis<br />

zur evidenzbasierten Alzheimer-Behandlung<br />

und zu laufenden Entwicklungen den derzeitigen<br />

Stand der Therapie und weist auf die<br />

Bemühungen hin, den Krankheitsverlauf der<br />

Alzheimer-Demenz zu modifizieren.<br />

Es ist mir ein Anliegen, darauf hinzuweisen,<br />

dass bereits moderat wirkende Substanzen,<br />

die eine Verzögerung des Krankheitsbeginns<br />

um 5 Jahre erreichen können, die Gesamtprävalenz<br />

der erkrankten Personen in den<br />

nächsten Jahrzehnten um ca. 50 % reduzieren<br />

würden. Die Suche nach „Disease-modifying<br />

Drugs“ ist also auch dann lohnend,<br />

wenn solche Substanzen nur moderate Effekte<br />

haben.<br />

Die spannendste Frage wird sein, ob Therapieansätze,<br />

die auf der Amyloid-Hypothese<br />

beruhen, auch tatsächlich zum Erfolg führen.<br />

Letztlich stellen die laufenden Therapieentwicklungsprogramme<br />

auch die Nagelprobe<br />

<strong>für</strong> diese Hypothese dar. Eine ganze Reihe<br />

dieser Programme treten nun in die Studienphase<br />

III, d. h. wir werden relativ bald wissen,<br />

ob die pharmazeutische Industrie auf<br />

das richtige Pferd gesetzt hat oder nicht.<br />

Lesen Sie zu diesem Thema auch einen Kurzbericht<br />

von Dr. Windisch zu den positiven<br />

Phase-II-Ergebnissen zu Metallchelatoren auf<br />

Seite 71.<br />

Seltenere Demenzformen: Die Beiträge<br />

der Autoren Benke, Spatt, Ransmayr,<br />

Leblhuber und Topakian befassen sich mit<br />

selteneren Demenzformen: Sonderformen<br />

der Alzheimer-Demenz, wie die früh einsetzende<br />

Demenz vom Alzheimer-Typ und Demenzen<br />

mit ungewöhnlichen klinischen Defiziten,<br />

die immer noch zu wenig beachtet<br />

werden. Alzheimer-Demenzen mit ungewöhnlichen<br />

neuropsychologischen Defiziten<br />

10<br />

NEUROLOGIE IN<br />

ÖSTERREICH<br />

werden praktisch in jeder neurologischen<br />

Praxis vorstellig.<br />

Benke lenkt in seinem Artikel Ihr Augenmerk<br />

auf die posteriore kortikale Atrophie. Denken<br />

Sie daran, wenn PatientInnen mit kognitivem<br />

Abbau einen Verlust komplexer Sehleistungen<br />

und Parietallappensyndrome aufweisen!<br />

Spatt präsentiert eine konzise Übersicht zur<br />

frontotemporalen Degeneration, die immer<br />

noch häufig zu spät diagnostizierte Form der<br />

Demenz mit variablem Phänotyp. Cholinesterasehemmer<br />

sind bei dieser Demenzform auf-<br />

KONGRESS-<br />

HIGHLIGHTS<br />

FÜR DIE PRAXIS<br />

Univ.-Prof. Dr.<br />

Reinhold Schmidt<br />

Neurologische<br />

Universitätsklinik,<br />

Medizinische Universität<br />

Graz<br />

grund des Fehlens eines cholinergen Defizits<br />

fehl am Platz, einige kleine Studien zu Memantin<br />

versprechen mehr, aber es handelt<br />

sich wohl bloß um positive Signale, ohne<br />

dass ein Wirksamkeitsnachweis erbracht ist.<br />

Tab.: Klinischer Erhebungsbogen zur Differentialdiagnose DLB/Alzheimer-<br />

Demenz (Anamneseergänzung <strong>für</strong> die Patientendatei, nicht validiert)<br />

Patientenetikette Datum:<br />

Beim aktuell Untersuchten<br />

Kern- und Stützsymptome der DLB Klinische Merkmale vorhanden nicht vorhanden<br />

der DLB<br />

Schwankungen in Kognition ja<br />

und Wachheit<br />

Wiederholt visuelle Halluzinationen ja<br />

ab Demenzfrühstadium (konkret,<br />

z. B.: Personen, Tiere, Gegenstände)<br />

Parkinsonsymptomatik *Parkinson- und<br />

(selten Tremor) Demenzbeginn<br />

innerhalb eines Jahres<br />

REM-Schlaf-Störung ja<br />

Schwere Neuroleptikasensitivität ja<br />

Visuell-räumliches Defizit ja<br />

ab Demenzfrühstadium<br />

Verminderte striatale Dopamintrans- ja<br />

porteraufnahme in SPECT/PET-Imaging<br />

Die Zeitgrenze mit einem Jahr, innerhalb dessen Demenz auftreten muss, um die klinischen Kriterien<br />

<strong>für</strong> DLB nach McKeith zu erfüllen, entspringt dem Bestreben, möglichst nur PatientInnen mit DLB zu<br />

erfassen, etwa <strong>für</strong> Studien. In der Praxis schließt ein Auftreten der kognitiven Symptomatik mit etwas<br />

längerem zeitlichen Abstand nach Beginn der Parkinsonsymptome, bei ansonsten typischer Symptomatik,<br />

das Vorliegen einer DLB nicht sicher aus.<br />

Auswertung:<br />

DLB wahrscheinlich: 2 Kernsymptome (rot) oder 1 Kern + 1 Stützsymptom (blau)<br />

DLB möglich: nur 1 Kernsymptom oder nur 1 Stützsymptom


Ransmayr bringt uns die wahrscheinlich viel<br />

zu selten diagnostizierte Demenz mit Lewy-<br />

Körperchen (DLB) nahe. Ich möchte in diesem<br />

Zusammenhang ergänzend darauf hinweisen,<br />

dass sich die <strong>Österreichische</strong> Alzheimer<br />

<strong>Gesellschaft</strong> und die <strong>Österreichische</strong><br />

Parkinson <strong>Gesellschaft</strong> vor nicht allzu langer<br />

Zeit zu einem gemeinsamen Konsensuspapier<br />

zusammengefunden und einen einfach<br />

handhabbaren Fragebogen erstellt haben,<br />

um die differentialdiagnostische Abgrenzung<br />

der Demenz mit Lewy-Körperchen von der<br />

Alzheimer-Demenz zu erleichtern. Erlauben<br />

Sie mir, Ihnen diesen Fragebogen nochmals<br />

in Erinnerung zu rufen (Tab.).<br />

Vaskuläre Demenz: Last, but not least präsentieren<br />

Leblhuber und Topakian ein Update<br />

zur vaskulären Demenz. Gemeinsam mit<br />

den beiden Kollegen muss man auf die leider<br />

frustranen Versuche der letzten Jahre verweisen,<br />

eine Therapie <strong>für</strong> diese Form der Demenz<br />

zu etablieren. Leblhuber und Topakian<br />

weisen darauf hin, dass ein Nebeneinander<br />

von vaskulären Läsionen und Alzheimer-Pathologie<br />

viel häufiger ist, als früher angenommen.<br />

Einige Autoren treiben diesen Ansatz<br />

noch weiter voran, indem sie davon ausgehen,<br />

dass es keine vaskuläre Demenz ohne<br />

Alzheimer-Pathologie gibt. Das wohl einzige<br />

Argument dagegen ist CADASIL, die autosomal<br />

dominant vererbte Erkrankung, bei der<br />

subkortikale vaskuläre Läsionen zu demenziellem<br />

Abbau führen können.<br />

Ich hoffe mit diesen Zeilen Ihr Interesse auf<br />

mehr geweckt zu haben und erlaube mir, die<br />

Gelegenheit zu nutzen, um mich bei den Autoren<br />

der folgenden Zusammenfassungen <strong>für</strong><br />

ihre Mühe und Zeit bei der Zusammenstellung<br />

der Beiträge zum Thema Demenz im<br />

aktuellen neurologisch zu bedanken.<br />

Ihr<br />

Univ.-Prof. Dr. Reinhold Schmidt<br />

<strong>Österreichische</strong> Alzheimer <strong>Gesellschaft</strong><br />

21. Jahrestagung<br />

Termin:<br />

19.–20. September 2008<br />

Ort:<br />

Wiener Konzerthaus<br />

Lothringerstraße 20, A-1030 Wien<br />

Themen:<br />

• Grundlagenforschung mit Focus Genetik<br />

• Leitsymptomorientierte Demenzdiagnostik<br />

• Aktuelles aus Blut-, Liquor- und Imagingforschung<br />

• Prävention und evidenzbasierte Demenztherapien<br />

• Psychosozialer Bereich mit Workshops<br />

• ÖAG-Demenzdatenbank der österreichischen Gedächtnisambulanzen<br />

Lokale Organisation:<br />

Peter Dal-Bianco<br />

Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, MUW, AKH Wien<br />

Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien<br />

E-Mail: peter.dal-bianco@meduniwien.ac.at<br />

Anschließend an die Jahrestagung lädt die ÖAG zum<br />

Charity Ball der <strong>Österreichische</strong>n<br />

Alzheimer <strong>Gesellschaft</strong> zum Weltalzheimertag<br />

Eine Nacht mit den Wiener Symphonikern im Wiener Konzerthaus<br />

Samstag 20. September 2008<br />

Einlass: 20.30 Uhr, Beginn: 21.30 Uhr<br />

Ehrenschutz: Bürgermeister Dr. Michael Häupl<br />

Moderation: Frank Hoffmann<br />

Mit dem Erlös des Charity-Balls werden folgende Projekte realisiert:<br />

• Aufbau der ersten österreichweiten Demenzdatenbank<br />

• Entwicklung des Pilotprojektes „Family-Networker“ zur Entlastung<br />

von Betreuungspersonen Demenzkranker<br />

Ballkarte: € 80,–, Studenten: € 35,–<br />

Eintritts- und Tischkarten erhältlich an der Kassa der Wiener Konzerthausgesellschaft<br />

(Tel.: 01/24 20 02) sowie unter www.memoriesball.at<br />

11


Morbus Alzheimer<br />

Evidenzbasierte Therapien und<br />

aktuelle Entwicklungen<br />

Trotz intensiver Forschung an kausalen Therapieansätzen gibt es bis dato keine heilende Alzheimerbehandlung.<br />

Die heute einsetzbaren Substanzen mit klinischer Evidenz <strong>für</strong> Wirksamkeit sind die Acetylcholinesterase-<br />

Inhibitoren und der NMDA-Rezeptor-Antagonist Memantin, die einen symptomatischen Effekt über Jahre<br />

bewirken können.<br />

Evidenzbasierte Therapie heute<br />

Die Wirksamkeit pharmakologischer Behandlungen<br />

konnte in klinischen Studien belegt<br />

werden. Evidenzbasierte Therapieeffekte<br />

zeigten positive Wirkung auf die kognitiven<br />

und funktionellen Defizite von AlzheimerpatientInnen.<br />

Zur Behandlung sind derzeit die<br />

Acetylcholinesterase-Inhibitoren Donepezil,<br />

Galantamin und Rivastigmin sowie der<br />

NMDA-Rezeptor-Antagonist Memantin verfügbar.<br />

Das Wirkprinzip der AChEH beruht<br />

auf der cholinergen Hypothese: Angestrebt<br />

wird eine höhere synaptische Verfügbarkeit<br />

des reduzierten Transmitters Acetylcholin<br />

(Tab.).<br />

AChE-Hemmer<br />

Donezepil und Galantamin sind selektive<br />

AChE-Hemmer (AChEH), während Rivastigmin<br />

AChE und die Buturylcholinesterase<br />

hemmt. Galantamin moduliert zusätzlich die<br />

Nikotin-Rezeptoren. Die Wirksamkeit dieser<br />

Substanzen wurde in weit mehr als 20 randomisierten<br />

klinischen Studien (EMEA und<br />

FDA-konform) nachgewiesen 1 . Sie zeigten signifikant<br />

positive Effekte im Bereich Kognition<br />

(1,4 Punkte im MMSE und 2,7 Punkte<br />

im ADAS-cog).<br />

Weitere Effekte waren in der Alltagskompetenz<br />

und im Verhalten evident. Es gibt keinen<br />

Nachweis <strong>für</strong> die Überlegenheit eines<br />

AChEH gegenüber einem anderen. Bedenkt<br />

man den Wirkmodus der AChEH, kann keine<br />

Kausalwirkung auf den neuropathologischen<br />

Alzheimerprozess angenommen werden.<br />

Trotzdem zeigen einige Langzeitstudien<br />

(Laufzeit bis zu 5 Jahren) eine nachhaltige<br />

12<br />

GESELLSCHAFTS-<br />

NACHRICHTEN<br />

SCHWERPUNKT<br />

NEUROLOGIE IN<br />

ÖSTERREICH<br />

klinische Wirkung über diese Zeitspanne.<br />

Die Nebenwirkungen der AChEH sind im Allgemeinen<br />

auf gastrointestinale Symptome,<br />

wie Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoe beschränkt.<br />

Etwa 60 % der AD-Patienten sprechen<br />

auf die AChEH-Therapie an. In einer<br />

Einjahresstudie wurde festgestellt, dass AD-<br />

PatientInnen unter einer Donepezil-Therapie<br />

ein um 38 % geringeres Risiko <strong>für</strong> weitere<br />

funktionelle Einbußen im Vergleich zur PlacebopatientInnen<br />

hatten. Die Langzeitbeobachtungen<br />

im Anschluss an placebokontrollierten<br />

Studien liefen bis zu 5 Jahre und historische<br />

Placebopatientendaten wurden als<br />

Grundlage <strong>für</strong> die Berechnung „natürlicher<br />

AD-Progressionsraten“ herangezogen. In<br />

oben genannten Studien wird eine Progressionsverlangsamung<br />

<strong>für</strong> die Verum-Gruppe<br />

postuliert, die aber bis heute nicht verifiziert<br />

werden konnte.<br />

Die AChE-Hemmer Donepezil, Galantamin<br />

und Rivastigmin sind <strong>für</strong> die Behandlung des<br />

klinisch milden bis mäßigen Alzheimerstadiums<br />

(MMSE 10-26) zugelassen. Die Medikamentkosten<br />

werden von den Kassen refundiert.<br />

Memantin<br />

Memantin ist ein nicht-kompetitiver N-Methyl-D-Aspartate-Rezeptor-Antagonist<br />

(NMDA). Es wird angenommen, dass Neurone<br />

vor der glutamatmediierten Exzitotoxizität<br />

geschützt werden, ohne negative Beeinflussung<br />

der physiologischen Funktion des<br />

NMDA-Rezeptors auf die Kognition. Glutamat<br />

ist der meistverbreitete zerebrale exzitatorische<br />

Neurotransmitter und ist in Gedächtnis-<br />

und Lernprozesse eingebunden. �<br />

KONGRESS-<br />

HIGHLIGHTS<br />

FÜR DIE PRAXIS<br />

Univ.-Prof. Dr.<br />

Peter Dal-Bianco<br />

Universitätsklinik<br />

<strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />

Medizinische Universität<br />

Wien


Bei AD führt erhöhte glutaminerge Aktivität<br />

zu anhaltender Aktivitätsminderung der<br />

NMDA-Rezeptoren und zu neuronaler Funktionsminderung.<br />

Memantin blockiert die anhaltende Hyperaktivität<br />

der NMDA-Rezeptoren, die als eine der<br />

Ursachen der Alzheimersymptomatik gesehen<br />

wird. Es wurden ausreichend EMEA- und<br />

FDA-konforme klinische Studien durchgeführt.<br />

Bei Patienten mit mäßiger bis schwerer<br />

AD-Symptomatik wurden statistisch signifikante<br />

Effekte in den Bereichen Kognition,<br />

Alltagsfunktion und Verhalten festgestellt 2 .<br />

Aufgrund von Metaanalysen der bisher publizierten<br />

Daten kann Memantin die klinische<br />

Symptomatik von AD-Patienten signifikant<br />

positiv beeinflussen.<br />

Der Wirkstoff ist <strong>für</strong> den therapeutischen Einsatz<br />

im mäßigen bis schwerem Alzheimerstadium<br />

(MMSE 3–19) von der EMEA zugelassen,<br />

wird aber in Österreich nur <strong>für</strong> den<br />

MMSE-Bereich 3–14 von den Kassen refundiert.<br />

Unter Memantin zeigten verhaltensgestörte<br />

Patienten weniger Agitation.<br />

Bis dato ist nicht geklärt, ob Memantin krankheitsmodifizierend<br />

wirkt, obwohl dies aufgrund<br />

seiner neuroprotektiven Wirkweise<br />

vermutet werden kann.<br />

Darüber hinaus scheint die Kombinationstherapie<br />

von Memantin und Donezepil die positiven<br />

klinischen Effekte noch zu verstärken.<br />

Memantin wird in Kombination mit Donepezil<br />

gut vertragen. Derzeit wird Memantin und<br />

Donepezil in „Doppelverschreibung“ von den<br />

Kassen nur im Einzelfall ersetzt.<br />

Andere Substanzen<br />

Etliche andere Wirkstoffe wie z. B. Ginkgo<br />

biloba, Vitamin E, NSAID, Statine und Östrogene<br />

wurden auf Wirksamkeit gegen Alzheimer<br />

geprüft.<br />

Ginkgo biloba: Drei randomisierte kontrollierte<br />

Studien mit Ginkgo-biloba-Extrakt EGb<br />

761 wurden publiziert. Eine Metaanalyse aller<br />

publizierten Daten von Patienten mit unterschiedlichen<br />

Demenzursachen zeigte viel versprechende<br />

Wirkungen in den Bereichen Kognition<br />

und Alltagsfunktion bei inkonsisten-<br />

14<br />

GESELLSCHAFTS-<br />

NACHRICHTEN<br />

SCHWERPUNKT<br />

NEUROLOGIE IN<br />

ÖSTERREICH<br />

ten Einzelresultaten. Eine Langzeitstudie nach<br />

EMEA-Kriterien wird erwartet.<br />

Vitamin E: Antioxidantien wie Vitamin E<br />

wurden in Hinblick auf AD-Progressionsverlangsamung<br />

geprüft. Eine Metaanalyse ergab<br />

zu geringe Evidenz <strong>für</strong> eine Therapieempfehlung,<br />

aber ausreichende Evidenz, um zu weiteren<br />

Vitamin-E-AD-Therapiestudien zu ermutigen.<br />

Zu beachten ist, dass hoch dosiertes<br />

Vitamin E (� 400 IU/d) die Morbiditätsund<br />

Mortalitätsrate anheben kann.<br />

NSAR: Die Langzeiteinnahme nichtsteroidaler<br />

entzündungshemmender Substanzen<br />

wurde aufgrund retrospektiver Analysen epidemiologischer<br />

Daten Alzheimer-präventiv<br />

eingeschätzt. Einzig die prospektiven Studienergebnisse<br />

von Indomethazin deuteten auf<br />

einen stabilisierenden Effekt im kognitiven<br />

Bereich während einer 6-Monats-Studie bei<br />

allerdings hoher Patienten-Ausfallsrate hin.<br />

Ähnlich konnte <strong>für</strong> den Cyclooxygenase-2-<br />

KONGRESS-<br />

HIGHLIGHTS<br />

Tab.: Evidenzbasierte Alzheimermedikamente<br />

Hemmer Rofecoxib in einer rezenten großen,<br />

randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten<br />

Einjahresstudie keine verlangsamende<br />

Wirkung auf die AD-Progression<br />

nachgewiesen werden.<br />

Statine: Aus der Hypercholesterintherapie<br />

bekannt, schienen Statine aufgrund von Analysen<br />

retrospektiver Daten die AD-Prävalenzzahlen<br />

zu senken. Pravastatin zeigte keinen,<br />

Atorvastatin einen signifikanten Effekt auf<br />

kognitive Funktionen nach 6, nicht aber nach<br />

12 Monaten. Eine Metaanalyse der verfügbaren<br />

Daten ergab, dass Statine nicht zur<br />

Reduzierung des Alzheimerrisikos empfohlen<br />

werden können.<br />

Östrogene schienen ebenso laut retrospektiver<br />

Analysen die AD-Prävalenzzahlen zu<br />

senken und eine positive symptomatische<br />

Auswirkung zu haben. Laut Metaanalysen<br />

besteht keine Indikation, Östrogen bei kognitiver<br />

Beeinträchtigung einzunehmen. �<br />

Donepezil Galantamin Rivastigmin Memantin<br />

(Aricept ® ) (Reminyl ® ) (Exelon ® ) (Axura ® , Ebixa ® )<br />

Filmtabletten: 1 x 1 Filmtabletten: 2 x 1 Hartkapseln: 2 x 1 Filmtabletten: 2 x 1<br />

5, 10 mg 4, 8, 12 mg 1.5, 3, 4.5, 6 mg 10 mg<br />

Lösung: 4 mg/ml Lösung: 2 mg/ml Lösung: 10 mg = 20 Tropf.<br />

Schmelztablette Retard-Kaps. 1 x 1 Pflaster: 1 x 1<br />

„Avees“ zu 8, 16, 24 mg 4.5 cm2 ,9.5 cm2 IND: IND: IND: IND:<br />

Alzheimer AD Alzheimer AD Alzheimer AD Alzheimer AD<br />

Kognition und Verhalten Kognition und Verhalten Kognition und Verhalten Kognition und Verhalten<br />

Vaskuläre D Vaskuläre D Parkinson D Vaskuläre D<br />

Lewy-Body D Lewy-Body D Lewy-Body D<br />

Vaskuläre D<br />

MMSE 10–26 MMSE 10–26 MMSE 10–26 MMSE 3–19<br />

Therapieende bei MMSE < 10 ist nicht gerechtfertigt<br />

FÜR DIE PRAXIS<br />

Therapieende:<br />

MMSE � 3 ?<br />

• Demenz-Diagnose durch Facharzt <strong>Neurologie</strong>/Psychiatrie gestellt<br />

• Compliance soll durch Betreuungsperson garantiert sein<br />

• Kontrolle (inkl. MMSE) nach Erreichen der Erhaltungsdosis – dann alle 6 Monate<br />

• „Chefärztliche“ Langzeitgenehmigung <strong>für</strong> 6 Monate ist anzustreben<br />

• Kombinationstherapie AchEH + Memantin hat Evidenz (wird derzeit nicht refundiert)


Ähnliche Schlüsse werden aus den Daten der<br />

„Women’s Health Initiative Memory Study“<br />

gezogen, wobei hier sogar ein signifikant erhöhtes<br />

Demenzrisiko <strong>für</strong> die Verum-Kohorte<br />

errechnet wurde.<br />

Weitere: Metaanalysen <strong>für</strong> weitere Substanzen<br />

wie Selegilin, Nicergolin, Nimodipin und<br />

Piracetam zeigten keine entsprechende Evidenz,<br />

um sie in der Alzheimertherapie einzusetzen.<br />

Krankheitsmodifizierende<br />

Therapien<br />

Die Alzheimer-Krankheit hinterlässt im Krankheitsverlauf<br />

massive neuropathologische/chemische<br />

Spuren im Gehirn. Im Endstadium ist<br />

die Neuronenzahl im limbischen System und<br />

in den Assoziationsrindenfeldern gemeinsam<br />

mit den dazu korrespondierenden subkortikalen<br />

Kerngruppen dramatisch verringert<br />

3 .<br />

Die augenfälligsten neuropathologischen<br />

Hirnveränderungen bei Alzheimer sind die<br />

amyloiden Plaques, die neurofibrillären Tangles<br />

(NFT) im Zytoplasma der Neurone (hyperphosphoryliertes<br />

Tauprotein) und die kongophile<br />

amyloidreiche Mikroangiopathie<br />

(CAA), die erstmals von Alois Alzheimer beschrieben<br />

wurden 4 . Diese Veränderungen betreffen<br />

vor allem die Hippocampi, die Amygdala-assoziativen<br />

Rindenfelder und bestimmte<br />

subkortikale Kerngruppen.<br />

Tau ist ein axonales Protein, das den Zusammenbau<br />

und die Stabilität der Mikrotubuli fördert.<br />

Die Tau-Hyperphosphorylierung führt zum<br />

Abbau der Mikrotubuli: Der axonale Transport<br />

ist beeinträchtigt, und dadurch ist die neuronale<br />

und synaptische Funktion gestört.<br />

Zusätzlich aggregiert Tau zu unlöslichen Tangles<br />

und stört die neuronalen Funktionen.<br />

Ob diese Veränderungen Ursache oder Folge<br />

der Alzheimer-Krankheit sind, ist derzeit noch<br />

unklar. Obwohl die AD-Ätiologie heute nur<br />

lückenhaft verstanden wird, vermuten viele<br />

Autoren, dass �-Amyloid (A�) eine Schlüsselrolle<br />

in der AD-Entwicklung spielt.<br />

Therapien die im Stande sind A� zu redu-<br />

16<br />

GESELLSCHAFTS-<br />

NACHRICHTEN<br />

SCHWERPUNKT<br />

NEUROLOGIE IN<br />

ÖSTERREICH<br />

zieren betreffen den Einsatz von Sekretase-<br />

Modulatoren und A�-Aggregationshemmer.<br />

A�-Immuntherapie: Größte Aufmerksamkeit<br />

erhielt in diesem Zusammenhang zuletzt<br />

die A�-Immuntherapie.<br />

Unter aktiver A�-Immuntherapie konnte erstmals<br />

die Reduktion des löslichen A�-Proteins<br />

und der Anzahl amyloider Plaques, die Verringerung<br />

neuropathologischer Veränderungen<br />

wie Mikrogliose und Astrocytose und die Besserung<br />

der kognitiven Leistung bei APP-transgenen<br />

Mäusen gezeigt werden. Die Antikörper-Immunantwort<br />

auf A� wurde nachgewiesen<br />

und <strong>für</strong> den Therapieerfolg verantwortlich<br />

gemacht. Studien mit passiver A�-Immuntherapie<br />

bestätigten diese Ergebnisse.<br />

Aufgrund dieser hoffnungsvollen Resultate in<br />

diversen Tiermodell-Studien wurde versucht,<br />

diese in klinische Studien zu übertragen.<br />

Der erste Humanimpfstoff (AN1792) bestand<br />

aus A�42 und einem Adjuvans (QS-21).<br />

Diese Impfstudie musste wegen Auftretens<br />

aseptischer T-Zell-mediierter Meningoenzephalitis<br />

bei 6 % der Geimpften abgebrochen<br />

KONGRESS-<br />

HIGHLIGHTS<br />

RESÜMEE<br />

FÜR DIE PRAXIS<br />

werden. Obwohl die meisten Patienten nur<br />

2 der geplanten 6 Impfungen erhielten,<br />

konnten sie eine A�-spezifische humorale Immunantwort<br />

aufbauen. Ein klinischer Effekt<br />

konnte bei 20 % der Geimpften festgestellt<br />

werden.<br />

Evidenz <strong>für</strong> klinische Wirkung im Rahmen der<br />

A�-Immuntherapie wurde auch in Studien mit<br />

intravenöser Immunglobulintherapie (IVIG,<br />

eine Form passiver A�-Immuntherapie) festgestellt.<br />

Insbesondere zeigten keine der behandelten<br />

PatientInnen Mikrohämorrhagien.<br />

Im Tierversuch konnte festgestellt werden,<br />

dass ein direkter Zusammenhang zwischen<br />

dem Schweregrad zentraler Mikrohämorrhagien<br />

und der Impfdosis besteht. Die IVIG-Impfdosen<br />

in künftigen Humanstudien sollten<br />

daher im sicheren Bereich liegen. ■<br />

Literatur<br />

1 Birks J., Cholinesterase inhibitors for Alzheimer’s disease.<br />

Cochrane Database Syst Rev 2006; 1: CD005593.<br />

2 Areosa S. A., Sherriff F., McShane R., Memantin for<br />

dementia. Cochrane Database Syst Rev 2005.<br />

3 Uylings H. B. and de Brabander J. M., 2002; Neuronal<br />

changes in normal human aging and Alzheimer's<br />

disease. Brain Cogn 49:268-276.<br />

4 Alzheimer A. 1907; Über eine eigenartige Erkrankung<br />

der Hirnrinde. Zentralblatt <strong>für</strong> Nervenheilkunde und<br />

Psychiatrie 30:177-179.<br />

Bis dato gibt es keine heilende Alzheimertherapie. Die heute einsetzbaren Substanzen<br />

mit klinischer Evidenz <strong>für</strong> Wirksamkeit sind die Acetylcholinesterase-Inhibitoren und der<br />

NMDA-Rezeptor-Antagonist Memantin. Diese Substanzen können einen symptomatischen<br />

Effekt bei AlzheimerpatientInnen über Jahre bewirken.<br />

Es besteht aber dringender Bedarf an der Entwicklung krankheitsmodifizierender Therapien:<br />

Verlässliche Evidenz gibt es <strong>für</strong> die Annahme, dass die aktive A�-Immuntherapie<br />

ein modifizierendes Potenzial im Tiermodell und bei AlzheimerpatientInnen hat. Die<br />

beobachteten Nebenwirkungen, besonders die Meningoenzephalitis als Folge des Impfstoffes<br />

mit komplettem A�-Peptid, scheint vermeidbar durch die Wahl eines Antigens,<br />

das frei von T-Zell-Epitop ist. Evidenz <strong>für</strong> klinischen Effekt wurde in Studien auch mit<br />

der besser verträglichen intravenös verabreichten passiven A�-Immuntherapie (IVIG) festgestellt.<br />

Weitere Forschungsschwerpunkte widmen sich der �- und �-Sekretase-Hemmung, der<br />

�-Sekretasen-Verstärkung, der A�-Aggregationshemmung, und den PPAR-�-Agonisten<br />

(Glitazone). Die Forschungsaktivität bezüglich Entwicklung therapeutischer Strategien<br />

gegen Tau-Pathologie ist geringer. Sie konzentriert sich auf die Hemmung von Kinasen<br />

und die Verstärkung der Phosphatasen-Aktivität.<br />

Kausale Therapieansätze können schon bei mäßiger Wirkung große Effekte erzielen:<br />

Krankheitsmodifizierende Therapien, die den Beginn der Alzheimerkrankheit um 5 Jahre<br />

verzögern, könnten die Anzahl künftiger Alzheimer-PatientInnen halbieren.


GESELLSCHAFTS-<br />

NACHRICHTEN<br />

SCHWERPUNKT<br />

Sonderformen der Alzheimer-Demenz<br />

Neben der häufigen Standard-Variante rechnet man zur Alzheimer-Erkrankung auch noch andere,<br />

seltenere Präsentationsformen, wie etwa die früh beginnende familiäre Form, oder „pseudofokale“ Formen,<br />

welche die Diagnose und auch die Abgrenzung von anderen Demenzen erschweren.<br />

Die Alzheimer-Erkrankung (DAT) ist das häufigste<br />

demenzielle Syndrom. Die DAT führt<br />

innerhalb weniger Jahre zu einem progredienten<br />

Abbau kognitiver Funktionen und<br />

einem Verlust der Selbständigkeit im Alltag<br />

mit Behandlungs- und Pflegebedürftigkeit.<br />

Typisch <strong>für</strong> diese Erkrankung ist ein schleichender<br />

Beginn nach dem 65. Lebensjahr mit<br />

rasch ansteigenden Prävalenzzahlen (Verdopplung<br />

etwa in Fünfjahresintervallen).<br />

Die neuropathologischen Veränderungen der<br />

DAT (Neuronenverlust, Plaques, Fibrillen,<br />

Amyloidangiopathie etc.) sind in annähernd<br />

symmetrischer und diffuser Verteilung vor<br />

allem im mesialen Temporallappen (Hippokampus<br />

und entorhinaler Kortex), später in<br />

18<br />

NEUROLOGIE IN<br />

ÖSTERREICH<br />

anderen Teilen des limbischen Systems<br />

sowie im temporalen, parietalen<br />

und frontalen Neokortex<br />

zu finden, wobei Menge und Verteilungsmuster<br />

der Neuropathologie<br />

vom Erkrankungsstadium<br />

abhängen.<br />

Die Diagnostik der DAT hat<br />

wegen der Häufigkeit der Erkrankung große<br />

Bedeutung in der geriatrischen Medizin. Sie<br />

umfasst vor allem kognitive und bildgebende<br />

Befunde. Im neuropsychologischen<br />

Befund steht anfangs eine episodische Gedächtnisstörung,<br />

später der Verlust weiterer<br />

kognitiver Funktionen (Sprachleistungen,<br />

Raumverarbeitung, Problemlösen, Objektge-<br />

Tab.: Klinische Diagnosekriterien des posterioren kortikalen Atrophiesyndroms<br />

(PCA) (Mendez et al., 2002)<br />

1. Hauptsymptome<br />

A: Schleichender Beginn und allmähliche Progression<br />

B: Präsentation mit visuellen Beschwerden bei intakten primären Sehleistungen<br />

C: Evidenz von hervorstechenden komplexen visuellen Defiziten<br />

- Elemente eines Bálint-Syndroms<br />

- Visuelle Agnosie<br />

- Ankleideapraxie<br />

- Topographische Desorientiertheit<br />

D: Im Verhältnis geringe Defizite im Gedächtnis und in der Wortflüssigkeit<br />

E: Relativ gutes Störungsbewusstsein mit oder ohne Depression<br />

2. Diagnoseunterstützend<br />

A: Beginn präsenil<br />

B: Alexie<br />

C: Elemente des Gerstmann-Syndroms<br />

D: Ideomotorische Apraxie<br />

E: Physische Untersuchung innerhalb der Normen<br />

F: Neuropsychologie: vorherrschende Beeinträchtigung der perzeptiven Defizite<br />

Bildgebung: vorherrschend okzipito-parietale Abnormalitäten (vor allem in funktioneller<br />

Bildgebung) mit relativer Aussparung von frontalen und mesiotemporalen Regionen<br />

KONGRESS-<br />

HIGHLIGHTS<br />

brauch, Rechnen, Faktenwissen, Orientiertheit,<br />

Krankheitswahrnehmung etc.) im Vordergrund.<br />

Die Bildgebung stützt sich vor allem auf MRI<br />

und PET- oder SPECT-Befunde zur Darstellung<br />

von Atrophie und Perfusionsminderung. Die<br />

DAT beginnt mit einer Atrophie im medialen<br />

Temporallappen; später findet sich ein diffuser<br />

Hypometabolismus mit Akzentuierung im<br />

gesamten Temporallappen, im zingulären<br />

und im temporoparietalen Kortex.<br />

Große Variabilität: Die DAT ist klinisch, neuropathologisch<br />

und in der Bildgebung sehr<br />

variabel, wobei quantitative (z. B. Schweregrad,<br />

Progressionsrate) und qualitative Heterogenität<br />

(z. B. familiäre Form, klinische Sonderformen)<br />

zu unterscheiden sind.<br />

Atypische Fälle sind deshalb von klinischem<br />

Interesse, weil sie die Diagnose, aber auch<br />

die Abgrenzung von anderen Demenzen (z.<br />

B. Lewy-Body-Demenz – LBD, frontotemporale<br />

Demenz – FTD, vaskuläre Demenz – VaD)<br />

erschweren. Im Folgenden sollen vor allem<br />

die früh einsetzende sowie fokal akzentuierte<br />

Formen der DAT skizziert und von der<br />

„Standardform“ abgegrenzt werden.<br />

Früh einsetzende<br />

(Early-Onset-)DAT<br />

FÜR DIE PRAXIS<br />

Univ.-Prof. Dr.<br />

Thomas Benke<br />

Universitätsklinik<br />

<strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>,<br />

Medizinische Universität<br />

Innsbruck<br />

Die Genetik spielt eine wichtige, nur teilweise<br />

erforschte Rolle bei der Pathogenese aller


Abb.: Patient mit posteriorer kortikaler Atrophie (PCA)<br />

Klinische Präsentation mit Bálint- und Gerstmann-Syndrom, konstruktiver Apraxie, Ankleideapraxie, Alexie und inkomplettem Neglect. MR-tomographisch<br />

parieto-okzipitale Atrophie mit leichter Hyperintensität, vermutlich als Zeichen der Gliose. In der PET massiver Hypometabolismus in beiden visuellen Assoziationszentren<br />

mit Ausdehnung in beide Parietalregionen mit deutlicher Rechtsbetonung.<br />

Zur Verfügung gestellt von R. Schmidt, Medizinische Universität Graz<br />

Formen der DAT; genetische Faktoren werden<br />

aber als wichtigste bekannte Ursache <strong>für</strong><br />

ein frühes (< 65. Lebensjahr) Einsetzen der<br />

DAT angenommen. So erhöht z. B. das Vorhandensein<br />

von Apolipoprotein-�4 die frühe<br />

Erkrankungswahrscheinlichkeit bei der sporadischen<br />

DAT.<br />

Die familiäre, autosomal-dominante DAT mit<br />

Mutation im Amyloidprecursor-Protein oder<br />

in einem der Präseniline umfasst etwa 5 %<br />

aller DAT-Fälle. Ihr Erkrankungsbeginn liegt<br />

bereits in der 4. oder 5. Lebensdekade, bei<br />

einzelnen Patienten bereits früher. Auch bei<br />

vielen Patienten mit Down-Syndrom (Trisomie<br />

21) beginnt die DAT um das 40. Lebensjahr.<br />

Bei Early-Onset-DAT-Patienten wurden<br />

neuropathologische Veränderungen in größerem<br />

Umfang, eine erhöhte Rate neuropsychiatrischer<br />

Symptome und ein unterschiedliches<br />

Verteilungsmuster der Neurodegeneration<br />

beobachtet. Die Rolle von<br />

anderen genetischen sowie von weiteren Risikofaktoren<br />

(z. B. Komorbiditäten; geringere<br />

kognitive Reserve) ist noch nicht hinlänglich<br />

bekannt. Die Early-Onset-DAT muss differenzialdiagnostisch<br />

von anderen früh<br />

einsetzenden Demenzen, vor allem den<br />

frontotemporalen und vaskulären Demenzformen<br />

sowie von Prionenerkrankungen abgegrenzt<br />

werden.<br />

DAT mit ungewöhnlichem<br />

kognitivem Defizitprofil<br />

Einzelne Patienten haben im Gegensatz zu<br />

den multimodalen kognitiven Ausfällen der<br />

Standard-DAT ein besonders ausgeprägtes<br />

Defizit in einer Domäne, z. B. im Bereich der<br />

Sprache, arithmetischer, perzeptiver, visuellräumlicher,<br />

semantischer, frontal-exekutiver<br />

oder auch motorischer Leistungen. Bei einigen<br />

dieser kognitiven Phänotypen wird ein<br />

genetischer Zusammenhang vermutet<br />

(Snowden 2007). Diese Varianten gehen auch<br />

meist mit ungewöhnlichem Beginn (keine zunehmende<br />

Gedächtnisstörung als Erstsymptom)<br />

sowie anderer Verteilung der DAT-Pathologie<br />

einher.<br />

Auch zeigen Ausprägung und Schweregrad<br />

neuropsychiatrischer Ausfälle von DAT-Patienten<br />

große interindividuelle Unterschiede. Das<br />

Auftreten von atypischen kognitiven und Verhaltensvarianten<br />

findet sich oft bereits im<br />

Vorstadium (Mild Cognitive Impairment –<br />

MCI) der Erkrankung und führt zur großen<br />

klinischen Vielfalt der DAT.<br />

Posteriores kortikales Atrophiesyndrom:<br />

Eine gut untersuchte Untergruppe der atypischen<br />

DAT stellt das posteriore kortikale<br />

Atrophiesyndrom (PCA; auch „visuelle“ Variante)<br />

dar. Patienten mit PCA leiden an<br />

progredienten räumlichen Ausfällen, die<br />

das visuelle Explorieren und Lesen, aber<br />

auch Ankleiden, Rechnen, Praxis, Zeichnen<br />

und die Optomotorik betreffen. Visuoperzeptive,<br />

meist präsenil beginnende Ausfälle<br />

sind das Leitsymptom, das vorwiegend<br />

erst später von Gedächtnisstörungen gefolgt<br />

wird. Neuropsychologische Befunde<br />

zeigen einen variablen Verlust komplexer<br />

Sehleistungen und parietaler Funktionen<br />

(Tab.).<br />

In der Bildgebung findet sich eine beidseitige<br />

okzipito-parietale bzw. parietale Atrophie<br />

bzw. Minderperfusion (Abb.). Eine<br />

Variante des PCA-Syndroms ist durch Ausfälle<br />

primärer (Visuoperzeption) und assoziativer<br />

Sehleistungen (z. B. Erkennen von<br />

Objekten und Gesichtern) charakterisiert,<br />

hier liegt der Schwerpunkt der fokalen Neurodegeneration<br />

im Bereich der Sehrinde und<br />

ventraler, okzipito-temporaler Rindenzonen.<br />

Die PCA muss vor allem von der LBD, der<br />

kortikobasalen Degeneration (CBD), einer<br />

Prionerkrankung oder einer reversiblen posterioren<br />

Enzephalopathie unterschieden<br />

werden.<br />

Andere Varianten: In den letzten Jahren<br />

wurden weitere atypische fokale Präsentationsformen<br />

der DAT bei Patienten beschrieben,<br />

die in vivo als CBD, FTD und primäre �<br />

19


GESELLSCHAFTS-<br />

NACHRICHTEN<br />

progressive Aphasie (PPA) diagnostiziert<br />

wurden, jedoch eine unerwartete DAT-Pathologie<br />

aufwiesen (Galton 2000, Knobb<br />

2006, Alladi 2007).<br />

Atypische Formen der DAT mit lobärer oder<br />

gyraler Atrophie wurden auch in folgenden<br />

Varianten beschrieben (von Gunten 2006):<br />

frontotemporale Atrophie (Hauptsymptom:<br />

progressive sprechmotorische oder Sprachstörung),<br />

präfrontale Atrophie (dysexekutive<br />

und Verhaltensdefizite) sowie Atrophie<br />

in der Zentralregion (motorische Ausfälle,<br />

Rigor, Myoklonus).<br />

Diese Fälle verweisen darauf, dass die klinische<br />

Präsentation von Demenzen Syndromcharakter<br />

hat und ein Rückschluss auf die<br />

zugrunde liegende Erkrankung nur eingeschränkt<br />

möglich ist. Die derzeit vorliegenden<br />

Daten belegen, dass atypische DAT-Formen<br />

häufiger als bisher vermutet sind (30<br />

% der Patienten mit fokalen neurodegenerativen<br />

Erkrankungen hatten DAT-Pathologie,<br />

Alladi 2006) und lassen ein Kontinuum<br />

zwischen Standardform und atypischen Varianten<br />

der DAT vermuten.<br />

Zur Therapie der pseudofokalen DAT-Formen<br />

liegen zurzeit noch keine validen Studien vor.<br />

Vor allem der Zusammenhang zwischen atypischer<br />

DAT, Pathomechanismus und Genetik<br />

wird in Zukunft zu interessanten Erkenntnissen<br />

führen. ■<br />

Literatur beim Verfasser<br />

20<br />

RESÜMEE<br />

SCHWERPUNKT<br />

Neben der häufigen Standard-Variante<br />

rechnet man zur Alzheimer-Erkrankung<br />

auch noch andere, seltenere Präsentationsformen,<br />

wie etwa die früh beginnende<br />

familiäre Form, oder „pseudofokale“<br />

Formen, bei denen eine regionale Atrophie<br />

mit dem Verlust einer bestimmten<br />

kognitiven Domäne gekoppelt ist. Fokale<br />

DAT-Varianten sind nur durch gute<br />

Bildgebung und spezielle neuropsychologische<br />

Untersuchungen von anderen<br />

Demenzen, wie etwa der LBD, CBD, VaD<br />

oder Prionenerkrankungen unterscheidbar.<br />

NEUROLOGIE IN<br />

ÖSTERREICH<br />

KONGRESS-<br />

HIGHLIGHTS<br />

Update<br />

vaskuläre Demenzen<br />

FÜR DIE PRAXIS<br />

Aufgrund der Heterogenität der unterschiedlichen Formen der<br />

vaskulären Demenzen (VaD) fehlen allgemein anerkannte<br />

Goldstandards in den diagnostischen Kriterien. Da die tatsächliche<br />

Wirksamkeit der bei VaD häufig eingesetzten Medikamente vielfach<br />

nicht belegt ist, kommt einer effektiven medikamentösen Kontrolle der<br />

vaskulären Risikofaktoren eine umso größere Bedeutung zu.<br />

Definition, Kriterien<br />

und Epidemiologie<br />

Vaskuläre Demenz (VaD) ist als Überbegriff<br />

von ätiopathogenetisch, klinisch und bildgebend<br />

heterogenen Krankheitsbildern<br />

aufzufassen. Für die Diagnose einer VaD<br />

ist die kausale und/oder zeitliche Verknüpfung<br />

von Symptomen des Demenzsyndroms<br />

mit Hinweisen <strong>für</strong> eine zerebrovaskuläre<br />

Störung maßgebend. Kausalität ist<br />

anzunehmen, wenn die Demenz im Anschluss<br />

an einen Schlaganfall auftritt. Abrupt<br />

auftretende, persistierende Verschlechterungen<br />

kognitiver Funktionen<br />

sind <strong>für</strong> bestimmte Formen der VaD wie<br />

der Multiinfarktdemenz mit multiplen Infarkten<br />

diagnostisch richtungweisend.<br />

Hinsichtlich des zeitlichen Verlaufs findet<br />

sich am anderen Ende des Spektrums die<br />

subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie,<br />

die häufig durch eine schleichende<br />

Progression von Symptomen wie Störung<br />

von Antrieb und frontal-exekutiven Funktionen,<br />

Gangataxie, Hypokinese, Rigidität<br />

und Inkontinenz einhergeht. Weitere klassische<br />

Formen der VaD stellen die sog. strategischen<br />

Infarkte (z.B. im Thalamus) und<br />

der Status lacunaris mit multiplen lakunären<br />

Infarkten dar. Es können auch Mischformen<br />

von Infarktmustern vorliegen. Weitere<br />

mögliche Ursachen einer VaD sind intrazerebrale<br />

Hämorrhagien und hereditäre<br />

Arteriopathien wie die zerebrale autosomal<br />

dominante Arteriopathie mit subkortikalen<br />

Infarkten und Leukoenzephalopathie (CA-<br />

DASIL).<br />

Univ.-Doz. Prim. Dr.<br />

Friedrich Leblhuber<br />

Abteilung <strong>für</strong> Neurologisch-<br />

Psychiatrische Gerontologie,<br />

Landes-Nervenklinik<br />

Wagner-Jauregg, Linz<br />

Dr. Raffi Topakian<br />

Abteilung <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>,<br />

Landes-Nervenklinik<br />

Wagner-Jauregg, Linz<br />

Diagnostische Kriterien: Ähnlich heterogen<br />

wie die Krankheitsbilder sind auch die<br />

zur Diagnose der VaD vorgeschlagenen Kriterien<br />

unterschiedlicher Fachgesellschaften.<br />

Ein allgemein anerkannter Goldstandard<br />

ist nicht definiert. Gegenwärtig werden<br />

die diagnostischen Kriterien der<br />

National Institute of Neurological Disorders<br />

and Stroke und Association Internationale<br />

pour la Recherche et l’Enseignement en<br />

Neurosciences (NINDS-AIREN) bevorzugt,<br />

zumal diese Kriterien sehr spezifisch sind<br />

und die Rolle des Neuroimaging deutlich<br />

aufgewertet ist. Die NINDS-AIREN-Kriterien<br />

sind allerdings wenig sensitiv, wodurch<br />

möglicherweise die VaD in bestimmten<br />

Populationen „unterdiagnostiziert“ werden<br />

könnte.


Vielfach werden die VaD als zweithäufigste<br />

Demenzsyndrome nach der AD der westlichen<br />

Welt genannt. In Abhängigkeit von den<br />

angewandten Diagnosekriterien schwanken<br />

die Angaben zur Prävalenz bzw. Inzidenz bei<br />

Personen � 65 Jahre zwischen 1,2 und 4,2<br />

% bzw. 6,4 und 28/1.000/Jahr.<br />

Abgrenzung zur AD, Neuropathologie<br />

und Neuroimaging<br />

Neuropathologische und epidemiologische<br />

Studien deuten auf eine überzufällige Koexistenz<br />

von VaD und Alzheimer-Demenz (AD).<br />

Zwischen den Krankheitsbildern bestehen<br />

potenzielle Synergien. Klinisch, bildgebend<br />

und auch neuropathologisch kann ein beträchtlicher<br />

„Overlap“ bestehen. Die Diagnose<br />

einer sog. Mischdemenz setzt das gleichzeitige<br />

Vorliegen von klinischen oder bildgebenden<br />

Merkmalen einer VaD und einer AD<br />

voraus. Differentialdiagnostische Zuordnungsprobleme<br />

entstehen beispielsweise,<br />

wenn bei PatientInnen mit einem als eher<br />

primär degenerativ eingestuften Demenzsyndrom<br />

im Neuroimaging beträchtliche Veränderungen<br />

im weißen Marklager im Sinne<br />

einer Leukoaraiosis gefunden werden.<br />

Pathophysiologische Gemeinsamkeiten:<br />

Bei VaD und AD dürften eine Reihe pathophysiologischer<br />

Gemeinsamkeiten vorliegen.<br />

Bei gleichzeitigem Vorliegen von AD-Pathologie<br />

und vaskulären Läsionen sind hinsichtlich<br />

der klinischen Ausprägung der Demenz<br />

Wechselwirkungen wie auch Summationseffekte<br />

denkbar. Eine rezente Studie an 156<br />

autopsierten älteren Individuen mit unterschiedlich<br />

ausgeprägter AD-Pathologie legt<br />

nahe, dass die klinische Expression der vaskulären<br />

Komponente von der Lokalisation<br />

und Art der Läsionen sowie der Schwere der<br />

konkomitanten AD-Pathologie abhängt.<br />

Das Endothel spielt eine regulatorische Rolle<br />

in der zerebralen Mikrozirkulation bei synaptischer<br />

Aktivität. Für beide Demenzformen<br />

mehren sich Hinweise aus neuropathologischen<br />

und Perfusionsmagnetresonanztomo-<br />

graphiestudien (MRT), dass eine endotheliale<br />

Dysfunktion mit Zunahme der Permeabilität<br />

der Blut-Hirn-Schranke (BHS) einen wesentlichen<br />

Faktor im Krankheitsprozess darstellen<br />

könnte. Ein Zusammenbruch der BHS<br />

könnte über Extravasation von potenziell toxischen<br />

Plasmaprodukten („Leakage“) zu<br />

Ödementwicklung und Schädigung von Hirngewebe<br />

mit Ausbildung einer Leukoaraiosis<br />

führen.<br />

Die Faktoren Lebensalter, Leukoaraiosis und<br />

Durchlässigkeit der BHS sind miteinander assoziiert.<br />

Das Dilemma des Klinikers, pathologische<br />

Veränderungen von jenen des physiologischen<br />

Alterungsprozesses oft nicht sicher<br />

abgrenzen zu können, wird am Beispiel der<br />

Leukoaraiosis deutlich (Abb.). Leukoaraiosis<br />

ist bei Älteren, nicht Dementen ein relativ<br />

häufig anzutreffender radiologischer Befund.<br />

Andererseits gelten konfluierende (versus<br />

punktuelle) Marklagerläsionen als Prädiktor<br />

einer schnelleren weiteren Progression der<br />

Veränderungen und sind mit der Entwicklung<br />

von kognitiven Einbußen, Inkontinenz,<br />

Gangstörung und Stürzen assoziiert. Die Progression<br />

der Leukoaraiosis könnte somit in<br />

einer Subpopulation von PatientInnen mit<br />

VaD als Surrogatmarker <strong>für</strong> künftige Therapiestudien<br />

dienen. In diesem Zusammenhang<br />

sei erwähnt, dass die wissenschaftliche Anwendung<br />

der speziellen MRT-Methoden Traktographie<br />

und Diffusion-Tensor-Imaging ein<br />

besseres Verständnis der Zusammenhänge<br />

von neuropsychologischen Veränderungen<br />

und Läsionslokalisation bzw. Disintegration<br />

von zerebralen Strukturen ermöglicht.<br />

Risikofaktoren,<br />

Prävention und Therapie<br />

Eine gesicherte spezifische Therapie der VaD<br />

liegt leider nicht vor. Unveränderliche mit VaD<br />

assoziierte Faktoren sind höheres Alter und<br />

männliches Geschlecht. Da vaskuläre Läsionen<br />

das morphologische Substrat der VaD<br />

darstellen, dürfte eine optimale Kontrolle vaskulärer<br />

Risikofaktoren neben der Schlaganfallprävention<br />

auch das Risiko der VaD senken.<br />

Antihypertensiva und Lipidsenker: Zahlreiche<br />

Studien legen nahe, dass Hypertonie<br />

nicht nur der wichtigste Risikofaktor <strong>für</strong> den<br />

Schlaganfall ist, sondern auch das Risiko <strong>für</strong><br />

die Entwicklung einer VaD erhöht. Eine antihypertensive<br />

Therapie senkt das VaD-Risiko,<br />

wobei die Datenlage besonders <strong>für</strong> ACE-<br />

Hemmer wie Ramipril und Perindopril, aber<br />

auch <strong>für</strong> den Angiotensin-II-Antagonisten<br />

Candesartan günstig erscheint.<br />

Die Datenlage <strong>für</strong> Statine in der Demenzprävention<br />

ist trotz zahlreicher Studien zu diesem<br />

Thema inkonsistent. Jedenfalls konnte<br />

in der PROspective Study of Pravastatin in �<br />

Abb. 1: Leukoaraiosis in der MRT – angedeutet konfluierend (1a) symmetrisch<br />

ausgeprägt und konfluierend (1b), asymmetrisch und konfluierend (1c)<br />

1a 1b 1c<br />

21


GESELLSCHAFTS-<br />

NACHRICHTEN<br />

SCHWERPUNKT<br />

the Elderly at Risk (PROSPER) kein Einfluss<br />

von Pravastatin auf die Entwicklung einer Demenz<br />

beobachtet werden.<br />

NSAR: Seit langem werden nicht-steroidale<br />

Antirheumatika wie Acetylsalicylsäure und Diclofenac<br />

in der Demenzprävention diskutiert,<br />

zumal inflammatorische Prozesse bei verschiedenen<br />

Demenzen eine Rolle spielen.<br />

Auch hier sind die Daten uneindeutig, neuere<br />

Studien waren aber negativ. Low-Dose-<br />

Acetylsalicylsäure zeigte in der rezenten<br />

Women’s Health Study bei gesunden Frauen<br />

� 65 Jahre keinen Einfluss auf die Kognition.<br />

In randomisierten Studien konnten weder<br />

Naproxen noch Celecoxib das Auftreten einer<br />

AD reduzieren.<br />

Antidementiva: Die Cholinesterase-Inhibitoren<br />

Donepezil, Galantamin und Rivastigmin<br />

und der nicht-kompetitive N-Methyl-D-Aspartat-Antagonist<br />

Memantin wurden in einer rezenten<br />

Meta-Analyse doppelblinder, randomisierter,<br />

kontrollierter Studien hinsichtlich<br />

ihrer Wirksamkeit und ihrer Nebenwirkungen<br />

untersucht. Es wurden relativ bescheidene Effekte<br />

auf die Kognition <strong>für</strong> Patienten mit milder<br />

bis moderater VaD gefunden.<br />

Die klinische Signifikanz der Verbesserungen<br />

in der sog. ADAS-cog-Subskala wurde<br />

durch das Fehlen von Effekten auf funktionelle<br />

und Verhaltenszielparameter geschmälert.<br />

Die breite Anwendung dieser Substanzen<br />

in der Behandlung der VaD kann durch<br />

diese Daten nicht gestützt werden. Eine im<br />

April 2008 publizierte doppelblinde randomisierte<br />

kontrollierte Studie zum Einsatz von<br />

Donepezil bei Patienten mit CADASIL, dem<br />

Prototyp der subkortikalen vaskulären Demenz,<br />

erbrachte keinen Effekt auf den primären<br />

Endpunkt, den V-ADAS-cog-Score.<br />

Die klinische Relevanz von beobachteten<br />

Verbesserungen in verschiedenen Bereichen<br />

der exekutiven Funktionen in dieser Studie<br />

ist offen.<br />

22<br />

NEUROLOGIE IN<br />

ÖSTERREICH<br />

Andere Substanzen: Für zahlreiche seit Jahren<br />

auf dem Markt befindliche Substanzen<br />

insbesondere aus dem Feld der Rheologika<br />

und Neuroprotektiva ist die Datenlage ebenfalls<br />

zweifelhaft. Wenngleich <strong>für</strong> einige dieser<br />

Substanzen die Möglichkeit geringer bis<br />

moderater positiver Effekte besteht, fehlen<br />

in aller Regel eindeutige Belege <strong>für</strong> Wirksamkeit<br />

und Kosteneffektivität. Oft wird die Aussagekraft<br />

„positiver“ Studien durch Schwächen<br />

im Studiendesign wie mangelhafte<br />

Randomisierung, unzureichend definierte<br />

Studienpopulation, kleine Fallzahl und fraglich<br />

relevante Endpunkte geschmälert. Daneben<br />

ist die Möglichkeit eines Publikationsbias<br />

gegeben. Diese Bedenken treffen mehr<br />

oder minder <strong>für</strong> Hydergin, Pentoxifyllin, Piracetam,<br />

Nimodipin und Naftidroforyl zu.<br />

Der Einsatz von Ginkgo biloba in der Demenzprävention<br />

und -behandlung wurde in<br />

einem rezenten Update eines Cochrane Review<br />

ähnlich kritisch gesehen, bei guter Verträglichkeit<br />

bzw. günstigem Nebenwirkungsprofil<br />

ist ein klinisch signifikanter Benefit nicht<br />

eindeutig belegt.<br />

Für alle künftigen Therapiestudien sollte gelten,<br />

dass der Heterogenität der VaD Rechnung<br />

getragen wird, zumal unterschiedliche<br />

Subpopulationen auch unterschiedlich auf<br />

Medikation ansprechen könnten.<br />

Weitere Interventionen: Bei allen Patienten<br />

mit VaD sollte an die mögliche Notwendigkeit<br />

der Behandlung von Schlafstörungen<br />

und Depressionen gedacht werden. Verschiedene<br />

Lebensstilfaktoren könnten das Auftreten<br />

und/oder die Progression einer Demenz<br />

verzögern. Neuere teils kleinere Studien legen<br />

nahe, dass moderater Alkoholkonsum, eine<br />

Ernährung reich an Obst, Gemüse, Fisch und<br />

Omega-3-Fettsäuren, regelmäßige physische<br />

Aktivität, regelmäßige soziale Kontakte sowie<br />

intellektuelle Stimulation und Freizeitaktivitäten<br />

einen protektiven Effekt auf die kognitiven<br />

Funktionen haben könnten. Für die<br />

KONGRESS-<br />

HIGHLIGHTS<br />

meisten dieser Lebensstilfaktoren sind aber größere<br />

prospektive Studien noch ausständig. ■<br />

Literatur bei den Verfassern<br />

RESÜMEE<br />

FÜR DIE PRAXIS<br />

Die Heterogenität der unterschiedlichen<br />

Formen der VaD bedingt einerseits das<br />

Fehlen von allgemein anerkannten Goldstandards<br />

in den diagnostischen Kriterien,<br />

anderseits wird hierdurch auch die<br />

Übertragbarkeit von Studienergebnissen<br />

auf den klinischen Alltag erschwert.<br />

Viel häufiger als früher angenommen<br />

könnte ein Nebeneinander von vaskulären<br />

Läsionen und Alzheimer-Pathologie<br />

vorliegen, wobei relevante Interaktionen<br />

zwischen den Pathologien die Grenzen<br />

zwischen primär degenerativen und primär<br />

vaskulären Demenzen verwischen<br />

dürften. Der Abfall der Hirnperfusion<br />

scheint ein gemeinsamer Faktor in der<br />

Ätiologie der VaD und AD zu sein.<br />

Moderne MRT-Methoden ermöglichen<br />

eine morphologische Verlaufsbeobachtung<br />

intra vitam und die Definition von<br />

Surrogatmarkern bei Therapiestudien.<br />

Fortschritte im Verständnis der pathophysiologischen<br />

Vorgänge setzen die<br />

möglichst präzise Analyse klinischer, radiologischer<br />

und neuropathologischer<br />

Befunde voraus.<br />

Die tatsächliche Wirksamkeit der bei PatientInnen<br />

mit VaD häufig eingesetzten<br />

Medikamente ist vielfach nicht belegt.<br />

Umso mehr ist eine wirksame medikamentöse<br />

Kontrolle von etablierten vaskulären<br />

Risikofaktoren wie Hypertonus<br />

oder Diabetes in der Prävention vaskulär<br />

bedingter kognitiver Defizite bedeutsam,<br />

ebenso wie lebensstilmodifizierende<br />

Maßnahmen.


GESELLSCHAFTS-<br />

NACHRICHTEN<br />

SCHWERPUNKT<br />

Demenz mit Lewy-Körperchen<br />

Die Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB) ist eine degenerative Demenz, in der, kombiniert, eine Vielfalt<br />

psychiatrischer Symptome, vegetativer Störungen sowie eine Parkinson-Symptomatik auftreten. Somit sind<br />

Diagnostik und Therapie komplex und aufwendig, und eine engmaschige Verlaufskontrolle ist angezeigt.<br />

DDie Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB) ist<br />

zusammen mit der Demenz im Rahmen der<br />

Parkinsonkrankheit (PDD) die zweithäufigste<br />

degenerative Demenz.<br />

Bei beiden demenziellen Syndromen handelt<br />

es sich um klinisch ähnliche, in gewissen<br />

Aspekten auch unterschiedliche Ausprägungen<br />

einer das gesamte Gehirn betreffenden<br />

degenerativen Pathologie, die aus Lewy-Körperchen,<br />

Lewy-Neuriten, Synapsen- und Neuronenverlust<br />

sowie in der Mehrzahl der Fälle<br />

(bis zu 80 %) auch aus einer begleitenden<br />

Alzheimer-Pathologie besteht.<br />

Die klinischen Kriterien der DLB wurden 2005<br />

in einer Konsensuskonferenz festgelegt:<br />

• progrediente Demenz,<br />

• detaillierte, wiederkehrende visuelle<br />

Halluzinationen,<br />

• spontanes Parkinsonsyndrom,<br />

• Schwankungen in der Wachheit, Aufmerksamkeit<br />

und Responsivität (oft erst<br />

durch detailliertes Befragen von Angehörigen<br />

in Erfahrung zu bringen),<br />

• REM-Schlaf-Verhaltensstörung,<br />

24<br />

Tab.: Diagnostische Kriterien der DLB<br />

NEUROLOGIE IN<br />

ÖSTERREICH<br />

• Überempfindlichkeit<br />

gegenüber Neuroleptika –<br />

auch Atypika (Verstärkung<br />

der Parkinson-Symptomatik,<br />

Blutdruckabfall bei üblichen<br />

Dosierungen),<br />

• in SPECT und PET<br />

nachweisbare verminderte Bindung von<br />

Liganden des Dopamintransporters im<br />

Striatum,<br />

• Stürze und Synkopen,<br />

• frühzeitige Drangsymptomatik und<br />

Dranginkontinenz,<br />

• Halluzinationen anderer Modalitäten als<br />

visuell (taktil, akustisch),<br />

• Wahnvorstellungen und Depression.<br />

Differentialdiagnose zur PDD<br />

Vereinbarungsgemäß wird der Begriff DLB <strong>für</strong><br />

alle PatientInnen angewandt, bei denen die<br />

demenzielle Erkrankung spätestens 1 Jahr<br />

nach Beginn einer motorischen Parkinsonsymptomatik,<br />

evtl. vor Beginn der motorischen<br />

Parkinsonsymptomatik aufgetreten ist.<br />

1. • Progrediente Demenz<br />

2 • Visuelle Halluzinationen<br />

• Fluktuationen der kognitiven Leistungen, Wachheit und Aufmerksamkeit<br />

• Spontanes Parkinson-Syndrom<br />

3. • REM-Schlaf-Verhaltensstörung<br />

• Überempfindlichkeit auf Neuroleptika<br />

• Pathologisches Dopamin-Transporter-PET/SPECT<br />

• Stürze, Synkopen<br />

• Harndrang (Inkontinenz), andere Halluzinationen, Wahn<br />

McKeith et al., 2005<br />

KONGRESS-<br />

HIGHLIGHTS<br />

FÜR DIE PRAXIS<br />

Prim. Univ.-Prof. Dr.<br />

Gerhard Ransmayr<br />

Abteilung <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />

und Psychiatrie, AKH Linz<br />

Entwickelt sich die Demenz aus einer mehrjährigen<br />

L-Dopa-responsiven motorischen<br />

Parkinsonsymptomatik heraus (nicht früher<br />

als 2 Jahre nach deren Beginn), wird der Begriff<br />

PDD verwendet.<br />

Die erst kürzlich zusammengefassten diagnostischen<br />

Charakteristika der PDD entsprechen<br />

in vielen Punkten jenen der DLB.<br />

Das von Braak und MitarbeiterInnen entwickelte<br />

Konzept über die Ausbreitung der Lewy-<br />

Pathologie im ZNS im Rahmen der Parkinson-Krankheit<br />

(Beginn des Prozesses im Bulbus<br />

olfactorius sowie im unteren Hirnstamm,<br />

in der Folge oberer Hirnstamm, Diencephalon,<br />

schließlich Ausbreitung über das ganze<br />

Gehirn) dürfte zwar <strong>für</strong> die PDD, nicht jedoch<br />

<strong>für</strong> die DLB gelten, da bei Letzterer ein<br />

nahezu gleichzeitiges Auftreten der Lewy-Pathologie<br />

in allen Hirnabschnitten oder, in seltenen<br />

Fällen, ein „Absteigen“ der Pathologie<br />

vom Kortex in das Zwischenhirn und den<br />

Hirnstamm angenommen wird. Auch scheint<br />

die Dichte der Pathologie im Striatum und<br />

in Temporallappen ausgeprägter zu sein als<br />

bei der PDD.<br />

Bei der DLB entwickeln sich die motorischen<br />

Symptome rascher als bei der PDD, ebenso<br />

die psychiatrischen Begleitphänomene und<br />

mitunter auch das Einsetzen des demenziellen<br />

Prozesses.<br />

Bei DLB ist im Vergleich zu PDD die Familienanamnese<br />

seltener positiv.<br />

Beide Erkrankungen kommen bei Männern<br />

FOTO: INTMEDCOM


häufiger als bei Frauen vor (Verhältnis ca.<br />

6 : 4). In beiden Fällen setzt die Demenz<br />

durchschnittlich knapp nach dem 70. Lebensjahr<br />

ein. Auch ist in beiden Fällen die Parkinsonsymptomatik<br />

stärker auf die Körperachse<br />

als die Extremitäten bezogen und geht<br />

mit Störungen der Stand- und Gangstabilität<br />

sowie mit einem verminderten Ansprechen<br />

auf die L-Dopa-Therapie einher.<br />

Andere Differentialdiagnosen<br />

Wichtige Differentialdiagnosen sind die Alzheimererkrankung,<br />

die durch signifikant<br />

geringere und seltene psychiatrische Symptome<br />

sowie Parkinson-Symptomatik charakterisiert<br />

ist, die vaskuläre Demenz (differentialdiagnostisch<br />

vaskuläre Risikofaktoren, evtl.<br />

Schlaganfallanamnese, Nachweis vaskulärer<br />

Läsionen in der zerebralen Bildgebung), selten<br />

die Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung oder<br />

die Hashimoto-Encephalopathie bzw. der Hydrocephalus<br />

communicans (Normaldruckhydrocephalus).<br />

Ein diagnostisches Hilfsmittel ist neben der<br />

anamnestischen und klinischen Beurteilung<br />

eine umfassende neuropsychologische Untersuchung<br />

zum Nachweis der Demenz, die zumindest<br />

zu Beginn weniger durch eine Gedächtnisstörung<br />

als durch frontal-exekutive<br />

Funktionsstörungen und visuell-räumliche<br />

Denkstörungen sowie Störungen der räumlichen<br />

Wahrnehmung gekennzeichnet ist.<br />

In der zerebralen Bildgebung findet sich im<br />

Gegensatz zur Alzheimererkrankung seltener<br />

und im geringen Ausmaß eine Atrophie des<br />

Hippokampus. Im Dopamin-Transporter-<br />

SPECT lässt sich eine Verminderung der Speicherung<br />

des Liganden (FP-CIT oder Beta-CIT)<br />

im Striatum nachweisen (siehe oben).<br />

Therapeutische Interventionen<br />

DBL und PDD sind durch eine hohe Komorbidität<br />

gekennzeichnet (vor allem Unfälle,<br />

verursacht durch Stürze, Infekte). Die Therapie<br />

orientiert sich an den klinischen Sympto-<br />

Abb.: Die funktionelle Bildgebung mittels SPECT und 123 J-FP-CIT zeigt bei einem<br />

DLB-Patienten eine deutlich verminderte striatale Dopamintransporter-Bindung<br />

(rechts) verglichen mit einem AD-Patienten<br />

DaTSCAN TM -Bild<br />

Transversaler Schnitt<br />

durch das Striatum<br />

Alzheimer-Krankheit<br />

Normale Verteilung von<br />

DaTSCAN TM<br />

(symmetrisches Striatum)<br />

men. Gegen das Parkinsonsyndrom wird L-<br />

Dopa eingesetzt, wobei eine Hochdosistherapie<br />

häufig wegen Verstärkung visueller Halluzinationen,<br />

wahnhafter Gedanken oder Risiko<br />

eines Delirs nicht durchgeführt werden<br />

kann.<br />

Die Demenz, aber auch Verhaltensstörungen<br />

(Antrieb, Wahn, Depression und Halluzinationen)<br />

lassen sich mit Cholinesterasehemmern<br />

therapieren (Evidenz 1. Grades liegt <strong>für</strong><br />

die Substanz Rivastigmin vor).<br />

Sind visuelle Halluzinationen oder andere<br />

psychiatrische Phänomene stärker ausgeprägt,<br />

wird eine Behandlung mit einem atypischen<br />

Neuroleptikum, in erster Linie Clozapin in einer<br />

Dosierung von 25–75 mg täglich, erforderlich.<br />

Unter dieser Therapie sind über zumindest 3<br />

Monate wöchentlich, dann monatlich Differentialblutkontrollen<br />

erforderlich.<br />

Die neurogene Blasenstörung (Dranginkontinenz,<br />

in Folge von Detrusorhyperaktivität)<br />

wird mit peripher wirksamen Anticholinergika<br />

behandelt (Tolterodin, Caroverin, Trospium).<br />

Gegen die orthostatische Hypotonie werden<br />

Flüssigkeitszufuhr, Kochsalzzufuhr, Überprüfung<br />

und Reduktion einer allfälligen antihypertensiven<br />

Therapie, Midodrin (bis 3-mal<br />

5 mg täglich) und in schweren Fällen Fludrocortison<br />

empfohlen.<br />

Eine depressive Symptomatik wird am besten<br />

mit SSRI behandelt, eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung<br />

mit Clonazepam (0,5–1 mg).<br />

Da auch unter bestmöglicher L-Dopa-Therapie<br />

motorische Restsymptome bestehen bleiben,<br />

ist eine intensive Physiotherapie zur Förderung<br />

der Mobilität und Verhinderung von<br />

Stürzen angezeigt. Gegen die zum Teil hartnäckige<br />

Obstipation helfen diätetische Maßnahmen<br />

und Macrogol.<br />

PatientInnen mit DLB und PDD haben eine<br />

reduzierte Lebensprognose. Sie bedürfen<br />

einer umfassenden medizinischen Betreuung,<br />

aber auch einer besonderen pflegerischen Zuwendung<br />

und wiederholter klinische Kontrollen.<br />

■<br />

Literatur beim Verfasser<br />

DaTSCAN TM -Bild<br />

Transversaler Schnitt<br />

durch das Striatum<br />

Lewy-Körperchen-Demenz<br />

Abnormale Verteilung<br />

von DaTSCAN TM<br />

(asymmetrisches Striatum)<br />

25


Frontotemporale Demenz – ein Update<br />

Die frontotemporale Demenz (FTD) – früher auch Morbus Pick genannt – ist nach der Demenz vom Alzheimertyp<br />

und der Lewy-Körperchen-Demenz die häufigste degenerative Demenzerkrankung. Obwohl das Wissen über die<br />

FTD in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat, wird die FTD nach wie vor häufig spät diagnostiziert – was<br />

auch am Fehlen wirksamer Therapieoptionen liegen dürfte.<br />

DDie FTD ist die bedeutendste Ursache <strong>für</strong> eine<br />

Demenzentwicklung vor dem 65 Lebensjahr<br />

mit Schätzungen der Prävalenz in diesem Alterssegment<br />

von 5–15/100.000. Je nach Lokalisation<br />

des Ausprägungsmaximums der<br />

pathologischen Veränderungen kommt es zu<br />

einer von drei klinischen Verlaufsformen.<br />

Die so genannte frontale Variante, mit<br />

Atrophie im präfrontalen Kortex, jedoch<br />

manchmal auch mit Erkrankungsschwerpunkt<br />

im Bereich des rechten Schläfenlappens,<br />

wird heute zunehmend als Behavioral-<br />

Variant-FTD (bvFTD) bezeichnet. Sie ist vor<br />

allem durch Wesensänderung, Affektabflachung<br />

und teilweise auch bizarre Verhaltensauffälligkeiten<br />

gekennzeichnet. Von kognitiver<br />

Seite geht sie mit einer Störung der<br />

inneren Handlungsplanung, einem dysexekutiven<br />

Syndrom einher.<br />

Auch eine Sprachstörung kann im Vordergrund<br />

der Symptomatik stehen. Man unterscheidet<br />

hier wiederum zwei Formen.<br />

Bei der progressiven nicht flüssigen Aphasie<br />

(PNFA) kommt es zu Sprechapraxie, erhöhter<br />

Sprechanstrengung und phonematischen<br />

Störungen, wobei das Sprachverständnis<br />

zumindest auf Einzelwortebene relativ gut<br />

erhalten ist. Die Sprachstörung ähnelt einer<br />

Broca-Aphasie. Der Schwerpunkt der pathologischen<br />

Veränderungen findet sich oft<br />

deutlich asymmetrisch und links-akzentuiert<br />

im Bereich des frontalen Operculums. Die<br />

Krankheitseinsicht ist bei dieser Form anfangs<br />

meist gut erhalten, im weiteren Verlauf der<br />

Erkrankung kommt es jedoch auch hier zu<br />

Verhaltensauffälligkeiten.<br />

26<br />

GESELLSCHAFTS-<br />

NACHRICHTEN<br />

SCHWERPUNKT<br />

NEUROLOGIE IN<br />

ÖSTERREICH<br />

Die semantische Demenz (SD) ist durch<br />

eine Verarmung des Weltwissens gekennzeichnet<br />

und manifestiert sich in einer flüssigen,<br />

syntaktisch und phonologisch korrekten,<br />

aber inhaltsarmen Sprache. Der Schwerpunkt<br />

der pathologischen Veränderungen<br />

liegt im Bereich des linken Schläfenlappens.<br />

Limbische Strukturen bleiben typischerweise<br />

ausgespart. Auch im Verlauf der semantischen<br />

Demenz kommt es häufig schon früh<br />

Abb. 1: MRT bei semantischer Demenz<br />

KONGRESS-<br />

HIGHLIGHTS<br />

FÜR DIE PRAXIS<br />

Univ.-Doz. Dr.<br />

Josef Spatt<br />

II. Neurologische Abteilung,<br />

Neurologisches Zentrum<br />

Rosenhügel, KH Hietzing,<br />

Wien<br />

Umschriebene Atrophie im Bereich des linken Temporallappens (1) mit relativer Aussparung der<br />

Hippocampusformation (2)<br />

2<br />

1


zu Verhaltensauffälligkeiten und Wesensänderung.<br />

PSP und CBD: Aufgrund von Überlappungen<br />

auf pathologischer und teilweise auch<br />

klinischer Ebene werden zunehmend auch<br />

die progressive supranukleäre Blicklähmung<br />

(PSP) und die kortikobasale Degeneration<br />

(CBD) zur FTD gerechnet. Man spricht in diesem<br />

Zusammenhang vom Pick-Komplex.<br />

Allen Formen ist gemeinsam, dass im Gegensatz<br />

zur Demenz vom Alzheimertyp das<br />

Alltagsgedächtnis zumindest relativ gut erhalten<br />

ist.<br />

Die Diagnose ist klinisch zu stellen, jedoch<br />

können umschriebene, oft deutlich asymmetrische<br />

frontale und temporale Atrophien im<br />

MRT (Abb. 1) bzw. entsprechende Veränderungen<br />

in der HMPAO-SPECT- bzw. FDG-PET-<br />

Untersuchung die Diagnose unterstützen.<br />

Das Interesse an der FTD hat in den letzten<br />

Jahren rasant zugenommen. Während im<br />

Jahre 1997 nur 46 Arbeiten publiziert wurden,<br />

waren es 2007 bereits 306. Im Folgenden<br />

werden einige der Entwicklungen der<br />

letzten Jahre dargestellt.<br />

Histopathologie und Genetik<br />

Die Pathologie der FTD ist heterogen. Bei<br />

einem Teil der Erkrankungen findet man Tau-<br />

Protein-Einschlüsse. In den Tau-negativen Fällen<br />

– früher sprach man auch von „Frontotemporal<br />

Dementia Lacking Distinctive Pathology“<br />

– fand sich eine Darstellbarkeit durch<br />

Ubiquitinfärbung, ähnlich wie bei der amyotrophen<br />

Lateralsklerose (ALS). Lange war unbekannt,<br />

ob es sich dabei nur um eine unspezifische<br />

Ähnlichkeit des histopathologischen<br />

Färbeverhaltens oder um einen Hinweis<br />

auf eine gemeinsame Pathophysiologie han-<br />

Abb. 2: Assoziation zwischen klinischen Syndromen und zugrunde<br />

liegenden Proteinopathien<br />

PNFA<br />

CBD<br />

PSP<br />

bvFTD<br />

ALS<br />

FTD+ALS<br />

SD<br />

delt. In den letzten zwei Jahren stellte sich<br />

jedoch heraus, dass in beiden Fällen das gleiche<br />

Protein <strong>für</strong> die Veränderungen verantwortlich<br />

ist: das TAR-DNA-binding-Protein -<br />

43 (TDP-43).<br />

Tauopathie und TDP-43opathie: Auf histopathologischer<br />

Ebene lassen sich innerhalb<br />

der FTD zwei grundsätzlich verschiedene<br />

Gruppen unterscheiden. Auf der einen Seite<br />

stehen die Tauopathien. Auf pathologischer<br />

Ebene zählen der M. Pick sowie die PSP und<br />

die CBD zu dieser Gruppe. Diese Veränderungen<br />

findet man bei den klinischen Phänotypen<br />

der PSP, CBD, den meisten Fällen<br />

der PNFA sowie bei rund der Hälfte der Fälle<br />

mit bvFTD.<br />

Eine TDP-43-Einschlusskörperchen-Demenz<br />

liegt pathologisch fast allen Fällen von SD<br />

sowie allen bekannten Fällen der Kombination<br />

der FTD mit ALS zugrunde sowie etwa<br />

der Hälfte der Fälle mit bvFTD. (Abb. 2)<br />

Häufiger als die DAT ist die FTD erblich, wobei<br />

der Anteil familiärer Formen sich zwischen<br />

den einzelnen Untertypen deutlich unterscheidet.<br />

So zeigen 38 % der bvFTD-Patienten<br />

eine positive Familienanamnese, 13 %<br />

ein autosomal dominantes Vererbungsmuster,<br />

während Letzteres bei SD nur in 2 %<br />

der Fälle gefunden wird und sich bei über<br />

Tauopathie<br />

TDP-43opathie<br />

80 % keine Fälle von Demenz oder ALS in<br />

der Familie finden.<br />

Auch bei den familiären Formen zeigt sich<br />

die Dichotomie zwischen Tau und TDP-43.<br />

So findet man bei der bekannten familiären<br />

Form der FTDP-17 mit Mutationen im Bereich<br />

des Chromosoms 17 Veränderungen<br />

auf zwei verschiedenen Genen, die jedoch<br />

kurioserweise ganz nahe beieinander liegen.<br />

Mutationen im MAPT-Gen führen zu Tauopathien,<br />

Mutationen im erst vor kurzem entdeckten<br />

Progranulin-Gen (PGRN) zu TDP-43positiven<br />

Erkrankungen. Obgleich keine vollständige<br />

klinisch-pathologische Korrelation<br />

besteht, kommt es bei den Tau-Mutationen<br />

deutlich häufiger zu bvFTD – oft auch mit<br />

Parkinsonismus –, bei den Progranulin-Mutationen<br />

zu primär progressiver Aphasie.<br />

Während die Taumutationen ihren Effekt<br />

über toxische Über- bzw. Fehlfunktion erreichen,<br />

dürften die Effekte der Progranulin-<br />

Mutationen auf einen Funktionsverlust zurückzuführen<br />

sein.<br />

FTD und amyotrophe<br />

Lateralsklerose<br />

Obgleich seit mehr als 100 Jahren bekannt,<br />

wurde dem Zusammenhang zwischen ALS �<br />

27


und FTD in den letzten Jahren zunehmend<br />

mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Bis zu 50<br />

% aller ALS-Patienten zeigen kognitive Defizite,<br />

bei bis zu 2 Drittel aller ALS-Patienten<br />

werden Verhaltensauffälligkeiten beschrieben,<br />

bei circa 5 % findet sich das Vollbild<br />

einer Demenz. Der Zusammenhang ist sowohl<br />

bei den sporadischen Formen als auch<br />

bei familiären Formen zu beobachten. Am<br />

häufigsten wird die bvFTD beschrieben.<br />

Es finden sich auch Formen der primär progressiven<br />

Aphasie, wobei hier bei den aufgrund<br />

der bulbären Symptomatik oft schwerer<br />

zu beurteilenden Sprachfunktionen eine<br />

nicht unerhebliche Dunkelziffer bestehen<br />

dürfte. Umgekehrt finden sich Zeichen einer<br />

Motorneuronenerkrankung auch bei vielen<br />

FTD-Patienten ohne manifeste ALS.<br />

Der Zusammenhang hat zahlreiche Implikationen<br />

<strong>für</strong> das Management der Erkrankungen<br />

und lässt ein neuropsychologisches<br />

Screening bei ALS-Patienten und eine eingehende<br />

klinische und eventuell auch elektrophysiologische<br />

Untersuchung von FTD-Patienten<br />

in Hinblick auf Störungen des motorischen<br />

Systems ratsam erscheinen.<br />

Klinische Präsentation<br />

Logopenische Aphasie: Neben der SD und<br />

der PNFA (Agrammatismus, Sprechapraxie,<br />

tlw. Dysarthrie) kristallisiert sich zunehmend<br />

eine dritte Form primärer progressiver Aphasie<br />

heraus, die so genannte logopenische<br />

Aphasie. Bei dieser Form stehen Wortfindungsstörungen<br />

und Satzabbrüche im Vordergrund.<br />

Syntax und Wortverständnis sind<br />

zumindest relativ gut erhalten, Nachsprechen<br />

stark beeinträchtigt.<br />

Als pathologisches Substrat dürfte hier in den<br />

meisten Fällen keine FTD, sondern M. Alzheimer<br />

vorliegen. Der pathologische Schwerpunkt<br />

liegt links parietotemporal.<br />

28<br />

GESELLSCHAFTS-<br />

NACHRICHTEN<br />

SCHWERPUNKT<br />

Es ist äußerst wichtig, die drei Formen in Zukunft<br />

klinisch differenzieren zu lernen, da zunehmend<br />

klar wird, dass jeweils ein anderes<br />

pathologisches Substrat zugrunde liegt. Bei<br />

der semantischen Demenz handelt es sich<br />

um eine TDP-43-assoziierte Erkrankung, die<br />

PNFA ist eine Tauopathie und die logopenische<br />

Aphasie eine Präsentationsform der DAT.<br />

Therapie<br />

NEUROLOGIE IN<br />

ÖSTERREICH<br />

Trotz der zunehmenden Kenntnisse über<br />

pathophysiologische Grundlagen der FTD<br />

steht derzeit keine krankheitsmodifizierende,<br />

pharmakologische Therapie zu Verfügung.<br />

Zukünftige Ansätze werden sich jeweils spezifisch<br />

mit der Tau- und TDP-43-Pathologie<br />

beschäftigen müssen – umso wichtiger wird<br />

es sein, klinische Diagnosekriterien zu verfeinern<br />

und auch Biomarker <strong>für</strong> die In-vivo-Differentialdiagnose<br />

zwischen Tauopathie- und<br />

TDP-43-Pathologie zu finden.<br />

Symptomatische Behandlung: Im Bereich<br />

der symptomatischen Therapien scheinen –<br />

sowohl theoretisch als auch empirisch begründet<br />

– Acetylcholinesterasehemmer keine<br />

wesentliche Rolle zu spielen. Zuletzt wurde<br />

dies wieder <strong>für</strong> Galantamin bestätigt, wobei<br />

sich jedoch bei PPA ein möglicher Effekt zeigte,<br />

der von den Autoren als weiter verfolgenswert<br />

betrachtet wird.<br />

Erste offene Studien mit Memantin zeigten<br />

positive Effekte, lassen jedoch noch keinen<br />

endgültigen Schluss über die Wirksamkeit in<br />

dieser Indikation zu.<br />

Für Bromocriptin bei PPA liegt eine negative<br />

Studie vor. Interessant, aber noch weit entfernt<br />

von klinischer Relevanz ist der Beleg <strong>für</strong><br />

eine herabgesetzte Risikobereitschaft in einer<br />

„Gambling“-Aufgabe unter dem Stimulantium<br />

Methylphenidat.<br />

KONGRESS-<br />

HIGHLIGHTS<br />

FÜR DIE PRAXIS<br />

Eine Metaanalyse zeigte einen Einfluss auf<br />

das Verhalten durch die Gabe von SSRI und<br />

Trazodon, jedoch typischerweise keinen Effekt<br />

auf kognitive Funktionen.<br />

Atypische Neuroleptika werden häufig bei<br />

Aggression und sozial unerwünschtem Verhalten<br />

eingesetzt, ihre Wirkung bei FTD ist<br />

aber nur unzureichend belegt.<br />

Kognitives Training: Da bei FTD das episodische<br />

Gedächtnis als wesentliche Voraussetzung<br />

von Lernen neuer Inhalte zumindest relativ<br />

gut erhalten ist, sollte es möglich sein,<br />

durch kognitives Training einen Einfluss auf<br />

die Erkrankung zu nehmen. Bislang fehlen<br />

hierzu jedoch Studien. Immer wieder wird<br />

die hochgradige Belastung der betreuenden<br />

Angehörigen vor allem durch Persönlichkeitsveränderungen<br />

und Verhaltensauffälligkeiten<br />

beschrieben, was eine gezielte<br />

Angehörigenbetreuung als sehr vordringlich<br />

erscheinen lässt. Auch hierzu fehlen jedoch<br />

noch systematische Studien. ■<br />

RESÜMEE<br />

Das Wissen über die frontotemporale<br />

Demenz insbesondere über die Zusammenhänge<br />

zwischen klinischen Phänotypen,<br />

Pathologie und Genetik hat in den<br />

letzten Jahren deutlich zugenommen,<br />

Dennoch wird die FTD nach wie vor oft<br />

spät diagnostiziert, was teilweise auch<br />

am Fehlen gesichert wirksamer Therapieoptionen<br />

liegen dürfte.<br />

In den nächsten Jahren wird es daher<br />

von zentraler Bedeutung sein, die Erkenntnisse<br />

der Grundlagenforschung in<br />

der klinischen Praxis umzusetzen und sowohl<br />

pharmakologisch als auch nichtpharmakologische<br />

Therapiekonzepte zu<br />

entwickeln und zu überprüfen.


GESELLSCHAFTS-<br />

NACHRICHTEN<br />

SCHWERPUNKT<br />

NEUROLOGIE IN<br />

ÖSTERREICH<br />

KONGRESS-<br />

HIGHLIGHTS<br />

Langzeiterfolg neurologischer Intensivmedizin:<br />

Fast die Hälfte der Patienten<br />

werden wieder vollständig gesund<br />

Erstmals konnte in einer Studie an einer großen Kohorte von neurologischen Intensivpatienten<br />

das Langzeitoutcome evaluiert und gezeigt werden, dass auch ein prolongierter Intensivaufenthalt<br />

mit keinem höheren Risiko <strong>für</strong> ein schlechtes neurologisches Outcome verbunden ist.<br />

Die Zahl an hochspezialisierten Intensivstationen<br />

ist in den letzten Jahren deutlich<br />

angestiegen. Neben etablierten Disziplinen<br />

wie chirurgischen oder internistischen<br />

Intensivstationen nimmt die Zahl der rein<br />

neurologisch geführten Intensivbetten<br />

immer mehr zu.<br />

Abgesehen von den damit verbundenen<br />

Kosten <strong>für</strong> die öffentliche Hand wird<br />

häufig auch die Sinnhaftigkeit solcher<br />

Abteilungen/Spezialisierungen in Frage<br />

gestellt. In der Öffentlichkeit herrscht,<br />

verbunden mit unreflektierter Scheu vor<br />

einer vermeintlichen Apparatemedizin,<br />

leider immer noch die Furcht vor, dass<br />

jemand, der über einen längeren Zeitraum<br />

auf einer neurologischen Intensivstation<br />

liegt, ein so genannter hoffnungsloser<br />

Fall sei. Bisher gab es <strong>für</strong> neurologische<br />

Intensivstationen nur unzureichende<br />

Outcomedaten (Mortalität, Langzeitmorbidität)<br />

sowie Analysen der Prädiktoren<br />

eines günstigen/ungünstigen<br />

Verlaufes.<br />

Studienverlauf: 1.155 Patienten im<br />

Durchschnittsalter von 55 Jahren, die<br />

während eines Zeitraumes von 36 Monaten<br />

an der Intensivstation der Innsbrucker<br />

Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> behandelt<br />

worden waren, wurden in die Studie<br />

eingeschlossen. 476 davon (41 %) waren<br />

Frauen.<br />

32<br />

Hauptdiagnosen waren: spontane Subarachnoidalblutung<br />

(n = 190, 16 %), intrazerebrales<br />

Hämatom (n = 232; 20 %),<br />

mittelschweres bis schweres Schädel-Hirn-<br />

Trauma (n = 219, 19 %), Meningitis/Enzephalitis<br />

(n = 78, 7 %), zerebrale Ischämie<br />

(n = 171, 15 %) (nur intensivpflichtige<br />

Patienten, i. e. Basilaristhrombose, respiratorische<br />

Insuffizienz mit sekundärer Beatmungspflichtigkeit)<br />

und Status Epilepticus<br />

(n = 66, 6 %). 213 Patienten (18 %) verstarben<br />

an der Intensivstation an den Folgen<br />

dieser schweren Erkrankungen.<br />

Bei 662 Patienten konnte mittels Telefoninterview<br />

im Durchschnitt 2 1/2 Jahre<br />

nach dem Intensivaufenthalt das neurologische<br />

Langzeitoutcome erhoben werden<br />

(modified Rankin Scale, mRS; Glasgow<br />

Outcome Scale, GOS). Die Outcomeparameter<br />

wurden dichotomisiert in gutes<br />

(mRS 0–1 und GOS 4–5 – i. e. selbständiges<br />

Leben bis völlig symptomfrei) und<br />

schlechtes neurologisches Langzeitoutcome<br />

(mRS 2–6 und GOS 1–3 – i. e. Tod bis<br />

nur unselbständiges Leben).<br />

Ergebnisse: Zum Zeitpunkt des Telefoninterviews<br />

waren annähernd die Hälfte dieser<br />

Patienten in bester Verfassung und<br />

nahezu vollständig oder vollständig wieder<br />

genesen (mRS 0–1 und GOS 4–5). Prädiktoren<br />

<strong>für</strong> ungünstiges Langzeitoutcome<br />

und Mortalität waren höheres Alter<br />

FÜR DIE PRAXIS<br />

Dr. Gregor<br />

Brössner<br />

Universitätsklinik<br />

<strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />

Innsbruck<br />

und initialer Schweregrad der Erkrankung,<br />

nicht jedoch die Länge des Aufenthaltes<br />

an der neurologischen Intensivstation.<br />

Somit konnte mit dieser Studie erstmals an<br />

einer großen Kohorte von neurologischen<br />

Intensivpatienten das Langzeitoutcome<br />

evaluiert werden. Trotz schwerer, lebensbedrohlicher<br />

Erkrankungen stehen 2 1/2 Jahre<br />

nach dem initialen Ereignis annähernd 50<br />

% der Menschen wieder vollständig im<br />

Leben. Dies ist besonders beachtlich, weil<br />

sich die neurologische Intensivmedizin von<br />

den meisten anderen Disziplinen erheblich<br />

unterscheidet, da Funktionsausfälle in<br />

„unserem Zielorgan“, dem Zentralnervensystem<br />

(ZNS) bedeutend schwerer zu kompensieren<br />

sind. Auch Patienten mit prolongiertem<br />

Intensivaufenthalt hatten kein<br />

höheres Risiko <strong>für</strong> ein schlechtes neurologisches<br />

Outcome.<br />

Fazit: Schlussfolgernd kann man sagen,<br />

dass neurologische Intensivmedizin wohl<br />

alle Kosten und Mühen wert ist, da, wie in<br />

unserer Studie gezeigt werden konnte,<br />

das Langzeitoutcome überraschend günstig<br />

ist. Intensives, langfristiges Therapieren<br />

von Patienten mit langer Liegedauer ist


aus medizinisch-ethischer Sicht sinnvoll,<br />

da diese Patienten kein erhöhtes Risiko <strong>für</strong><br />

schlechtes Outcome haben. Sollte also<br />

jemals eine Kosten-Nutzen-Rechnung<br />

zulässig sein, so kann die neurologische<br />

Intensivmedizin einer kritischen Beurteilung<br />

standhalten.<br />

Zukünftig sollten weitere Studien <strong>für</strong> einzelne<br />

Krankheitsbilder durchführt werden.<br />

Ziel sollte dabei sein, die Diagnostik zum<br />

Zeitpunkt der Einlieferung weiterhin so<br />

rasch, so präzis und so nebenwirkungsarm<br />

wie möglich zu gestalten und Faktoren<br />

herauszufinden, welche die Genesung<br />

positiv beeinflussen. Wünschenswert wäre<br />

der Aufbau eines überregionalen Registers<br />

<strong>für</strong> neurologische Intensivpatienten, die<br />

ähnlich wie zum Beispiel das bestehende<br />

Tumorregister oder das Schlaganfallregister<br />

qualitativ hochwertige Informationen<br />

als Entscheidungsgrundlage auch in der<br />

Notfallmedizin bieten kann.<br />

Survival and long-term functional<br />

outcome in 1155 consecutive<br />

neurocritical care patients.<br />

Autoren: Gregor Brössner,<br />

Raimund Helbok, Peter Lackner,<br />

Michael Mitterberger, Ronny Beer,<br />

Klaus Engelhardt, Christian Brenneis,<br />

Bettina Pfausler, Erich Schmutzhard<br />

Innsbruck Medical University, Clinical Department<br />

of Neurology, Neurologic Intensive Care Unit.<br />

Crit Care Med. 2007 Sep;35(9):2025-30.<br />

33


GESELLSCHAFTS-<br />

NACHRICHTEN<br />

SCHWERPUNKT<br />

EEin weiterer Themenschwerpunkt der Jahrestagung<br />

waren die neuen Vorgaben der<br />

American Academy of Sleep Medicine<br />

(AASM) <strong>für</strong> die Auswertung von Schlaf-Polygrafien.<br />

Eine Studie zur Auswirkung von<br />

Mobilfunk-Basisstationen auf den Schlaf<br />

wurde vorgestellt, ebenso neue Forschungsergebnisse<br />

aus verschiedenen Bereichen der<br />

Pädiatrie und Erwachsenen-Schlafmedizin.<br />

Abgerundet wurde das Programm durch ein<br />

breites Fortbildungsangebot, das in angenehmer<br />

Atmosphäre in dem vom Architekten<br />

Holzbauer errichteten Bildungszentrum<br />

St. Virgil/Salzburg stattfand.<br />

NEUROLOGIE IN<br />

ÖSTERREICH<br />

KONGRESS-<br />

HIGHLIGHTS<br />

Jahrestagung der <strong>Österreichische</strong>n<br />

<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Schlafmedizin und<br />

Schlafforschung (ÖGSM-ASRA)<br />

34<br />

Chronobiologie<br />

Die Chronobiologie befasst sich mit der zeitlichen<br />

Ordnung der Lebensvorgänge, die<br />

durch endogene und exogene Faktoren bestimmt<br />

werden und einen großen Einfluss<br />

auf unser Leben haben. Durch die Wahl dieses<br />

Themas wurde der zunehmenden Bedeutung<br />

der Chronobiologie nicht nur im Zusammenhang<br />

mit Störungen von Schlaf und<br />

Wachheit, sondern auch im Rahmen der Anforderungen<br />

einer 24-Stunden-<strong>Gesellschaft</strong><br />

Rechnung getragen. Für die Veranstalter war<br />

es eine ganz besondere Ehre, dass es gelun-<br />

FÜR DIE PRAXIS<br />

Das Leitthema der heurigen Jahrestagung der ÖGSM-ASRA war „Chronobiologie und Schlaf“ – ein viel<br />

versprechendes neues Forschungsgebiet, das sowohl in der Medizin, der Schlafforschung, als auch in der<br />

Patientenbetreuung zunehmende Relevanz gewinnt.<br />

Univ.-Prof. DDr.<br />

Josef Zeitlhofer<br />

Universitätsklinik<br />

<strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> Wien


gen war, Frau Prof. Wirz-Justice aus Basel –<br />

eine der herausragendsten ChronobiologInnen<br />

weltweit – als Vortragende zu gewinnen.<br />

Sie gab Einblicke in Neues aus der Chronobiologie.<br />

Steuerung von rhythmischen Lebensvorgängen:<br />

Die endogene Steuerung von<br />

Rhythmen unterliegt sowohl genetischen als<br />

auch chemischen und nervalen Einflüssen:<br />

Langwellige Rhythmen werden eher von hormonellen<br />

Faktoren beeinflusst, während kürzere<br />

Rhythmen nerval gesteuert werden; eine<br />

wichtige Eigenschaft endogener Rhythmen<br />

ist auch die Anpassung an Umwelteinflüsse.<br />

Die exogene Steuerung rhythmischer Lebensvorgänge<br />

wird hauptsächlich durch Lichteinfluss<br />

(Sonne) bestimmt.<br />

Der Schlaf-Wach-Rhythmus ist das eindrucksvollste<br />

rhythmische Lebensphänomen. Verschiedene<br />

physiologische Vorgänge (Atmung,<br />

Pulsfrequenz, Hormonsekretion usw.) ändern<br />

sich sowohl vom Schlaf zum Wachzustand<br />

als auch innerhalb der unterschiedlichen<br />

Schlafstadien (Leichtschlaf, Tiefschlaf und<br />

REM-Schlaf).<br />

Die Chronopathologie beschäftigt sich mit<br />

den biologischen Rhythmen und den Zusammenhängen<br />

von Krankheiten, sowohl was tageszeitliches<br />

Auftreten als auch Maxima von<br />

Beschwerden betrifft.<br />

Die Chronopharmakologie beschreibt die optimale<br />

tageszeitliche Wirkung von Medikamenten<br />

und auch den besten Einsatz bezüglich<br />

der Beschwerdenmaxima verschiedener<br />

Erkrankungen während des Tages. Dies ist<br />

vor allem <strong>für</strong> die Chemotherapie von Malignomen<br />

von Bedeutung.<br />

Der Stellenwert der Chronobiologie wird in<br />

Zukunft zunehmen.<br />

Schlafauswertung<br />

nach den AASM-Guidelines<br />

Prof. Anderer stellte in einem Übersichtsvortrag<br />

unter dem Titel: „Schlafauswertung<br />

nach dem neuen AASM-Standard: Was ändert<br />

sich zu Rechtschaffen & Kales?“ die<br />

neuen Richtlinien der American Academy of<br />

Sleep Medicine vor. Dadurch ergeben sich einige<br />

wesentliche Neuerungen bei der visuellen<br />

und automatischen Klassifikation von<br />

Ganznacht-Polygrafien (PSG):<br />

Im Mai 2007 wurde von der AASM ein Manual<br />

mit Empfehlungen zur Erfassung, visuellen<br />

Auswertung und Befunderstellung von<br />

polysomnographischen Untersuchungen publiziert<br />

(Iber et al. 2007: The AASM Manual<br />

for the Scoring of Sleep and Associated<br />

Events. Rules, Terminology and Technical Specifications).<br />

Dieses Manual umfasst, neben<br />

neuen Regeln <strong>für</strong> die Schlafstadienklassifikation<br />

<strong>für</strong> Erwachsene als Ersatz <strong>für</strong> die seit<br />

1968 gültigen Regeln nach Rechtschaffen &<br />

Kales (R&K), auch visuelle Auswertungsregeln<br />

<strong>für</strong> die Schlafstadienklassifikation <strong>für</strong> Kinder,<br />

sowie <strong>für</strong> die Auswertung von Arousals, Atmung,<br />

EKG und Bewegungen während des<br />

Schlafs.<br />

Neuerungen: Der neue AASM-Standard <strong>für</strong><br />

die Schlafstadienklassifikation <strong>für</strong> Erwachsene<br />

bringt Änderungen bei der Datenerfassung<br />

(neben zentralen EEG-Ableitungen sind<br />

nun auch frontale und okzipitale Ableitungen<br />

gefordert), bei der Definition der zu berichteten<br />

Werte (Schlaflatenz ist nun die Zeit<br />

von „Licht aus“ bis zum ersten Auftreten<br />

eines beliebigen Schlafstadiums) und bei den<br />

Regeln <strong>für</strong> die einzelnen Schlafstadien, die<br />

nun zur Unterscheidung zu den R&K Stadien,<br />

Stadium W, N1, N2, N3 und R heißen.<br />

Das Stadium N3 umfasst die beiden Tiefschlafstadien<br />

S3 und S4. Epochen mit überwiegend<br />

Bewegungsartefakten („Movement<br />

Time“ nach R&K) werden nun auf den Wert<br />

der nachfolgenden Epoche oder, falls es irgendwelche<br />

Anzeichen eines Aufwachens<br />

gibt, als Stadium W gesetzt.<br />

Die wichtigste Regeländerung betrifft aber die<br />

Definition <strong>für</strong> das Beenden von Stadium N2.<br />

Nach den neuen Regeln gibt es keine 3-Minuten-Begrenzung<br />

mehr <strong>für</strong> Pausen bei Spindeln<br />

und K-Komplexen, es beendet aber nun<br />

jedes kortikale Arousal, also auch Ereignisse<br />

ohne Zunahme der Muskelaktivität, das Stadium<br />

N2. Diese neuen Regeln ergaben in einer<br />

Studie mit 72 PSG (38 Frauen und 34 Männer<br />

im Alter von 21 bis 86 Jahren) eine Abnahme<br />

des Stadiums N2 um 20,5 min, bei<br />

einer Zunahme von leichten (+10,6 min <strong>für</strong><br />

Stadium N1) und tiefen (+9,1 min <strong>für</strong> Stadium<br />

N3) Schlafstadien im Vergleich zu einer<br />

Auswertung nach R&K. Weiters war die Wachzeit<br />

nach dem Einschlafen („Wake after Sleep<br />

Onset = WASO“) um ca. 4 min verlängert.<br />

Die Umstellung auf den neuen AASM-Standard<br />

erfordert also Änderungen bei der Aufzeichnung,<br />

Auswertung, Befunderstellung<br />

und Interpretation der Ergebnisse. ■<br />

35


GESELLSCHAFTS-<br />

NACHRICHTEN<br />

SCHWERPUNKT<br />

Highlights vom 60. AAN-Meeting<br />

Die American Academy of Neurology hielt heuer von 12. bis 19. April zum 60. Mal ihr jährliches Meeting in<br />

Chicago ab. Diese Veranstaltung ist weltweit mit mehr als 12.000 TeilnehmerInnen die größte Zusammenkunft<br />

von NeurologInnen. Mehr als 2.000 Poster und Vorträge sowohl aus der Grundlagenforschung als auch der<br />

klinischen Forschung wurden präsentiert.<br />

ZZur Feier des Jubiläums fanden bereits bei<br />

der Eröffnung nach dem bereits traditionellen<br />

„Neuro Bowl“ – einer unterhaltsamen<br />

und fachlich hochrangig besetzten neurologischen<br />

Quizveranstaltung – noch mehrere<br />

kulturelle Events, Konzerte, Kabarett und<br />

Theatervorstellungen statt.<br />

Auch heuer wurden wieder verschiedene „Integrated<br />

Neuroscience Programs“ mit<br />

Schwerpunktthemen wie z. B. tropische <strong>Neurologie</strong>,<br />

Autismus, Genetik der Epilepsie, Bildgebung<br />

beim Schlaganfall angeboten. Diese<br />

Programme erstrecken sich über einen halben<br />

Tag mit Vorträgen, Postersessions und<br />

Diskussionsrunden.<br />

Spiegelneurone: Die Plenarsitzungen begannen<br />

heuer mit einem spannenden Vortrag von<br />

Giacomo Rizzolatti über Spiegelneurone:<br />

Anhand von Versuchen mit Primaten zeigte<br />

er, wie Neuronen im prämotorischen Kortex<br />

36<br />

NEUROLOGIE IN<br />

ÖSTERREICH<br />

nicht nur feuern, wenn der Affe eine Nuss<br />

greift, sondern auch wenn sein Trainer nach<br />

der Nuss greift. Durch Kontrollexperimente<br />

konnte Rizzolatti sichern, dass diese Nervenzellen<br />

nicht nur ein spezifisches eigenes Verhalten<br />

steuerten, sondern auch dann aktiv<br />

wurden, wenn das gleiche Verhalten bei<br />

einem anderen Individuum beobachtet<br />

wurde. Dies wurde auch durch MRI-Daten<br />

bei Menschen nachgewiesen.<br />

Die Aktivierung dieser Spiegelneuronen in<br />

verschiedenen Regionen im Gehirn ermöglicht<br />

uns Aktionen, Intentionen und Emotionen<br />

unseres Gegenübers schon im Ansatz<br />

zu erkennen und zu verstehen. Bei<br />

manchen neurologischen oder psychiatrischen<br />

Störungen, z. B. beim Autismus,<br />

scheinen diese Spiegelneuronen nicht zu<br />

funktionieren, was als die zu Grunde liegende<br />

Ursache dieser Erkrankung angesehen<br />

werden könnte.<br />

KONGRESS-<br />

HIGHLIGHTS<br />

FÜR DIE PRAXIS<br />

Dr. Andrea Vass<br />

Neurologische Ambulanz,<br />

Krankenhaus Floridsdorf,<br />

Wien<br />

Leukenzephalopathien und MRI: Marjo<br />

van der Knaap aus Amsterdam wies in ihrer<br />

Präsentation über „Leukencephalopathies:<br />

from MRI patterns to disease genes and beyond“<br />

darauf hin, dass kindliche Leukenzephalopathien<br />

meist mit einem spezifischen<br />

MRI-Muster einhergehen. Bis in die 90er-<br />

Jahre waren exakte Diagnosen dieser Leukenzephalopathien<br />

trotz extensiver Labortests<br />

nicht möglich. Durch Analyse der MRI-<br />

Muster konnten Krankheitsentitäten wie zum<br />

Wien scheint auch bei den großteils amerikanischen AAN-TeilnehmerInnen eine der beliebtesten Kongressstädte zu sein. Am Stand der ÖGN herrschte reges<br />

Interesse an der österreichischen Bewerbung <strong>für</strong> den nächsten Weltkongress <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>.


Beispiel „Vanishing white Matter Disease“<br />

(VWM) oder „Leucoencephalopathy with<br />

brainstem and spinal cord involvement and<br />

lactate elevation“ (LBSL) abgegrenzt werden.<br />

Vanishing white Matter Disease manifestiert<br />

sich im Alter von 3–6 Jahren meist mit Ataxie<br />

und motorischen Störungen, die sich bei<br />

Fieber, Angst und Trauma verstärken. Im MRI<br />

entwickelt sich eine progressive Verminderung<br />

der weißen Substanz. Die Erkrankung<br />

wird autosomal rezessiv vererbt und zeigt<br />

eine Assoziation mit Chromosom 27. Als<br />

Krankheitsgene wurden ElF2B1-5 identifiziert,<br />

welche die Aktivität von Astrozyten und<br />

Oligodendrozyten vermindern.<br />

Leucencephalopathy with brainstem and spinal<br />

cord involvement and lactate elevation<br />

ist durch in der MR-Spektroskopie nachweisbarem<br />

erhöhten Laktatspiegel in der abnor-<br />

men weißen Substanz im Hirnstamm und<br />

Rückenmark charakterisiert. Auch LBSL ist autosomal<br />

rezessiv vererblich und zeichnet sich<br />

durch langsam fortschreitende Ataxie und<br />

Spastizität aus. Es handelt sich genetisch um<br />

eine durch das DARS2-Gen verursachte mitochondriale<br />

Erkrankung.<br />

Neuronale Stammzellen: Anschließend<br />

sprach Arnold Kriegstein über „Dynamics of<br />

neural stem and progenitor cells in cortical<br />

development“. Kriegstein legte den Schwerpunkt<br />

auf die Darstellung von radialen neurogenen<br />

Gliazellen, die nur im embryonalen<br />

und fetalen Hirn nachweisbar sind. Diesen<br />

wurden bisher nur Leitfunktionen <strong>für</strong> die Migration<br />

von embryonalen Nervenzellen zugerechnet,<br />

erst neuere Forschungen haben<br />

sie als neuronale Stammzellen identifiziert.<br />

Neues von der<br />

17 th European Stroke Conference<br />

Diese neurogenen Gliazellen sind sehr interaktiv<br />

und kommunizieren über Gap-Junctions.<br />

Sie produzieren durch symmetrische<br />

Zellteilung über Progenitorzellen Nervenzellen<br />

in der subventrikulären Zone des embryonalen<br />

Kortex. Die Forschung mit diesen<br />

neuronalen Stammzellen ergibt natürlich Implikationen<br />

<strong>für</strong> Repair-Mechanismen bei neurologischen<br />

Erkrankungen wie z. B. Parkinson,<br />

Alzheimer, ALS, Schlaganfall und spinalem<br />

Trauma.<br />

Neben spannenden Vorträgen, Teachingkursen<br />

und Postersitzungen war auch der Besuch<br />

der Industrieausstellung interessant.<br />

Hier hatte die ÖGN heuer einen eigenen<br />

Stand, wo Tanja Weinhart mit viel Charme<br />

um Unterstützung <strong>für</strong> Österreichs Bewerbung<br />

als Gastgeber <strong>für</strong> den nächsten Weltkongress<br />

<strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> im Jahr 2013 warb. ■<br />

Neben anderen Themen waren die lang erwarteten Ergebnisse der PRoFESS-Studie, der weltweit größten<br />

Studie im Bereich der Sekundärprävention von ischämischen Schlaganfällen, eines der Highlights des<br />

diesjährigen ESC-Kongresses im Mai in Nizza.<br />

Sekundärprophylaxe<br />

beim Schlaganfall<br />

An der PRoFESS-Studie (The Prevention Regimen<br />

for Effectively Avoiding Second Stroke),<br />

einer internationalen, multizentrischen,<br />

randomisierten, doppelblinden Studie,<br />

nahmen 695 Zentren in 35 Ländern teil. Getestet<br />

wurden die Effektivität und die Sicherheit<br />

von ASS und Dipyridamol versus Clopidogrel<br />

sowie von dem Angiotensin-Rezeptor-<br />

Antagonisten Telmisartan versus Placebo in<br />

einem 2-mal-2-faktoriellen Design bei 20.333<br />

PatientInnen (Abb. 1). Einschlusskriterien<br />

waren unter anderen ein nicht kardiogenembolisch<br />

bedingter Schlaganfall innerhalb<br />

der letzten 90 Tage bei PatientInnen in einem<br />

Alter über 50 Jahre.<br />

ASS + Dipyridamol vs. Clopidogrel: Ziel der<br />

Studie war der Nachweis, dass eine Kombination<br />

aus ASS und Dipyridamol einer Therapie<br />

mit Clopidogrel nicht unterlegen ist (Non-<br />

Inferiority-Prinzip). „Letztendlich zeigte sich<br />

kein statistisch signifikanter Unterschied hinsichtlich<br />

des primären Endpunktes eines neuerlichen<br />

Schlaganfalls in den beiden Gruppen,<br />

aber wir konnten nicht daraus schließen, dass<br />

die Kombinationstherapie aus ASS und Dipyridamol<br />

der Therapie mit Clopidogrel nicht unterlegen<br />

ist“, berichtete Prof. Sacco von der<br />

University of Medical School in Miami.<br />

Dr. Julia Ferrari<br />

Abteilung <strong>für</strong><br />

<strong>Neurologie</strong>,<br />

Krankenhaus<br />

der Barmherzigen<br />

Brüder, Wien<br />

Auch beim sekundären Endpunkt (Schlaganfall,<br />

Myokardinfarkt oder vaskulärer Tod) fanden<br />

sich keine signifikanten Unterschiede in<br />

den beiden Gruppen. Lediglich eine neu aufgetretene<br />

– oder die Verschlechterung einer<br />

bestehenden – Herzinsuffizienz war in einer<br />

Subgruppenanalyse signifikant seltener in der<br />

Gruppe der Patienten, welche die Kombi- �<br />

37


nation aus ASS und Dipyridamol erhalten hatten.<br />

„Wie erwartet, war die Kopfschmerzrate<br />

häufiger unter der Kombinationstherapie,<br />

führte aber nicht, wie in anderen Studien,<br />

zu einer permanenten Unterbrechung der<br />

Einnahme des Medikaments“ bemerkte<br />

Sacco. „Zusammenfassend sind beide Therapien<br />

hinsichtlich Benefit und Risiken vergleichbar.“<br />

Telmisartan vs. Placebo: Danach berichtete<br />

Prof. Yusuf von der McMaster Universität<br />

in Ontario über die Ergebnisse des Vergleichs<br />

der Gruppe mit Telmisartan versus<br />

Placebo. Es wird vermutet, dass ein Angiotensin-Rezeptorblocker<br />

wie Telmisartan das<br />

Risiko <strong>für</strong> vaskuläre Ereignisse senkt. Das gilt<br />

insbesondere <strong>für</strong> SchlaganfallpatientInnen,<br />

bei denen Hypertonie der häufigste Risikofaktor<br />

ist. Auch könnte die Gabe eines Sartans<br />

weitere organschützende Wirkungen<br />

haben, vor allem auf Nieren und Herz, weil<br />

die Elastizität der Arterienwände verbessert<br />

wird.<br />

„In dieser Studie konnte kein signifikanter<br />

Benefit in der Behandlungsgruppe gegenüber<br />

der Placebogruppe hinsichtlich des primären<br />

Endpunktes eines neuerlichen Schlaganfallereignisses<br />

gefunden werden“, so Yusuf, „ die<br />

Kurven zeigen eine gering erhöhte Rate an<br />

Sekundärereignissen innerhalb der ersten 6<br />

Monate in der Behandlungsgruppe und eine<br />

gering reduzierte Rate nach 6 Monaten, was<br />

darauf hinweisen könnte (aber nicht beweisend<br />

ist), dass der Effekt von Telmisartan sich<br />

mit der Zeit verändert.“ Letztendlich zeigten<br />

sich noch Trends zu geringeren Raten an intrazerebralen<br />

Blutungen und Diabetes mellitus<br />

in der Behandlungsgruppe.<br />

Neuroprotektion: Abschließend berichtete<br />

Professor Diener von der Universität Essen<br />

über die Ergebnisse einer Analyse hinsichtlich<br />

eines vermuteten neuroprotektiven Effekts<br />

von Dipyridamol, ASS und Angiotensin-Rezeptorblockern<br />

bei Patienten mit einem<br />

Zweitereignis. Zur Dokumentation des funktionellen<br />

Outcomes nach 3 Monaten wurden<br />

die modified Rankin Scale und der Barthel-<br />

Index angewandt. „Das Ergebnis war, dass<br />

38<br />

GESELLSCHAFTS-<br />

NACHRICHTEN<br />

SCHWERPUNKT<br />

NEUROLOGIE IN<br />

ÖSTERREICH<br />

es leider keinen Unterschied gab“, resümierte<br />

Diener. Auch bei den kognitiven Funktionen,<br />

gemessen am MMSE, konnten keine<br />

Unterschiede in den Gruppen gefunden werden.“<br />

Hier<strong>für</strong> gibt es vermutlich zwei Erklärungen:<br />

Entweder es gibt tatsächlich keinen<br />

Effekt oder die Beobachtungszeit von 2,5<br />

Jahren war zu kurz, vielleicht ist es notwendig,<br />

Behandlungs- und Beobachtungszeiten<br />

von bis zu 10 Jahren durchzuführen“ folgerte<br />

Diener.<br />

Behandlung<br />

intrazerebraler Blutungen<br />

Prof. Hanley aus Baltimore präsentiert die Ergebnisse<br />

des CLEAR-IVH-Trials (Clot Lysis:<br />

Evaluating Accelerated Resolution of Intraventricular<br />

Hemorrhage), einer prospektiven<br />

Multicenteruntersuchung von 52 PatientInnen<br />

aus 20 Zentren. Hintergrund dieser Studie<br />

war, dass bei intraventrikulären Blutungen<br />

eine Therapie mit einer katheterbasierten<br />

lokalen Lyse mit rtPA zur Auflösung der<br />

Gerinnsel sicher ist und Tod und Behinderung<br />

dramatisch reduzieren kann.“ Die Applikation<br />

von 1 mg rtPA alle 8 Stunden über<br />

maximal 4 Tage reduziert die erwartete Mortalität<br />

um fast 70 % und führt zu einer dramatischen<br />

Verbesserung des funktionellen<br />

Outcomes“, berichtete Hanley. „Typischerweise<br />

ist das 30-Tage-Mortalitätsrisiko dieser<br />

Patienten ohne Behandlung 80–85 %, in unserer<br />

Population waren es 15 %“. Hinzu<br />

kommt, dass nach 30, 90 bzw. 180 Tagen<br />

KONGRESS-<br />

HIGHLIGHTS<br />

bis zu 40 % der PatientInnen in der Lage<br />

waren, ein unabhängiges Leben zu führen,<br />

dies bezeichnete Hanley als „phänomenal“.<br />

Als Nebenwirkungen der Therapie wurden<br />

6 % symptomatische Blutungen und 2 %<br />

bakterielle Ventrikulitiden angegeben. Geplant<br />

ist eine Phase-III-Studie mit ca. 500 Patienten,<br />

der Start soll Ende 2008 oder Anfang<br />

2009 sein.<br />

TIA<br />

FÜR DIE PRAXIS<br />

Zu diesem Thema fand – wie schon vor 2<br />

Jahren in Paris – ein ganztägiges Satellitensymposium<br />

statt.<br />

In den Revisionen der TIA-Definition von<br />

1975 und 1990 wurde die folgende, bis<br />

heute gültige Definition festgesetzt: „Eine<br />

TIA ist ein plötzlich auftretendes fokales neurologisches<br />

Defizit, < 24 h Dauer und vermutlich<br />

vaskulärer Genese, bedingt durch<br />

eine Durchblutungsstörung im Bereich des<br />

Gehirns oder Auges.“<br />

Grundlage dieser Definition war die Annahme,<br />

dass eine manifeste Schädigung des Gehirns<br />

nur bei einer länger anhaltenden Symptomatik<br />

erfolgen würde und damit auch das<br />

Fehlen eines Infarktes als pathoanatomische<br />

Folge angenommen werden kann.<br />

In den letzten Jahren zeigte sich immer mehr,<br />

dass das Risiko, nach einer TIA einen Schlaganfall<br />

zu erleiden, in den ersten Stunden bis<br />

Tagen sehr hoch ist und die transitorisch<br />

ischämische Attacke somit eine Notfallsituation<br />

darstellt.<br />

Abb. 1: PRoFESS-Studie – 2-mal-2-faktorielles Design mit über<br />

20.000 SchlaganfallpatientInnen<br />

Telmisartan (80 mg)<br />

Placebo<br />

ER-DP + ASA<br />

(400 mg/50 mg)<br />

ER-DP + ASA +<br />

Telmisartan<br />

(n = 5.000)<br />

ER-DP + ASA +<br />

Placebo<br />

(n = 5.000)<br />

Clopidogrel<br />

(75 mg)<br />

Clopidogrel +<br />

Telmisartan<br />

(n = 5.000)<br />

Clopidogrel +<br />

Placebo<br />

(n = 5.000)<br />

Diener, Exp Rev Neurother 2007


2002 beschrieb Albers (NEJM, 2002) eine<br />

neue, so genannte „Tissue based“-Definition:<br />

Eine TIA ist eine „kurze Episode einer neurologischen<br />

Dysfunktion, bedingt durch eine fokale<br />

oder retinale Durchblutungsstörung, die<br />

typischerweise nicht länger als 1 Stunde anhält<br />

und keine strukturelle Läsion aufweist“.<br />

Vor 2 Jahren war in Paris diskutiert worden,<br />

dass der Ausdruck „akutes zerebrovaskuläres<br />

Syndrom“ besser zutreffen würde.<br />

Bezüglich des Abklärungsmodus bei PatientInnen<br />

mit TIA konnten Rothwell und MitarbeiterInnen<br />

anhand einer prospektiven, populationsbasierten<br />

Vergleichsstudie (EX-<br />

PRESS, Lancet Neurology, 2007) zeigen, dass<br />

das Risiko eines Insultes nach einer TIA durch<br />

eine rasche Abklärung und frühestmögliche<br />

Therapie um bis zu 80 % gesenkt werden<br />

kann (Abb. 2).<br />

Prof. Amarenco aus Paris betonte, dass es<br />

bei Patienten mit einer TIA nicht mehr länger<br />

vertretbar ist, dass eine Abklärung länger<br />

als 12 Stunden dauert, am besten bewerkstelligt<br />

werden würde das in einer spezialisierten<br />

Einheit, wie einer „TIA Clinic“<br />

(SOS-TIA, Lavallee, Lancet Neurology 2007)<br />

oder einer Stroke Unit.<br />

Abb. 2: EXPRESS-Studie: Risikoreduktion eines Insultes nach einer TIA<br />

um bis zu 80 % durch eine frühestmögliche Therapie<br />

Insultrisiko (%)<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

1981–86<br />

OCSP<br />

Stent versus Operation<br />

-<br />

Ob die PTA und Stentimplantation bei symptomatischen<br />

hochgradigen Karotisstenosen<br />

genauso effektiv ist wie die seit ca. 30 Jahren<br />

etablierte Karotisendarterektomie wird<br />

seit dem Jahr 2000 in verschiedenen multizentrischen,<br />

randomisierten Studien untersucht.<br />

In Nizza wurden unter anderem die<br />

2-Jahres-Daten der SPACE-Studie (Stent Protected<br />

Percutanous Angioplasty of the Carotid<br />

Stenosis vs. Endarterectomy) und die 4-<br />

Jahres-Daten der französischen EVA-3S-Studie<br />

(Endarterectomy vs. Angioplasty in<br />

Patients with Symptomatic Severe Carotid<br />

Stenosis) präsentiert.<br />

-<br />

Phase 1<br />

Phase 2<br />

EXPRESS (2002–07)<br />

Kennedy et al., Lancet Neurology 2007; Rothwell, Lancet Neurology 2007; 370:1432-1442<br />

-<br />

„Die Konklusion der SPACE-Studie ist exakt<br />

die gleiche wie die der EVA-3S-Studie. Wenn<br />

Patienten erfolgreich behandelt werden,<br />

dann ist das (Langzeit-)Risiko eines zweiten<br />

Ereignisses sehr gering und bei beiden Methoden<br />

vergleichbar“ erklärte Prof. Ringleb<br />

aus Heidelberg.<br />

Prof. Mas aus Paris, Investigator der EVA-3S-<br />

Studie, fasste die Ergebnisse wie folgt zusammen:<br />

„Stenting der A. carotis interna ist<br />

genauso effektiv wie die Operation, um ein<br />

neuerliches Ereignis zu vermeiden, aber wir<br />

müssen die Sicherheit der technischen Durchführung<br />

noch verbessern, bevor diese Methode<br />

als weit verbreitete Alternative zur<br />

Operation gewertet werden kann“. ■


GESELLSCHAFTS-<br />

NACHRICHTEN<br />

SCHWERPUNKT<br />

Der Rückblick auf die letzten 25 Jahre als niedergelassener<br />

Facharzt <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> und<br />

Psychiatrie – in der Gegenwart bereits eine<br />

aussterbende Spezies – ist eine unglaubliche<br />

Erfolgsstory der beiden Fächer <strong>Neurologie</strong><br />

und Psychiatrie.<br />

Wenn bis in die 60er Jahre NeurologInnen als<br />

„Vitamin-B-Verschreiber“ von anderen<br />

Fächern belächelt wurden, so war dies ein<br />

Spiegelbild der damaligen sehr eingeschränkten<br />

Therapieoption. Seither hat sich die <strong>Neurologie</strong><br />

fulminant weiterentwickelt. Auch die<br />

Psychiatrie beschritt den Weg von der stationären<br />

Therapie in Großspitälern zu einer<br />

modernen, gemeindenahen Betreuung.<br />

Die kassenärztliche Versorgung wurde in den<br />

60er Jahren in Wien als Nebenjob von einigen<br />

wenigen SpitalsärztInnen betrieben, und<br />

noch Mitte der 80er Jahre gab es keinen Kontakt<br />

zwischen den Niedergelassenen der verschiedenen<br />

Bundesländer. Die geringe Wertschätzung<br />

der beiden<br />

Fächer fand ihren<br />

Niederschlag<br />

auch in den<br />

NEUROLOGIE IN<br />

ÖSTERREICH<br />

Ambulante neurologische<br />

Versorgung ausbauen<br />

dürftigen Verrechnungsmöglichkeiten durch<br />

die Krankenkassen.<br />

Zudem gab es kaum niedergelassene AllgemeinmedizinerInnen,<br />

die eine neurologische<br />

oder psychiatrische Ausbildung in ihrem Turnus<br />

erhielten.<br />

Erstmals in den 90er Jahren stellte das Bundesinstitut<br />

<strong>für</strong> Gesundheitswesen (ÖBIG)<br />

einen eklatanten Mangel an gemeindenaher,<br />

stationärer und ambulanter Versorgung in<br />

den beiden Fächern fest.<br />

Fakt ist, dass die kassenärztliche Versorgung<br />

österreichweit noch immer nicht ausreichend<br />

ist. Als Illustration: Ein Facharzttest des „Konsumentenmagazins“<br />

konnte im Frühjahr<br />

2008 niedergelassene NervenärztInnen nicht<br />

einschließen, weil die langen Termin-Wartezeiten<br />

eine Beurteilung nicht zuließen.<br />

Gründe des zunehmenden<br />

ambulanten Versorgungsbedarfs<br />

Die Akzeptanz neurologischer und<br />

psychiatrischer Erkrankungen hat sich<br />

erfreulicherweise bei Bevölkerung und<br />

anderen ÄrztInnen in den letzten Jahren<br />

stark verbessert.<br />

Die Fächertrennung bei Praxis-<br />

Neueröffnungen führte<br />

jedoch zu einer Einschränkung<br />

der Versorgungsbreite.<br />

Auch bei der Trennschärfe<br />

der beiden Fächer<br />

war immer ein deutliches<br />

West-Ost-Gefälle zu verzeichnen,<br />

wobei die unterschiedliche<br />

Kassenpraxis-<br />

Dichte im ländlichen und<br />

städtischen Bereich mit<br />

Standort-Attraktivität und Lebensqualität<br />

in Zusammenhang steht.<br />

KONGRESS-<br />

HIGHLIGHTS<br />

Mit adäquaten Rahmenbedingungen könnten Niedergelassene durch Entlastung des stationären<br />

Bereichs zu Einsparungen bei den Gesundheitskosten beitragen.<br />

40<br />

Aufgrund der nicht ausreichenden neurologischen<br />

oder psychiatrischen Ausbildung während<br />

des Turnus fehlt es an einer neurologischen<br />

und psychiatrischen Basisversorgung<br />

durch praktische ÄrztInnen.<br />

20 % der PatientInnen in meiner Wiener Praxis<br />

kommen mit Erkrankungen, die AllgemeinmedizinerInnen<br />

diagnostizieren, behandeln<br />

und auch honoriert bekommen sollten,<br />

doch durch Einführung der e-card ist die<br />

Gate-Keeping-Funktion der praktischen ÄrztInnen<br />

nur mehr sehr eingeschränkt möglich.<br />

Ein weiteres Faktum ist vor allem die in der<br />

Großstadt zunehmende Tendenz, hochschwellige<br />

Spezialambulanzen frühzeitig in<br />

Anspruch zu nehmen – wie am Beispiel der<br />

Notfallambulanz im Wiener AKH zu sehen ist<br />

–, wobei die eingeschränkte Erreichbarkeit<br />

der Fachärzte in der Einzel-Praxis immer wieder<br />

als Argument angeführt wird.<br />

Seit Jahrzehnten wird über die Form von<br />

Gruppenpraxen diskutiert. Doch leider wurde<br />

in den 90er Jahren eine umfassende Leistungserweiterung<br />

bei Eröffnung von Gruppenpraxen<br />

gefordert, im Gegenzug dazu<br />

aber eine deutlich schlechtere Honorierung<br />

durch die Kassen angeboten.<br />

Gesundheitskosten<br />

und Niedergelassene<br />

FÜR DIE PRAXIS<br />

MR Dr.<br />

Albert Wuschitz<br />

Niedergelassener<br />

Facharzt <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />

und Psychiatrie,<br />

Wien<br />

Die kostenlose Inanspruchnahme ärztlicher<br />

Leistung ist so einfach geworden, dass hier<br />

FOTO: ELENA PAVLOVA - FOTOLIA.COM


ein Regulativ zur Eindämmung der Gesundheitskosten aus meiner<br />

Sicht sinnvoll wäre, selbstverständlich mit schon jetzt vorhandenen<br />

sozialen Sicherungsnetzen <strong>für</strong> die Einkommensschwächsten.<br />

Weshalb ist der Selbstbehalt <strong>für</strong> Versicherte der Gebietskrankenkassen<br />

ein Tabu? Eine Regelung, die bei Sonderversicherungen<br />

bestens funktioniert? Die ansteigenden Medikamentenkosten<br />

können nicht nur mit Generika-Verschreibungen eingeschränkt<br />

werden.<br />

Ich halte die Polypragmasie, wie wir sie täglich erleben, <strong>für</strong> einschränkbar:<br />

Viele automatisierte Dauerverschreibungen wie z. B.<br />

Antazida oder fragwürdige Durchblutungstherapien, die bei praktischen<br />

ÄrztInnen auf Wunsch des Patienten über die Ordinationshilfe<br />

rezeptiert werden, sind sinnlos. Eine regelmäßige ärztliche<br />

Medikamenten-Überprüfung durch den/die ÄrztIn sollte von<br />

der Krankenkasse honoriert werden.<br />

Einer der Ansätze des Reformpaketes, Niedergelassene mit Verträgen<br />

zu knebeln, die Ärztekammer als Kollektivpartner auszuschalten<br />

und den freien Markt einzuführen, ist ein Irrweg und<br />

führt mit Sicherheit zur Verschlechterung und Schwächung der<br />

ambulanten Versorgung.<br />

Hier muss entschieden Widerstand geleistet werden.<br />

Jede/r Niedergelassene, die/der einen Einzelvertrag abschließt,<br />

muss damit rechnen, dass dann jederzeit die Vertragsbedingungen<br />

einseitig verändert werden können, wie es bereits bei Instituts-<br />

und Ambulatoriumsverträgen üblich ist.<br />

Es besteht die Gefahr, dass aus Unvermögen, die wahren großen<br />

Konflikte zu lösen – nämlich den Finanzierungstopf gegen den<br />

Widerstand der Länder zu füllen –, bei Peanuts zu sparen begonnen<br />

wird.<br />

Die Zukunft<br />

der neurologischen Praxis<br />

Ob EinzelkämpferIn oder Gruppenpraxis, die gemeindenahe<br />

ambulante Versorgung muss weiter ausgebaut werden. In<br />

Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen wie Physio-, Ergound<br />

LogotherapeutInnen kann das gesamte Spektrum der ambulanten<br />

<strong>Neurologie</strong> die stationären Einrichtungen entlasten und<br />

damit Kosten sparen helfen.<br />

Dem Lippenbekenntnis aller Regierungserklärungen der letzten<br />

Jahrzehnte, nämlich die Stärkung der ambulanten Versorgung,<br />

müssen endlich konkrete Taten folgen. Ob wir das von der derzeitigen<br />

Gesundheitsreform erwarten können?<br />

PS: Die Tätigkeit als Niedergelassener ist <strong>für</strong> mich persönlich eine<br />

der schönsten Aufgaben, die ich mir vorstellen kann. Ich wünsche<br />

jeder Kollegin, jedem Kollegen, dass die Umsetzung ihrer/seiner<br />

hochqualifizierten Ausbildung auch in einer befriedigenden<br />

Arbeitssituation ermöglicht wird! ■<br />

7. Jahrestagung der <strong>Österreichische</strong>n<br />

<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />

und Jahrestagung der <strong>Österreichische</strong>n<br />

<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Neurorehabilitation<br />

25.–28. März 2009<br />

Congress Center Villach<br />

Hauptthemen:<br />

• <strong>Neurologie</strong> im Alter<br />

• Neurologische Intensivmedizin<br />

• Neurologische Rehabilitation<br />

Tagungspräsidium:<br />

Manfred Freimüller, Gailtal-Klinik Hermagor<br />

Peter Kapeller, LKH Villach<br />

Joerg Weber, LKH Klagenfurt<br />

Kongresssekretatiat:<br />

admicos.congress Incentive GmbH<br />

Tanja Weinhart<br />

Tel.: +43 (0)1/512 80 91-19<br />

E-Mail: weinhart@admicos.com<br />

41


FÜR DIE GUTACHTERLICHE PRAXIS<br />

Organisches Psychosyndrom nach Schädel-Hirn-Trauma – Teil 1:<br />

Das posttraumatische<br />

organische Psychosyndrom<br />

Im Bereich der neurotraumatologischen Begutachtung ist im deutschen Sprachraum der Begriff posttraumatisches<br />

organisches Psychosyndrom unverändert fest etabliert, wenn auch zuletzt nicht völlig unumstritten. Der<br />

Begriff organisches Psychosyndrom hat sich im Alltag der gutachterlichen neurotraumatologischen Diagnostik,<br />

Begutachtung und Behandlung jedoch überaus bewährt. Er ist vor allem hinsichtlich der Abgrenzung zu<br />

psychogenen (psychoreaktiven, funktionellen) Störungen sehr wichtig.<br />

Begriffsbestimmung<br />

und Abgrenzung<br />

Der Begriff organisches Psychosyndrom<br />

trennt organisch bedingte kognitive Störungen<br />

und organisch bedingte Verhaltensänderungen<br />

(ICD-10 in der Kategorie F07 „Persönlichkeits-<br />

oder Verhaltensstörungen, welche<br />

auf Erkrankungen, Schädigungen oder<br />

Funktionsstörungen des Gehirns zurückzuführen<br />

sind“) eindeutig und klar von so genannten<br />

psychogenen Auffälligkeiten, denen<br />

eine organische Grundlage fehlt.<br />

(Posttraumatisches) organisches Psychosyndrom:<br />

Das organische Psychosyndrom<br />

(OPS, auch hirnorganisches Psychosyndrom,<br />

HOPS) ist ein im deutschen Sprachraum traditioneller<br />

nervenärztlicher Begriff. Man versteht<br />

darunter einen bereits von Bleuler<br />

(1916, zuletzt 1979) geprägten, etwas unscharfen<br />

Oberbegriff <strong>für</strong> organisch-psychische<br />

Störungen, die eine körperlich begründbare<br />

Ursache haben. Das OPS als Ausdruck<br />

einer diffusen, eher ausgedehnten Hirnschädigung<br />

ist in Bezug auf Noxen weitgehend<br />

unspezifisch, tritt also nicht nur nach einer<br />

Schädel-Hirn-Verletzung auf, und ist durch<br />

den Ausfall höherer, also differenzierter geistiger<br />

Funktionen, aber auch durch psychische<br />

v. a. affektive Störungen charakterisiert.<br />

Unter einem posttraumatischen organischen<br />

Psychosyndrom werden sowohl kognitive<br />

Störungen als auch Störungen der Persönlichkeit<br />

und des Sozialverhaltens als Folge<br />

einer Hirnverletzung (Schädel-Hirn-Trauma,<br />

44<br />

SHT) subsumiert, Letztere<br />

werden besonders häufig<br />

nach frontaler Hirnverletzung<br />

beobachtet.<br />

SHT: Unter einer Schädel-<br />

Hirn-Verletzung oder<br />

einem Schädel-Hirn-Trauma (SHT) versteht<br />

man einen durch Gewalteinwirkung am Kopf<br />

klinisch feststellbaren oder in der bildgebenden<br />

Diagnostik (d. h. mittels Computertomographie<br />

und/oder Magnetresonanztomographie)<br />

nachweisbaren Schaden bzw. eine<br />

Funktionsstörung des Gehirns, oftmals mit<br />

Verletzung von Weichteilen und Knochen des<br />

Schädels kombiniert.<br />

Patienten nach Schädel-Hirn-Trauma sind<br />

keine homogene Gruppe mit einem stereotypen<br />

Behinderungsprofil, sondern zeigen ein<br />

individuell unterschiedlich gewichtetes, komplexes<br />

Muster an neurologischen, kognitiven<br />

und Verhaltensproblemen.<br />

Sonderform: Psychoorganische Störungen<br />

nach traumatischer Hirnschädigung stellen<br />

aufgrund ihrer Entstehung also eine Sonderform<br />

der körperlich begründbaren Psychosen<br />

dar, welche auch als organische, exogene<br />

oder symptomatische Psychosen bezeichnet<br />

werden.<br />

Das überwiegend diffuse – beim SHT häufig<br />

frontal akzentuierte – organische Psychosyndrom<br />

ist also einerseits durch Ausfälle im kognitiven<br />

Bereich, andererseits durch Störungen<br />

im Sozialverhaltens- und Persönlichkeitsbereich<br />

gekennzeichnet.<br />

1<br />

Univ.-Prof. Dr.<br />

Walter Oder 1 ,<br />

Dr. Wolfgang Soukop 2<br />

Arbeitsgemeinschaft<br />

neurologischer Gutachter<br />

in der ÖGN<br />

Vieldeutiges Beschwerdebild: Bei Erfassung<br />

des posttraumatischen organischen Psychosyndroms<br />

unter Anwendung resp. nach<br />

ICD-10 unter Vornahme der Codierung ICD-<br />

10 F07.2 „organisches Psychosyndrom nach<br />

Schädel-Hirn-Trauma“ sind gutachterliche<br />

Differenzen in der Neurotraumatologie nicht<br />

selten resp. sogar vorherzusehen.<br />

In den letzten Jahren zeigt sich einerseits eine<br />

Ablehnung des Globalbegriffs „Organisches<br />

Psychosyndrom“ als vieldeutiges Beschwerdebild<br />

mit im Vordergrund stehender geistiger<br />

Leistungsminderung, da unter der Diagnose<br />

„Psychosyndrom“ letztlich ganz unterschiedliche<br />

und nicht nur organisch bedingte<br />

Störbilder subsumiert werden.<br />

So findet man gelegentlich in der rheumatologisch-algesiologischen<br />

Literatur ein algogenes<br />

Psychosyndrom, hierbei handle es sich um<br />

seelische Veränderungen, die sich als Folge<br />

von ständigen Schmerzen entwickeln sollen.<br />

ICD-10 und gutachterliche Praxis: Im ICD-<br />

10 hat der Begriff „Organisches Psychosyndrom“<br />

aber wiederum Eingang gefunden,<br />

und zwar in der Kategorie F07 „Persönlichkeits-<br />

oder Verhaltensstörungen, welche auf<br />

Erkrankungen, Schädigungen oder Funktionsstörungen<br />

des Gehirns zurückzuführen �<br />

2<br />

FOTO: INTMEDCOM


sind“, wobei im ICD-10 – im klaren Gegensatz<br />

zu klassischen nervenärztlichen Terminologie<br />

im deutschen Sprachraum – der Begriff<br />

eines organischen Psychosyndroms auf einen<br />

Zustand nach einem Schädel-Hirn-Trauma<br />

eingeengt wird, der Begriff des organischen<br />

Psychosyndroms wird also im ICD-10 explizit<br />

nur erwähnt bei der Kategorie „organisches<br />

Psychosyndrom nach Schädel-Hirn-Trauma“.<br />

Für die gutachterliche Praxis der Neurotraumatologie<br />

ist diese Unterteilung leider wenig<br />

praktisch brauchbar, insbesondere die in der<br />

Frage angesprochene Subkategorie F07.2,<br />

das „Organische Psychosyndrom nach Schädel-Hirn-Trauma“.<br />

Die im ICD-10 deskriptiv angeführte Symptomatologie<br />

der Codierung F07.2: Organisches<br />

Psychosyndrom nach Schädel-Hirn-Trauma<br />

entspricht nämlich eher der Diagnose eines<br />

sog. pseudoneurasthenischen Syndroms resp.<br />

postkommotionellen Syndroms als einem organischen<br />

Psychosyndrom, wie er in der klassischen<br />

deutschsprachigen Terminologie seit<br />

Jahrzehnten zur Anwendung gebracht wird.<br />

Der im ICD-10 gebrauchte Begriff des organischen<br />

Psychosyndroms ist also nicht mit<br />

dem von Bleuler (1916) geprägten Begriff<br />

ident und wird in der ICD-10 auch widersprüchlich<br />

beschrieben:<br />

Einerseits scheint er als Oberbegriff bestimmter<br />

Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen<br />

auf, andererseits werden bei der näheren Beschreibung<br />

der Subkategorie ausnahmslos<br />

kognitive Beeinträchtigungen als kennzeichnend<br />

angeführt.<br />

In den Forschungskriterien des ICD-10 wird,<br />

was den Einsatz in der neurotraumatologischen<br />

Begutachtung noch problematischer<br />

erscheinen lässt, auch der unsichere nosologische<br />

Status angesprochen.<br />

Auch mit zahlreichen anderen Kategorien der<br />

ICD-10 ergeben sich leider bedeutsame und<br />

<strong>für</strong> die tägliche Praxis irreführende Überschneidungen,<br />

wie mit belastungsreaktiven,<br />

psychodynamischen Störungen (F43,0–<br />

F43,8).<br />

Der Begriff OPS umfasst:<br />

Kognition: Was die psychische Leistungsfähigkeit<br />

(Kognition) betrifft, so finden sich im<br />

Detail Ausfälle im Bereich des Gedächtnisses<br />

(insbesondere Störungen des Frischzeitgedächtnisses;<br />

das mittel- und längerfristige<br />

Merken sowie das Altgedächtnis sind nur<br />

sehr selten betroffen), des Denkens (Störungen<br />

im Gedankengang, Gedankenablauf, der<br />

Auffassung, des Assoziationsvermögens, im<br />

Bereich von Planung und Strategiefindung,<br />

Perseverationen und Kritikstörungen), der Reaktionsfähigkeit,<br />

der Aufmerksamkeit sowie<br />

der zerebralen Belastbarkeit.<br />

Persönlichkeitsbereich: Im sog. Persönlichkeitsbereich<br />

stehen Störungen des<br />

Antriebs und des Sozialverhaltens, der Affektivität<br />

und Emotionalität sowie sonstige<br />

Verhaltens- und Wesensänderungen im Vordergrund.<br />

Störungen des Antriebs und des<br />

Sozialverhaltens (häufig unter dem Begriff<br />

der „Frontalhirnproblematik“ zusammengefasst)<br />

imponieren mitunter nicht augenscheinlich<br />

als Ausdruck der unfallbedingten<br />

Hirnschädigung.<br />

Sie stehen nach Schädel-Hirn-Traumen jedoch<br />

nicht selten im Vordergrund der späteren<br />

Rehabilitationsproblematik, und zwar<br />

nach guter Remission der initial schweren Bewusstseinsstörungen<br />

und motorischen Defizite<br />

in der Frühphase des SHT.<br />

Zur Lokalisation<br />

der Hirnverletzung ist wesentlich:<br />

Frontalhirnschädigung: Eine Frontalhirnschädigung<br />

wird andere psychiatrische Symptome<br />

verursachen als eine Schädigung des<br />

Temporallappens. Eine Schädigung des dorsolateralen<br />

Präfrontalkortex führt z.B. zu erschwerter<br />

Umstellungsfähigkeit, gestörter<br />

Aufmerksamkeit und verminderter Sprachproduktion.<br />

Orbitofrontale Läsionen verursachen<br />

erhöhte Reizbarkeit und emotionale<br />

Labilität, Impulskontrollstörungen, Distanzstörungen<br />

bis hin zur Selbst- und Fremdgefährdung.<br />

Eine mediofrontale Läsion ist gekennzeichnet<br />

von Apathie, fehlender Motivierbarkeit bis<br />

hin zu akinetisch-mutistischen Bildern. Klinisch<br />

werden also nach der Lokalisation und<br />

nach der Phänomenologie drei Stirnhirnsyndrome<br />

differenziert. In der Praxis finden sich<br />

sehr oft Mischtypen der drei Stirnhirnsyndrome,<br />

welche in „reiner“ Form selten sind.<br />

Frontalhirnsyndrome („frontal Lobishness“,<br />

dysexecutive Syndrome, zentrale Kontrollstörung)<br />

weisen also keine einheitliche klinische<br />

Symptomatik auf, sind stets abhängig von Lokalisation<br />

und Ausmaß der Hirnläsion. Sie<br />

werden aber auch vom Zeitverlauf und der<br />

prätraumatischen Persönlichkeit in ihrer Phänomenologie<br />

geprägt und erschweren eine<br />

motorische Rehabilitation. Sie verunmöglichen<br />

rein somatisch orientierte Behandlungskonzepte,<br />

überdauern oft die neurologischen<br />

Folgen des SHT. Durch tief greifende psychosoziale<br />

Folgen auf Familie und Berufsleben<br />

des Betroffenen beeinträchtigen sie „spezifisch<br />

menschliche Leistungen“. Es finden sich<br />

Störungen in den Bereichen Antrieb, Eigeninitiative,<br />

Kontrolle von Impuls- und Sozialverhalten,<br />

Planung, Problemlösung, zentrale<br />

Kontrolle, Exekutivfunktionen.<br />

Exekutive Funktionen sind mentale Prozesse<br />

höherer Ordnung, die ein komplexes Netzwerk<br />

benötigen (sowohl kortikale als auch<br />

subkortikale Strukturen mit besonderer Rolle<br />

des faserreichen Frontalhirns). Schädigungen<br />

des frontalen Kortex bewirken sehr variable,<br />

gegenwärtig noch unzureichend operationalisierte<br />

Funktionsstörungen. Dementsprechende<br />

Störungen werden unter dem Begriff<br />

dysexekutives Syndrom zusammengefasst.<br />

Temporalhirn: Schädigungen des Temporalhirns,<br />

insbesondere des Hippocampus, führen<br />

hingegen zu psychomotorischer Verlangsamung<br />

und Störungen der zentralen Informationsverarbeitung.<br />

Oft liegen jedoch Schädigungen mehrerer<br />

Hirnanteile vor, weshalb neurologische, neuropsychologische<br />

und psychiatrische Symptome<br />

nebeneinander bestehen und einander<br />

überlappen.<br />

Somit ist der Begriff des posttraumatischen<br />

organischen Psychosyndroms oder auch organischen<br />

Psychosyndroms nach SHT, wie er<br />

in der neurotraumatologischen Begutachtung<br />

zur Anwendung kommt, im Detail beschrieben.<br />

■<br />

Literatur bei den Verfassern<br />

45


NEUROLOGIE AKTUELL<br />

Bewegungsstörungen<br />

Zertifizierung<br />

Anwendung von Botulinumtoxin<br />

in neurologischen Indikationen<br />

Die Botulinumtoxin-Behandlung stellt heute<br />

einen nicht mehr wegzudenkenden Bestandteil<br />

der neurologischen Behandlung insbesondere<br />

im Bereich von Bewegungsstörungen<br />

dar. Diese innovative Behandlung erfordert<br />

ein fundiertes Wissen und praktische<br />

ärztliche Fertigkeiten. Aus diesem Grund hat<br />

sich die <strong>Österreichische</strong> Dystonie- und Botulinumtoxin-Arbeitsgruppe<br />

(ÖDBAG) als Arbeitsgruppe<br />

der <strong>Österreichische</strong>n Parkinsongesellschaft<br />

(ÖPG) entschlossen, eine Zertifizierung<br />

zur Anwendung von Botulinumtoxin<br />

in neurologischen Indikationen anzubieten.<br />

Die Zertifizierung der Botulinumtoxin- AnwenderInnen<br />

erfolgt – nach Erfüllung der<br />

unten angeführten Bedingungen – gemeinsam<br />

durch die ÖPG und die <strong>Österreichische</strong><br />

<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> (ÖGN).<br />

Die Namen der zertifizierten AnwenderInnen<br />

werden auf der Homepage der ÖDBAG<br />

(www.botulinum.at) und der ÖGN<br />

(www.oegn.at) veröffentlicht und stehen<br />

dadurch dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger<br />

in regelmäßig aktualisierter<br />

Form zur Verfügung.<br />

Ziele: Folgende Ziele sollen mit dieser Zertifizierung<br />

erreicht werden:<br />

1. Einführung von Qualitätsstandards in<br />

der neurologischen Botulinumtoxin-<br />

Behandlung in Österreich.<br />

2. Erhöhung der Anzahl qualifizierter<br />

Botulinumtoxin-Anwender und<br />

Anwenderinnen im intra- und<br />

extramuralem Bereich. Nach Erlangung<br />

des Zertifikats sollten die<br />

AnwenderInnen die Behandlung mit<br />

Botulinumtoxin in den zugelassenen<br />

und wissenschaftlich gesicherten<br />

Indikationen „State of the Art“<br />

durchführen können.<br />

3. Sicherung der Kostenübernahme <strong>für</strong> die<br />

neurologische Botulinumtoxin-<br />

Behandlung durch die Sozialversicherung<br />

in den zugelassenen Indikationen<br />

(<strong>für</strong> zertifizierte AnwenderInnen).<br />

46<br />

4. Erleichterungen der Kostenerstattung<br />

<strong>für</strong> die Botulinumtoxin-Behandlung in<br />

wissenschaftlich gesicherten, aber dzt.<br />

nicht zugelassenen neurologischen<br />

Indikationen (<strong>für</strong> zertifizierte<br />

AnwenderInnen).<br />

Zertifizierung: Diese besteht aus 3 wesentlichen<br />

Bestandteilen:<br />

• Theoretische Grundlagen –<br />

Zertifizierungskurse:<br />

Die theoretischen Grundlagen (insgesamt 16<br />

Module) werden in insgesamt 4 Theoriekursen<br />

dargestellt. Die Kurse haben keinen Aufbaucharakter<br />

und müssen daher nicht in<br />

einer Folge absolviert werden. Weiters ist dadurch<br />

ein Einstieg in den theoretischen Teil<br />

der Zertifizierung bei jedem der Kurse möglich.<br />

Die Kurse werden im Rahmen der Jahrestagungen<br />

der folgenden neurologischen<br />

Fachgesellschaften abgehalten:<br />

ÖGN, ÖPG, <strong>Österreichische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong><br />

Neurorehabilitation (ÖGNR).<br />

Dadurch ist gewährleistet, dass die theoretischen<br />

Grundlagen <strong>für</strong> die Zertifizierung in 12<br />

bis 18 Monaten erworben werden können.<br />

• Praktische Fortbildungen<br />

Im Rahmen von Workshops und Hospitationen<br />

sollen die praktischen Fertigkeiten geschult<br />

werden (insgesamt 15 Einheiten). Der<br />

Praxisnachweis im Rahmen von Workshops<br />

oder Einzelhospitationen (max. 5 Einheiten)<br />

kann nur an spezialisierten Zentren mit folgenden<br />

Voraussetzungen durchgeführt werden:<br />

Mindestfrequenz von 25 BTX-Behandlungen/Monat<br />

in allen neurologischen Indikationen,<br />

Verwendung lokalisatorischer<br />

Techniken zur Injektionskontrolle (EMG, Stimulation<br />

oder Sonografie).<br />

• 50 dokumentierte Behandlungen<br />

Um die eigenen praktischen Fähigkeiten zu<br />

trainieren und nachzuweisen, müssen 50 Behandlungen<br />

im eigenen Bereich (Klinik oder<br />

Ordination) durchgeführt und mit einem Minimaldatensatz<br />

dokumentiert werden (siehe<br />

www.botulinum.at).<br />

Zusammengestellt <strong>für</strong> den<br />

Beirat „Bewegungsstörungen“:<br />

Univ.-Prof. Dr. Thomas Sycha<br />

Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Wien<br />

Übergangsbestimmungen: AnwenderInnen,<br />

die seit mindestens 3 Jahren Botulinumtoxin-Behandlungen<br />

in einer Mindestfrequenz<br />

von 30 Behandlungen/Jahr durchführen,<br />

können im Rahmen einer befristeten<br />

Übergangsregelung ein gültiges Zertifikat beantragen.<br />

Die Anträge auf Übergangsregelung<br />

sind an das Zertifizierungskomitee (unter<br />

unten angeführter Adresse) zu stellen. Das<br />

Zertifizierungskomitee wird sich mit den eingereichten<br />

Unterlagen auseinandersetzen<br />

und gegebenenfalls Rücksprache mit den Antragstellern<br />

halten. Eine Entscheidung ergeht<br />

in jedem Fall in schriftlicher Form.<br />

Gültigkeitdauer des Zertifikates: Die Gültigkeit<br />

des Zertifikates ist auf 2 Jahre beschränkt<br />

und wird nach formlosem Antrag<br />

und Nachweis der kontinuierlichen Patientenbehandlung<br />

und Fortbildung um jeweils<br />

2 Jahre verlängert.<br />

Kosten: Für die Zertifizierungskurse sind je<br />

€ 25,– (gesamt: € 100,–) zu entrichten. Für<br />

die Ausstellung des Zertifikates wird eine zusätzliche<br />

Bearbeitungsgebühr und Unkostenbeitrag<br />

von € 190,– (Zertifizierung im Rahmen<br />

der Übergangsbestimmungen € 90,–).<br />

in Rechnung gestellt. Die Bearbeitungsgebühr<br />

<strong>für</strong> die Verlängerung der Gültigkeit des<br />

Zertifikates beträgt ebenfalls € 90,–.<br />

Sekretariat des Zertifizierungskomitees:<br />

Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />

Medizinische Universität Wien (MUW)<br />

Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien<br />

c/o Univ.-Prof. Dr. Thomas Sycha<br />

Tel.: 01/404 00-3145<br />

E-Mail: botulinum@meduniwien.ac.at<br />

Anfragen und Anmeldungen richten Sie bitte<br />

an diese Adresse (vorzugsweise in elektronischer<br />

Form).<br />

Das Zertifizierungskomittee der ÖDBAG:<br />

Univ.-Prof. Dr. Peter Schnider, LK Hochegg, Univ.-Prof.<br />

Dr. Jörg Müller, Univ.-Klinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Innsbruck,<br />

Dr. Klemens Fheodoroff, Gailtal-Klinik Hermagor, Univ.-Prof.<br />

Dr. Thomas Sycha, Univ.-Klinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> Wien


NEUROLOGIE AKTUELL<br />

Epilepsie<br />

Akutphase des Schlaganfalles<br />

Inzidenz von<br />

epileptischen Anfällen<br />

Innerhalb der ersten 24 Stunden nach Auftreten<br />

der Symptome hatten von 6.044 PatientInnen<br />

mit Schlaganfall 190 (3,1 %)<br />

einen epileptischen Anfall. Dies ergab eine<br />

populationsbasierte Studie aus Cincinnati,<br />

Ohio * . Dabei waren kardioembolische Ursachen<br />

signifikant häufiger betroffen als<br />

vaskulär bedingte Schlaganfälle.<br />

PatientInnen mit Anfällen zeigten eine höhere<br />

Mortalität als jene ohne Anfallsereignis,<br />

das Auftreten von Anfällen stellte jedoch<br />

keinen unabhängigen Mortalitätsrisikofaktor<br />

nach 30 Tagen dar.<br />

* Szaflarski J. P. et al., Incidence of seizures in the<br />

acute phase of stroke: A population-based study.<br />

Epilepsia, Published article online: Jan 2008<br />

Humanes Herpesvirus<br />

Typ 6 bei mesialer<br />

Temporallappenepilepsie<br />

Ein neuer möglicher pathophysiologischer<br />

Mechanismus der mesialen Temporallappenepilepsie<br />

(TLE) basiert auf den Nachweis<br />

einer viralen Infektion mit dem humanen<br />

Herpesvirus Typ 6 (HHV6) in bis<br />

zu 60 % der Patienten mit diesem Epilepsiesyndrom.<br />

Donati und Fotheringham<br />

* konnten nachweisen, dass HHV6<br />

vor allem in Astrozyten latent persistiert<br />

und reaktiviert werden kann. Dadurch<br />

kommt es zu einer Dysregulation der Glutamataufnahme<br />

in die Gliazellen sowie zu<br />

einer gestörten Expression von Glutamat-<br />

Transportproteinen der Astrozyten.<br />

* Donati D. et al., Detection of human herpesvirus-6<br />

in mesial temporal lobe epilepsy surgical brain<br />

resections Neurology 2003 ; 61(10):1405-11;<br />

Fotheringham J. et al., Human Herpesvirus 6 (HHV-6)<br />

Induces Dysregulation of Glutamate Uptake and<br />

Transporter Expression in Astrocytes; J Neuroimmune<br />

Pharmacol 2007, Sep 8 (Epub ahead of print)<br />

Neue Daten zur postiktalen<br />

Psychose bei fokaler Epilepsie<br />

Die Risikofaktoren, im Rahmen eines fokalen<br />

Anfalles eine postiktale Psychose zu erleiden,<br />

werden in der Literatur unterschiedlich angegeben.<br />

In einer nun publizierten kontrollierten<br />

Studie * wurden 59 EpilepsiepatientInnen<br />

mit einer Geschichte einer postiktalen Psychose<br />

(PIP) und 94 Patienten ohne Anamnese<br />

einer PIP verglichen.<br />

Dabei zeigte sich, dass eine PIP signifikant<br />

häufiger bei extratemporalen oder fokalen<br />

Epilepsien ohne eindeutigen Herdhinweis auftraten.<br />

Weitere Risikofaktoren waren bilate-<br />

Zusammengestellt im Namen<br />

des Beirats „Epilepsie“:<br />

Priv.-Doz. Dr. Michael Feichtinger<br />

Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Graz<br />

Juvenile myoklonische Epilepsie<br />

Myoklonische Anfälle nehmen im<br />

Verlauf der Erkrankung ab<br />

Bei 48 PatientInnen mit juveniler myoklonischer<br />

Epilepsie konnten der Langzeitverlauf,<br />

die klinischen und EEG-Veränderungen<br />

sowie die Anfallstypen bzw. deren Änderung<br />

an Schweregrad und Frequenz über<br />

einen Zeitraum von 19,6 +/– 5,7 Jahren erhoben<br />

werden * . Dabei konnten ein benigner<br />

Verlauf (66,6 %) und ein therapieresistenter<br />

Verlauf mit signifikant häufigerem Auftreten<br />

von psychiatrischen Begleiterkran-<br />

Magnetonanopartikel in der<br />

Fokusdiagnostik bei partiellen Epilepsien<br />

Am Brain Research Institute der University of<br />

California, Los Angeles, wurde eine neue Methode<br />

zur Lokalisation von epileptischen Herden<br />

entwickelt und im Tierversuch erprobt * :<br />

Nichtradioaktive Magnetonanopartikel wurden<br />

an Alpha-Methyl-Tryptophan gekoppelt<br />

und den Versuchstieren unter akuten und<br />

chronischen epileptischen Situationen injiziert.<br />

Durch Passage der Blut-Hirn-Schranke gelangen<br />

die Partikel in das Hirngewebe und reichern<br />

sich insbesondere in epileptogenen<br />

Arealen an. Durch die Magnetonanopartikel<br />

waren diese Gebiete in der MRT darstellbar<br />

rale epileptiforme Aktivität, die Tendenz zur<br />

sekundären Generalisierung und die positive<br />

Anamnese einer Encephalitis.<br />

Alter der Patienten, Dauer der Epilepsie oder<br />

MRT-Veränderungen waren in beiden untersuchten<br />

PatientInnenkollektiven gleichartig.<br />

Weitere Risikofaktoren waren außerdem die<br />

positive Familienanamnese hinsichtlich einer<br />

epileptischen oder einer psychiatrischen<br />

Grunderkrankung.<br />

* Alper K. et al., Postictal psychosis in partial epilepsy:<br />

a case-control study. Ann Neurol. 2008; 63(5):602-10.<br />

kungen unterschieden werden. Obwohl ein<br />

Großteil der PatientInnen nach dem Beobachtungszeitraum<br />

weiterhin Anfälle hatte,<br />

kam es bei über der Hälfte der Betroffenen<br />

zu einer deutlichen Verringerung bzw. Abschwächung<br />

der myoklonischen Anfälle innerhalb<br />

der 4. Lebensdekade.<br />

* Baykan B. et al., Myoclonic seizures subside in the<br />

fourth decade in juvenile myoclonic epilepsy.<br />

Neurology 2008; 27;70:2123-9.<br />

und zeigten eine hohe Übereinstimmung mit<br />

dem darauf folgend durchgeführten intrakraniellen<br />

EEG.<br />

Kommentar: Diese Methode stellt möglicherweise<br />

eine wirkungsvolle nichtinvasive<br />

und nicht radioaktiv belastende Zusatzuntersuchung<br />

zur Lokalisation epileptogener Hirnregionen<br />

im Rahmen der prächirurgischen<br />

Epilepsiediagnostik dar.<br />

* Akhtari M. et al., Functionalized magnetonanoparticles<br />

for MRI diagnosis and localization in epilepsy.<br />

Epilepsia, Published article online: Mai 2008<br />

51


NEUROLOGIE AKTUELL<br />

Schlafstörungen<br />

AASM-Manual zum Scoren von Schlaf und assoziierten Ereignissen<br />

Konsequenzen <strong>für</strong> quantitative Schlafparameter<br />

Fast 40 Jahre war das Manual <strong>für</strong> Schlafstadienklassifikation<br />

nach Rechtschaffen und<br />

Kales (1968) maßgeblich. Die American Academy<br />

of Sleep Medicine (AASM) modifizierte<br />

diese Standard-Schlafklassifikation und<br />

entwickelte neue Richtlinien <strong>für</strong> die Terminologie,<br />

die Ableitmethoden und die Klassifikationsregeln<br />

<strong>für</strong> schlafbezogene Phänomene.<br />

Ziel unserer Studie war es, Unterschiede<br />

zwischen visueller Klassifikation nach Rechtschaffen<br />

und Kales sowie den neuen Richtlinien<br />

der AASM darzustellen.<br />

Es wurden 56 Gesunde (Alter 58 ± 20 Jahre)<br />

einbezogen, wobei jeder Proband zwei aufeinander<br />

folgende Nächte im Schlaflabor untersucht<br />

wurde. Die Polysomnographie um-<br />

Erste Ergebnisse aus einem Pilotprojekt<br />

Schlafpartner Hund<br />

Laut einem Bericht der Statistik Austria aus<br />

dem Jahre 1998 leben in 25 % der österreichischen<br />

Haushalte in Summe 2,6 Millionen<br />

Haustiere. Trotz detaillierter Informationen<br />

über die Wohnverhältnisse von Haustieren<br />

gibt es weder Mikrozensusdaten noch<br />

wissenschaftliche Studien darüber, wo und<br />

wie Haustiere schlafen. Dass Haustiere auch<br />

in den Betten oder Schlafzimmern ihrer Besitzer<br />

anzutreffen sind, berichtete Dr. Shepard,<br />

Majo-Klinik, Kalifornien, USA, 2001.<br />

Jeder zweite der von ihm Befragten hatte<br />

mindestens ein Haustier, und von diesen<br />

schliefen fast 60 % mit ihrem Haustier im<br />

selben Zimmer, 22 % davon wiederum im<br />

selben Bett. Wieweit sich die An- bzw. Abwesenheit<br />

eines Haustieres auf die Schlafqualität<br />

eines Hundebesitzers auswirkt, ist<br />

52<br />

fasste 19 EEG-Kanäle, 2 EOG-Kanäle, submentales<br />

EMG sowie EMG vom Musculus tibialis<br />

anterior beidseits, das EKG und respiratorische<br />

Signale (Luftstrom, Thorax- und<br />

Abdomenbewegungen, Sauerstoffsättigung).<br />

Die Ganznachtschlafpolygraphien wurden<br />

von erfahrenen Schlafexperten nach beiden<br />

Richtlinien klassifiziert. In einer deskriptiven<br />

Analyse wurden die im AASM-Manual empfohlenen<br />

Schlafparameter statistisch ausgewertet.<br />

Ergebnisse: Während Schlaf- und REM-Latenz,<br />

Gesamtschlafzeit und Schlafeffizienz<br />

vom Klassifikationsmodus nicht betroffen<br />

waren, fanden sich Unterschiede in der Dauer<br />

Gegenstand dieser Studie. An dem Pilotprojekt<br />

nahmen insgesamt 10 HundehalterInnen<br />

teil.<br />

Wegen der einfacheren Durchführung der<br />

Untersuchung wurden nur Hunde als Bettpartner<br />

zugelassen. Über einen Zeitraum von<br />

4 Wochen wurden die HundebesitzerInnen<br />

gebeten, mindestens 10 Nächte mit ihrem<br />

Hund im selben Bett und 10 Nächte alleine<br />

(Hund schlief entweder im selben Zimmer<br />

oder woanders) zu verbringen. Während der<br />

gesamten Untersuchung trugen die Versuchspersonen<br />

einen Bewegungsmesser am<br />

Handgelenk und füllten täglich ein Schlaftagebuch<br />

aus. Ausgewertet wurden die<br />

Nächte mit (Bedingung 1) und ohne Hund<br />

im Bett (Bedingung 2).<br />

Bei den bis dato 7 ausgewertete Datensät-<br />

Zusammengestellt vom<br />

Beirat „Schlafstörungen“:<br />

Univ.-Prof. DDr. Josef Zeitlhofer<br />

Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Wien<br />

des Schlafstadiums 1 (S1/N1, des Schlafstadiums<br />

2 (S2/N2) und des Tiefschlafs<br />

(S3+S4/N3). Während Leichtschlaf und Tiefschlaf<br />

anstiegen (S1 vs. N1 (+9,8 min/+2,7 %):<br />

p < 0,01; S3+S4 vs. N3 (+10,9 min/+2,8 %):<br />

p < 0,01), nahm Stadium 2 nach den AASM-<br />

Regeln (S2 vs. N2 (–22,5 min/–5,3 %):<br />

p < 0,01) signifikant ab. Darüber hinaus war<br />

die Wachzeit nach Schlafbeginn signifikant<br />

verlängert.<br />

Die Studie zeigt signifikante Unterschiede<br />

zwischen Schlafparametern nach den konventionellen<br />

Schlafbeurteilungskriterien (Rechtschaffen<br />

und Kales) und den neuen AASM-<br />

Regeln. Neue Normdaten <strong>für</strong> den AASM-Standard<br />

müssen daher etabliert werden.<br />

ze zeigt sich folgender Trend: Die subjektive<br />

Schlaf- und Aufwachqualität verändert<br />

sich nicht signifikant unter den zwei Bedingungen.<br />

Die Schlafeffizienz (berechnet aus<br />

der Aktigraphie) ist jedoch unter der Bedingung<br />

1 signifikant geringer (p > 0,05), der<br />

Fragmentationsindex (berechnet aus der Aktigraphie)<br />

als ein Indikator <strong>für</strong> unruhigen<br />

Schlaf signifikant höher (p > 0,05).<br />

Die Anwesenheit von Hunden im Bett verursacht<br />

einen zwar objektiv unruhigeren und<br />

weniger effizienten Schlaf, subjektiv zeigten<br />

sich jedoch keine Unterschiede. Dies, obwohl<br />

die Mehrheit der Hundebesitzer angab, dass<br />

der Verzicht des Hundes im Bett (Bedingung<br />

2) ihnen sehr schwer fiel – so sehr hatten<br />

sie sich schon an ihren Hund als Bettpartner<br />

gewöhnt.


NEUROLOGIE AKTUELL<br />

Neurorehabilitation<br />

Kindlicher Schlaganfall<br />

Repetitive transkranielle<br />

Magnetstimulation<br />

Bei SchlaganfallpatientInnen übt eine erhöhte<br />

interhemisphärische Inhibition von<br />

der gesunden auf die erkrankte Hemisphäre<br />

einen ungünstigen Einfluss aus. Die repetitive<br />

transkranielle Magnetstimulation<br />

(rTMS) mit inhibitorischer Wirkung (1 Hz)<br />

über der gesunden Hemisphäre ermöglicht<br />

eine Erhöhung der kortikalen Erregbarkeit<br />

in der geschädigten Hemisphäre.<br />

Diese Methode wurde an 10 jungen Personen<br />

(Alter: 8 bis 20 Jahre, Akutereignis<br />

2 bis 13 Jahre zuvor) über 8 Tage in einer<br />

randomisierten Doppelblindstudie * angewendet.<br />

Der Effekt wurde mittels Kraftmessung<br />

des Faustschlusses und funktioneller<br />

Skalen gemessen.<br />

Am Tag nach der letzten Intervention kam<br />

es in der rTMS-Gruppe zu einer Zunahme<br />

der Kraft (2,28 kg [SD 1,01 kg], p = 0,009),<br />

die bis zu einer Woche anhielt (2,63 kg<br />

[0,56], p = 0,01). In einer funktionellen<br />

Skala kam es lediglich am Tag nach der<br />

letzten Intervention zu einer Besserung. In<br />

der Gruppe mit Scheinstimulation kam es<br />

zu keiner Besserung. Die Funktion der nicht<br />

betroffenen Hand blieb in beiden Gruppen<br />

stabil.<br />

Kommentar: Die geringe Fallzahl ist vergleichbar<br />

mit ähnlichen Studien an Erwachsenen.<br />

Die kontraläsionale Anwendung<br />

von rTMS scheint bei jüngeren PatientInnen<br />

Teilbereiche der Funktion der<br />

paretischen Hand zu verbessern und ist als<br />

eine sichere und brauchbare, allerdings<br />

nach wie vor experimentelle Therapie anzusehen.<br />

54<br />

* Kirton A. et al., Contralesional repetitive transcranial<br />

magnetic stimulation for chronic hemiparesis in<br />

subcortical paediatric stroke: a randomised trial.<br />

Lancet Neurology 2008; 7(6):507-13. (Epub ahead<br />

of print)<br />

Zusammengestellt <strong>für</strong> den<br />

Beirat „Neurorehabilitation“:<br />

Univ.-Prof. Dr. Bernhard Voller<br />

Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Medizinische Universität Wien<br />

Sturzneigung nach Schlaganfall<br />

Von 1.104 PatientInnen * im Alter von ca. 70<br />

Jahren berichteten 37 % von einem Sturz in<br />

den ersten 6 Monaten nach einem Schlaganfall.<br />

Die PatientInnen wurden prospektiv<br />

am Beginn, ein Monat und 6 Monate nach<br />

dem Akutereignis befragt. Von den PatientInnen,<br />

die stürzten, verletzten sich 37 %,<br />

und 8 % erlitten eine Fraktur. Ungefähr die<br />

Hälfte (48 %) der PatientInnen stürzten einmal<br />

und 12 % mehr als 5-mal. 77 % stürzten<br />

zu Hause.<br />

Folgende unabhängige Risikofaktoren <strong>für</strong><br />

Stürze wurden identifiziert: Alter (OR 1,06<br />

[1,00;1,12] p = 0,03), Sturz im Jahr vor Akutereignis<br />

(OR 1,60 [1,19;2,16] p = 0,002), kör-<br />

Der diffuse axonale Schaden („Diffuse axonal<br />

Injury“, DAI) beim Schädel-Hirn-Trauma<br />

(SHT) wird häufig unterschätzt, da er in Routineuntersuchungen<br />

(CCT und MRT) nicht<br />

wirklich zuverlässig dargestellt werden kann.<br />

Mittels einer neueren MR-Methode, dem<br />

„Diffusion Tensor Imaging“ (DTI), konnte in<br />

einer Studie * DAI verlässlicher als mit bisherigen<br />

Methoden dargestellt werden. Die<br />

Technik macht Bewegung extrazellulären<br />

Wassers sichtbar, die mit der Integrität der<br />

Axone korreliert. An 12 PatientInnen mit<br />

SHT und 12 gesunden Probanden konnten<br />

Unterschiede in allen ausgewählten Hirnregionen<br />

(Balken, Fornix, Großhirnschenkel)<br />

gezeigt werden. Die Veränderungen konnten<br />

mit dem klinischen Zustand der PatientInnen<br />

korreliert werden, der mit einer er-<br />

perliche Abhängigkeit mit Barthel-Index 10–<br />

19 (OR 1,72 [1,25;2,36] p = 0,001), körperliche<br />

Abhängigkeit mit Barthel-Index 0–9 (OR<br />

2,09 [1,40;3,12] p < 0,001), Depression (OR<br />

1,48 [1,09;2,01] p = 0,011).<br />

Kommentar: Obwohl die Studie durch eine<br />

gewisse Ausfallrate der PatientInnen und<br />

durch fehlende Maßstäbe zur Beurteilung der<br />

Beweglichkeit der PatientInnen limitiert ist,<br />

weist sie dennoch eindeutig auf die bekannte<br />

Notwendigkeit der aktiven Sturzprävention<br />

nach einem Schlaganfall hin.<br />

* Kerse N. et al., Falls after Stroke. Results from the<br />

ARCOS Study, 2002 to 2003. Stroke 2008; 39:1890-3<br />

Schädel-Hirn-Trauma<br />

MR-Diagnostik –<br />

Diffusion Tensor Imaging<br />

weiterten Glasgow-Outcome-Skala beurteilt<br />

wurde. Es gab keine Korrelation zwischen<br />

Klinik und anderen MRT-Methoden wie Flair<br />

und Inversion Recovery Imaging.<br />

Kommentar: Bei der Befundung des MRT<br />

entgeht gelegentlich selbst dem geübten<br />

Auge das Ausmaß eines DAI, was vereinzelt<br />

die Diskrepanz zum schwerer wiegenden klinischen<br />

Befund erklären kann. Obwohl noch<br />

nicht vollständig ausgereift und nur mittels<br />

einer kleinen Fallzahl aufgezeigt, scheint das<br />

DTI eine viel versprechende Methode zu sein,<br />

mit deren Hilfe PatientInnen mit SHT besser<br />

beurteilt werden können.<br />

* Wang J. Y. et al., Diffusion tensor tractography of<br />

traumatic diffuse axonal injury. Archives of<br />

Neurology 2008; 65:619-26


NEUROLOGIE AKTUELL<br />

Schlaganfall<br />

Sonothrombolyse –<br />

Gerinnselauflösung<br />

ultraschallverstärkt<br />

Zwei in der Mai-Ausgabe von Stroke publizierte<br />

Studien beschäftigten sich mit<br />

dem Therapiekonzept der Sonothrombolyse,<br />

bei dem die transkranielle Dopplersonografie<br />

dazu benützt wird, die thrombolytische<br />

Wirkung von r-tPA zu verstärken.<br />

Alexandrov et al. 1 verwendeten zusätzlich<br />

gasförmige Mikrosphären, die lokal am<br />

Thrombus die energetische Wirkung des<br />

Ultraschalls potenzieren. Beide Studien<br />

konnten eine höhere Rekanalisationsrate<br />

in der Sonothrombolyse-Gruppe zeigen,<br />

Eggers et al. 2 auch einen klinischen Benefit<br />

nach 90 Tagen. In beiden Studien traten<br />

bei der Behandlungsgruppe häufiger<br />

intrazerebrale Blutungen auf, wobei es sich<br />

in der amerikanischen Studie (Alexandrov<br />

et al.) nur um als asymptomatisch klassifizierte<br />

Blutungsereignisse handelte.<br />

1 Alexandrov V. A. et al., A Pilot Randomized Clinical<br />

Safety Study of Sonothrombolysis Augmentation<br />

With Ultrasound-Activated Perflutren-Lipid<br />

Microspheres for Acute Ischemic Stroke. Stroke<br />

2008; 39:1464-1469.<br />

2 Eggers J. et al., Sonothrombolysis With Transcranial<br />

Color-Coded Sonography and Recombinant Tissue-<br />

Type Plasminogen Activator in Acute Middle<br />

Cerebral Artery Main Stem Occlusion. Stroke<br />

2008; 39:1470-1475.<br />

Leukoaraiose reduziert<br />

Penumbra beim akuten<br />

Schlaganfall<br />

ForscherInnen der Harvard University *<br />

konnten in einer Studie an 129 PatientInnen<br />

zeigen, dass PatientInnen mit akutem<br />

Schlaganfall im Rahmen der Ischämie einen<br />

deutlich höheren Verlust an potentiell rettbarer<br />

Hirnsubstanz im Mismatch-Areal erleiden,<br />

wenn in der MRT Anzeichen einer<br />

chronischer Schädigung der weißen Substanz<br />

(Leukoaraiose) bestehen. In der<br />

Quartile mit dem höchsten Leukoaraiose-<br />

Volumen war dieser Verlust 3,6-mal höher<br />

als in der untersten Quartile. Dieser negative<br />

Effekt der Leukoaraiose war unabhängig<br />

von Alter und anderen vaskulären Risikofaktoren.<br />

56<br />

* Hakan A. et al., Severity of Leukoaraiosis and<br />

Susceptibility to Infarct Growth in Acute Stroke,<br />

Stroke 2008; 39:1409-1413.<br />

Zusammengestellt <strong>für</strong> den Beirat „Schlaganfall“:<br />

Dr. Karl Matz<br />

Neurologische Abteilung, Landesklinikum Donauregion Tulln<br />

Thrombolyse jenseits<br />

3 Stunden nach MR-Kriterien?<br />

Ähnlich den bereits publizierten Studien<br />

DIAS-2 und DEFUSE untersuchten die AutorInnen<br />

der EPITHET-Studie * , ob MRT-basierte<br />

Definitionen von Mismatch, Reperfusion und<br />

Rekanalisation bei der Thrombolyse des ischämischen<br />

Schlaganfalles jenseits des 3-Stunden-Zeitfensters<br />

nützlich sein können.<br />

Dabei wurden 102 PatientInnen zu Placebo<br />

und Alteplase randomisiert. PatientInnen mit<br />

PW/DW-Mismatch, die mit Alteplase behandelt<br />

wurden, wiesen ein geringeres Infarktwachstum<br />

und eine höhere Reperfusionsrate<br />

auf als mit Placebo behandelte PatientInnen<br />

mit Mismatch. Ein signifikanter klinischer<br />

Benefit konnte nicht demonstriert werden,<br />

allerdings war dies auch nicht primärer Endpunkt<br />

der Studie. Immerhin war erfolgreiche<br />

Reperfusion mit einer höheren Rate an gutem<br />

klinischen Outcome verbunden.<br />

In der australisch-chinesischen INTERACT-<br />

Studie * wurde untersucht, ob ein intensives<br />

Blutdruckmanagement bei spontanen intrazerebralen<br />

Blutungen bezüglich der Größenzunahme<br />

der Blutung protektiv sein kann.<br />

Dabei wurde randomisiert zwischen einem<br />

auf Standard-Guidelines basiertem Richtwert<br />

zur Blutdrucksenkung (Zielwert 180<br />

mm Hg systolisch) und einer forcierten, frühen<br />

Blutdrucksenkung (Zielwert 140 mmHg<br />

systolisch innerhalb einer Stunde) verglichen.<br />

Die intensiv behandelte Gruppe zeigte dabei<br />

eine signifikant geringere mittlere Zunahme<br />

des Blutungsvolumens und einen gerin-<br />

Da die Studienpopulation einen hohen Anteil<br />

an PatientInnen mit Mismatch aufwies<br />

(86 %) , war die Aussagekraft eines Vergleiches<br />

mit der Non-Mismatch-Gruppe eingeschränkt,<br />

jedoch zeigte auch letztere in der<br />

Verum-Gruppe eine höhere Rate an Reperfusion,<br />

was ein MRT-basiertes Mismatch-<br />

Konzept als positives Selektionskriterium <strong>für</strong><br />

Thrombolyse nach 3 Stunden in Frage stellt.<br />

Letztlich müssen weiterhin die Ergebnisse<br />

von Phase III Studien abgewartet werden,<br />

bevor an eine Erweiterung des Zeitfensters<br />

bei der Thrombolysebehandlung gedacht<br />

werden kann (ECASS III September 2008<br />

beim World Stroke Congress in Wien, IST-3<br />

2011).<br />

* Davis S. M. et al., Effects of alteplase beyond 3 h after<br />

stroke in the Echoplanar Imaging Thrombolytic Evaluation<br />

Trial (EPITHET): a placebo-controlled randomised<br />

trial. Lancet Neurol 2008; 7: 299–309<br />

Intrazerebrale Blutungen<br />

Forcierte Blutdrucksenkung möglicherweise sinnvoll<br />

geren Anteil an substantieller Größenzunahme<br />

der Blutung. Hinsichtlich des klinischen<br />

Outcomes wurden keine Unterschiede<br />

festgestellt.<br />

Kommentar: Nach Ansicht der Autoren ist<br />

damit aber zumindest belegt, dass die forcierte<br />

Blutdrucksenkung gegenüber dem<br />

konventionellen Vorgehen sicher ist und offensichtlich<br />

keine relevanten negativen Effekte<br />

auf die zerebrale Perfusion be<strong>für</strong>chtet<br />

werden müssen.<br />

* Craig S. A. et al., Intensive blood pressure reduction in<br />

acute cerebral haemorrhage trial (INTERACT): a randomised<br />

pilot trial, Lancet Neurol 2008; 7: 391–399.


NEUROLOGIE AKTUELL<br />

Schmerz<br />

Die kontrovers gehaltenen Kurzreferate zu<br />

Diagnostik und Therapie verschiedener Kopfschmerzformen<br />

wurden anschließend im Plenum<br />

diskutiert. Dadurch war es möglich, Themen,<br />

die in der Praxis, aber auch in der Literatur<br />

kohärent erschienen, mit<br />

Kopfschmerzspezialisten aus unterschiedlichen<br />

Blickpunkten zu beleuchten. Aus der<br />

Vielzahl der Pro- und Contra-Präsentationen<br />

möchte ich einige hervorheben.<br />

Migräne – eine progressive Erkrankung?<br />

Volker Limmroth stellte die Migräne als „heterogene<br />

Ionenkanalerkrankung“ dar, mit<br />

möglichen Gemeinsamkeiten mit anderen Erkrankungen,<br />

wie Epilepsie (FHM2 und<br />

FHM39), CADASIL, aber auch erhöhtem<br />

Schlaganfallrisiko. Ergebnisse der Studie von<br />

Kruit M. C. et al. (JAMA 2004) zeigten neben<br />

dem erhöhten Risiko <strong>für</strong> subklinische zerebelläre<br />

Infarkte, dass auch das Risiko mit der<br />

Attackenfrequenz zunimmt, insbesondere bei<br />

Patienten mit Migräne mit Aura. Er demonstrierte,<br />

dass das Schlaganfallrisiko unabhängig<br />

von vaskulären Risikofaktoren steigt. Ein<br />

interessanter Aspekt dabei ist, dass 40 %<br />

aller Schlaganfälle bei Migräne sich aus der<br />

Aura entwickeln und meist das hintere<br />

Stromgebiet betreffen, im Gegensatz zu den<br />

meisten kardioembolischen Schlaganfällen,<br />

die das vordere Strom-Gebiet erfassen.<br />

Kritisch wurde der Trend in den USA erwähnt,<br />

wo der PFO-Verschluss als Migränetherapie<br />

beworben wird, obwohl alle bisherigen Studien<br />

retrospektiv und die einzige randomisierte<br />

Studie negativ waren.<br />

Im Kontrareferat konnte Jean Schoenen, Uni-<br />

58<br />

Zusammengestellt im Namen des Beirats „Schmerz“:<br />

OA Dr. Gernot Luthringshausen<br />

Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />

Christian-Doppler-Klinik, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Salzburg<br />

Erstes Drei-Länder-Eck-Kopfschmerzsymposium<br />

Erstmals fand im April das Drei-Länder-Eck-Kopfschmerzsymposium in Längenfeld im Tiroler Ötztal statt,<br />

das den lang gehegten Wunsch der Kopfschmerzgesellschaften der Schweiz, Deutschlands und Österreichs<br />

realisierte, ein gemeinsames deutschsprachiges Symposium abzuhalten.<br />

versität Liège, Belgien, zwar die Tatsache des<br />

Schlaganfallrisikos bei Migräne mit Aura nicht<br />

entkräften, aber sehr relativieren. Eine kleine<br />

Minderheit der Migräniker mit Aura (< 10 %)<br />

entwickeln kleine zerebelläre Infarkte, und<br />

Frauen mit häufigen Migräneattacken haben<br />

mehr „White Matter Lesions“, wobei die Ursachen<br />

<strong>für</strong> beides nicht bekannt sind. Es besteht<br />

eine Komorbidität zwischen PFO und<br />

Migräne mit Aura, aber kein Kausalzusammenhang.<br />

Die häufigste Ursache <strong>für</strong> eine<br />

chronische Migräne ist Medikamenten-Übergebrauch.<br />

Bei den meisten Patienten ist Migräne<br />

keine progressive Erkrankung, aber in<br />

bestimmten „Subgruppen“ könne sie progressiv<br />

werden.<br />

Ihre gegensätzlichen Standpunkte zum Zusammenhang<br />

zwischen PFO und Migräne<br />

präsentierten Arne May und Stefan Evers in<br />

ihren Vorträgen „Ein PFO disponiert <strong>für</strong> Migräne?“<br />

und „Verschluss des PFO bei Migräne“,<br />

die anschließend ausführlich diskutiert<br />

wurden.<br />

Zervikogener Kopfschmerz – seine Rolle<br />

bei der Migräne: Stefan Evers machte mit<br />

den Definitionen der IHS (International Headache<br />

Society) und der CHISG (Cervicogenic �


NEUROLOGIE AKTUELL<br />

Schmerz<br />

Headache International Study Group) deutlich,<br />

dass <strong>für</strong> den zervikogenen Kopfschmerz<br />

eine Prävalenz von 1 % bzw. bis 2,5 % angenommen<br />

wird, jedoch auch Komorbiditäten<br />

mit Migräne (19 %) und z. B. Spannungskopfschmerzen<br />

bestehen. Ferner wies<br />

Evers darauf hin, dass eine Komorbidität mit<br />

posttraumatischem Kopfschmerz akut bei 8<br />

% gefunden wurde (Keidel und Ramadan,<br />

2000) und begründete dies weiter mit klinischen<br />

und therapeutischen Argumenten.<br />

Dagegen argumentierte Christian Lampl mit<br />

den diagnostischen Kriterien und Symptomen<br />

beider Schmerzbilder. Die Migräne gehe nicht<br />

von den Strukturen der HWS (Muskeln, Gelenke,<br />

Bänder) aus, Neurone des Trigeminus-<br />

C2-Kernes spielen jedoch eine wichtige Rolle<br />

in der Verarbeitung duraler Migräneschmerzen,<br />

welche mit den C2-Neuronen interagieren/konvergieren,<br />

sodass diese trigeminalen<br />

Schmerzen mithilfe bestimmter Mechanismen<br />

auch nach zervikal „übertragen“ werden<br />

oder dorthin ausstrahlen können. Seine<br />

Kernaussage „die HWS an sich hat mit der<br />

Migräne nichts zu tun, das Rückenmark sehr<br />

wohl“ fasst sein Referat zusammen.<br />

Sexualhormone in der Kopfschmerzbehandlung<br />

ist ein sehr kontrovers diskutiertes<br />

Thema. In den Referaten von Gabriele<br />

Sixt und Gernot Luthringshausen wurden die<br />

Hintergründe und Zusammenhänge der<br />

Östrogene (mögliche Wechselwirkungen mit<br />

trigeminalem Schmerzsystem) in der Migräne<br />

dargelegt:<br />

Studien von MacGregor (2006) bestätigen<br />

einen Zusammenhang zwischen Migräne und<br />

wechselnden Östrogenspiegeln und unterstützen<br />

die Hypothese der perimenstruellen,<br />

nicht aber der postovulatorischen „Östrogenentzugsmigräne“.<br />

In der von MacGregor<br />

durchgeführten Therapiestudie bei „menstru-<br />

60<br />

eller Migräne“ kam es zwar unter Hormongabe<br />

zu einer anfänglichen Besserung der Intensität<br />

und der Begleiterscheinungen, jedoch<br />

zu einem Anstieg (40 %) der Migräneattacken<br />

5 Tage danach.<br />

Gabriele Sixt präsentierte dagegen Studien,<br />

die zeigen, dass durch subkutane Östrogenimplantate<br />

bzw. durch Suppression des<br />

Östrogenzyklus mit Tamoxifen eine Besserung<br />

und auch Kopfschmerzfreiheit zu erzielen ist.<br />

Antidepressiva in der Migränetherapie:<br />

Ulf Baumhackl erläuterte in seinem Pro-Referat,<br />

dass Amitriptylin in der Prophylaxe der<br />

Migräne nachweislich wirksam sei, wo<strong>für</strong><br />

ausreichend placebokontrollierte Studien vorliegen.<br />

Zu empfehlen seien auch SSRI, wenn<br />

trizyklische Antidepressiva nicht wirksam sind<br />

oder Nebenwirkungen auftreten. SSRI könnten<br />

bei Vorliegen von Komorbiditäten (z. B.<br />

Migräne und chronischem Spannungskopfschmerz<br />

oder Migräne und Depression) sehr<br />

gut eingesetzt werden, wobei niedrigere Dosierungen<br />

verwendet werden sollten.<br />

Christian Lampl hielt dagegen, dass in Studien<br />

(vorwiegend in den USA) die Migränefrequenz<br />

nur ein Kriterium war und das Vorhandensein<br />

einer Depression kein Ausschlusskriterium<br />

darstellte. Lediglich <strong>für</strong> eine<br />

Subgruppe von Patienten mit Depression<br />

wären Antidepressiva in der Migräneprophylaxe<br />

zu überlegen.<br />

Migränetrigger Speisen und Getränke:<br />

Sehr ausführlich wurden die Themen „Speisen<br />

und Getränke als Auslöser <strong>für</strong> Kopfschmerzen“<br />

von Andreas R. Gantenbein und<br />

Stefanie Förderreuther behandelt, die sehr<br />

kritisch zu den häufig individuell angenommenen<br />

„Migränetriggern“ Stellung bezogen.<br />

Die größte Bedeutung habe sicherlich Alkohol,<br />

die Bedeutung bei Migräne wird aber<br />

überschätzt und ist schwer objektivierbar. Interessant<br />

war auch die Feststellung von Förderreuther,<br />

dass biogene Amine, Nitrate,<br />

Glutamat keine gesicherten Trigger wären<br />

und indirekten Faktoren mehr Bedeutung zukomme.<br />

Kopfschmerz und Wetter: Zum Thema<br />

„Kopfschmerz und Wetter – besteht ein Zusammenhang?“,<br />

legte Karin Zebenholzer<br />

Studien über den Effekt des Wetters von<br />

Prince et al. (Headache 2004) vor, die zeigen,<br />

dass ein signifikanter Teil der Migränebetroffenen<br />

an Wetter als Triggerfaktor<br />

glaubt, dies jedoch nicht mit objektivierbaren<br />

meteorologischen Daten korreliert. Die<br />

meisten Patienten sind sensibel <strong>für</strong> Temperatur<br />

und Feuchtigkeit. Gernot Luthringshausen<br />

stellte die Frage der „Wetterfühligkeit“<br />

und „Wetterempfindlichkeit“ in den Raum<br />

und legte dar, dass bei wetterfühligen Befragten<br />

wetterassoziierte Beschwerden – je<br />

nach Altersgruppe Kopfschmerzen, Müdigkeit,<br />

Gelenksschmerzen und Erschöpfung –<br />

dominieren (Höppe et al., DMW 2002). In<br />

einer weiteren Studie wurde keine auffällige<br />

Häufung von Kopfschmerzleiden in Zusammenhang<br />

mit Windrichtung, Windstärke,<br />

Luftdruck, Luftfeuchte und Temperatur gefunden<br />

(Wilkinson M., Headache 1979). Es<br />

gibt kein definierbares „Migränewetter“. Der<br />

positive Einfluss des Wetters auf die Befindlichkeit<br />

rückt in den Hintergrund.<br />

Das 1. Drei-Länder-Eck-Kopfschmerzsymposium<br />

brachte durch die Vielfalt der Themen,<br />

die engagierten RednerInnen und das<br />

meist volle Plenum sehr interessante Diskussionen<br />

und konnte <strong>für</strong> den Einzelnen neue<br />

Wissensinhalte bieten. Eine Fortsetzung dieses<br />

Symposiums wurde von allen gewünscht<br />

und ist <strong>für</strong> 2010 in Planung.


NEUROLOGIE AKTUELL<br />

Neuromuskuläre Erkrankungen<br />

Neuromuskuläre Akademie der ÖGN<br />

DDie ÖGN wird ab 2008 eine jährliche Akademie<br />

<strong>für</strong> neuromuskuläre Krankheiten einrichten.<br />

Diese Veranstaltung soll jeweils einen<br />

Tag dauern und vor allem FachärztInnen ansprechen,<br />

die sich mit neuromuskulären<br />

Krankheitsbildern beschäftigen. Selbstverständlich<br />

sind auch ÄrztInnen in Ausbildung<br />

sehr willkommen. Diese Veranstaltungsreihe<br />

soll keine „Basis“-Ausbildung im Sinne der<br />

Elektrophysiologie sein, sondern das Spektrum<br />

neuromuskulärer Krankheiten auf<br />

hohem Niveau darstellen und ergänzen. Um<br />

diese weit reichenden Anspruch zu verwirklichen,<br />

werden auch SprecherInnen aus dem<br />

Ausland eingeladen.<br />

Der Veranstaltungsort wird jährlich rotieren.<br />

Die erste Veranstaltung ist am 31. 10. 2008<br />

im KFJ Wien geplant, 2009 wird die nächste<br />

Veranstaltung in Innsbruck stattfinden.<br />

AAnfang Mai 2008 fand im Elisabethinen-Krankenhaus in Klagenfurt<br />

ein ExpertInnenmeeting zum Thema chirurgische Schmerz- und Engpass-Syndrome<br />

der unteren Extremität statt.<br />

Anliegen von Prof. Millesi und Doz. Schmidhammer (Millesi-Center<br />

Wien) war es, Nervenläsionen der unteren Extremität mit ExpertInnen<br />

aus <strong>Neurologie</strong>, plastischer und rekonstruktiver Chirurgie, Unfallchirurgie<br />

und Orthopädie zu diskutieren. Mit Systematik und Akribie<br />

wurden alle gängigen Nerven der unteren Extremität behandelt, wobei<br />

auch kleine Hautnervenäste gesondert beleuchtet wurden.<br />

Drei Aspekte wurden besonders erwähnt:<br />

• peripher neurologisch bedingte Schmerzsyndrome an der UE und<br />

deren Behandlung,<br />

• die Sicht der PatientenanwältInnen zu Aufklärung, Information<br />

und Umgang mit PatientInnen,<br />

• die Frage der Begutachtung peripherer Nervenläsionen.<br />

Das Symposium ermöglichte Einblicke in die Praxis der Nervenchirurgie<br />

und bearbeitete Aspekte der Zuweisung, Diagnostik und Prognose.<br />

Aus der Sicht der ChirurgInnen ist das Interesse des Faches <strong>Neurologie</strong><br />

an den peripheren Nervenläsionen oft gering, und die Ergeb-<br />

66<br />

Für diese erste Veranstaltung wurde das<br />

Thema neuromuskuläre Übertragungsstörungen<br />

– im speziellen Myasthenia gravis und<br />

ihre Varianten, Lambert-Eaton-Syndrom und<br />

die selteneren Hyperexzitabilitätssyndrome –<br />

gewählt.<br />

Als ausländische Experten konnten wir Prof.<br />

Gilhus (Bergen) und Prof. Hart (Liverpool) gewinnen,<br />

die zusammen mit ExpertInnen aus<br />

ganz Österreich dieses wichtige Thema besprechen<br />

und auf den letzten Stand bringen<br />

wollen. Neben den Vorträgen wird ausreichend<br />

Zeit <strong>für</strong> Diskussionen zur Verfügung<br />

stehen.<br />

Für 30. 10. 2008 ist im KFJ Wien ein Satellitensymposium<br />

der Firma CLS Behring mit<br />

dem Thema CIDP („Chronic Inflammatory<br />

Demyelinating Neuropathy“) und multifokale<br />

motorische Neuropathie mit Leitungsblock<br />

geplant. Als Sprecher werden Prof. Richard<br />

Hughes (London) und Prof. Eduardo Nobile<br />

Orazio (Mailand) nach Wien kommen. Ergänzt<br />

werden die Referate durch Vorträge<br />

von Prof. Löscher und Prof. Quasthoff. Anschließend<br />

sind Einzelseminare mit den Sprechern<br />

vorgesehen. Für diese Veranstaltung<br />

ist nur eine begrenzte Anzahl von Teilnehmern<br />

möglich.<br />

Fortbildung<br />

neuromuskuläre Krankheiten<br />

Termin: 30.–31. 10. 2008<br />

Ort: Mehrzwecksaal,<br />

Geriatriezentrum Favoriten,<br />

Kaiser-Franz-Josef-Spital, Wien<br />

Anmeldung über die ÖGN (Sekretariat)<br />

Chirurgische Schmerz-<br />

und Engpass-Syndrome der unteren Extremität<br />

Mikroskopische Aufnahme eines peripheren Nervenschnitts.


FOTO: SCIENCE PHOTO LIBRARY/PICTUREDESK.COM<br />

nisse der Elektroneurodiagnostik beantworten die Fragen der plastischen<br />

Chirurgie nicht immer ausreichend. Vorgeschlagen wird auch<br />

bei der Nervenchirurgie ein interdisziplinärer Ansatz, bei dem Fragestellungen<br />

präzisiert werden können und der eine optimale Versorgung<br />

der Patienten ermöglicht.<br />

Einzelnervenläsionen: Von mehreren Vortragenden wurde anhand<br />

von Fällen gezeigt, dass eine „Einzelnervenläsion“, als Beispiel wurde<br />

der N. femoralis genannt, wichtige Funktionen in der Bewegungskette<br />

haben und schwere Störungen zur Folge haben können. Relativ<br />

„triviale“ Störungen von sensiblen Nerven, wie N. cutaneus femoris<br />

lateralis, N. saphenus und Ramus infrapatellaris führen zwar<br />

zu keinen dramatischen „neurologischen Ausfällen“, sind aber <strong>für</strong><br />

die PatientInnen aufgrund von Schmerzen, Sensibilitätsstörungen<br />

oder praktischen Behinderungen sehr einschränkend.<br />

Viel Raum wurde dem Kompressionssyndrom des N. pudendus und<br />

Chemotherapieinduzierte Neuropathien<br />

Vor kurzem publizierten Windebank und Grisold einen sehr umfangreichen<br />

Übersichtsartikel über chemotherapieinduzierte Neuropathien<br />

(CIN)1.<br />

Die Autoren definieren die wichtigsten Probleme, die sich dem/der<br />

behandelnden NeurologIn stellen:<br />

• Sind die subjektiven Beschwerden und die klinischen Zeichen<br />

Ausdruck einer Neuropathie?<br />

• Wenn ja, ist die Neuropathie Folge des Tumors, Folge der<br />

Chemotherapie oder unabhängig von beiden?<br />

• Soll die Chemotherapie aufgrund der Neuropathie geändert<br />

oder gestoppt werden?<br />

• Was ist die beste Behandlung der neuropathischen<br />

Beschwerden?<br />

Die typischen Beschwerden der CIN werden <strong>für</strong> die am häufigsten<br />

verwendeten Chemotherapeutika beschrieben, ebenso wie die Häufigkeit<br />

des Auftretens von CIN, typische elektrophysiologische Befunde,<br />

Wirkmechanismen und Prognose. Nachdem sich viele der<br />

verwendeten Chemotherapeutika durch stereotype klinische Verläufe<br />

auszeichnen, ist deren Kenntnis zur Beantwortung der Frage, ob<br />

eine Neuropathie chemotherapieinduziert ist, besonders wichtig.<br />

Weiters diskutieren die Autoren die Neurotoxizität von Kombinatio-<br />

Zusammengestellt im Namen<br />

des Beirats „Neuromuskuläre Erkrankungen“:<br />

Prim. Univ.-Prof. Dr.<br />

Wolfgang Grisold<br />

Neurologische Abteilung<br />

KFJ Wien<br />

Univ.-Prof. Dr.<br />

Wolfgang Löscher<br />

Neurologische<br />

Universitätsklinik<br />

Innsbruck<br />

des N. tibialis im Tarsaltunnel bei PatientInnen mit Diabetes mellitus<br />

eingeräumt. Insbesondere die von Assmann (Wien) und Dellon (USA)<br />

vorgeschlagene präventive Nervendekompression an Engstellen bei<br />

Diabetes mellitus wurde kontroversiell diskutiert.<br />

Der Fuß ist nicht nur im Rahmen von Polyneuropathien betroffen,<br />

sondern es existieren neben dem bekannten vorderen und hinteren<br />

Tarsaltunnelsyndrom auch weniger bekannte Nervenverletzungen und<br />

Engpasssyndrome wie z. B. Läsionen des N. calcaneus, Kompartmentsyndrome<br />

des Fußes, Irritationen der N. digitales plantares, Ganglien,<br />

Nervenverletzungen bei Operationen von Sprunggelenksverletzungen,<br />

N.-suralis-Verletzungen und Nervenläsionen am Fuß nach<br />

Osteotomien.<br />

Praktisch relevant waren die zahlreichen interdisziplinären Diskussionen,<br />

die auf konservativer Seite das Verständnis <strong>für</strong> Läsionen und<br />

die weiten Möglichkeiten der chirurgischen Interventionen erkennen<br />

ließen.<br />

nen von Chemotherapeutika, welche theoretisch synergistische und<br />

additive Effekte haben könnte. Wenige Daten liegen vor, aber die<br />

Erfahrung aus klinischen Studien zeigt, dass eine solche additive<br />

Wirkung zumindest nicht von praktischer Relevanz ist.<br />

Vorbestehende Neuropathie: Eine häufig gestellte Frage ist, ob<br />

Patienten mit vorbestehender Neuropathie ein erhöhtes Risiko <strong>für</strong><br />

eine CIN besitzen, wie in etlichen Fallberichten vermutet wird. Windebank<br />

und Grisold stellen dies zur Diskussion und zitieren auch<br />

eine Arbeit aus dem Jahre 2003 (Goetz et al.), die bei PatientInnen<br />

mit vorbestehendem Diabetes kein erhöhtes Risiko <strong>für</strong> eine CIN<br />

fand, und empfehlen angesichts dieser Daten, die Schwere der Neuropathie<br />

genau zu monitieren, um eine etwaige Verschlechterung<br />

rechtzeitig zu erkennen.<br />

Das Management von CIN-Patienten entspricht im Wesentlichen dem<br />

aller PatientInnen mit Neuropathie – je nach Beschwerden Schmerztherapie,<br />

Physiotherapie, Ergotherapie, Prävention und Behandlung<br />

trophischer Störungen. Eine Prävention der CIP ist entsprechend einer<br />

Analyse der vorliegenden Daten leider noch nicht möglich.<br />

1 Windebank A. J., Grisold W., Chemotherapy-induced neuropathy.<br />

J Peripher Nerv Syst. 2008; 13(1):27-46)<br />

67


NEUROLOGIE AKTUELL<br />

Multiple Sklerose<br />

MRT bei multipler Sklerose<br />

Neue Entwicklungen<br />

In den letzten Jahren waren wir bemüht, uns<br />

intensiv mit MRT-Befunden zur Diagnosestellung<br />

der MS auseinanderzusetzen. Lage,<br />

Zahl, und Kontrastmittelaufnahme fokaler Signalveränderungen<br />

liefern die Entscheidungsgrundlage,<br />

ob wir anhand der modifizierten<br />

Barkhof-Kriterien eine örtliche Dissemination<br />

der Erkrankung belegen können.<br />

Auch <strong>für</strong> den Nachweis der zeitlichen Dissemination<br />

geben die 2005 modifizierten<br />

McDonald-Kriterien genaue Anweisungen.<br />

Die strikten zeitlichen Vorgaben, wann MRT-<br />

Untersuchungen durchgeführt werden müssen,<br />

um sie als Referenz oder Verlaufsuntersuchung<br />

verwerten zu können, machen die<br />

Umsetzung in der klinischen Praxis allerdings<br />

oft recht schwierig.<br />

Die Arbeitsgruppe von David Miller hat deshalb<br />

versucht, Vereinfachungen vorzunehmen<br />

1 und diese in einer multizentrischen retrospektiven<br />

Untersuchung validiert 2 .<br />

Vorschlag <strong>für</strong> vereinfachte MRT-MS-Kriterien:<br />

Diese neuen Kriterien (Tab.) zeichnen<br />

sich dadurch aus, dass die Zahl der festgestellten<br />

Signalveränderungen und der Nachweis<br />

einer Kontrastmittel aufnehmenden Läsion<br />

<strong>für</strong> den Nachweis der räumlichen Dissemination<br />

keine Rolle mehr spielen. Dies ist<br />

insofern ein Vorteil, als eine gewisse Varianz<br />

der Feststellung fokaler Signalveränderungen<br />

unvermeidbar ist und auch MRT-Untersuchungen<br />

ohne Kontrastmittelapplikation<br />

somit den gesamten notwendigen Informationsgehalt<br />

liefern.<br />

Die wesentlichste Vereinfachung ergibt sich<br />

aber wohl im Hinblick auf die Bestimmung<br />

der zeitlichen Dissemination, wo<strong>für</strong> als<br />

Grundlage einerseits jede MRT-Untersuchung<br />

68<br />

Zusammengestellt im Namen<br />

des Beirats „Multiple Sklerose“:<br />

unabhängig vom Abstand zum Akutereignis<br />

herangezogen werden kann, andererseits als<br />

Zeichen weiterer Krankheitsaktivität primär<br />

das Auftreten neuer T 2-Hyperintensitäten (wiederum<br />

ohne Berücksichtigung der Kontrastmittelaufnahme)<br />

gewertet wird.<br />

Höhere Sensitivität: Wie ein Vergleich mit<br />

den derzeit gültigen Diagnosekriterien zeigte,<br />

ergeben sich durch diese Modifikationen<br />

auch keine wesentlichen Einbußen der Spezifität<br />

und eine sogar etwas höhere Sensitivität<br />

im frühen Erfassen von MS-PatientInnen.<br />

Eine zukünftige Bearbeitung der McDonald-Kriterien<br />

wird diese Vorschläge also<br />

sicher berücksichtigen.<br />

Unabhängig von den wünschenswerten diagnostischen<br />

Vereinfachungen ist jedenfalls zu<br />

bedenken, dass gerade im Hinblick auf die<br />

Beurteilung der zeitlichen Dissemination, also<br />

des Neuauftretens von Läsionen, die Ausgangs-<br />

und die Verlaufsuntersuchung in Qualität<br />

und Schichtführung vergleichbar sein<br />

müssen.<br />

Univ.-Prof. Dr.<br />

Franz Fazekas<br />

Priv.-Doz. Dr.<br />

Christian Enzinger<br />

Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Medizinische Universität Graz<br />

Die Magnetresonanztomographie (MRT) hat bereits einen fixen Stellenwert im Management von MS-<br />

PatientInnen. Ihre Möglichkeiten sind aber noch keineswegs voll ausgelotet, wie jüngere Forschungsergebnisse<br />

zeigen. Zur Illustration dazu einige neue Entwicklungen.<br />

Frühere Diagnosestellung? Mit ständiger<br />

Verbesserung der MR-Technologie sowie zunehmendem<br />

Einsatz von Geräten höherer<br />

Feldstärke ergibt sich deshalb auch die Frage,<br />

inwieweit dadurch die Diagnose einer MS<br />

noch früher erfüllt wird bzw. gestellt werden<br />

kann.<br />

Drei Arbeiten von Wattjes M. P. et al. 3–5<br />

haben dazu wichtige Daten geliefert. Die<br />

UntersucherInnen führten bei 40 PatientInnen<br />

mit klinisch isoliertem Syndrom sowohl<br />

zu Beginn als auch bei den Verlaufsuntersuchungen<br />

parallel jeweils Untersuchungen<br />

an 1,5-Tesla- und 3-Tesla-MR-Geräten<br />

durch.<br />

Nicht unerwartet ließ die höhere Feldstärke<br />

(3 Tesla) mehr Läsionen nachweisen, wobei<br />

bei 3 Tesla insbesondere infratentorielle und<br />

juxtakortikale Läsionen zur Darstellung gelangten,<br />

welche mit 1,5 Tesla nicht erkannt<br />

worden wären. Damit erfüllten auch mehr<br />

PatientInnen die modifizierten Barkhof-Kriterien<br />

<strong>für</strong> den Nachweis einer örtlichen Dissemination<br />

der Erkrankung.<br />

Tab.: Modifikation der MRT-MS-Diagnosekriterien nach Swanton J. K.<br />

(Lancet Neurol 2007)<br />

Örtliche Dissemination Zeitliche Dissemination<br />

� 1 Läsion in � 2 charakteristischen Lokalisationen: Eine neue T2-Läsion in der MRT-<br />

• Periventrikulär Verlaufsuntersuchung unabhängig<br />

• Juxtakortikal<br />

• Hirnstamm und Kleinhirn<br />

• Rückenmark<br />

vom Timing des Ausgangsscans<br />

Bei Hirnstamm- und Rückenmarksyndromen dürfen<br />

Läsionen in der symptomatischen Region nicht<br />

gewertet werden<br />

FOTO: FURGLER


NEUROLOGIE AKTUELL<br />

Multiple Sklerose<br />

Im Bezug auf die von Swanton vorgeschlagene<br />

Vereinfachung der MRT-Diagnosekriterien<br />

war dieser Unterschied weniger ausgeprägt<br />

und insgesamt gesehen, d. h. auch<br />

unter Berücksichtigung des Nachweises einer<br />

zeitlichen Dissemination von keiner Relevanz,<br />

wenn man jeweils die mit gleicher Feldstärke<br />

durchgeführten Untersuchungen miteinander<br />

verglich.<br />

Diese Ergebnisse sind dahingehend beruhigend,<br />

als auch mit 1,5-Tesla-Geräten kaum<br />

eine diagnostizierbare MS übersehen werden<br />

sollte. Zur Beurteilung der Krankheitsaktivität<br />

müssen aber jedenfalls die Ausgangs- und<br />

Folgeuntersuchung mit derselben MRT-Feldstärke<br />

vorgenommen werden.<br />

Hinweise zur Pathophysiologie: Neben<br />

dem diagnostischen Einsatz versprechen wir<br />

uns von MRT-Untersuchungen auch eine gewisse<br />

Reflexion pathophysiologischer Abläufe<br />

zur Beurteilung der Krankheitsprogression<br />

und Prognoseabschätzung. Zwei Untersuchungen<br />

aus der Arbeitsgruppe von Bruce<br />

Trapp und Richard Rudick zeigen mögliche<br />

neue Zusammenhänge auf.<br />

In einer histopathologischen MRT-Vergleichuntersuchung<br />

bestätigten Elisabeth Fisher et<br />

al. 6 , dass MS-Läsionen mit T1-Hypointensität<br />

(so genannte Black Holes) und einer reduzierten<br />

Magnetisierungstransferrate (MTR)<br />

weniger Axone enthalten. Sie beobachteten<br />

zudem, dass die Axone in den betreffenden<br />

Läsionen teilweise geschwollen waren. Der<br />

dadurch höhere Flüssigkeitsgehalt liefert eine<br />

gute Erklärung <strong>für</strong> die beobachteten Signalveränderungen.<br />

In Ergänzung dazu konnten nun Young E.<br />

A. et al. 7 nachweisen, dass diese geschwollenen<br />

Axone in der Mehrzahl der Fälle wahrscheinlich<br />

funktionell inaktiv sind. Sie fanden<br />

nämlich, dass geschwollene Axone in chronischen<br />

MS-Läsionen zum großen Teil keine<br />

70<br />

Abb.: 20-jährige Patientin mit schubförmiger MS<br />

Beim Vergleich axialer T2-gewichteter Sequenzen erscheinen die 3.0-Tesla Aufnahmen etwas<br />

schärfer konturiert (z. B. bessere Differenzierung von Kortex und Marklager infolge eines günstigeren<br />

Signal-Rausch-Verhältnisses). Einzelne kleine fokale Signalveränderungen sind gegenüber der<br />

Untersuchung bei 1.5-Tesla zusätzlich zu erkennen (Pfeile)<br />

oder nur geringe Na + /K + -ATPase enthalten,<br />

welche <strong>für</strong> die Erregungsleitung essenziell ist.<br />

Das Fehlen der Na + /K + -ATPase wäre auch eine<br />

Erklärung <strong>für</strong> die Schwellung der Axone, da<br />

damit die axonale Homöostase nicht mehr<br />

ausreichend aufrechterhalten werden kann.<br />

Diese Befunde weisen somit auf einen weiteren<br />

pathophysiologischen Mechanismus<br />

hin, der zur neurologischen Dysfunktion im<br />

Rahmen des Fortschreitens der MS beitragen<br />

kann.<br />

Die MRT-Marker T 1 Black Holes und eine<br />

MTR-Reduktion zeigen weiters nicht nur eine<br />

Verminderung der Axonendichte an, sondern<br />

vermögen offensichtlich auch jene Läsionen<br />

zu identifizieren, in denen axonale Schwellung<br />

und damit auch neuronale Dysfunktion<br />

vorliegen.<br />

Zukünftige Verlaufsuntersuchungen: Inwieweit<br />

damit die genannten MRT-Marker<br />

auch eine Möglichkeit zur Verlaufsbeurteilung<br />

der Funktionalität von Axonen und der<br />

Beeinflussbarkeit dieses Prozesses durch the-<br />

rapeutische Intervention darstellen, müssen<br />

zukünftige läsionale Verlaufsuntersuchungen<br />

zeigen. Bereits jetzt liefern die berichteten<br />

Daten jedenfalls eine weitere interessante Erklärungsmöglichkeit<br />

<strong>für</strong> die Entstehung der<br />

chronischen Behinderung bei MS.<br />

Literatur:<br />

1 Swanton J. K. et al., Modification of MRI criteria for<br />

multiple sclerosis in patients with clinically isolated<br />

syndromes.JNNP. 2006; 77(7):830-3.<br />

2 Swanton J. K. et al., MRI criteria for multiple sclerosis in<br />

patients presenting with clinically isolated syndromes: a<br />

multicentre retrospective study. Lancet Neurol 2007;<br />

6(8):677-86<br />

3 Wattjes M. P. et al., Higher sensitivity in the detection of<br />

inflammatory brain lesions in patients with clinically isolated<br />

syndromes suggestive of multiple sclerosis using<br />

high field MRI: an intraindividual comparison of 1.5 T<br />

with 3.0 T. Eur Radiol 2006; 16(9):2067-73.;<br />

4 Wattjes M. P. et al., Does high-field MR imaging have an<br />

influence on the classification of patients with clinically<br />

isolated syndromes according to current diagnostic MR<br />

imaging criteria for multiple sclerosis? AJNR Am J Neuroradiol<br />

2006; 27(8):1794-8.<br />

5 Wattjes M. P. et al., High field MR imaging and 1H-MR<br />

spectroscopy in clinically isolated syndromes suggestive<br />

of multiple sclerosis: correlation between metabolic alterations<br />

and diagnostic MR imaging criteria. J Neurol<br />

2008; 255(1):56-63<br />

6 Fisher E. et al., Imaging correlates of axonal swelling in<br />

chronic multiple sclerosis brains. Ann Neurol 2007;<br />

62(3):219-28<br />

7 Young E.A., et al., Imaging correlates of decreased<br />

axonal Na+/K+ ATPase in chronic multiple sclerosis<br />

lesions. Ann Neurol 2008; 63:428-35


NEUROLOGIE AKTUELL<br />

Demenz<br />

Vor einigen Jahren wurde gezeigt, dass Clioquinol in der Lage ist,<br />

durch die Bindung von Zink- und Kupferionen die �-Amyloid-Aggregation<br />

(A�) zu erniedrigen. Erste Therapieversuche erbrachten positive<br />

Ergebnisse, allerdings wurde die Entwicklung wegen Sicherheitsbedenken<br />

eingestellt.<br />

Eine Nachfolgesubstanz mit verbessertem Sicherheitsprofil, PBT2,<br />

wurde dann bis hin zur Anwendung an PatientInnen entwickelt. PBT2<br />

ist besser gehirngängig und zeigte in präklinischen Tests an transgenen<br />

Krankheitsmodellen Wirkungen, die auf einen sinnvollen therapeutischen<br />

Effekt hinwiesen. A�40 und A�42 wurden innerhalb kurzer<br />

Zeit nach oraler Administration signifikant gesenkt, die Gehirnpathologie<br />

verbesserte sich, und auch die kognitive Leistungsfähigkeit<br />

wurde gesteigert. Da die Daten der klinischen Phase I die Sicherheit<br />

von PBT2 bestätigten, wurde die Phase IIa gestartet.<br />

In dieser doppelblinden, multizentrischen, randomisierten Studie * wurden<br />

78 PatientInnen in Schweden und Australien entweder mit Placebo,<br />

PBT2 50 mg oder PBT2 250 mg einmal am Tag über einen<br />

Zeitraum von 12 Wochen behandelt. Die Analyse der Daten ergab,<br />

dass PBT2 dosisabhängig die CSF-A�42-Spiegel senkt, wobei der Effekt<br />

der 250 mg Dosis signifikant war (p = 0,006). Sieht man diese<br />

Reduktion als relevant an, sind die Ergebnisse positiv zu bewerten,<br />

insbesondere da sich auch signifikante Verbesserungen bei einigen<br />

Tests der Neuropsychological Test Battery (NTB) ergaben. Die Leistun-<br />

Zusammengestellt <strong>für</strong> den Beirat „Demenz:<br />

Dr. Manfred Windisch<br />

CEO & President, JSW-Research Forschungslabor, Graz<br />

Erste Resultate einer Phase-II-Studie bei Alzheimer-PatientInnen<br />

Hemmung der �-Amyloid-Aggregation<br />

durch Metallchelatoren<br />

Abb. 1: Durchschnittliche Veränderungen der<br />

CSF-Aß42-Spiegel (nach 12 Wochen)<br />

pg/ml<br />

30 -<br />

20 -<br />

10 -<br />

0 -<br />

–10 -<br />

–20 -<br />

–30 -<br />

–40 -<br />

–50 -<br />

n = 28<br />

n = 18<br />

n = 25<br />

p = 0,006<br />

vs. Placebo<br />

Placebo<br />

PBT2 50 mg<br />

PBT2 250 mg<br />

ITT Quelle: Prana Biotechnology Ltd<br />

gen im Kategorie Wortflüssigkeitstest (p = 0,028) und im Labyrinthtest<br />

(p = 0,005) verbesserten sich signifikant in der 250-mg-PBT2-<br />

Gruppe im Vergleich zu den KontrollpatientInnen.<br />

Es muss angemerkt werden, dass in anderen Tests der Batterie und<br />

auch im ADAS-Cog keine signifikanten Veränderungen festgestellt<br />

werden konnten, was hauptsächlich durch Substanzeffekte auf exekutive<br />

Funktionen erklärt werden kann, die der ADAS nicht umfasst.<br />

Kommentar: Die Studie muss mit Vorsicht interpretiert werden, da<br />

es sich zum einen um relativ kleine PatientInnengruppen handelt und<br />

die beobachteten Verbesserungen nicht in den globalen Beurteilungsskalen<br />

nachgewiesen werden konnten. Auf jeden Fall geben die Resultate<br />

Hoffnung, dass amyloidbasierende Medikamente bald eine<br />

Bereicherung der Alzheimer-Therapie darstellen könnten.<br />

* noch nicht publiziert<br />

Literatur:<br />

- Doraiswamy P.M., Xiong G., Pharmacological strategies for the prevention of<br />

Alzheimer’s disease. Expert Opinion on Pharmacotherapy 2006; 7:1-10.<br />

- Ritchie C.W., Bush A.I., Masters C.L., Metal-protein attenuating compounds and<br />

Alzheimer’s disease. Expert Opinion on Investigational Drugs<br />

2004; 13:1585-92.<br />

- Treiber C., Simons A., Strauss M. et al., Clioquinol mediates copper uptake<br />

and counteracts copper efflux activities of the amyloid precursor protein<br />

of Alzheimer’s disease. Journal of Biological Chemistry 2004; 279:51958-64.<br />

Abb. 2: Verbesserungen bei der Wortflüssigkeit (nach<br />

12 Wochen) Neuropsychological Test Battery (NTB)<br />

Kategorie Wortflüssigkeit<br />

3 -<br />

2.5 -<br />

2 -<br />

1,5 -<br />

1 -<br />

0,5 -<br />

0 -<br />

–0,5 -<br />

Placebo<br />

PBT2 50 mg<br />

PBT2 250 mg<br />

n = 28<br />

n = 28<br />

p = 0,041<br />

vs. Placebo<br />

n = 28<br />

ITT Quelle: Prana Biotechnology Ltd<br />

71


NEUROLOGIE AKTUELL<br />

Neurogeriatrie<br />

Hypertoniebehandlung ab dem 80. Lebensjahr<br />

Daten der HYVET-Studie<br />

Die bisherige Datenlage zur Hypertoniebehandlung<br />

alter Menschen jenseits des 80. Lebensjahres<br />

war zwiespältig. So konnten mehrere<br />

Studien belegen, dass durch Senkung<br />

des Blutdruckes auch bei alten Menschen<br />

eine Reduktion des Schlaganfallrisikos erzielbar<br />

ist, allerdings zeigten andere Arbeiten,<br />

dass Blutdruck und Sterblichkeit in dieser Altersgruppe<br />

in inverser Beziehung stehen.<br />

Diese inverse Beziehung, d. h. dass Menschen<br />

mit niedrigerem Blutdruck eine höhere<br />

Sterblichkeit haben, ist möglicherweise mit<br />

Erkrankungen, die zu einer Blutdrucksenkung<br />

führen (z. B. maligne Erkrankungen, Demenz,<br />

Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz) erklärbar.<br />

HYVET-Studie: In der vor kurzem publizierten<br />

HYVET-Studie 1 wurden 3.845 PatientInnen<br />

aus Europa, China, Australien und Tunesien<br />

randomisiert aufgenommen, die 80<br />

Jahre oder älter waren und einen wiederholt<br />

gemessenen Blutdruck von zumindest 160<br />

mmHg systolisch aufwiesen. Die Behandlung<br />

erfolgte entweder mit täglich 1,5 mg Indapamid<br />

in Retardform oder Placebo, bei Nichterreichen<br />

des Blutdruckziels von 150/80<br />

mmHg wurde der ACE-Hemmer Perindopril<br />

(2 oder 4 mg) zugegeben. Primärer Endpunkt<br />

der Studie war tödlicher oder nicht tödlicher<br />

Schlaganfall.<br />

Ergebnisse: Die Behandlungsgruppe und die<br />

Placebogruppe waren ausgeglichen gematcht:<br />

Das mittlere Alter war knapp 84<br />

Jahre, der mittlere Blutdruck lag bei 173/91<br />

mmHg, wobei 11,8 % eine Vorgeschichte<br />

mit kardiovaskulären Erkrankungen aufwiesen.<br />

Die mittlere Beobachtungszeit betrug<br />

1,8 Jahre.<br />

In der Behandlungsgruppe konnte der Blutdruck<br />

im Vergleich zur Placebogruppe um<br />

15,0/6,1 mmHg gesenkt werden. In der Intention-to-Treat-Analyse<br />

zeigte die Behand-<br />

72<br />

Zusammengestellt im Namen des Beirats „Neurogeriatrie“:<br />

Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Iglseder<br />

Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsgesellschaft mbH<br />

Christian-Doppler-Klinik Universitätsklinik <strong>für</strong> Geriatrie<br />

lungsgruppe eine relative Risikoreduktion<br />

(RRR) von 30 % <strong>für</strong> fatale oder nicht fatale<br />

Schlaganfälle (95 % Konfidenzintervall –1<br />

–51, p = 0,06), eine relative Reduktion der<br />

Schlaganfallsterblichkeit um 39 % (95 %<br />

Konfidenzintervall 1–62, p = 0,05), eine RRR<br />

der Rate an Todesfällen jedweder Ursache<br />

um 21 % (95 % Konfidenzintervall 4–35, p<br />

= 0,02), eine RRR der Zahl kardiovaskulär bedingter<br />

Todesfälle um 23 % (95 % Konfidenzintervall<br />

–1–40, p = 0,06) sowie eine<br />

RRR der Fälle von Herzinsuffizienz um 64 %<br />

(95 % Konfidenzintervall 42–78, p < 0,001).<br />

Zudem wurden in der Verum-Gruppe schwerwiegende<br />

Nebenwirkungen seltener beobachtet<br />

(358 gegen 448 in der Placebogruppe,<br />

p = 0,001). Ergänzend konnten die Autoren<br />

zeigen, dass die positiven Effekte der<br />

Behandlung bereits innerhalb des 1. Jahres<br />

auftreten. Auch in der Per-Protokoll-Analyse<br />

fand sich eine Reduktion des Schlaganfallrisikos<br />

sowie des Risikos, an einem Schlaganfall<br />

zu versterben, was die Daten der Studie<br />

zusätzlich robust erscheinen lässt. Darüber<br />

hinaus zeigte die Studie eine Reduktion der<br />

Todesfälle jedweder Ursache, was ebenfalls<br />

bislang nur in wenigen Antihypertensiva-Studien<br />

gelungen ist.<br />

Abb.: Kardiovaskuläre Endpunkte in der HYVET-Studie<br />

Schlaganfälle gesamt<br />

Tödliche Schlaganfälle<br />

Tod jeder UIrsache<br />

Nicht-KV-Tod,<br />

Tod unbekannter Ursache<br />

KV-Tod<br />

kardialer Tod<br />

Herzinsuffzienz<br />

Kardiovaskuläre Ereignisse<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

0,1 0,2 0,5 0 2<br />

Einschränkend ist anzuführen, dass die Studienpatienten,<br />

die zu Hause verstarben, nur<br />

unzureichend bezüglich der genauen Todesursache<br />

erfasst werden konnten und akute<br />

und unerwartete Todesfälle vom Studienkomitee<br />

als kardiovaskulär bedingt eingestuft<br />

wurden.<br />

Schlussfolgerungen: Die Autoren folgern<br />

aus den Ergebnissen, dass eine antihypertensive<br />

Behandlung mit Indapamid in Retardform<br />

mit oder ohne Perindopril bei Personen,<br />

die zumindest 80 Jahre alt sind, einen<br />

Vorteil bietet. Des Weiteren schließen die Autoren,<br />

dass ein Zielblutdruck von 150/80<br />

mmHg aus den Daten abgeleitet werden<br />

kann.<br />

Kommentar: Ob eine stärkere Blutdrucksenkung<br />

von zusätzlichem Nutzen ist, kann aus<br />

den Daten von HYVET nicht beantwortet<br />

werden. Insgesamt kann aus der Studie gefolgert<br />

werden, dass auch bei Hochbetagten<br />

eine moderate Blutdrucksenkung einen klinischen<br />

Benefit bietet.<br />

1 Treatment of hypertension in patients 80 years of age<br />

or older. Beckett N. S. et al., for the HYVET-Study<br />

Group; N Engl J Med 2008; 358(18):1887-98.<br />

-<br />

Hazard-Ratio 95%-KI<br />

0,70 (0,49, 1,01)<br />

0,61 (0,38, 0,99)<br />

0,79 (0,65, 0,95)<br />

0,81 (0,62, 1,06)<br />

0,77 (0,60, 1,01)<br />

0,71 (0,42, 1,19)<br />

0,36 (0,22, 0,58)<br />

0,66 (0,53, 0,82)


NEUROLOGIE AKTUELL<br />

Neurochirurgie<br />

Dekompressive Hemikraniektomie<br />

bei malignem Mediainfarkt<br />

Die Ergebnisse randomisierter Studien lassen<br />

es sinnvoll erscheinen, die Möglichkeit einer<br />

dekompressiven Hemikraniektomie beim so<br />

genannten malignen Mediainfarkt anzubieten<br />

1 . Bisherige Studien zeigen, dass nicht nur<br />

eine Reduzierung der Mortalität, sondern<br />

auch funktionelle Unabhängigkeit bei etwa<br />

74<br />

20–25 % der PatientInnen erreicht werden<br />

kann. Ausschlaggebend ist die Identifizierung<br />

der besten chirurgischen Kandidaten, wobei<br />

noch nicht alle Selektionskriterien, die einen<br />

größtmöglichen Vorteil durch die Operation<br />

versprechen, genau definiert sind.<br />

Die folgenden Kriterien sollen dazu dienen,<br />

Tab.: Osteoklastische Entlastungskraniektomien bei malignem Mediainfarkt<br />

Einfluss auf Outcome<br />

Patientenzahl 32<br />

Geschlecht (m : f) 18 : 14 –<br />

Alter (median, Range) 48,5a (26a–68a) +<br />

Infarktareal MCA 24 (75 %) –<br />

MCA + ACA 8 (25 %)<br />

Lateralität rechtshemisphärisch 21 (65,6 %) –<br />

linkshemisphärisch 11 (34,4 %)<br />

Mydriasis vor Kraniektomie 13 (40,6 %) +<br />

Mittellinienverlagerung < 10 mm 3 –<br />

10–20 mm 14<br />

> 20 mm 8<br />

Intervall Infarkt – < 24 h 10 –<br />

Kraniektomie < 48 h 10<br />

< 72 h 5<br />

< 96 h 5<br />

< 120 h 2<br />

Die Tabelle zeigt die Ergebnisse osteoklastischer Entlastungskraniektomien bei malignem<br />

Mediainfarkt eines an der Univ.-Klinik <strong>für</strong> Neurochirurgie der Medizinischen Universität Wien<br />

im Zeitraum von 1995 bis 2008 behandelten Patientinnenkollektivs. Die Einschlusskriterien<br />

wurden über den Behandlungszeitraum adaptiert und decken sich nun mit den rezent<br />

publizierten Kriterien.<br />

Nur das Patientenalter und die Schwere der präoperativ vorliegenden Hirnstammkompression<br />

hatten Einfluss auf das neurologische Ergebnis, nicht jedoch das Ausmaß der Mittellinienverlagerung<br />

im CCT, die Mitbeteiligung des A.-cerebri-anterior-Stromgebietes oder die Lateralität<br />

des Infarktes.<br />

Vor dem Hintergrund der Schwere der behandelten Fälle (40,6 % Mydriasis ipsilateral präoperativ,<br />

> 90 % Mittellinienverlagerung > 10 mm präoperativ) ist das neurologische Outcome<br />

(15/32 Patienten bzw. 46,8 % des Kollektives in mRS2 (modifizierte Rankin-Skala Grad 2:<br />

leichte Behinderung) und mRS3 (modifizierte Rankin-Skala Grad 3: moderate Behinderung),<br />

Managementmortalität 3/32 Patienten bzw. 9,4 % des Kollektives) als günstig zu bewerten.<br />

ein einheitliches und kontrolliertes Vorgehen<br />

zu gewährleisten und eine möglichst erfolgreiche<br />

Durchführung der Operation wahrscheinlich<br />

zu machen.<br />

Einschlusskriterien<br />

1. Alter 18–50 Jahre. Einzelfall auch 51 bis<br />

60 Jahre. Bei Kindern (< 18 J.) wird die<br />

Indikation wenn möglich immer gestellt.<br />

Bei PatientInnen über 60 Jahre<br />

verspricht die Operation wenig Erfolg.<br />

2. Klinische Zeichen eines unilateralen<br />

Mediainfarktes.<br />

3. Hypodensität in der CCT oder Ausmaß<br />

der MRT-Diffusionsstörung mindestens<br />

über 50 % des Versorgungsgebietes der<br />

A. cerebri media. Die Notwendigkeit<br />

einer MRT <strong>für</strong> die OP-Entscheidung<br />

hängt von der lokalen Verfügbarkeit des<br />

MR-Gerätes ab.<br />

4. Der optimale Zeitrahmen der Intervention<br />

liegt zwischen 12 und 48 Stunden<br />

nach dem akuten Schlaganfall. Bei<br />

späteren Dekompressionen sinken<br />

wahrscheinlich die Erfolgschancen.<br />

Ausschlusskriterien<br />

1. Modifizierte Rankin-Skala � 2 oder<br />

Barthel-Index < 95 vor dem akuten<br />

Schlaganfall.<br />

2. Gleichzeitige oder zeitnahe andere<br />

Hirnschädigung – z. B. durch Trauma –<br />

zusätzlich zur Schädigung durch den<br />

Infarkt.<br />

3. Beidseitige weite, nicht reagible<br />

Pupillen.<br />

4. Glasgow-Koma-Skala � 8. Dieser Punkt<br />

ist kontrovers, wobei der Einschluss von<br />

komatösen PatientInnen den Erfolg der<br />

Operation wahrscheinlich senkt.<br />

5. Infarzierung einer gesamten Hirnhälfte.


6. Sekundäre raumfordernde Einblutung in<br />

das ischämische Infarktgebiet.<br />

7. Bekannte systemische Blutungskomplikation<br />

oder Gerinnungsstörung.<br />

8. Eine voraussichtliche Gesamtlebenserwartung<br />

von weniger als 3 Jahren.<br />

9. Andere schwere Erkrankung, die<br />

aufgrund der Gesamtprognose eine<br />

Behandlung als nicht sinnvoll<br />

erscheinen lässt.<br />

10. Thrombolyse innerhalb von 12 Stunden<br />

vor der Operation.<br />

11. Andere Kontraindikationen <strong>für</strong> eine<br />

operative Behandlung.<br />

Zusammengestellt im Namen<br />

des Beirats „Neurochirurgie“:<br />

Abb. 1: Totaler Mediainfarkt rechts mit beginnender<br />

Raumforderung und Mittellinienverlagerung.<br />

Univ.-Prof. Dr.<br />

Alain Barth<br />

Universitätsklinik <strong>für</strong><br />

Neurochirurgie,<br />

Graz<br />

Begleitende Therapie<br />

(vor eventueller Operation)<br />

Osmotherapie: Eine Osmotherapie wird bei<br />

Bewusstseineintrübung und wahrscheinlicher<br />

Raumforderung des Infarktes begonnen (z. B.:<br />

Mannitol 15%-ig 100 ml, 4-mal pro Tag oder<br />

Glycerosteril), wobei eine Serumosmolarität<br />

zwischen 315 und 320 ml Osmol angestrebt<br />

werden soll.<br />

Blutdruck: Zielwert wie üblich bei hypertensiven<br />

Patienten 180/100–105 mmHg und bei<br />

vormals normotensiven Patienten 160 bis<br />

Univ.-Prof. Dr. Univ.-Prof. Dr.<br />

Andreas Gruber Engelbert Knosp<br />

Universitätsklinik <strong>für</strong> Neurochirurgie,<br />

Wien<br />

Abb. 2: Status nach dekompressiver Hemikraniektomie<br />

und Duraerweiterungsplastik.<br />

Die gesamte ödematöse rechte Hemisphäre ist entlastet.<br />

180/90 mmHg <strong>für</strong> 3 Tage. Eine Senkung des<br />

Blutdrucks erfolgt ab 200 bis 220/110 bis<br />

120 mmHg.<br />

Intensivüberwachung: Solange Beatmungspflichtigkeit<br />

besteht, werden die Patienten<br />

an der Intensivstation behandelt, danach an<br />

der Intermediate Care Unit/Stroke Unit.<br />

1 Vahedi K. et al., 2007; „Early decompressive surgery<br />

in malignant infarction of the middle cerebral artery:<br />

A pooled analysis of three randomised controlled trials.“<br />

Lancet Neurology 6:215-22.<br />

Weitere Literatur bei den Verfassern<br />

75


NEUROLOGIE AKTUELL<br />

Palliativmedizin<br />

Palliative Care bei Patienten mit Gehirntumoren<br />

Das Management der von Gehirntumoren verursachten Symptome und der Nebenwirkungen der Therapie stellen<br />

<strong>für</strong> alle, die an der Behandlung mitarbeiten, eine Herausforderung dar. Die Kommunikation ist in vielen Fällen<br />

schwierig. Damit aber PatientInnen über Behandlungsoptionen entscheiden können, müssen ihnen die<br />

entsprechenden Informationen – empathisch – kommuniziert werden.<br />

Die Weltgesundheitsorganisation beschreibt<br />

Palliative Care als ein „Unterstützungssystem,<br />

das die PatientInnen durch Eingehen auf ihre<br />

individuellen Bedürfnisse in die Lage versetzen<br />

soll, die Beeinträchtigungen durch die<br />

Krankheit zu bewältigen und bis zum Tod<br />

ein aktives Leben zu führen.“<br />

Ziele von Palliative Care sind insbesondere<br />

die Erhaltung und Verbesserung der Lebensqualität,<br />

die Kontrolle belastender Symptome<br />

sowie die Ermöglichung eines würdigen<br />

Todes.<br />

Ein wesentlicher Aspekt dieses Prozesses ist<br />

die Einbeziehung der PatientInnen und ihrer<br />

Familien in die Therapieentscheidungen, was<br />

eine entsprechende Information, Aufklärung<br />

und Unterstützung voraussetzt.<br />

Primäre Gehirntumoren sind das achthäufigste<br />

Karzinom bei PatentInnen im arbeitsfähigen<br />

Alter und stehen an 5. Stelle<br />

bei den Todesursachen bei unter 65-Jährigen.<br />

Die Inzidenzrate liegt bei 8/100.000.<br />

Gliome sind mit 90 % die häufigsten primären<br />

Gehirntumoren. Zumeist handelt es<br />

sich um hochgradige Gliome, die mit einer<br />

ungünstigen Prognose verbunden sind,<br />

auch wenn der/die PatientIn auf die Therapie<br />

anspricht. Zusätzlich zu den primären<br />

Gehirntumoren entwickeln 20–40 % der<br />

PatientInnen mit anderen Karzinomen Gehirnmetastasen.<br />

Die Diagnose eines Gehirntumors hat erhebliche<br />

Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen.<br />

Zu den Symptomen zählen Beeinträchtigungen<br />

der Kommunikationsfähigkeit,<br />

der Kognition, physische Behinderungen, visuelle<br />

Defizite, Veränderungen der Sensorik,<br />

Persönlichkeitsveränderungen, Gedächtniseinbußen,<br />

eingeschränkte Zurechnungsfähig-<br />

76<br />

keit und veränderte Körperwahrnehmung.<br />

Da die Behandlung von Gehirntumoren oft<br />

palliativ ist, ist es besonders wichtig, dass die<br />

PatientInnen über Ablauf und Folgen informiert<br />

sind. Die Risiko-Benefit-Ratio der Therapie<br />

muss sorgfältig abgewogen werden. Zu<br />

den belastenden Nebenwirkungen der Behandlung<br />

zählen Alopezie, Hautreaktionen,<br />

Otitis, Fatigue; Somnolenz, Nausea und Erbrechen.<br />

Die PatientInnen fühlen sich verletzlich<br />

und leiden unter einem niedrigen Selbstwertgefühl<br />

und dem Entgleiten der Kontrolle.<br />

Zudem stellen viele der Behandlungen –<br />

wie z. B. eine 6-wöchige Strahlentherapie<br />

mit täglichen Spitalsterminen – einschneidende<br />

Eingriffe in den Alltag der PatientInnen<br />

dar.<br />

Erhöhter intrakranialer Druck: Bei PatientInnen<br />

mit hochgradigen Gliomen kommt es<br />

oft zu einem erhöhten intrakranialen Druck.<br />

Zur Reduktion der zerebralen Ödeme werden<br />

häufig Kortikosteroide eingesetzt. Daten<br />

aus klinischen Studien zu Kortikosteroiden<br />

liegen in dieser Indikation nicht vor, sodass<br />

der Einsatz auf klinischer Erfahrung und Expertenmeinung<br />

basiert. Da die Behandlung<br />

mit Kortikosteroiden mit zahlreichen Nebenwirkungen<br />

einhergeht, sollte die Symptomkontrolle<br />

mit einer möglichst niedrigen Dosis<br />

versucht werden. Zu den Nebenwirkungen<br />

zählen: gastrointestinale Beschwerden, Hyperglykämie,<br />

proximale Myopathie, Elektrolytverschiebungen,<br />

verringerte Immunabwehr,<br />

Insomnie, Flüssigkeitsretention, Hypertonie,<br />

Irritabilität und psychotische Zustände.<br />

Zudem kann sich die Körperwahrnehmung<br />

verändern, was nicht nur <strong>für</strong> PatientInnen,<br />

sondern auch <strong>für</strong> Angehörige sehr belastend<br />

ist.<br />

Epileptische Anfälle: Epileptische Anfälle<br />

sind mit einer Inzidenz von 35–70 % – abhängig<br />

von der Art und Lokalisation des Tumors<br />

– ein verbreitetes Symptom bei Gehirntumoren.<br />

Am häufigsten sind partielle und<br />

sekundär generalisierte Anfälle. Rezidivierende<br />

Anfälle wirken sich negativ auf die Lebensqualität<br />

aus und führen zu sozialer Isolation,<br />

Verlust an Selbstständigkeit und zu<br />

Fahrbeeinträchtigungen.<br />

Die Behandlung der Anfälle ist mitunter<br />

schwierig. So kann eine Therapie mit Antiepileptika<br />

(AE) zu einer Verschlechterung der<br />

kognitiven Beeinträchtigungen beitragen.<br />

Zudem ist wegen möglicher Interaktionen mit<br />

chemotherapeutischen Substanzen und<br />

wegen reduzierter Wirksamkeit der Kortikosteroide<br />

die Wahl des AE von besonderer Bedeutung.<br />

Da PatientInnen mit hochgradigen<br />

Gliomen ein erhöhtes Risiko <strong>für</strong> venöse<br />

Thromboembolien aufweisen, sollte ein AE<br />

gewählt werden, das keine Wechselwirkungen<br />

mit Antikoagulantien aufweist. Außerdem<br />

können AE zu einer Gewichtszunahme<br />

führen. Aufgrund der vorliegenden Literatur<br />

ist ein prophylaktischer Einsatz von AE nicht<br />

erforderlich, obwohl dies gängige Praxis ist.<br />

Zu berücksichtigen sind auch Schluckstörungen<br />

in der terminalen Phase der Erkrankung.<br />

Lakasing 1 empfiehlt den Einsatz von rektalen<br />

und subkutanen Formulierungen.<br />

Venöse Thromboembolien: Das erhöhte Risiko<br />

von PatientInnen mit hochgradigen Gliomen,<br />

venöse Thromboembolien zu entwikkeln,<br />

wird mit angiogenetischen Faktoren in<br />

Zusammenhang gebracht.<br />

Junck 2 be<strong>für</strong>wortet eine sorgfältige klinische<br />

Überwachung. Von Klinikern wird auch eine<br />

Prophylaxe mit niedrigmolekularem Heparin


empfohlen. Aufgrund der niedrigen Inzidenz<br />

von intratumoralen Blutungen dürfte eine<br />

Antikoagulation mit keinem Risiko verbunden<br />

sein. Subkutanes Heparinoid und orale<br />

Antikoagulanzien sind die Therapie der Wahl<br />

<strong>für</strong> den Langzeitgebrauch. Bei PatientInnen<br />

mit einem pulmonalen Embolus und einer<br />

nicht symptomatischen tiefen Venenthrombose<br />

kann ein Vena-cava-Filter wirksam sein.<br />

Depression: Die emotionale Belastung einer<br />

Gehirntumordiagnose kann bei PatientInnen<br />

zu Depressionen führen. Die Unterscheidung<br />

von Trauerreaktionen und Depression ist mitunter<br />

schwierig. Zudem erschweren kognitive<br />

und Verhaltensänderungen, die auf den<br />

Tumor zurückzuführen sind, die Diagnosestellung.<br />

Depressionen tragen aber nicht nur<br />

zur emotionalen Belastung und zur Verringerung<br />

die Lebensqualität bei, sondern können<br />

die Überlebenszeit verkürzen. Nach Raison<br />

and Miller 3 besteht ein Benefit bei einer<br />

antidepressiven Therapie. Diskutiert wird aber<br />

auch die Hypothese, dass – aufgrund des Effekts<br />

der Strahlentherapie auf die Neurogenese<br />

– SSRI nach einer Strahlentherapie möglicherweise<br />

nicht wirksam sind.<br />

Künstliche Rehydratation: Oft zeigen sich<br />

Angehörige über die Schluckstörungen in der<br />

terminalen Phase besorgt. Wichtig ist daher,<br />

ausführlich zu erklären, dass die PatientInnen<br />

nicht darunter leiden. Nach Ansicht von<br />

Bavin 4 stellt Durst am Lebensende aufgrund<br />

des proportionalen Verlustes von Natrium<br />

und Flüssigkeit kein Problem dar. Der Nutzen<br />

einer künstlichen Rehydratation ist anekdotisch.<br />

Eine künstliche Rehydratation<br />

kann z. B. Magen- und Lungensekretionen<br />

verursachen, die zu Nausea, Erbrechen und<br />

Verstopfung führen. Zudem kommt es möglicherweise<br />

zu einer Zunahme peritumoraler,<br />

zerebraler und peripherer Ödeme. Andererseits<br />

können sich Aufmerksamkeit und Wohlbefinden<br />

verbessern und dadurch PatientInnen<br />

und Angehörige psychologischen Auftrieb<br />

und Hoffnung erhalten.<br />

Quality Care: Über den gesamten Krankheitsverlauf<br />

ist beim Management der Symptome<br />

und Nebenwirkungen ein multidisziplinärer<br />

Ansatz notwendig. Wesentlich ist<br />

eine gute Kommunikation zwischen dem Gesundheitspersonal<br />

in Spitälern, Hospizen und<br />

Gemeindeeinrichtungen. Oft kommt es außerhalb<br />

der spezialisierten Zentren und palliativen<br />

Einrichtungen wegen mangelnder Erfahrung<br />

mit dieser PatientInnengruppe zu<br />

Problemen bei der Versorgungsplanung. Die<br />

schlechte Prognose der PatientInnen erfordert<br />

jedoch eine lückenlose Betreuung. Es<br />

empfiehlt sich, eine Ansprech- bzw. Kontaktperson<br />

– häufig ein/e spezialisierte/r KrankenpflegerIn<br />

– <strong>für</strong> die PatientInnen, Angehörigen<br />

und die anderen Betreuungspersonen<br />

festzulegen, damit ein Vertrauensverhältnis<br />

mit den PatientInnen und Angehörigen aufgebaut<br />

werden kann. Dies kann auch zu einer<br />

effizienteren Versorgung beitragen.<br />

Informationsangebot: Die NICE-Empfehlungen<br />

5 (National Institute for Health and Clinical<br />

Excellence) betonen, dass klare und präzise<br />

Informationen unerlässlich sind, damit<br />

der/die PatientIn informierte Entscheidungen<br />

über Behandlung und Betreuung treffen<br />

kann. Diese Informationen unterstützen<br />

den/die PatientIn bei einer besseren Kontrolle<br />

der Situation, was sich wieder psychologisch<br />

positiv auswirkt. Eine schlechte Kommunikation<br />

kann ein zusätzlicher Stressfaktor<br />

sein. Allerdings können Dysphasie,<br />

kognitive Einschränkungen und verminderte<br />

Einsicht die Kommunikation und Informationsweitergabe<br />

behindern.<br />

Shanne McNamara<br />

Specialist Nurse Neuro-Oncology,<br />

Edinburgh Centre for Neuro-Oncology, Edinburgh<br />

„It is not always appropriate to ,chase a<br />

cure‘ but to move towards a dignified and<br />

pain free death in a place of choice.“<br />

Woodward 2005<br />

Psychologische Betreuung: Zu den emotionalen<br />

und spirituellen Folgen der Erkrankung<br />

zählen Angst, Wut, Trauer; Einsamkeit<br />

und Schuld. Wie PatientInnen und Angehörige<br />

eine schwerwiegende Diagnose aufnehmen,<br />

ist unvorhersehbar und komplex. PatientInnen<br />

und ihre Familien haben immer<br />

wieder das Bedürfnis, Hoffnung und Sinn zu<br />

finden. Eugene O’Kelly 6 schildert eloquent<br />

seine Reaktion auf die Diagnose Glioblastom.<br />

„Meine Tage ganz oben, energisch und produktiv,<br />

sind vorbei – einfach so“, beschreibt<br />

er die Auswirkungen auf sein Arbeitsleben<br />

und setzt fort mit seinen Gefühlen zur terminalen<br />

Phase seiner Erkrankung. Er habe<br />

keine Wahl als „es zu akzeptieren“ und realisiert,<br />

dass, „wenn man die eigene Angst<br />

bezwingt, bezwingt man auch den eigenen<br />

Tod“.<br />

Der Vortrag von Shanne McNamara fand<br />

während der ÖGN-Jahrestagung 2007,<br />

auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft<br />

Neuropalliation, statt.<br />

Literatur:<br />

1 Lakasing E., Palliative care in primary care. Geriatric<br />

Medicine 2007;37:20-25<br />

2 Junck L., Supportive management in neuro-oncology:<br />

opportunities for patient care, teaching and research.<br />

Current Opinion in Neurology 2004; 17: 649-653<br />

3 Raison C. L. and Miller A. H., Depression in Cancer: New<br />

Developments Regarding Diagnosis and Treatment. Biological<br />

Psychiatry 2003;54: 283-294<br />

4 Bavin L., Artificial rehydration in the last days of life: is it<br />

beneficial? International Journal of Palliative Nursing<br />

2007;13: 445-449<br />

5 National Institute for Health and Clinical Excellence<br />

(2006); Healthcare services for people with brain and<br />

other central nervous system tumours.<br />

6 O’Kelly E. and O’Kelly C., Chasing Daylight: How My<br />

forthcoming death transformed my life. McGraw-Hill<br />

Co. Inc.2006<br />

Weitere Literatur bei der Verfasserin<br />

77


Service –Veranstaltungstermine<br />

Drei-Länder-Kongress „Mitochondriale Medizin“<br />

<strong>Neurologie</strong> & Pädiatrie<br />

10.–12. Juli<br />

Naturwissenschaftliche Fakultät der Universität Salzburg,<br />

Hellbrunner Straße 34, 5020 Salzburg<br />

Information: Universitätsklinik <strong>für</strong> Kinder- und<br />

Jugendheilkunde, Univ.-Doz. Dr. Barbara Kofler,<br />

Müllner Hauptstraße 48, 5020 Salzburg<br />

E-Mail: b.kofler@salk.at<br />

Webinfo: www.salk.at/mitomed<br />

NeuSIG Satellite to the Glasgow 2008<br />

World Congress on Pain<br />

13.–15. August<br />

Royal Society of Medicine, London, UK<br />

Webinfo: www.kenes.com/neuropathic2008<br />

12 th World Congress of Pain<br />

17.–22. August<br />

Glasgow, Schottland<br />

Webinfo: www.iasp-pain.org<br />

12 th Congress of the European Federation<br />

of Neurological Societies<br />

23.–26. August<br />

Madrid, Spanien<br />

E-Mail: headoffice@efns.org<br />

Webinfo: www.efns.org/efns2008<br />

81. Kongress der Deutschen <strong>Gesellschaft</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> mit Fortbildungsakademie<br />

10.–13. September<br />

CCH-Congress Center, Hamburg, Deutschland<br />

Information: AKM Congress Service GmbH,<br />

Hauptstraße 18, 79576 Weil am Rhein<br />

Tel.: +49 (0)76 21/98 33-0<br />

E-Mail: info@akmcongress.com<br />

Webinfo: www.dgn2008.de<br />

Symposium and Workshop<br />

„Neuroimaging of developmental disorders“<br />

12.–16. September<br />

Dubrovnik, Kroatien<br />

Information: Depol komunikacije, Petrova 45, 10000 Zagreb,<br />

Maja Orsag<br />

Tel.: +385 (0)1/244 43 33<br />

Fax: +385 (0)1/243 14 78<br />

E-Mail: maja@depol.org<br />

Webinfo: www.depol.org<br />

Psychotherapiewoche 2008<br />

13.–19. September<br />

Bad Hofgastein<br />

Information: Dr. Siegfried Odehnal, Schelleingasse 8,<br />

1040 Wien<br />

Tel.: +43 (0)1/505 44 54<br />

Fax: +43 (0)1/505 44 54 14<br />

E-Mail: psy-med@chello.at<br />

Webinfo: www.psy-med.info<br />

86<br />

24. Ernst Klenk Symposium in Molecular Medicine;<br />

Protein Aggregation an Brain Disease<br />

14.–16. September<br />

MTI-Hörsaalgebäude, EG Raum 8a<br />

Joseph-Stelzmann-Straße 52, 50931 Köln, Deutschland<br />

Information: Dr. Debora Grosskopf-Kroiher,<br />

Joseph-Stelzmann-Str. 52, 50931 Köln<br />

Tel.: +49 (0)221/478 69 82<br />

E-Mail: klenk-symposium@uni-koeln.de<br />

Webinfo: www.zmmk.uni-koeln.de<br />

6. Neurophysiologisches und neuromuskuläres<br />

Symposium<br />

19.–20. September<br />

Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Medizinische Universität Graz,<br />

Auenbruggerplatz 22, 8036 Graz<br />

Information: Univ.-Prof. Dr. Stefan Quasthoff,<br />

Univ.-Klinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> Graz<br />

E-Mail: stefan.quasthoff@meduni-graz.at<br />

8 th European Congress on Epileptology<br />

21.–25. September<br />

Berlin Internationales Congress Centrum, Messedamm 22,<br />

14055 Berlin, Deutschland<br />

Information: ILAE Congress Secretariat, 7 Priory Hall,<br />

Stillorgan, Dublin 18, Irland<br />

Tel.: +353 (0)1/20 56 720<br />

Fax: +353 (0)1/20 56 156<br />

E-Mail: berlin@epilepsycongress.org<br />

Webinfo: www.epilepsyberlin2008.org<br />

6 th World Stroke Congress<br />

24.–27. September<br />

Wien, Österreich, Reed Messe Wien<br />

Messeplatz 1, 1021 Wien<br />

Information: Univ.-Prof. Dr. Michael Brainin,<br />

Kenes International, 17 Rue du Cendrier, PO Box 1726,<br />

1211 Geneva, Schweiz<br />

Tel.: +41 (0)22/908 04 88<br />

Fax: +41 (0)22/732 28 50<br />

E-Mail: reg_stroke08@kenes.com<br />

Webinfo: www.kenes.com/stroke2008<br />

2. Kongress der Transkulturellen Psychiatrie<br />

im deutschsprachigen Raum<br />

26.–28. September<br />

Universitätsklinik <strong>für</strong> Psychiatrie und Psychotherapie Wien,<br />

Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien<br />

Information: Ass.-Prof. Dr. Alexander Friedmann,<br />

Dr. med. univ. Solmaz Golsabahi<br />

E-Mail: alexander.friedmann@meduniwien.ac.at;<br />

solmaz.golsabahi@marienhospital-hamm.de<br />

18. Tagung der Deutschen <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Geschichte<br />

der Nervenheilkunde (DGGN) in Kooperation mit<br />

dem Institut <strong>für</strong> Geschichte der Medizin<br />

1.–3. Oktober<br />

Wien<br />

Information: Dr. med. Helmut Gröger<br />

Insitut <strong>für</strong> Geschichte der Medizin, Währinger Straße 25,<br />

1090 Wien<br />

E-Mail: helmut.groeger@meduniwien.ac.at


16. Jahrestagung der <strong>Österreichische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong><br />

<strong>für</strong> NeuroRadiologie und 5. Grazer Kurs <strong>für</strong><br />

Interventionelle Neuroradiologie<br />

2.–4. Oktober<br />

Graz<br />

Information: Ines Kurka<br />

Tel.: +43 (0)316/385 22 20<br />

E-Mail: ines.kurka@klinikum-graz.at<br />

Neuroimaging-Akademie<br />

3.–4. Oktober<br />

Wien<br />

Information: ÖGN-Sekretariat<br />

Primarärzteforum<br />

10. Oktober<br />

Kaiser-Franz-Josef-Spital, Mehrzwecksaal<br />

Information: ÖGN-Sekretariat<br />

6 th International Congress on Mental Dysfunctions &<br />

Other Non-Motor Features in Parkinson’s disease and<br />

Related Disorders<br />

16.–19. Oktober<br />

Dresden, Deutschland<br />

E-Mail: pdment2008@kenes.com<br />

Webinfo: www.kenes.com/pdment2008<br />

ÖGN MS-Akademie<br />

17.–18. Oktober<br />

Mondsee, Salzburg<br />

Information: ÖGN-Sekretariat<br />

Jahrestagung der <strong>Österreichische</strong>n Wachkoma<br />

<strong>Gesellschaft</strong><br />

17. Oktober<br />

Geriatriezentrum am Wienerwald, Festsaal,<br />

Jagdschlossgasse 59, 1130 Wien<br />

E-Mail: info@wachkoma.at<br />

Webinfo: www.wachkoma.at<br />

2 nd World Congress on Controversies<br />

in Neurology (CONy)<br />

23.–26. Oktober<br />

Hilton Hotel, Athen, Griechenland<br />

Information: 53 Rothschild Boulevard, PO Box 68,<br />

61000 Tel Aviv, Israel<br />

Tel.: +972 (0)3/56 66 166<br />

Fax: +972 (0)3/56 66 177<br />

E-Mail: Info@comtecmed.com<br />

Webinfo: www.comtecmed.com/cony/2008<br />

5. Südtiroler Neurophysiologisches Wochenende<br />

24.–26. Oktober<br />

Rathaus der Gemeinde Sand in Taufers/Campo Tures,<br />

Hotel Drumlerhof, Rathausstraße 6,<br />

39032 Sand in Taufers/Campo Tures, Italien<br />

Information: Neurophysiologische Fortbildungs-Akademie<br />

GmbH, Hermann-Pünder-Str. 21, 81739 München<br />

E-Mail: kurs@neuro-akademie.de<br />

Akademie Neuromuskuläre Erkrankungen<br />

31. Oktober 2008<br />

Kaiser-Franz-Josef-Spital, Mehrzwecksaal<br />

Information: ÖGN-Sekretariat<br />

ÖGN-Sekretariat: Tanja Weinhart<br />

Garnisongasse 7/22, 1090 Wien<br />

Tel.: +43 (0)1/512 80 91-19<br />

E-Mail: weinhart@admicos.com<br />

ÖGN-Facharztausbildungsseminar WS 2008<br />

6.–8. November<br />

Univ.-Klinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Anichstraße 35, 6020 Innsbruck<br />

Information: ÖGN-Sekretariat<br />

3. CEOPS Schmerzkongress mit dem Thema<br />

„Rückenschmerzen neu verstehen – Aktiv ab 40“<br />

8. November<br />

Orthopädisches Spital Speising, PAV I, Festsaal,<br />

Speisinger Straße 109, 1130 Wien<br />

Information: Frau Mag. (FH) Katharina Gernesch-Hadhri<br />

Tel.: +43 (0)1/801 82-269<br />

Fax: +43 (0)1/801 82-290<br />

E-Mail: katharina.gernesch@oss.at<br />

Webinfo: www.ceops.at<br />

Jahrestagung der <strong>Österreichische</strong>n<br />

Parkinsongesellschaft<br />

13.–15. November<br />

Hotel Courtyard by Marriott, 4020 Linz<br />

Information: Univ.-Doz. Dr. Gerhard Ransmayr<br />

Tel.: +43 (0)732/7806-6811<br />

E-Mail: gerhard.ransmayr@akh.linz.at<br />

Klinische Liquordiagnostik – Aufbaukurs<br />

14. November<br />

Hörsaal der Univ.-Klinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Auenbruggerplatz 22,<br />

8036 Graz<br />

Information: Univ.-Prof. Dr. Juan Archelos, Labor <strong>für</strong><br />

Liquordiagnostik, Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, 8036 Graz<br />

Tel.: +43 (0)316/385-84871<br />

Fax: +43 (0)316/385-2342<br />

E-Mail: juan.archelos@meduni-graz.at<br />

NEUROREHABILITATION 2008<br />

Jahrestagung – Eine Kooperation von ÖGNR,<br />

DGNR & SGNR – sowie ÖGN-ÖGNR Curriculum<br />

Neurorehabilitation, Modul 2 und 3<br />

4.–6. Dezember<br />

Parkhotel Schönbrunn, Wien<br />

Information: Christian Linzbauer,<br />

Wiener Medizinische Akademie, Alser Straße 4, 1090 Wien<br />

Tel.: +43 (0)1/405 13 83-17<br />

E-Mail: oegnr2008@medacad.org<br />

Webinfo: www.neuroreha.at/Kalender.html<br />

ÖGN-Plattform Niedergelassene Neurologen<br />

5.–6. Dezember<br />

Renaissance Hotel Salzburg, Fanny-von-Lehnert-Straße 7,<br />

5020 Salzburg<br />

Information: ÖGN-Sekretariat<br />

ÖGN MS-Usermeeting<br />

5. Dezember<br />

Renaissance Hotel Salzburg, Fanny-von-Lehnert-Straße 7,<br />

5020 Salzburg<br />

Information: ÖGN-Sekretariat<br />

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