Demenzerkrankungen - Österreichische Gesellschaft für Neurologie
Demenzerkrankungen - Österreichische Gesellschaft für Neurologie
Demenzerkrankungen - Österreichische Gesellschaft für Neurologie
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P.b.b. 07Z037411M, Benachrichtigungspostamt 1070 Wien<br />
neurologisch<br />
Fachmagazin <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> AUSGABE 2/08<br />
Update<br />
<strong>Demenzerkrankungen</strong><br />
Kongresshighlights<br />
Jahrestagung der ÖGSM-ASRA<br />
AAN-Meeting<br />
European Stroke Conference<br />
Für die<br />
gutachterliche Praxis<br />
Das posttraumatische<br />
organische Psychosyndrom<br />
Offizielles Organ<br />
der <strong>Österreichische</strong>n<br />
<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Neurologie</strong><br />
MedMedia<br />
Medical Opinion<br />
Network<br />
<strong>Neurologie</strong> aktuell<br />
Zertifizierungskurs: Botulinumtoxin<br />
Drei-Länder-Eck-Kopfschmerzsymposium
Editorial<br />
Sehr geehrte Frau Kollegin,<br />
sehr geehrter Herr Kollege!<br />
Die Absichten einer Teilreform unseres Gesundheitssystems<br />
haben in den vergangenen<br />
Wochen sehr viele verschiedene und teils<br />
auch emotionale Reaktionen hervorgerufen.<br />
Eine Fachgesellschaft wie die <strong>Österreichische</strong><br />
<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> ist von diesen<br />
Entwicklungen zwar nicht unmittelbar berührt,<br />
hat aber doch aufmerksam die aktuellen<br />
Entwicklungen am Gesundheitssektor<br />
zu beobachten und bei Bedarf entsprechend<br />
zu reagieren.<br />
Da die Änderungsvorschläge letztendlich alle<br />
ÄrztInnen und somit auch unsere Mitglieder<br />
in mehr oder weniger ausgeprägtem Maße<br />
betreffen, sind wir gefordert, bei neurologisch<br />
relevanten Fragestellungen unsere Mitglieder<br />
entsprechend zu vertreten und zu unterstützen.<br />
Die Reformideen lassen zudem auch Entwicklungen<br />
erkennen, auf die wir uns im Interesse<br />
unserer Mitglieder auch als Fachgesellschaft<br />
einstellen müssen.<br />
Drei Punkte erscheinen mir dabei in Zukunft<br />
besonders wichtig. Diese sind: eine optimierte<br />
Dokumentation unserer Leistungen und<br />
Kompetenzen, eine adäquate medizinisch<br />
orientierte Qualitätskontrolle und eine bessere<br />
Vernetzung zwischen niedergelassenem<br />
und stationärem Bereich.<br />
Nur durch ein Erfüllen dieser Aspekte erscheint<br />
es mir möglich, auch längerfristig<br />
klarstellen zu können, dass eine Ablehnung<br />
mancher Reformideen nicht aus mangelndem<br />
Änderungswillen, sondern aus echter Sorge<br />
um die Qualität der Versorgung unserer PatientInnen<br />
erfolgt. Ähnliche Aspekte werden<br />
auch anzuführen sein, wenn es um eigene<br />
fachpolitische Anliegen in Verhandlungen mit<br />
anderen Sonderfächern geht. Auch hier werden<br />
wir eher erfolgreich sein, wenn wir unsere<br />
Hausaufgaben bereits erledigt haben.<br />
Univ.-Prof. Dr. Franz Fazekas<br />
Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Graz;<br />
Präsident der ÖGN<br />
Die <strong>Österreichische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />
hat in den letzten Jahren schon eine Reihe<br />
von Entwicklungen eingeleitet. Vor allem in<br />
Bezug auf Aus- und Weiterbildung wurden<br />
viele Initiativen gesetzt, und wir können ein<br />
breites Spektrum an Fortbildungsprogrammen<br />
anbieten. In den nächsten Jahren werden<br />
wir uns deshalb verstärkt um Leistungsdokumentation,<br />
Qualitätskontrolle und Vernetzung<br />
bemühen können.<br />
Mit Michael Ackerl als neuem Präsidenten<br />
steht ab 1. 7. 2008 eine ideale Integrationsfigur<br />
an der Spitze unserer <strong>Gesellschaft</strong>. Gemeinsam<br />
mit dem teils erneuerten Vorstand,<br />
den Fachgruppenobmännern und dem Generalsekretär<br />
wird es ihm sicher gelingen, die<br />
ÖGN weiter auf Erfolgskurs zu halten und<br />
zukunftsweisend zu gestalten.<br />
Ich selbst möchte mich zum Abschluss meiner<br />
Amtsperiode bei Ihnen allen ganz herzlich<br />
<strong>für</strong> die vielfach erfahrene Unterstützung<br />
bedanken! Die kontinuierlich steigende Zahl<br />
an Mitgliedern und TeilnehmerInnen bei Kongressen<br />
und Fortbildungsveranstaltungen<br />
sowie letztendlich auch die Realisierung unserer<br />
Zeitschrift neurologisch haben mir<br />
enorme Freude bereitet und waren stets ein<br />
Ansporn bei der geleisteten Arbeit.<br />
Ich wünsche Ihnen natürlich auch noch einen<br />
schönen und möglichst erholsamen Sommer<br />
und grüße Sie bestens<br />
Ihr<br />
Univ.-Prof. Dr. Franz Fazekas<br />
Wollen Sie mit uns<br />
in Kontakt treten?<br />
Leserbriefe erwünscht:<br />
neurologisch@medmedia.at oder<br />
Seidengasse 9/Top1.1,<br />
1070 Wien<br />
Chefredaktion<br />
neurologisch<br />
Priv.-Doz. Dr. Regina Katzenschlager<br />
SMZ Ost, Wien<br />
Univ.-Prof. Dr. Bruno Mamoli<br />
Generalsekretär der ÖGN<br />
3<br />
FOTO: MEDCOMMUNICATIONS
Wissenschaftlicher<br />
Beirat<br />
Bewegungsstörungen<br />
Univ.-Prof. Dr. Eduard Auff, Wien<br />
Priv.-Doz. Dr. Regina Katzenschlager, Wien<br />
Univ.-Prof. Dr. Werner Poewe, Innsbruck<br />
Epilepsie<br />
Univ.-Prof. DI Dr. Christoph Baumgartner, Wien<br />
OA Dr. Michael Feichtinger, Graz<br />
Univ.-Doz. Dr. Eugen Trinka, Innsbruck<br />
Schlafstörungen<br />
Univ.-Prof. Dr. Birgit Högl, Innsbruck<br />
Univ.-Prof. DDr. Josef Zeitlhofer, Wien<br />
Neurorehabilitation<br />
Univ.-Prof. Dr. Eduard Auff, Wien<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Heinrich Binder, Wien<br />
Univ.-Prof. Dr. Leopold Saltuari, Hochzirl<br />
Schlaganfall<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Franz Aichner, Linz<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Brainin, Gugging<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Wilfried Lang, Wien<br />
Schmerz<br />
Dr. Gerhard Franz, Reutte<br />
Prim. Priv.-Doz. Dr. Christian Lampl, Linz<br />
Univ.-Prof. Dr. Stefan Quasthoff, Graz<br />
Neuromuskuläre Erkrankungen<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Grisold, Wien<br />
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Löscher, Innsbruck<br />
Univ.-Prof. Dr. Stefan Quasthoff, Graz<br />
Multiple Sklerose<br />
Univ.-Prof. Dr. Thomas Berger, Innsbruck<br />
Univ.-Prof. Dr. Franz Fazekas, Graz<br />
Univ.-Prof. Dr. Karl Vass, Wien<br />
Demenz<br />
Univ.-Prof. Dr. Thomas Benke, Innsbruck<br />
Univ.-Prof. Dr. Peter Dal-Bianco, Wien<br />
Univ.-Prof. Dr. Reinhold Schmidt, Graz<br />
Neurogeriatrie<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Iglseder, Salzburg<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Gerhard Ransmayr, Linz<br />
Univ.-Doz. Dr. Josef Spatt, Wien<br />
Neurochirurgie<br />
Univ.-Prof. Dr. Alain Barth, Graz<br />
Univ.-Prof. Dr. Engelbert Knosp, Wien<br />
4<br />
Leitmotiv der<br />
aktuellen Ausgabe neurologisch<br />
Ohne Titel: Aquarell, Farbstift, Graphit und Tusche auf Papier, 30 x 42 cm, 2007<br />
„Ausgehend von Photographien, die ich als Anhaltspunkte verwende, versuche ich die auf<br />
den Zeichnungen Dargestellten zu Variablen <strong>für</strong> mich selbst zu machen, zu Projektionsflächen<br />
eigener Erinnerungen oder Gefühle. Zeichnen ist <strong>für</strong> mich eine tägliche Beschäftigung<br />
mit mir selbst, eine Selbsterforschung. Und wenn das bewusste Nachdenken aufhört,<br />
kommt etwas anderes in Gang – man verliert sich im Arbeiten und wird im besten<br />
Fall am Ende von einem Bild überrascht.“ (Philip Patkowitsch)<br />
Der 1981 in Zell am See geborene Künstler Philip Patkowitsch wechselte von einem Architekturstudium<br />
und nach Auslandsaufenthalten in Australien und Indonesien 2003 an die<br />
Akademie der Bildenden Künste, wo er bei Gunter Damisch Malerei und Grafik studiert.<br />
Auswahl bisheriger Ausstellungen:<br />
2006: Einzelausstellung, SWINGR, Wien<br />
2007: Gruppenausstellung Akademie der bildenden<br />
Künste, Wien<br />
Einzelausstellung, Kulturhaus, Piesendorf<br />
Gruppenausstellung, Galerie 422, Gmunden<br />
Gruppenausstellung, Montrouge, Frankreich<br />
2008: Gruppenausstellung, Galerie Lukas Feichtner, Wien<br />
Gruppenausstellung, Investkredit Bank, Wien<br />
Diplomausstellung, Akademie der bildenden<br />
Künste, Wien Philip Patkowitsch<br />
Impressum Herausgeber: <strong>Österreichische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Univ.-Prof. Dr. Franz Fazekas, Präsident der ÖGN. Chefredaktion: Univ.-Prof. Dr. Bruno<br />
Mamoli, Priv.-Doz. Dr. Regina Katzenschlager. Medieninhaber und Verlag: MEDMEDIA Verlag und Mediaservice Ges.m.b.H, Seidengasse 9/Top 1.1, 1070 Wien, Tel.: 01/407 31 11-0,<br />
E-Mail: office@medmedia.at. Verlagsleitung: Mag. Gabriele Jerlich. Redaktion: Maria Uhl. Lektorat: onlinelektorat@aon.at. Layout/DTP: Martin Grill. Projektbetreuung:<br />
Natascha Fial. Coverbild: Philip Patkowitsch. Print: Bauer Druck, Wien. Bezugsbedingungen: Die Zeitschrift ist zum Einzelpreis von Euro 9,50 plus MwSt. zu beziehen. Druckauflage:<br />
8.425 Stück im 4. Quartal 2007, geprüft von der <strong>Österreichische</strong>n Auflagenkontrolle. Grundsätze und Ziele von neurologisch: Kontinuierliche medizinische Fortbildung <strong>für</strong><br />
Neurologen, Psychiater und Allgemeinmediziner. Allgemeine Hinweise: Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die persönliche und/oder wissenschaftliche<br />
Meinung des jeweiligen Autors wieder und fallen somit in den persönlichen Verantwortungsbereich des Verfassers. Angaben über Dosierungen, Applikationsformen<br />
und Indikationen von pharmazeutischen Spezialitäten müssen vom jeweiligen Anwender auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Trotz sorgfältiger Prüfung<br />
übernehmen Medieninhaber und Herausgeber keinerlei Haftung <strong>für</strong> drucktechnische und inhaltliche Fehler. Der besseren Lesbarkeit halber werden die Personen-<br />
und Berufsbezeichnungen nur in einer Form verwendet. Sie sind natürlich gleichwertig auf beide Geschlechter bezogen.
Inhalt 2/2008<br />
GESELLSCHAFTSNACHRICHTEN<br />
6 Jobbörse<br />
8 Neuigkeiten aus der ÖGN<br />
86 Veranstaltungskalender<br />
SCHWERPUNKT<br />
<strong>Demenzerkrankungen</strong><br />
10 Einleitung zum Schwerpunkt<br />
R. Schmidt, Graz<br />
12 Evidenzbasierte Therapien<br />
und aktuelle Entwicklungen<br />
P. Dal-Bianco, Wien<br />
18 Sonderformen der Alzheimer-Demenz<br />
T. Benke, Innsbruck<br />
20 Update vaskuläre Demenzen<br />
F. Leblhuber, R. Topakian, Linz<br />
24 Demenz mit Lewy-Körperchen<br />
G. Ransmayr, Linz<br />
26 Frontotemporale Demenz – ein Update<br />
J. Spatt, Wien<br />
NEUROLOGIE IN ÖSTERREICH<br />
32 Langzeiterfolg neurologischer<br />
Intensivmedizin<br />
G. Brössner, Innsbruck<br />
KONGRESS-HIGHLIGHTS<br />
34 Jahrestagung der <strong>Österreichische</strong>n<br />
<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Schlafmedizin und<br />
Schlafforschung<br />
J. Zeitlhofer, Wien<br />
36 Highlight vom 60. AAN-Meeting<br />
A. Vass, Wien<br />
37 Neues von der 17 th European<br />
Stroke Conference<br />
J. Ferrari, Wien<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
40 Ambulante neurologische Versorgung<br />
ausbauen<br />
A. Wuschitz, Wien<br />
FÜR DIE GUTACHTERLICHE PRAXIS<br />
44 Das posttraumatische<br />
organische Psychosyndrom<br />
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
46 Bewegungsstörungen<br />
T. Sycha, Wien<br />
51 Epilepsie<br />
M. Feichtinger, Graz<br />
52 Schlafstörungen<br />
J. Zeitlhofer, Wien<br />
54 Neurorehabilitation<br />
B. Voller, Wien<br />
56 Schlaganfall<br />
K. Matz<br />
58 Schmerz<br />
G. Luthringshausen, Salzburg<br />
66 Neuromuskuläre Erkrankungen<br />
W. Grisold, Wien; W. Löscher, Innsbruck<br />
68 Multiple Sklerose<br />
F. Fazekas, C. Enzinger, Graz<br />
71 Demenz<br />
M. Windisch, Graz<br />
72 Neurogeriatrie<br />
B. Iglseder, Salzburg<br />
74 Neurochirurgie<br />
A. Barth, Graz; A. Gruber, E. Knosp, Wien<br />
76 Palliativmedizin<br />
S. McNamara, Edinburgh<br />
81 Pharma-News<br />
5
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
6<br />
SCHWERPUNKT<br />
ÖGN-Service: Stellenausschreibungen<br />
Wie bereits im letzten Heft angekündigt, bietet<br />
die ÖGN das Service an, Stellenausschreibungen<br />
zu veröffentlichen. Um das Angebot<br />
möglichst aktuell zu halten, erfolgt jeweils<br />
sofort eine Aussendung per E-Mail an alle<br />
ÖGN-Mitglieder durch Frau Weinhart.<br />
Eine schriftliche Schaltung in neurologisch<br />
Jobbörse<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
Waldburg-Zeil Kliniken suchen zum nächstmöglichen Termin einen/eine<br />
Assistenzarzt/Assistenzärztin oder Facharzt/Fachärztin<br />
<strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> (in Vollzeit)<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Ihr Aufgaben:<br />
• Versorgung eines stationären Bereiches als Stationsarzt/Stationsärztin<br />
• (Nach entsprechender Einarbeitung) Durchführung und selbstständige Befundung aller diagnostischen Verfahren in der <strong>Neurologie</strong><br />
• Teilnahme am interdisziplinären Bereitschaftsdienst, bei entsprechender Qualifikation auch als Rufbereitschaft<br />
Ihr Profil:<br />
• Berufserfahrung als Arzt/Ärztin, gerne im Fach <strong>Neurologie</strong><br />
• Interesse am Fach, an rehabilitativen und interdisziplinären Fragen<br />
ist zusätzlich möglich, wird aber nicht automatisch<br />
vorgenommen, damit nur wirklich<br />
aktuelle Ausschreibungen gedruckt werden.<br />
Wenn eine schriftliche Ausschreibung in<br />
neurologisch gewünscht wird, ersuchen wir<br />
um Übersendung des Ausschreibungstextes<br />
direkt an den Verlag, z. H. Frau Fial,<br />
Unser Angebot:<br />
• Einarbeitung und Fortbildung in das neue Fachgebiet<br />
• Verantwortungsvolle Aufgabe in einem innovativen Umfeld mit individuellen Entwicklungsmöglichkeiten<br />
• Erlernen sämtlicher neurophysiologischer und neurosonologischer Verfahren<br />
• 2-jährige Weiterbildungsermächtigung <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, 1 Jahr Sozialmedizin und Rehabilitationswesen<br />
• Regelmäßige hausinterne Fortbildungen, Unterstützung externer Fortbildungen<br />
• Eine Ihrer Qualifikation und Leistung entsprechende Vergütung<br />
• Vergütung bzw. Freizeitausgleich etwaiger Überstunden (Regelarbeitszeit 38,5 Std.)<br />
• Hilfe bei der Wohnungssuche<br />
• Geringe Nachtdienstfrequenz (2–3/Monat)<br />
• Interessanter Standort in landschaftlich reizvoller Umgebung in der Nähe von Alpen und Bodensee<br />
Die Waldburg-Zeil Kliniken bieten in privater Trägerschaft in 11 Rehabilitationskliniken – 2 davon auch mit Akutmedizin – sowie einem<br />
weiteren Akutkrankenhaus Dienstleistungen rund um die Gesundheit an.<br />
Die Fachkliniken in Wangen gehören mit 321 Betten zu den Waldburg-Zeil Kliniken. Sie bestehen aus Akut- und Rehabilitationskliniken<br />
<strong>für</strong> Internistische und Pädiatrische Pneumologie, Allergologie, Thoraxchirurgie, Intensivmedizin, <strong>Neurologie</strong> und Kinderrehabilitation.<br />
Die Neurologische Klinik betreut in 55 Betten auf 3 Stationen Patienten der Neurologischen Rehabilitation in den Phasen B und C.<br />
Wir arbeiten in einem multiprofessionellen Team mit flachen Hierarchien.<br />
Für Fragen steht Ihnen der Chefarzt, Dr. R. Weber, unter Tel.: +49 (0)7522/797 12 19 gerne zur Verfügung.<br />
Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann senden Sie bitte Ihre aussagefähige Bewerbung an:<br />
Waldburg-Zeil Kliniken, Fachkliniken Wangen<br />
Hans-Jürgen Wolf, Krankenhausdirektor<br />
Am Vogelherd 14, 88239 Wangen<br />
E-Mail: fachkliniken-wangen@wz-kliniken.de, Internet: www.fachklinikenwangen.de oder www.wzk-portal.de<br />
n.fial@medmedia.at, jeweils vor dem nächsten<br />
Erscheinungstermin (Abgabetermine<br />
bitte ebenfalls im Verlag erfragen).<br />
Die ÖGN hofft, dass es gelungen ist, mit diesem<br />
seit kurzem laufenden Angebot das Service<br />
<strong>für</strong> unsere Mitglieder und LeserInnen<br />
weiter auszubauen.<br />
FOTO: PERO-DESIGN - FOTOLIA.COM
Klinik Pirawarth sucht zum nächstmöglichen Termin einen/eine<br />
Assistenzarzt/Assistenzärztin <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />
Zusammengestellt von:<br />
Priv.-Doz. Dr. Regina Katzenschlager<br />
Univ.-Prof. Dr. Bruno Mamoli<br />
Die Klinik Pirawarth ist ein privat geführtes Kur- und Rehabilitationszentrum <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> und Orthopädie und liegt nordöstlich von Wien im<br />
Weinviertel in Niederösterreich. Wir betreuen in einem multiprofessionellen Team 270 neurologische und orthopädische PatientInnen.<br />
Anforderung:<br />
Ius practicandi, Notarztdiplom, Bereitschaft zu Nacht- und Wochenenddienst<br />
Unser Angebot:<br />
Einarbeitung und Fortbildung in das Fachgebiet der <strong>Neurologie</strong>.<br />
Verantwortungsvolle Aufgabe in einem innovativen Umfeld mit individuellen Entwicklungsmöglichkeiten.<br />
Erlernen sämtlicher neurophysiologischer und neurosonologischer Verfahren.<br />
Regelmäßige hausinterne Fortbildungen, Unterstützung externer Fortbildungen.<br />
Haben wir Ihr Interesse geweckt?<br />
Dann senden Sie bitte Ihre aussagefähige Bewerbung an:<br />
Klinik Pirawarth, Kur- und Rehabilitationszentrum <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> und Orthopädie<br />
z. Hdn. Frau Prim. Dr. Monika Rupp-Adelmann<br />
Kurhausstraße 100, 2222 Bad Pirawarth<br />
Für nähere Auskünfte stehen wir Ihnen gerne unter Tel.: 02574/291 60-515 zur Verfügung.<br />
Landesklinikum Waldviertel Horn + Allentsteig sucht <strong>für</strong> beide Standorte je einen/eine<br />
Facharzt/Fachärztin <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />
Das Landesklinikum Waldviertel Horn ist eine regionale Schwerpunktkrankenanstalt mit 300 Betten etwa 80 km nordwestlich von Wien.<br />
Etwa 25 km entfernt befindet sich das 2007 neu errichtete neurologische Rehabilitationszentrum Allentsteig mit 65 Betten der Phase C.<br />
Ihr Profil:<br />
• Interesse und breit gefächerte Erfahrung im Fach <strong>Neurologie</strong><br />
• Freude an abwechslungsreicherer, interdisziplinärer Teamarbeit<br />
• Idealerweise Kenntnisse der neurologischen Intensivmedizin und Elektrophysiologie bzw. Erfahrung in neurologischer Rehabilitation<br />
• Bereitschaft zur Leistung von Nacht- bzw. Bereitschaftsdiensten<br />
Unser Angebot:<br />
• Mitarbeit in einem jungen und aufgeschlossenen Team mit der Möglichkeit, durch Ihre Eigeninitiative maßgeblich zur Gestaltung<br />
der Abteilung beizutragen<br />
• Ein angenehmes, kollegiales Arbeitsklima mit flachen Hierarchien<br />
• Sehr attraktive finanzielle Rahmenbedingen<br />
• Flexible Arbeitszeit mit Kerndienstzeit 8–14 Stunden unter voller Berücksichtigung des Arbeitszeitgesetzes<br />
• Ein unbefristetes Dienstverhältnis bei einem öffentlich-rechtlichen Träger<br />
Information:<br />
Prim. Univ.-Doz. Dr. Christian Bancher Tel.: +43 (0)2982/2661, E-Mail: christian.bancher@horn.lknoe.at, Internet: www.lknoe.at<br />
Bewerbung:<br />
Amt der NÖ Landesregierung, Abteilung Personalangelegenheiten, Landhausplatz 1, 3109 St. Pölten, E-Mail: bewerbung@noel.gv.at<br />
7
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
8<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
ÖGN-Gespräche mit dem<br />
Hauptverband der Sozialversicherungsträger<br />
Eine Delegation der ÖGN hatte auch dieses<br />
Frühjahr wieder Gelegenheit, beim einmal<br />
jährlich stattfindenden Gespräch mit Entscheidungsträgern<br />
des Hauptverbandes der<br />
Sozialversicherungsträger neurologische Themen<br />
und Anliegen zu diskutieren. Das<br />
Gespräch fand am 10. April statt.<br />
Es waren einige positive Neuerungen festzuhalten:<br />
So wurde zumindest <strong>für</strong> einen der<br />
zugelassenen Cholinesterasehemmer (Rivastigmin,<br />
Exelon ® ) der MMSE-Cut-off <strong>für</strong><br />
eine Neueinstellung entsprechend Literatur<br />
und Zulassung von 12 auf 10 abgesenkt. Im<br />
Zusammenhang mit der Versorgung demenzkranker<br />
PatientInnen hatte es bereits einen<br />
Schriftwechsel gegeben, in welchem die<br />
ÖGN die Bedeutung des Beibehaltens fachärztlich-neurologischer<br />
Erst- und Weiterver-<br />
Multiple Sklerose Forschungsgesellschaft<br />
Ausschreibungs- und Förderrichtlinien <strong>für</strong><br />
wissenschaftliche Projekte<br />
Die Multiple Sklerose Forschungsgesellschaft ist ein aus Spenden<br />
finanzierter gemeinnütziger Verein zur Förderung der wissenschaftlichen<br />
Forschung zur Pathogenese, Diagnostik und Therapie der<br />
multiplen Sklerose. Einmal jährlich werden Forschungsprojekte zur<br />
multiplen Sklerose, die in Österreich durchgeführt werden, zur Förderung<br />
ausgeschrieben.<br />
Folgende Projekte können aus den Mitteln des Vereins gefördert werden:<br />
• Forschungsprojekte zur Pathogenese, Diagnostik und Therapie<br />
der multiplen Sklerose. Neben der Finanzierung kompletter<br />
Forschungsvorhaben ist auch eine Teilfinanzierung, insbesondere<br />
in Form einer Starthilfe <strong>für</strong> einschlägige Projekte, möglich.<br />
• Druckkostenbeiträge <strong>für</strong> einschlägige Publikationen<br />
Bei vergleichbarer Qualität werden Projekte mit direkter diagnostischer<br />
und therapeutischer Relevanz mit Priorität gefördert.<br />
Antragsteller werden gebeten, ihr Ansuchen mit einer Kurzbeschrei-<br />
Univ.-Prof. Dr. Lüder Deecke wird 70<br />
schreibungen dargestellt hatte. Die da<strong>für</strong><br />
notwendigen Hausbesuche bei PatientInnen<br />
im Pflegeheim werden von den niedergelassenen<br />
KollegInnen zum allergrößten Teil<br />
abgedeckt. Soweit eruierbar, ist es in Einzelfällen<br />
zu geografisch bedingten Problemen<br />
gekommen, und die ÖGN erinnert noch einmal<br />
an die Wichtigkeit einer durchgehenden<br />
fachärztlichen Betreuung dieser Patientengruppe.<br />
Einige weitere Themen, die bei früheren<br />
Gesprächen thematisiert worden waren, sind<br />
in der Zwischenzeit entschärft, so z. B. die<br />
Verschreibbarkeit von Atorvastatin (Sortis ® ) in<br />
allen Dosierungen.<br />
Diskutiert wurde das von der ÖGN betreute<br />
Tysabri ® -Register, wobei von Seiten des<br />
Hauptverbandes die große Verantwortung<br />
Der langjährige Vorstand der Abteilung <strong>für</strong> Klinische <strong>Neurologie</strong> am AKH und Ordinarius <strong>für</strong> Klinische<br />
<strong>Neurologie</strong> an der Universität Wien, o Univ.-Prof. Dr. med. Dr. h.c. Lüder Deecke wird am 22. Juni 70.<br />
Die ÖGN wünscht ihm zum Geburtstag alles Gute und weitere Schaffenskraft.<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
der ÖGN bei der Zertifizierung von MS-Zentren<br />
betont wurde.<br />
Sehr gewürdigt wurde auch der bereits laufende<br />
Zertifizierungskurs <strong>für</strong> Botulinumtoxin-<br />
AnwenderInnen, der von der <strong>Österreichische</strong>n<br />
Parkinsongesellschaft/Arbeitsgruppe<br />
Dystonie und Botulinumtoxin initiiert worden<br />
ist. Einige Substanzen, deren Erstattung derzeit<br />
nicht den europäischen Zulassungsstatus<br />
reflektiert, wurden diskutiert. Ein weiterer<br />
Informationsaustausch zu einigen dieser Themen<br />
ist geplant.<br />
Insgesamt wurde mit diesem Treffen der laufende<br />
Dialog mit dem Hauptverband fortgesetzt,<br />
der im Sinne unserer neurologischen<br />
PatientInnen eine wertvolle Diskussionsplattform<br />
mit Informationsfluss und Feedback in<br />
beide Richtungen darstellt.<br />
bung des Projektes, einer Kostenaufstellung und der eventuellen<br />
Restfinanzierung sowie eines Lebenslaufes an die MS-Forschungsgesellschaft<br />
Wien zu richten.<br />
Die Vergabe einer Förderung ist zudem an die Erstellung eines<br />
Ergebnisberichtes gebunden. Dieser ist im Laufe des nächsten Jahres<br />
zu erstellen und in einer <strong>für</strong> „Nicht-Mediziner“ verständlichen Version<br />
zu verfassen, um die Veröffentlichung des Projektes auf der<br />
Homepage der Multiple Sklerose <strong>Gesellschaft</strong> Wien zu ermöglichen.<br />
Fördersumme: Die Förderung <strong>für</strong> wissenschaftliche Projekte ist mit<br />
insgesamt € 20.000,00 dotiert, wobei Projekte in Form von vernetzten<br />
Kooperationen bevorzugt werden.<br />
Einreichschluss <strong>für</strong> Projekte: 26. September 2008<br />
Nähere Informationen: Multiple Sklerose <strong>Gesellschaft</strong> Wien<br />
1170 Wien, Hernalser Hauptstraße 15–17<br />
Tel.: 01/409 26 69-12, Fax: -20, www.msges.at
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
Zum Schwerpunkt <strong>Demenzerkrankungen</strong><br />
Verehrte Leserin, verehrter Leser<br />
Die Wirkung der derzeit verfügbaren Antidementiva ist moderat, und neue, vor allem kausal wirksame<br />
Substanzen werden dringlich benötigt. Die Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten hat in den vergangenen<br />
Jahren durch den raschen Erkenntniszuwachs in der Neurobiologie demenzieller Prozesse erhebliche Fortschritte<br />
gemacht.<br />
Alzheimer-Erkrankung: Peter Dal-Bianco<br />
beschreibt in diesem Heft in einer Synopsis<br />
zur evidenzbasierten Alzheimer-Behandlung<br />
und zu laufenden Entwicklungen den derzeitigen<br />
Stand der Therapie und weist auf die<br />
Bemühungen hin, den Krankheitsverlauf der<br />
Alzheimer-Demenz zu modifizieren.<br />
Es ist mir ein Anliegen, darauf hinzuweisen,<br />
dass bereits moderat wirkende Substanzen,<br />
die eine Verzögerung des Krankheitsbeginns<br />
um 5 Jahre erreichen können, die Gesamtprävalenz<br />
der erkrankten Personen in den<br />
nächsten Jahrzehnten um ca. 50 % reduzieren<br />
würden. Die Suche nach „Disease-modifying<br />
Drugs“ ist also auch dann lohnend,<br />
wenn solche Substanzen nur moderate Effekte<br />
haben.<br />
Die spannendste Frage wird sein, ob Therapieansätze,<br />
die auf der Amyloid-Hypothese<br />
beruhen, auch tatsächlich zum Erfolg führen.<br />
Letztlich stellen die laufenden Therapieentwicklungsprogramme<br />
auch die Nagelprobe<br />
<strong>für</strong> diese Hypothese dar. Eine ganze Reihe<br />
dieser Programme treten nun in die Studienphase<br />
III, d. h. wir werden relativ bald wissen,<br />
ob die pharmazeutische Industrie auf<br />
das richtige Pferd gesetzt hat oder nicht.<br />
Lesen Sie zu diesem Thema auch einen Kurzbericht<br />
von Dr. Windisch zu den positiven<br />
Phase-II-Ergebnissen zu Metallchelatoren auf<br />
Seite 71.<br />
Seltenere Demenzformen: Die Beiträge<br />
der Autoren Benke, Spatt, Ransmayr,<br />
Leblhuber und Topakian befassen sich mit<br />
selteneren Demenzformen: Sonderformen<br />
der Alzheimer-Demenz, wie die früh einsetzende<br />
Demenz vom Alzheimer-Typ und Demenzen<br />
mit ungewöhnlichen klinischen Defiziten,<br />
die immer noch zu wenig beachtet<br />
werden. Alzheimer-Demenzen mit ungewöhnlichen<br />
neuropsychologischen Defiziten<br />
10<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
werden praktisch in jeder neurologischen<br />
Praxis vorstellig.<br />
Benke lenkt in seinem Artikel Ihr Augenmerk<br />
auf die posteriore kortikale Atrophie. Denken<br />
Sie daran, wenn PatientInnen mit kognitivem<br />
Abbau einen Verlust komplexer Sehleistungen<br />
und Parietallappensyndrome aufweisen!<br />
Spatt präsentiert eine konzise Übersicht zur<br />
frontotemporalen Degeneration, die immer<br />
noch häufig zu spät diagnostizierte Form der<br />
Demenz mit variablem Phänotyp. Cholinesterasehemmer<br />
sind bei dieser Demenzform auf-<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Univ.-Prof. Dr.<br />
Reinhold Schmidt<br />
Neurologische<br />
Universitätsklinik,<br />
Medizinische Universität<br />
Graz<br />
grund des Fehlens eines cholinergen Defizits<br />
fehl am Platz, einige kleine Studien zu Memantin<br />
versprechen mehr, aber es handelt<br />
sich wohl bloß um positive Signale, ohne<br />
dass ein Wirksamkeitsnachweis erbracht ist.<br />
Tab.: Klinischer Erhebungsbogen zur Differentialdiagnose DLB/Alzheimer-<br />
Demenz (Anamneseergänzung <strong>für</strong> die Patientendatei, nicht validiert)<br />
Patientenetikette Datum:<br />
Beim aktuell Untersuchten<br />
Kern- und Stützsymptome der DLB Klinische Merkmale vorhanden nicht vorhanden<br />
der DLB<br />
Schwankungen in Kognition ja<br />
und Wachheit<br />
Wiederholt visuelle Halluzinationen ja<br />
ab Demenzfrühstadium (konkret,<br />
z. B.: Personen, Tiere, Gegenstände)<br />
Parkinsonsymptomatik *Parkinson- und<br />
(selten Tremor) Demenzbeginn<br />
innerhalb eines Jahres<br />
REM-Schlaf-Störung ja<br />
Schwere Neuroleptikasensitivität ja<br />
Visuell-räumliches Defizit ja<br />
ab Demenzfrühstadium<br />
Verminderte striatale Dopamintrans- ja<br />
porteraufnahme in SPECT/PET-Imaging<br />
Die Zeitgrenze mit einem Jahr, innerhalb dessen Demenz auftreten muss, um die klinischen Kriterien<br />
<strong>für</strong> DLB nach McKeith zu erfüllen, entspringt dem Bestreben, möglichst nur PatientInnen mit DLB zu<br />
erfassen, etwa <strong>für</strong> Studien. In der Praxis schließt ein Auftreten der kognitiven Symptomatik mit etwas<br />
längerem zeitlichen Abstand nach Beginn der Parkinsonsymptome, bei ansonsten typischer Symptomatik,<br />
das Vorliegen einer DLB nicht sicher aus.<br />
Auswertung:<br />
DLB wahrscheinlich: 2 Kernsymptome (rot) oder 1 Kern + 1 Stützsymptom (blau)<br />
DLB möglich: nur 1 Kernsymptom oder nur 1 Stützsymptom
Ransmayr bringt uns die wahrscheinlich viel<br />
zu selten diagnostizierte Demenz mit Lewy-<br />
Körperchen (DLB) nahe. Ich möchte in diesem<br />
Zusammenhang ergänzend darauf hinweisen,<br />
dass sich die <strong>Österreichische</strong> Alzheimer<br />
<strong>Gesellschaft</strong> und die <strong>Österreichische</strong><br />
Parkinson <strong>Gesellschaft</strong> vor nicht allzu langer<br />
Zeit zu einem gemeinsamen Konsensuspapier<br />
zusammengefunden und einen einfach<br />
handhabbaren Fragebogen erstellt haben,<br />
um die differentialdiagnostische Abgrenzung<br />
der Demenz mit Lewy-Körperchen von der<br />
Alzheimer-Demenz zu erleichtern. Erlauben<br />
Sie mir, Ihnen diesen Fragebogen nochmals<br />
in Erinnerung zu rufen (Tab.).<br />
Vaskuläre Demenz: Last, but not least präsentieren<br />
Leblhuber und Topakian ein Update<br />
zur vaskulären Demenz. Gemeinsam mit<br />
den beiden Kollegen muss man auf die leider<br />
frustranen Versuche der letzten Jahre verweisen,<br />
eine Therapie <strong>für</strong> diese Form der Demenz<br />
zu etablieren. Leblhuber und Topakian<br />
weisen darauf hin, dass ein Nebeneinander<br />
von vaskulären Läsionen und Alzheimer-Pathologie<br />
viel häufiger ist, als früher angenommen.<br />
Einige Autoren treiben diesen Ansatz<br />
noch weiter voran, indem sie davon ausgehen,<br />
dass es keine vaskuläre Demenz ohne<br />
Alzheimer-Pathologie gibt. Das wohl einzige<br />
Argument dagegen ist CADASIL, die autosomal<br />
dominant vererbte Erkrankung, bei der<br />
subkortikale vaskuläre Läsionen zu demenziellem<br />
Abbau führen können.<br />
Ich hoffe mit diesen Zeilen Ihr Interesse auf<br />
mehr geweckt zu haben und erlaube mir, die<br />
Gelegenheit zu nutzen, um mich bei den Autoren<br />
der folgenden Zusammenfassungen <strong>für</strong><br />
ihre Mühe und Zeit bei der Zusammenstellung<br />
der Beiträge zum Thema Demenz im<br />
aktuellen neurologisch zu bedanken.<br />
Ihr<br />
Univ.-Prof. Dr. Reinhold Schmidt<br />
<strong>Österreichische</strong> Alzheimer <strong>Gesellschaft</strong><br />
21. Jahrestagung<br />
Termin:<br />
19.–20. September 2008<br />
Ort:<br />
Wiener Konzerthaus<br />
Lothringerstraße 20, A-1030 Wien<br />
Themen:<br />
• Grundlagenforschung mit Focus Genetik<br />
• Leitsymptomorientierte Demenzdiagnostik<br />
• Aktuelles aus Blut-, Liquor- und Imagingforschung<br />
• Prävention und evidenzbasierte Demenztherapien<br />
• Psychosozialer Bereich mit Workshops<br />
• ÖAG-Demenzdatenbank der österreichischen Gedächtnisambulanzen<br />
Lokale Organisation:<br />
Peter Dal-Bianco<br />
Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, MUW, AKH Wien<br />
Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien<br />
E-Mail: peter.dal-bianco@meduniwien.ac.at<br />
Anschließend an die Jahrestagung lädt die ÖAG zum<br />
Charity Ball der <strong>Österreichische</strong>n<br />
Alzheimer <strong>Gesellschaft</strong> zum Weltalzheimertag<br />
Eine Nacht mit den Wiener Symphonikern im Wiener Konzerthaus<br />
Samstag 20. September 2008<br />
Einlass: 20.30 Uhr, Beginn: 21.30 Uhr<br />
Ehrenschutz: Bürgermeister Dr. Michael Häupl<br />
Moderation: Frank Hoffmann<br />
Mit dem Erlös des Charity-Balls werden folgende Projekte realisiert:<br />
• Aufbau der ersten österreichweiten Demenzdatenbank<br />
• Entwicklung des Pilotprojektes „Family-Networker“ zur Entlastung<br />
von Betreuungspersonen Demenzkranker<br />
Ballkarte: € 80,–, Studenten: € 35,–<br />
Eintritts- und Tischkarten erhältlich an der Kassa der Wiener Konzerthausgesellschaft<br />
(Tel.: 01/24 20 02) sowie unter www.memoriesball.at<br />
11
Morbus Alzheimer<br />
Evidenzbasierte Therapien und<br />
aktuelle Entwicklungen<br />
Trotz intensiver Forschung an kausalen Therapieansätzen gibt es bis dato keine heilende Alzheimerbehandlung.<br />
Die heute einsetzbaren Substanzen mit klinischer Evidenz <strong>für</strong> Wirksamkeit sind die Acetylcholinesterase-<br />
Inhibitoren und der NMDA-Rezeptor-Antagonist Memantin, die einen symptomatischen Effekt über Jahre<br />
bewirken können.<br />
Evidenzbasierte Therapie heute<br />
Die Wirksamkeit pharmakologischer Behandlungen<br />
konnte in klinischen Studien belegt<br />
werden. Evidenzbasierte Therapieeffekte<br />
zeigten positive Wirkung auf die kognitiven<br />
und funktionellen Defizite von AlzheimerpatientInnen.<br />
Zur Behandlung sind derzeit die<br />
Acetylcholinesterase-Inhibitoren Donepezil,<br />
Galantamin und Rivastigmin sowie der<br />
NMDA-Rezeptor-Antagonist Memantin verfügbar.<br />
Das Wirkprinzip der AChEH beruht<br />
auf der cholinergen Hypothese: Angestrebt<br />
wird eine höhere synaptische Verfügbarkeit<br />
des reduzierten Transmitters Acetylcholin<br />
(Tab.).<br />
AChE-Hemmer<br />
Donezepil und Galantamin sind selektive<br />
AChE-Hemmer (AChEH), während Rivastigmin<br />
AChE und die Buturylcholinesterase<br />
hemmt. Galantamin moduliert zusätzlich die<br />
Nikotin-Rezeptoren. Die Wirksamkeit dieser<br />
Substanzen wurde in weit mehr als 20 randomisierten<br />
klinischen Studien (EMEA und<br />
FDA-konform) nachgewiesen 1 . Sie zeigten signifikant<br />
positive Effekte im Bereich Kognition<br />
(1,4 Punkte im MMSE und 2,7 Punkte<br />
im ADAS-cog).<br />
Weitere Effekte waren in der Alltagskompetenz<br />
und im Verhalten evident. Es gibt keinen<br />
Nachweis <strong>für</strong> die Überlegenheit eines<br />
AChEH gegenüber einem anderen. Bedenkt<br />
man den Wirkmodus der AChEH, kann keine<br />
Kausalwirkung auf den neuropathologischen<br />
Alzheimerprozess angenommen werden.<br />
Trotzdem zeigen einige Langzeitstudien<br />
(Laufzeit bis zu 5 Jahren) eine nachhaltige<br />
12<br />
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
klinische Wirkung über diese Zeitspanne.<br />
Die Nebenwirkungen der AChEH sind im Allgemeinen<br />
auf gastrointestinale Symptome,<br />
wie Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoe beschränkt.<br />
Etwa 60 % der AD-Patienten sprechen<br />
auf die AChEH-Therapie an. In einer<br />
Einjahresstudie wurde festgestellt, dass AD-<br />
PatientInnen unter einer Donepezil-Therapie<br />
ein um 38 % geringeres Risiko <strong>für</strong> weitere<br />
funktionelle Einbußen im Vergleich zur PlacebopatientInnen<br />
hatten. Die Langzeitbeobachtungen<br />
im Anschluss an placebokontrollierten<br />
Studien liefen bis zu 5 Jahre und historische<br />
Placebopatientendaten wurden als<br />
Grundlage <strong>für</strong> die Berechnung „natürlicher<br />
AD-Progressionsraten“ herangezogen. In<br />
oben genannten Studien wird eine Progressionsverlangsamung<br />
<strong>für</strong> die Verum-Gruppe<br />
postuliert, die aber bis heute nicht verifiziert<br />
werden konnte.<br />
Die AChE-Hemmer Donepezil, Galantamin<br />
und Rivastigmin sind <strong>für</strong> die Behandlung des<br />
klinisch milden bis mäßigen Alzheimerstadiums<br />
(MMSE 10-26) zugelassen. Die Medikamentkosten<br />
werden von den Kassen refundiert.<br />
Memantin<br />
Memantin ist ein nicht-kompetitiver N-Methyl-D-Aspartate-Rezeptor-Antagonist<br />
(NMDA). Es wird angenommen, dass Neurone<br />
vor der glutamatmediierten Exzitotoxizität<br />
geschützt werden, ohne negative Beeinflussung<br />
der physiologischen Funktion des<br />
NMDA-Rezeptors auf die Kognition. Glutamat<br />
ist der meistverbreitete zerebrale exzitatorische<br />
Neurotransmitter und ist in Gedächtnis-<br />
und Lernprozesse eingebunden. �<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Univ.-Prof. Dr.<br />
Peter Dal-Bianco<br />
Universitätsklinik<br />
<strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />
Medizinische Universität<br />
Wien
Bei AD führt erhöhte glutaminerge Aktivität<br />
zu anhaltender Aktivitätsminderung der<br />
NMDA-Rezeptoren und zu neuronaler Funktionsminderung.<br />
Memantin blockiert die anhaltende Hyperaktivität<br />
der NMDA-Rezeptoren, die als eine der<br />
Ursachen der Alzheimersymptomatik gesehen<br />
wird. Es wurden ausreichend EMEA- und<br />
FDA-konforme klinische Studien durchgeführt.<br />
Bei Patienten mit mäßiger bis schwerer<br />
AD-Symptomatik wurden statistisch signifikante<br />
Effekte in den Bereichen Kognition,<br />
Alltagsfunktion und Verhalten festgestellt 2 .<br />
Aufgrund von Metaanalysen der bisher publizierten<br />
Daten kann Memantin die klinische<br />
Symptomatik von AD-Patienten signifikant<br />
positiv beeinflussen.<br />
Der Wirkstoff ist <strong>für</strong> den therapeutischen Einsatz<br />
im mäßigen bis schwerem Alzheimerstadium<br />
(MMSE 3–19) von der EMEA zugelassen,<br />
wird aber in Österreich nur <strong>für</strong> den<br />
MMSE-Bereich 3–14 von den Kassen refundiert.<br />
Unter Memantin zeigten verhaltensgestörte<br />
Patienten weniger Agitation.<br />
Bis dato ist nicht geklärt, ob Memantin krankheitsmodifizierend<br />
wirkt, obwohl dies aufgrund<br />
seiner neuroprotektiven Wirkweise<br />
vermutet werden kann.<br />
Darüber hinaus scheint die Kombinationstherapie<br />
von Memantin und Donezepil die positiven<br />
klinischen Effekte noch zu verstärken.<br />
Memantin wird in Kombination mit Donepezil<br />
gut vertragen. Derzeit wird Memantin und<br />
Donepezil in „Doppelverschreibung“ von den<br />
Kassen nur im Einzelfall ersetzt.<br />
Andere Substanzen<br />
Etliche andere Wirkstoffe wie z. B. Ginkgo<br />
biloba, Vitamin E, NSAID, Statine und Östrogene<br />
wurden auf Wirksamkeit gegen Alzheimer<br />
geprüft.<br />
Ginkgo biloba: Drei randomisierte kontrollierte<br />
Studien mit Ginkgo-biloba-Extrakt EGb<br />
761 wurden publiziert. Eine Metaanalyse aller<br />
publizierten Daten von Patienten mit unterschiedlichen<br />
Demenzursachen zeigte viel versprechende<br />
Wirkungen in den Bereichen Kognition<br />
und Alltagsfunktion bei inkonsisten-<br />
14<br />
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
ten Einzelresultaten. Eine Langzeitstudie nach<br />
EMEA-Kriterien wird erwartet.<br />
Vitamin E: Antioxidantien wie Vitamin E<br />
wurden in Hinblick auf AD-Progressionsverlangsamung<br />
geprüft. Eine Metaanalyse ergab<br />
zu geringe Evidenz <strong>für</strong> eine Therapieempfehlung,<br />
aber ausreichende Evidenz, um zu weiteren<br />
Vitamin-E-AD-Therapiestudien zu ermutigen.<br />
Zu beachten ist, dass hoch dosiertes<br />
Vitamin E (� 400 IU/d) die Morbiditätsund<br />
Mortalitätsrate anheben kann.<br />
NSAR: Die Langzeiteinnahme nichtsteroidaler<br />
entzündungshemmender Substanzen<br />
wurde aufgrund retrospektiver Analysen epidemiologischer<br />
Daten Alzheimer-präventiv<br />
eingeschätzt. Einzig die prospektiven Studienergebnisse<br />
von Indomethazin deuteten auf<br />
einen stabilisierenden Effekt im kognitiven<br />
Bereich während einer 6-Monats-Studie bei<br />
allerdings hoher Patienten-Ausfallsrate hin.<br />
Ähnlich konnte <strong>für</strong> den Cyclooxygenase-2-<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
Tab.: Evidenzbasierte Alzheimermedikamente<br />
Hemmer Rofecoxib in einer rezenten großen,<br />
randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten<br />
Einjahresstudie keine verlangsamende<br />
Wirkung auf die AD-Progression<br />
nachgewiesen werden.<br />
Statine: Aus der Hypercholesterintherapie<br />
bekannt, schienen Statine aufgrund von Analysen<br />
retrospektiver Daten die AD-Prävalenzzahlen<br />
zu senken. Pravastatin zeigte keinen,<br />
Atorvastatin einen signifikanten Effekt auf<br />
kognitive Funktionen nach 6, nicht aber nach<br />
12 Monaten. Eine Metaanalyse der verfügbaren<br />
Daten ergab, dass Statine nicht zur<br />
Reduzierung des Alzheimerrisikos empfohlen<br />
werden können.<br />
Östrogene schienen ebenso laut retrospektiver<br />
Analysen die AD-Prävalenzzahlen zu<br />
senken und eine positive symptomatische<br />
Auswirkung zu haben. Laut Metaanalysen<br />
besteht keine Indikation, Östrogen bei kognitiver<br />
Beeinträchtigung einzunehmen. �<br />
Donepezil Galantamin Rivastigmin Memantin<br />
(Aricept ® ) (Reminyl ® ) (Exelon ® ) (Axura ® , Ebixa ® )<br />
Filmtabletten: 1 x 1 Filmtabletten: 2 x 1 Hartkapseln: 2 x 1 Filmtabletten: 2 x 1<br />
5, 10 mg 4, 8, 12 mg 1.5, 3, 4.5, 6 mg 10 mg<br />
Lösung: 4 mg/ml Lösung: 2 mg/ml Lösung: 10 mg = 20 Tropf.<br />
Schmelztablette Retard-Kaps. 1 x 1 Pflaster: 1 x 1<br />
„Avees“ zu 8, 16, 24 mg 4.5 cm2 ,9.5 cm2 IND: IND: IND: IND:<br />
Alzheimer AD Alzheimer AD Alzheimer AD Alzheimer AD<br />
Kognition und Verhalten Kognition und Verhalten Kognition und Verhalten Kognition und Verhalten<br />
Vaskuläre D Vaskuläre D Parkinson D Vaskuläre D<br />
Lewy-Body D Lewy-Body D Lewy-Body D<br />
Vaskuläre D<br />
MMSE 10–26 MMSE 10–26 MMSE 10–26 MMSE 3–19<br />
Therapieende bei MMSE < 10 ist nicht gerechtfertigt<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Therapieende:<br />
MMSE � 3 ?<br />
• Demenz-Diagnose durch Facharzt <strong>Neurologie</strong>/Psychiatrie gestellt<br />
• Compliance soll durch Betreuungsperson garantiert sein<br />
• Kontrolle (inkl. MMSE) nach Erreichen der Erhaltungsdosis – dann alle 6 Monate<br />
• „Chefärztliche“ Langzeitgenehmigung <strong>für</strong> 6 Monate ist anzustreben<br />
• Kombinationstherapie AchEH + Memantin hat Evidenz (wird derzeit nicht refundiert)
Ähnliche Schlüsse werden aus den Daten der<br />
„Women’s Health Initiative Memory Study“<br />
gezogen, wobei hier sogar ein signifikant erhöhtes<br />
Demenzrisiko <strong>für</strong> die Verum-Kohorte<br />
errechnet wurde.<br />
Weitere: Metaanalysen <strong>für</strong> weitere Substanzen<br />
wie Selegilin, Nicergolin, Nimodipin und<br />
Piracetam zeigten keine entsprechende Evidenz,<br />
um sie in der Alzheimertherapie einzusetzen.<br />
Krankheitsmodifizierende<br />
Therapien<br />
Die Alzheimer-Krankheit hinterlässt im Krankheitsverlauf<br />
massive neuropathologische/chemische<br />
Spuren im Gehirn. Im Endstadium ist<br />
die Neuronenzahl im limbischen System und<br />
in den Assoziationsrindenfeldern gemeinsam<br />
mit den dazu korrespondierenden subkortikalen<br />
Kerngruppen dramatisch verringert<br />
3 .<br />
Die augenfälligsten neuropathologischen<br />
Hirnveränderungen bei Alzheimer sind die<br />
amyloiden Plaques, die neurofibrillären Tangles<br />
(NFT) im Zytoplasma der Neurone (hyperphosphoryliertes<br />
Tauprotein) und die kongophile<br />
amyloidreiche Mikroangiopathie<br />
(CAA), die erstmals von Alois Alzheimer beschrieben<br />
wurden 4 . Diese Veränderungen betreffen<br />
vor allem die Hippocampi, die Amygdala-assoziativen<br />
Rindenfelder und bestimmte<br />
subkortikale Kerngruppen.<br />
Tau ist ein axonales Protein, das den Zusammenbau<br />
und die Stabilität der Mikrotubuli fördert.<br />
Die Tau-Hyperphosphorylierung führt zum<br />
Abbau der Mikrotubuli: Der axonale Transport<br />
ist beeinträchtigt, und dadurch ist die neuronale<br />
und synaptische Funktion gestört.<br />
Zusätzlich aggregiert Tau zu unlöslichen Tangles<br />
und stört die neuronalen Funktionen.<br />
Ob diese Veränderungen Ursache oder Folge<br />
der Alzheimer-Krankheit sind, ist derzeit noch<br />
unklar. Obwohl die AD-Ätiologie heute nur<br />
lückenhaft verstanden wird, vermuten viele<br />
Autoren, dass �-Amyloid (A�) eine Schlüsselrolle<br />
in der AD-Entwicklung spielt.<br />
Therapien die im Stande sind A� zu redu-<br />
16<br />
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
zieren betreffen den Einsatz von Sekretase-<br />
Modulatoren und A�-Aggregationshemmer.<br />
A�-Immuntherapie: Größte Aufmerksamkeit<br />
erhielt in diesem Zusammenhang zuletzt<br />
die A�-Immuntherapie.<br />
Unter aktiver A�-Immuntherapie konnte erstmals<br />
die Reduktion des löslichen A�-Proteins<br />
und der Anzahl amyloider Plaques, die Verringerung<br />
neuropathologischer Veränderungen<br />
wie Mikrogliose und Astrocytose und die Besserung<br />
der kognitiven Leistung bei APP-transgenen<br />
Mäusen gezeigt werden. Die Antikörper-Immunantwort<br />
auf A� wurde nachgewiesen<br />
und <strong>für</strong> den Therapieerfolg verantwortlich<br />
gemacht. Studien mit passiver A�-Immuntherapie<br />
bestätigten diese Ergebnisse.<br />
Aufgrund dieser hoffnungsvollen Resultate in<br />
diversen Tiermodell-Studien wurde versucht,<br />
diese in klinische Studien zu übertragen.<br />
Der erste Humanimpfstoff (AN1792) bestand<br />
aus A�42 und einem Adjuvans (QS-21).<br />
Diese Impfstudie musste wegen Auftretens<br />
aseptischer T-Zell-mediierter Meningoenzephalitis<br />
bei 6 % der Geimpften abgebrochen<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
RESÜMEE<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
werden. Obwohl die meisten Patienten nur<br />
2 der geplanten 6 Impfungen erhielten,<br />
konnten sie eine A�-spezifische humorale Immunantwort<br />
aufbauen. Ein klinischer Effekt<br />
konnte bei 20 % der Geimpften festgestellt<br />
werden.<br />
Evidenz <strong>für</strong> klinische Wirkung im Rahmen der<br />
A�-Immuntherapie wurde auch in Studien mit<br />
intravenöser Immunglobulintherapie (IVIG,<br />
eine Form passiver A�-Immuntherapie) festgestellt.<br />
Insbesondere zeigten keine der behandelten<br />
PatientInnen Mikrohämorrhagien.<br />
Im Tierversuch konnte festgestellt werden,<br />
dass ein direkter Zusammenhang zwischen<br />
dem Schweregrad zentraler Mikrohämorrhagien<br />
und der Impfdosis besteht. Die IVIG-Impfdosen<br />
in künftigen Humanstudien sollten<br />
daher im sicheren Bereich liegen. ■<br />
Literatur<br />
1 Birks J., Cholinesterase inhibitors for Alzheimer’s disease.<br />
Cochrane Database Syst Rev 2006; 1: CD005593.<br />
2 Areosa S. A., Sherriff F., McShane R., Memantin for<br />
dementia. Cochrane Database Syst Rev 2005.<br />
3 Uylings H. B. and de Brabander J. M., 2002; Neuronal<br />
changes in normal human aging and Alzheimer's<br />
disease. Brain Cogn 49:268-276.<br />
4 Alzheimer A. 1907; Über eine eigenartige Erkrankung<br />
der Hirnrinde. Zentralblatt <strong>für</strong> Nervenheilkunde und<br />
Psychiatrie 30:177-179.<br />
Bis dato gibt es keine heilende Alzheimertherapie. Die heute einsetzbaren Substanzen<br />
mit klinischer Evidenz <strong>für</strong> Wirksamkeit sind die Acetylcholinesterase-Inhibitoren und der<br />
NMDA-Rezeptor-Antagonist Memantin. Diese Substanzen können einen symptomatischen<br />
Effekt bei AlzheimerpatientInnen über Jahre bewirken.<br />
Es besteht aber dringender Bedarf an der Entwicklung krankheitsmodifizierender Therapien:<br />
Verlässliche Evidenz gibt es <strong>für</strong> die Annahme, dass die aktive A�-Immuntherapie<br />
ein modifizierendes Potenzial im Tiermodell und bei AlzheimerpatientInnen hat. Die<br />
beobachteten Nebenwirkungen, besonders die Meningoenzephalitis als Folge des Impfstoffes<br />
mit komplettem A�-Peptid, scheint vermeidbar durch die Wahl eines Antigens,<br />
das frei von T-Zell-Epitop ist. Evidenz <strong>für</strong> klinischen Effekt wurde in Studien auch mit<br />
der besser verträglichen intravenös verabreichten passiven A�-Immuntherapie (IVIG) festgestellt.<br />
Weitere Forschungsschwerpunkte widmen sich der �- und �-Sekretase-Hemmung, der<br />
�-Sekretasen-Verstärkung, der A�-Aggregationshemmung, und den PPAR-�-Agonisten<br />
(Glitazone). Die Forschungsaktivität bezüglich Entwicklung therapeutischer Strategien<br />
gegen Tau-Pathologie ist geringer. Sie konzentriert sich auf die Hemmung von Kinasen<br />
und die Verstärkung der Phosphatasen-Aktivität.<br />
Kausale Therapieansätze können schon bei mäßiger Wirkung große Effekte erzielen:<br />
Krankheitsmodifizierende Therapien, die den Beginn der Alzheimerkrankheit um 5 Jahre<br />
verzögern, könnten die Anzahl künftiger Alzheimer-PatientInnen halbieren.
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
Sonderformen der Alzheimer-Demenz<br />
Neben der häufigen Standard-Variante rechnet man zur Alzheimer-Erkrankung auch noch andere,<br />
seltenere Präsentationsformen, wie etwa die früh beginnende familiäre Form, oder „pseudofokale“ Formen,<br />
welche die Diagnose und auch die Abgrenzung von anderen Demenzen erschweren.<br />
Die Alzheimer-Erkrankung (DAT) ist das häufigste<br />
demenzielle Syndrom. Die DAT führt<br />
innerhalb weniger Jahre zu einem progredienten<br />
Abbau kognitiver Funktionen und<br />
einem Verlust der Selbständigkeit im Alltag<br />
mit Behandlungs- und Pflegebedürftigkeit.<br />
Typisch <strong>für</strong> diese Erkrankung ist ein schleichender<br />
Beginn nach dem 65. Lebensjahr mit<br />
rasch ansteigenden Prävalenzzahlen (Verdopplung<br />
etwa in Fünfjahresintervallen).<br />
Die neuropathologischen Veränderungen der<br />
DAT (Neuronenverlust, Plaques, Fibrillen,<br />
Amyloidangiopathie etc.) sind in annähernd<br />
symmetrischer und diffuser Verteilung vor<br />
allem im mesialen Temporallappen (Hippokampus<br />
und entorhinaler Kortex), später in<br />
18<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
anderen Teilen des limbischen Systems<br />
sowie im temporalen, parietalen<br />
und frontalen Neokortex<br />
zu finden, wobei Menge und Verteilungsmuster<br />
der Neuropathologie<br />
vom Erkrankungsstadium<br />
abhängen.<br />
Die Diagnostik der DAT hat<br />
wegen der Häufigkeit der Erkrankung große<br />
Bedeutung in der geriatrischen Medizin. Sie<br />
umfasst vor allem kognitive und bildgebende<br />
Befunde. Im neuropsychologischen<br />
Befund steht anfangs eine episodische Gedächtnisstörung,<br />
später der Verlust weiterer<br />
kognitiver Funktionen (Sprachleistungen,<br />
Raumverarbeitung, Problemlösen, Objektge-<br />
Tab.: Klinische Diagnosekriterien des posterioren kortikalen Atrophiesyndroms<br />
(PCA) (Mendez et al., 2002)<br />
1. Hauptsymptome<br />
A: Schleichender Beginn und allmähliche Progression<br />
B: Präsentation mit visuellen Beschwerden bei intakten primären Sehleistungen<br />
C: Evidenz von hervorstechenden komplexen visuellen Defiziten<br />
- Elemente eines Bálint-Syndroms<br />
- Visuelle Agnosie<br />
- Ankleideapraxie<br />
- Topographische Desorientiertheit<br />
D: Im Verhältnis geringe Defizite im Gedächtnis und in der Wortflüssigkeit<br />
E: Relativ gutes Störungsbewusstsein mit oder ohne Depression<br />
2. Diagnoseunterstützend<br />
A: Beginn präsenil<br />
B: Alexie<br />
C: Elemente des Gerstmann-Syndroms<br />
D: Ideomotorische Apraxie<br />
E: Physische Untersuchung innerhalb der Normen<br />
F: Neuropsychologie: vorherrschende Beeinträchtigung der perzeptiven Defizite<br />
Bildgebung: vorherrschend okzipito-parietale Abnormalitäten (vor allem in funktioneller<br />
Bildgebung) mit relativer Aussparung von frontalen und mesiotemporalen Regionen<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
brauch, Rechnen, Faktenwissen, Orientiertheit,<br />
Krankheitswahrnehmung etc.) im Vordergrund.<br />
Die Bildgebung stützt sich vor allem auf MRI<br />
und PET- oder SPECT-Befunde zur Darstellung<br />
von Atrophie und Perfusionsminderung. Die<br />
DAT beginnt mit einer Atrophie im medialen<br />
Temporallappen; später findet sich ein diffuser<br />
Hypometabolismus mit Akzentuierung im<br />
gesamten Temporallappen, im zingulären<br />
und im temporoparietalen Kortex.<br />
Große Variabilität: Die DAT ist klinisch, neuropathologisch<br />
und in der Bildgebung sehr<br />
variabel, wobei quantitative (z. B. Schweregrad,<br />
Progressionsrate) und qualitative Heterogenität<br />
(z. B. familiäre Form, klinische Sonderformen)<br />
zu unterscheiden sind.<br />
Atypische Fälle sind deshalb von klinischem<br />
Interesse, weil sie die Diagnose, aber auch<br />
die Abgrenzung von anderen Demenzen (z.<br />
B. Lewy-Body-Demenz – LBD, frontotemporale<br />
Demenz – FTD, vaskuläre Demenz – VaD)<br />
erschweren. Im Folgenden sollen vor allem<br />
die früh einsetzende sowie fokal akzentuierte<br />
Formen der DAT skizziert und von der<br />
„Standardform“ abgegrenzt werden.<br />
Früh einsetzende<br />
(Early-Onset-)DAT<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Univ.-Prof. Dr.<br />
Thomas Benke<br />
Universitätsklinik<br />
<strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>,<br />
Medizinische Universität<br />
Innsbruck<br />
Die Genetik spielt eine wichtige, nur teilweise<br />
erforschte Rolle bei der Pathogenese aller
Abb.: Patient mit posteriorer kortikaler Atrophie (PCA)<br />
Klinische Präsentation mit Bálint- und Gerstmann-Syndrom, konstruktiver Apraxie, Ankleideapraxie, Alexie und inkomplettem Neglect. MR-tomographisch<br />
parieto-okzipitale Atrophie mit leichter Hyperintensität, vermutlich als Zeichen der Gliose. In der PET massiver Hypometabolismus in beiden visuellen Assoziationszentren<br />
mit Ausdehnung in beide Parietalregionen mit deutlicher Rechtsbetonung.<br />
Zur Verfügung gestellt von R. Schmidt, Medizinische Universität Graz<br />
Formen der DAT; genetische Faktoren werden<br />
aber als wichtigste bekannte Ursache <strong>für</strong><br />
ein frühes (< 65. Lebensjahr) Einsetzen der<br />
DAT angenommen. So erhöht z. B. das Vorhandensein<br />
von Apolipoprotein-�4 die frühe<br />
Erkrankungswahrscheinlichkeit bei der sporadischen<br />
DAT.<br />
Die familiäre, autosomal-dominante DAT mit<br />
Mutation im Amyloidprecursor-Protein oder<br />
in einem der Präseniline umfasst etwa 5 %<br />
aller DAT-Fälle. Ihr Erkrankungsbeginn liegt<br />
bereits in der 4. oder 5. Lebensdekade, bei<br />
einzelnen Patienten bereits früher. Auch bei<br />
vielen Patienten mit Down-Syndrom (Trisomie<br />
21) beginnt die DAT um das 40. Lebensjahr.<br />
Bei Early-Onset-DAT-Patienten wurden<br />
neuropathologische Veränderungen in größerem<br />
Umfang, eine erhöhte Rate neuropsychiatrischer<br />
Symptome und ein unterschiedliches<br />
Verteilungsmuster der Neurodegeneration<br />
beobachtet. Die Rolle von<br />
anderen genetischen sowie von weiteren Risikofaktoren<br />
(z. B. Komorbiditäten; geringere<br />
kognitive Reserve) ist noch nicht hinlänglich<br />
bekannt. Die Early-Onset-DAT muss differenzialdiagnostisch<br />
von anderen früh<br />
einsetzenden Demenzen, vor allem den<br />
frontotemporalen und vaskulären Demenzformen<br />
sowie von Prionenerkrankungen abgegrenzt<br />
werden.<br />
DAT mit ungewöhnlichem<br />
kognitivem Defizitprofil<br />
Einzelne Patienten haben im Gegensatz zu<br />
den multimodalen kognitiven Ausfällen der<br />
Standard-DAT ein besonders ausgeprägtes<br />
Defizit in einer Domäne, z. B. im Bereich der<br />
Sprache, arithmetischer, perzeptiver, visuellräumlicher,<br />
semantischer, frontal-exekutiver<br />
oder auch motorischer Leistungen. Bei einigen<br />
dieser kognitiven Phänotypen wird ein<br />
genetischer Zusammenhang vermutet<br />
(Snowden 2007). Diese Varianten gehen auch<br />
meist mit ungewöhnlichem Beginn (keine zunehmende<br />
Gedächtnisstörung als Erstsymptom)<br />
sowie anderer Verteilung der DAT-Pathologie<br />
einher.<br />
Auch zeigen Ausprägung und Schweregrad<br />
neuropsychiatrischer Ausfälle von DAT-Patienten<br />
große interindividuelle Unterschiede. Das<br />
Auftreten von atypischen kognitiven und Verhaltensvarianten<br />
findet sich oft bereits im<br />
Vorstadium (Mild Cognitive Impairment –<br />
MCI) der Erkrankung und führt zur großen<br />
klinischen Vielfalt der DAT.<br />
Posteriores kortikales Atrophiesyndrom:<br />
Eine gut untersuchte Untergruppe der atypischen<br />
DAT stellt das posteriore kortikale<br />
Atrophiesyndrom (PCA; auch „visuelle“ Variante)<br />
dar. Patienten mit PCA leiden an<br />
progredienten räumlichen Ausfällen, die<br />
das visuelle Explorieren und Lesen, aber<br />
auch Ankleiden, Rechnen, Praxis, Zeichnen<br />
und die Optomotorik betreffen. Visuoperzeptive,<br />
meist präsenil beginnende Ausfälle<br />
sind das Leitsymptom, das vorwiegend<br />
erst später von Gedächtnisstörungen gefolgt<br />
wird. Neuropsychologische Befunde<br />
zeigen einen variablen Verlust komplexer<br />
Sehleistungen und parietaler Funktionen<br />
(Tab.).<br />
In der Bildgebung findet sich eine beidseitige<br />
okzipito-parietale bzw. parietale Atrophie<br />
bzw. Minderperfusion (Abb.). Eine<br />
Variante des PCA-Syndroms ist durch Ausfälle<br />
primärer (Visuoperzeption) und assoziativer<br />
Sehleistungen (z. B. Erkennen von<br />
Objekten und Gesichtern) charakterisiert,<br />
hier liegt der Schwerpunkt der fokalen Neurodegeneration<br />
im Bereich der Sehrinde und<br />
ventraler, okzipito-temporaler Rindenzonen.<br />
Die PCA muss vor allem von der LBD, der<br />
kortikobasalen Degeneration (CBD), einer<br />
Prionerkrankung oder einer reversiblen posterioren<br />
Enzephalopathie unterschieden<br />
werden.<br />
Andere Varianten: In den letzten Jahren<br />
wurden weitere atypische fokale Präsentationsformen<br />
der DAT bei Patienten beschrieben,<br />
die in vivo als CBD, FTD und primäre �<br />
19
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
progressive Aphasie (PPA) diagnostiziert<br />
wurden, jedoch eine unerwartete DAT-Pathologie<br />
aufwiesen (Galton 2000, Knobb<br />
2006, Alladi 2007).<br />
Atypische Formen der DAT mit lobärer oder<br />
gyraler Atrophie wurden auch in folgenden<br />
Varianten beschrieben (von Gunten 2006):<br />
frontotemporale Atrophie (Hauptsymptom:<br />
progressive sprechmotorische oder Sprachstörung),<br />
präfrontale Atrophie (dysexekutive<br />
und Verhaltensdefizite) sowie Atrophie<br />
in der Zentralregion (motorische Ausfälle,<br />
Rigor, Myoklonus).<br />
Diese Fälle verweisen darauf, dass die klinische<br />
Präsentation von Demenzen Syndromcharakter<br />
hat und ein Rückschluss auf die<br />
zugrunde liegende Erkrankung nur eingeschränkt<br />
möglich ist. Die derzeit vorliegenden<br />
Daten belegen, dass atypische DAT-Formen<br />
häufiger als bisher vermutet sind (30<br />
% der Patienten mit fokalen neurodegenerativen<br />
Erkrankungen hatten DAT-Pathologie,<br />
Alladi 2006) und lassen ein Kontinuum<br />
zwischen Standardform und atypischen Varianten<br />
der DAT vermuten.<br />
Zur Therapie der pseudofokalen DAT-Formen<br />
liegen zurzeit noch keine validen Studien vor.<br />
Vor allem der Zusammenhang zwischen atypischer<br />
DAT, Pathomechanismus und Genetik<br />
wird in Zukunft zu interessanten Erkenntnissen<br />
führen. ■<br />
Literatur beim Verfasser<br />
20<br />
RESÜMEE<br />
SCHWERPUNKT<br />
Neben der häufigen Standard-Variante<br />
rechnet man zur Alzheimer-Erkrankung<br />
auch noch andere, seltenere Präsentationsformen,<br />
wie etwa die früh beginnende<br />
familiäre Form, oder „pseudofokale“<br />
Formen, bei denen eine regionale Atrophie<br />
mit dem Verlust einer bestimmten<br />
kognitiven Domäne gekoppelt ist. Fokale<br />
DAT-Varianten sind nur durch gute<br />
Bildgebung und spezielle neuropsychologische<br />
Untersuchungen von anderen<br />
Demenzen, wie etwa der LBD, CBD, VaD<br />
oder Prionenerkrankungen unterscheidbar.<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
Update<br />
vaskuläre Demenzen<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Aufgrund der Heterogenität der unterschiedlichen Formen der<br />
vaskulären Demenzen (VaD) fehlen allgemein anerkannte<br />
Goldstandards in den diagnostischen Kriterien. Da die tatsächliche<br />
Wirksamkeit der bei VaD häufig eingesetzten Medikamente vielfach<br />
nicht belegt ist, kommt einer effektiven medikamentösen Kontrolle der<br />
vaskulären Risikofaktoren eine umso größere Bedeutung zu.<br />
Definition, Kriterien<br />
und Epidemiologie<br />
Vaskuläre Demenz (VaD) ist als Überbegriff<br />
von ätiopathogenetisch, klinisch und bildgebend<br />
heterogenen Krankheitsbildern<br />
aufzufassen. Für die Diagnose einer VaD<br />
ist die kausale und/oder zeitliche Verknüpfung<br />
von Symptomen des Demenzsyndroms<br />
mit Hinweisen <strong>für</strong> eine zerebrovaskuläre<br />
Störung maßgebend. Kausalität ist<br />
anzunehmen, wenn die Demenz im Anschluss<br />
an einen Schlaganfall auftritt. Abrupt<br />
auftretende, persistierende Verschlechterungen<br />
kognitiver Funktionen<br />
sind <strong>für</strong> bestimmte Formen der VaD wie<br />
der Multiinfarktdemenz mit multiplen Infarkten<br />
diagnostisch richtungweisend.<br />
Hinsichtlich des zeitlichen Verlaufs findet<br />
sich am anderen Ende des Spektrums die<br />
subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie,<br />
die häufig durch eine schleichende<br />
Progression von Symptomen wie Störung<br />
von Antrieb und frontal-exekutiven Funktionen,<br />
Gangataxie, Hypokinese, Rigidität<br />
und Inkontinenz einhergeht. Weitere klassische<br />
Formen der VaD stellen die sog. strategischen<br />
Infarkte (z.B. im Thalamus) und<br />
der Status lacunaris mit multiplen lakunären<br />
Infarkten dar. Es können auch Mischformen<br />
von Infarktmustern vorliegen. Weitere<br />
mögliche Ursachen einer VaD sind intrazerebrale<br />
Hämorrhagien und hereditäre<br />
Arteriopathien wie die zerebrale autosomal<br />
dominante Arteriopathie mit subkortikalen<br />
Infarkten und Leukoenzephalopathie (CA-<br />
DASIL).<br />
Univ.-Doz. Prim. Dr.<br />
Friedrich Leblhuber<br />
Abteilung <strong>für</strong> Neurologisch-<br />
Psychiatrische Gerontologie,<br />
Landes-Nervenklinik<br />
Wagner-Jauregg, Linz<br />
Dr. Raffi Topakian<br />
Abteilung <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>,<br />
Landes-Nervenklinik<br />
Wagner-Jauregg, Linz<br />
Diagnostische Kriterien: Ähnlich heterogen<br />
wie die Krankheitsbilder sind auch die<br />
zur Diagnose der VaD vorgeschlagenen Kriterien<br />
unterschiedlicher Fachgesellschaften.<br />
Ein allgemein anerkannter Goldstandard<br />
ist nicht definiert. Gegenwärtig werden<br />
die diagnostischen Kriterien der<br />
National Institute of Neurological Disorders<br />
and Stroke und Association Internationale<br />
pour la Recherche et l’Enseignement en<br />
Neurosciences (NINDS-AIREN) bevorzugt,<br />
zumal diese Kriterien sehr spezifisch sind<br />
und die Rolle des Neuroimaging deutlich<br />
aufgewertet ist. Die NINDS-AIREN-Kriterien<br />
sind allerdings wenig sensitiv, wodurch<br />
möglicherweise die VaD in bestimmten<br />
Populationen „unterdiagnostiziert“ werden<br />
könnte.
Vielfach werden die VaD als zweithäufigste<br />
Demenzsyndrome nach der AD der westlichen<br />
Welt genannt. In Abhängigkeit von den<br />
angewandten Diagnosekriterien schwanken<br />
die Angaben zur Prävalenz bzw. Inzidenz bei<br />
Personen � 65 Jahre zwischen 1,2 und 4,2<br />
% bzw. 6,4 und 28/1.000/Jahr.<br />
Abgrenzung zur AD, Neuropathologie<br />
und Neuroimaging<br />
Neuropathologische und epidemiologische<br />
Studien deuten auf eine überzufällige Koexistenz<br />
von VaD und Alzheimer-Demenz (AD).<br />
Zwischen den Krankheitsbildern bestehen<br />
potenzielle Synergien. Klinisch, bildgebend<br />
und auch neuropathologisch kann ein beträchtlicher<br />
„Overlap“ bestehen. Die Diagnose<br />
einer sog. Mischdemenz setzt das gleichzeitige<br />
Vorliegen von klinischen oder bildgebenden<br />
Merkmalen einer VaD und einer AD<br />
voraus. Differentialdiagnostische Zuordnungsprobleme<br />
entstehen beispielsweise,<br />
wenn bei PatientInnen mit einem als eher<br />
primär degenerativ eingestuften Demenzsyndrom<br />
im Neuroimaging beträchtliche Veränderungen<br />
im weißen Marklager im Sinne<br />
einer Leukoaraiosis gefunden werden.<br />
Pathophysiologische Gemeinsamkeiten:<br />
Bei VaD und AD dürften eine Reihe pathophysiologischer<br />
Gemeinsamkeiten vorliegen.<br />
Bei gleichzeitigem Vorliegen von AD-Pathologie<br />
und vaskulären Läsionen sind hinsichtlich<br />
der klinischen Ausprägung der Demenz<br />
Wechselwirkungen wie auch Summationseffekte<br />
denkbar. Eine rezente Studie an 156<br />
autopsierten älteren Individuen mit unterschiedlich<br />
ausgeprägter AD-Pathologie legt<br />
nahe, dass die klinische Expression der vaskulären<br />
Komponente von der Lokalisation<br />
und Art der Läsionen sowie der Schwere der<br />
konkomitanten AD-Pathologie abhängt.<br />
Das Endothel spielt eine regulatorische Rolle<br />
in der zerebralen Mikrozirkulation bei synaptischer<br />
Aktivität. Für beide Demenzformen<br />
mehren sich Hinweise aus neuropathologischen<br />
und Perfusionsmagnetresonanztomo-<br />
graphiestudien (MRT), dass eine endotheliale<br />
Dysfunktion mit Zunahme der Permeabilität<br />
der Blut-Hirn-Schranke (BHS) einen wesentlichen<br />
Faktor im Krankheitsprozess darstellen<br />
könnte. Ein Zusammenbruch der BHS<br />
könnte über Extravasation von potenziell toxischen<br />
Plasmaprodukten („Leakage“) zu<br />
Ödementwicklung und Schädigung von Hirngewebe<br />
mit Ausbildung einer Leukoaraiosis<br />
führen.<br />
Die Faktoren Lebensalter, Leukoaraiosis und<br />
Durchlässigkeit der BHS sind miteinander assoziiert.<br />
Das Dilemma des Klinikers, pathologische<br />
Veränderungen von jenen des physiologischen<br />
Alterungsprozesses oft nicht sicher<br />
abgrenzen zu können, wird am Beispiel der<br />
Leukoaraiosis deutlich (Abb.). Leukoaraiosis<br />
ist bei Älteren, nicht Dementen ein relativ<br />
häufig anzutreffender radiologischer Befund.<br />
Andererseits gelten konfluierende (versus<br />
punktuelle) Marklagerläsionen als Prädiktor<br />
einer schnelleren weiteren Progression der<br />
Veränderungen und sind mit der Entwicklung<br />
von kognitiven Einbußen, Inkontinenz,<br />
Gangstörung und Stürzen assoziiert. Die Progression<br />
der Leukoaraiosis könnte somit in<br />
einer Subpopulation von PatientInnen mit<br />
VaD als Surrogatmarker <strong>für</strong> künftige Therapiestudien<br />
dienen. In diesem Zusammenhang<br />
sei erwähnt, dass die wissenschaftliche Anwendung<br />
der speziellen MRT-Methoden Traktographie<br />
und Diffusion-Tensor-Imaging ein<br />
besseres Verständnis der Zusammenhänge<br />
von neuropsychologischen Veränderungen<br />
und Läsionslokalisation bzw. Disintegration<br />
von zerebralen Strukturen ermöglicht.<br />
Risikofaktoren,<br />
Prävention und Therapie<br />
Eine gesicherte spezifische Therapie der VaD<br />
liegt leider nicht vor. Unveränderliche mit VaD<br />
assoziierte Faktoren sind höheres Alter und<br />
männliches Geschlecht. Da vaskuläre Läsionen<br />
das morphologische Substrat der VaD<br />
darstellen, dürfte eine optimale Kontrolle vaskulärer<br />
Risikofaktoren neben der Schlaganfallprävention<br />
auch das Risiko der VaD senken.<br />
Antihypertensiva und Lipidsenker: Zahlreiche<br />
Studien legen nahe, dass Hypertonie<br />
nicht nur der wichtigste Risikofaktor <strong>für</strong> den<br />
Schlaganfall ist, sondern auch das Risiko <strong>für</strong><br />
die Entwicklung einer VaD erhöht. Eine antihypertensive<br />
Therapie senkt das VaD-Risiko,<br />
wobei die Datenlage besonders <strong>für</strong> ACE-<br />
Hemmer wie Ramipril und Perindopril, aber<br />
auch <strong>für</strong> den Angiotensin-II-Antagonisten<br />
Candesartan günstig erscheint.<br />
Die Datenlage <strong>für</strong> Statine in der Demenzprävention<br />
ist trotz zahlreicher Studien zu diesem<br />
Thema inkonsistent. Jedenfalls konnte<br />
in der PROspective Study of Pravastatin in �<br />
Abb. 1: Leukoaraiosis in der MRT – angedeutet konfluierend (1a) symmetrisch<br />
ausgeprägt und konfluierend (1b), asymmetrisch und konfluierend (1c)<br />
1a 1b 1c<br />
21
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
the Elderly at Risk (PROSPER) kein Einfluss<br />
von Pravastatin auf die Entwicklung einer Demenz<br />
beobachtet werden.<br />
NSAR: Seit langem werden nicht-steroidale<br />
Antirheumatika wie Acetylsalicylsäure und Diclofenac<br />
in der Demenzprävention diskutiert,<br />
zumal inflammatorische Prozesse bei verschiedenen<br />
Demenzen eine Rolle spielen.<br />
Auch hier sind die Daten uneindeutig, neuere<br />
Studien waren aber negativ. Low-Dose-<br />
Acetylsalicylsäure zeigte in der rezenten<br />
Women’s Health Study bei gesunden Frauen<br />
� 65 Jahre keinen Einfluss auf die Kognition.<br />
In randomisierten Studien konnten weder<br />
Naproxen noch Celecoxib das Auftreten einer<br />
AD reduzieren.<br />
Antidementiva: Die Cholinesterase-Inhibitoren<br />
Donepezil, Galantamin und Rivastigmin<br />
und der nicht-kompetitive N-Methyl-D-Aspartat-Antagonist<br />
Memantin wurden in einer rezenten<br />
Meta-Analyse doppelblinder, randomisierter,<br />
kontrollierter Studien hinsichtlich<br />
ihrer Wirksamkeit und ihrer Nebenwirkungen<br />
untersucht. Es wurden relativ bescheidene Effekte<br />
auf die Kognition <strong>für</strong> Patienten mit milder<br />
bis moderater VaD gefunden.<br />
Die klinische Signifikanz der Verbesserungen<br />
in der sog. ADAS-cog-Subskala wurde<br />
durch das Fehlen von Effekten auf funktionelle<br />
und Verhaltenszielparameter geschmälert.<br />
Die breite Anwendung dieser Substanzen<br />
in der Behandlung der VaD kann durch<br />
diese Daten nicht gestützt werden. Eine im<br />
April 2008 publizierte doppelblinde randomisierte<br />
kontrollierte Studie zum Einsatz von<br />
Donepezil bei Patienten mit CADASIL, dem<br />
Prototyp der subkortikalen vaskulären Demenz,<br />
erbrachte keinen Effekt auf den primären<br />
Endpunkt, den V-ADAS-cog-Score.<br />
Die klinische Relevanz von beobachteten<br />
Verbesserungen in verschiedenen Bereichen<br />
der exekutiven Funktionen in dieser Studie<br />
ist offen.<br />
22<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
Andere Substanzen: Für zahlreiche seit Jahren<br />
auf dem Markt befindliche Substanzen<br />
insbesondere aus dem Feld der Rheologika<br />
und Neuroprotektiva ist die Datenlage ebenfalls<br />
zweifelhaft. Wenngleich <strong>für</strong> einige dieser<br />
Substanzen die Möglichkeit geringer bis<br />
moderater positiver Effekte besteht, fehlen<br />
in aller Regel eindeutige Belege <strong>für</strong> Wirksamkeit<br />
und Kosteneffektivität. Oft wird die Aussagekraft<br />
„positiver“ Studien durch Schwächen<br />
im Studiendesign wie mangelhafte<br />
Randomisierung, unzureichend definierte<br />
Studienpopulation, kleine Fallzahl und fraglich<br />
relevante Endpunkte geschmälert. Daneben<br />
ist die Möglichkeit eines Publikationsbias<br />
gegeben. Diese Bedenken treffen mehr<br />
oder minder <strong>für</strong> Hydergin, Pentoxifyllin, Piracetam,<br />
Nimodipin und Naftidroforyl zu.<br />
Der Einsatz von Ginkgo biloba in der Demenzprävention<br />
und -behandlung wurde in<br />
einem rezenten Update eines Cochrane Review<br />
ähnlich kritisch gesehen, bei guter Verträglichkeit<br />
bzw. günstigem Nebenwirkungsprofil<br />
ist ein klinisch signifikanter Benefit nicht<br />
eindeutig belegt.<br />
Für alle künftigen Therapiestudien sollte gelten,<br />
dass der Heterogenität der VaD Rechnung<br />
getragen wird, zumal unterschiedliche<br />
Subpopulationen auch unterschiedlich auf<br />
Medikation ansprechen könnten.<br />
Weitere Interventionen: Bei allen Patienten<br />
mit VaD sollte an die mögliche Notwendigkeit<br />
der Behandlung von Schlafstörungen<br />
und Depressionen gedacht werden. Verschiedene<br />
Lebensstilfaktoren könnten das Auftreten<br />
und/oder die Progression einer Demenz<br />
verzögern. Neuere teils kleinere Studien legen<br />
nahe, dass moderater Alkoholkonsum, eine<br />
Ernährung reich an Obst, Gemüse, Fisch und<br />
Omega-3-Fettsäuren, regelmäßige physische<br />
Aktivität, regelmäßige soziale Kontakte sowie<br />
intellektuelle Stimulation und Freizeitaktivitäten<br />
einen protektiven Effekt auf die kognitiven<br />
Funktionen haben könnten. Für die<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
meisten dieser Lebensstilfaktoren sind aber größere<br />
prospektive Studien noch ausständig. ■<br />
Literatur bei den Verfassern<br />
RESÜMEE<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Die Heterogenität der unterschiedlichen<br />
Formen der VaD bedingt einerseits das<br />
Fehlen von allgemein anerkannten Goldstandards<br />
in den diagnostischen Kriterien,<br />
anderseits wird hierdurch auch die<br />
Übertragbarkeit von Studienergebnissen<br />
auf den klinischen Alltag erschwert.<br />
Viel häufiger als früher angenommen<br />
könnte ein Nebeneinander von vaskulären<br />
Läsionen und Alzheimer-Pathologie<br />
vorliegen, wobei relevante Interaktionen<br />
zwischen den Pathologien die Grenzen<br />
zwischen primär degenerativen und primär<br />
vaskulären Demenzen verwischen<br />
dürften. Der Abfall der Hirnperfusion<br />
scheint ein gemeinsamer Faktor in der<br />
Ätiologie der VaD und AD zu sein.<br />
Moderne MRT-Methoden ermöglichen<br />
eine morphologische Verlaufsbeobachtung<br />
intra vitam und die Definition von<br />
Surrogatmarkern bei Therapiestudien.<br />
Fortschritte im Verständnis der pathophysiologischen<br />
Vorgänge setzen die<br />
möglichst präzise Analyse klinischer, radiologischer<br />
und neuropathologischer<br />
Befunde voraus.<br />
Die tatsächliche Wirksamkeit der bei PatientInnen<br />
mit VaD häufig eingesetzten<br />
Medikamente ist vielfach nicht belegt.<br />
Umso mehr ist eine wirksame medikamentöse<br />
Kontrolle von etablierten vaskulären<br />
Risikofaktoren wie Hypertonus<br />
oder Diabetes in der Prävention vaskulär<br />
bedingter kognitiver Defizite bedeutsam,<br />
ebenso wie lebensstilmodifizierende<br />
Maßnahmen.
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
Demenz mit Lewy-Körperchen<br />
Die Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB) ist eine degenerative Demenz, in der, kombiniert, eine Vielfalt<br />
psychiatrischer Symptome, vegetativer Störungen sowie eine Parkinson-Symptomatik auftreten. Somit sind<br />
Diagnostik und Therapie komplex und aufwendig, und eine engmaschige Verlaufskontrolle ist angezeigt.<br />
DDie Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB) ist<br />
zusammen mit der Demenz im Rahmen der<br />
Parkinsonkrankheit (PDD) die zweithäufigste<br />
degenerative Demenz.<br />
Bei beiden demenziellen Syndromen handelt<br />
es sich um klinisch ähnliche, in gewissen<br />
Aspekten auch unterschiedliche Ausprägungen<br />
einer das gesamte Gehirn betreffenden<br />
degenerativen Pathologie, die aus Lewy-Körperchen,<br />
Lewy-Neuriten, Synapsen- und Neuronenverlust<br />
sowie in der Mehrzahl der Fälle<br />
(bis zu 80 %) auch aus einer begleitenden<br />
Alzheimer-Pathologie besteht.<br />
Die klinischen Kriterien der DLB wurden 2005<br />
in einer Konsensuskonferenz festgelegt:<br />
• progrediente Demenz,<br />
• detaillierte, wiederkehrende visuelle<br />
Halluzinationen,<br />
• spontanes Parkinsonsyndrom,<br />
• Schwankungen in der Wachheit, Aufmerksamkeit<br />
und Responsivität (oft erst<br />
durch detailliertes Befragen von Angehörigen<br />
in Erfahrung zu bringen),<br />
• REM-Schlaf-Verhaltensstörung,<br />
24<br />
Tab.: Diagnostische Kriterien der DLB<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
• Überempfindlichkeit<br />
gegenüber Neuroleptika –<br />
auch Atypika (Verstärkung<br />
der Parkinson-Symptomatik,<br />
Blutdruckabfall bei üblichen<br />
Dosierungen),<br />
• in SPECT und PET<br />
nachweisbare verminderte Bindung von<br />
Liganden des Dopamintransporters im<br />
Striatum,<br />
• Stürze und Synkopen,<br />
• frühzeitige Drangsymptomatik und<br />
Dranginkontinenz,<br />
• Halluzinationen anderer Modalitäten als<br />
visuell (taktil, akustisch),<br />
• Wahnvorstellungen und Depression.<br />
Differentialdiagnose zur PDD<br />
Vereinbarungsgemäß wird der Begriff DLB <strong>für</strong><br />
alle PatientInnen angewandt, bei denen die<br />
demenzielle Erkrankung spätestens 1 Jahr<br />
nach Beginn einer motorischen Parkinsonsymptomatik,<br />
evtl. vor Beginn der motorischen<br />
Parkinsonsymptomatik aufgetreten ist.<br />
1. • Progrediente Demenz<br />
2 • Visuelle Halluzinationen<br />
• Fluktuationen der kognitiven Leistungen, Wachheit und Aufmerksamkeit<br />
• Spontanes Parkinson-Syndrom<br />
3. • REM-Schlaf-Verhaltensstörung<br />
• Überempfindlichkeit auf Neuroleptika<br />
• Pathologisches Dopamin-Transporter-PET/SPECT<br />
• Stürze, Synkopen<br />
• Harndrang (Inkontinenz), andere Halluzinationen, Wahn<br />
McKeith et al., 2005<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr.<br />
Gerhard Ransmayr<br />
Abteilung <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />
und Psychiatrie, AKH Linz<br />
Entwickelt sich die Demenz aus einer mehrjährigen<br />
L-Dopa-responsiven motorischen<br />
Parkinsonsymptomatik heraus (nicht früher<br />
als 2 Jahre nach deren Beginn), wird der Begriff<br />
PDD verwendet.<br />
Die erst kürzlich zusammengefassten diagnostischen<br />
Charakteristika der PDD entsprechen<br />
in vielen Punkten jenen der DLB.<br />
Das von Braak und MitarbeiterInnen entwickelte<br />
Konzept über die Ausbreitung der Lewy-<br />
Pathologie im ZNS im Rahmen der Parkinson-Krankheit<br />
(Beginn des Prozesses im Bulbus<br />
olfactorius sowie im unteren Hirnstamm,<br />
in der Folge oberer Hirnstamm, Diencephalon,<br />
schließlich Ausbreitung über das ganze<br />
Gehirn) dürfte zwar <strong>für</strong> die PDD, nicht jedoch<br />
<strong>für</strong> die DLB gelten, da bei Letzterer ein<br />
nahezu gleichzeitiges Auftreten der Lewy-Pathologie<br />
in allen Hirnabschnitten oder, in seltenen<br />
Fällen, ein „Absteigen“ der Pathologie<br />
vom Kortex in das Zwischenhirn und den<br />
Hirnstamm angenommen wird. Auch scheint<br />
die Dichte der Pathologie im Striatum und<br />
in Temporallappen ausgeprägter zu sein als<br />
bei der PDD.<br />
Bei der DLB entwickeln sich die motorischen<br />
Symptome rascher als bei der PDD, ebenso<br />
die psychiatrischen Begleitphänomene und<br />
mitunter auch das Einsetzen des demenziellen<br />
Prozesses.<br />
Bei DLB ist im Vergleich zu PDD die Familienanamnese<br />
seltener positiv.<br />
Beide Erkrankungen kommen bei Männern<br />
FOTO: INTMEDCOM
häufiger als bei Frauen vor (Verhältnis ca.<br />
6 : 4). In beiden Fällen setzt die Demenz<br />
durchschnittlich knapp nach dem 70. Lebensjahr<br />
ein. Auch ist in beiden Fällen die Parkinsonsymptomatik<br />
stärker auf die Körperachse<br />
als die Extremitäten bezogen und geht<br />
mit Störungen der Stand- und Gangstabilität<br />
sowie mit einem verminderten Ansprechen<br />
auf die L-Dopa-Therapie einher.<br />
Andere Differentialdiagnosen<br />
Wichtige Differentialdiagnosen sind die Alzheimererkrankung,<br />
die durch signifikant<br />
geringere und seltene psychiatrische Symptome<br />
sowie Parkinson-Symptomatik charakterisiert<br />
ist, die vaskuläre Demenz (differentialdiagnostisch<br />
vaskuläre Risikofaktoren, evtl.<br />
Schlaganfallanamnese, Nachweis vaskulärer<br />
Läsionen in der zerebralen Bildgebung), selten<br />
die Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung oder<br />
die Hashimoto-Encephalopathie bzw. der Hydrocephalus<br />
communicans (Normaldruckhydrocephalus).<br />
Ein diagnostisches Hilfsmittel ist neben der<br />
anamnestischen und klinischen Beurteilung<br />
eine umfassende neuropsychologische Untersuchung<br />
zum Nachweis der Demenz, die zumindest<br />
zu Beginn weniger durch eine Gedächtnisstörung<br />
als durch frontal-exekutive<br />
Funktionsstörungen und visuell-räumliche<br />
Denkstörungen sowie Störungen der räumlichen<br />
Wahrnehmung gekennzeichnet ist.<br />
In der zerebralen Bildgebung findet sich im<br />
Gegensatz zur Alzheimererkrankung seltener<br />
und im geringen Ausmaß eine Atrophie des<br />
Hippokampus. Im Dopamin-Transporter-<br />
SPECT lässt sich eine Verminderung der Speicherung<br />
des Liganden (FP-CIT oder Beta-CIT)<br />
im Striatum nachweisen (siehe oben).<br />
Therapeutische Interventionen<br />
DBL und PDD sind durch eine hohe Komorbidität<br />
gekennzeichnet (vor allem Unfälle,<br />
verursacht durch Stürze, Infekte). Die Therapie<br />
orientiert sich an den klinischen Sympto-<br />
Abb.: Die funktionelle Bildgebung mittels SPECT und 123 J-FP-CIT zeigt bei einem<br />
DLB-Patienten eine deutlich verminderte striatale Dopamintransporter-Bindung<br />
(rechts) verglichen mit einem AD-Patienten<br />
DaTSCAN TM -Bild<br />
Transversaler Schnitt<br />
durch das Striatum<br />
Alzheimer-Krankheit<br />
Normale Verteilung von<br />
DaTSCAN TM<br />
(symmetrisches Striatum)<br />
men. Gegen das Parkinsonsyndrom wird L-<br />
Dopa eingesetzt, wobei eine Hochdosistherapie<br />
häufig wegen Verstärkung visueller Halluzinationen,<br />
wahnhafter Gedanken oder Risiko<br />
eines Delirs nicht durchgeführt werden<br />
kann.<br />
Die Demenz, aber auch Verhaltensstörungen<br />
(Antrieb, Wahn, Depression und Halluzinationen)<br />
lassen sich mit Cholinesterasehemmern<br />
therapieren (Evidenz 1. Grades liegt <strong>für</strong><br />
die Substanz Rivastigmin vor).<br />
Sind visuelle Halluzinationen oder andere<br />
psychiatrische Phänomene stärker ausgeprägt,<br />
wird eine Behandlung mit einem atypischen<br />
Neuroleptikum, in erster Linie Clozapin in einer<br />
Dosierung von 25–75 mg täglich, erforderlich.<br />
Unter dieser Therapie sind über zumindest 3<br />
Monate wöchentlich, dann monatlich Differentialblutkontrollen<br />
erforderlich.<br />
Die neurogene Blasenstörung (Dranginkontinenz,<br />
in Folge von Detrusorhyperaktivität)<br />
wird mit peripher wirksamen Anticholinergika<br />
behandelt (Tolterodin, Caroverin, Trospium).<br />
Gegen die orthostatische Hypotonie werden<br />
Flüssigkeitszufuhr, Kochsalzzufuhr, Überprüfung<br />
und Reduktion einer allfälligen antihypertensiven<br />
Therapie, Midodrin (bis 3-mal<br />
5 mg täglich) und in schweren Fällen Fludrocortison<br />
empfohlen.<br />
Eine depressive Symptomatik wird am besten<br />
mit SSRI behandelt, eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung<br />
mit Clonazepam (0,5–1 mg).<br />
Da auch unter bestmöglicher L-Dopa-Therapie<br />
motorische Restsymptome bestehen bleiben,<br />
ist eine intensive Physiotherapie zur Förderung<br />
der Mobilität und Verhinderung von<br />
Stürzen angezeigt. Gegen die zum Teil hartnäckige<br />
Obstipation helfen diätetische Maßnahmen<br />
und Macrogol.<br />
PatientInnen mit DLB und PDD haben eine<br />
reduzierte Lebensprognose. Sie bedürfen<br />
einer umfassenden medizinischen Betreuung,<br />
aber auch einer besonderen pflegerischen Zuwendung<br />
und wiederholter klinische Kontrollen.<br />
■<br />
Literatur beim Verfasser<br />
DaTSCAN TM -Bild<br />
Transversaler Schnitt<br />
durch das Striatum<br />
Lewy-Körperchen-Demenz<br />
Abnormale Verteilung<br />
von DaTSCAN TM<br />
(asymmetrisches Striatum)<br />
25
Frontotemporale Demenz – ein Update<br />
Die frontotemporale Demenz (FTD) – früher auch Morbus Pick genannt – ist nach der Demenz vom Alzheimertyp<br />
und der Lewy-Körperchen-Demenz die häufigste degenerative Demenzerkrankung. Obwohl das Wissen über die<br />
FTD in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat, wird die FTD nach wie vor häufig spät diagnostiziert – was<br />
auch am Fehlen wirksamer Therapieoptionen liegen dürfte.<br />
DDie FTD ist die bedeutendste Ursache <strong>für</strong> eine<br />
Demenzentwicklung vor dem 65 Lebensjahr<br />
mit Schätzungen der Prävalenz in diesem Alterssegment<br />
von 5–15/100.000. Je nach Lokalisation<br />
des Ausprägungsmaximums der<br />
pathologischen Veränderungen kommt es zu<br />
einer von drei klinischen Verlaufsformen.<br />
Die so genannte frontale Variante, mit<br />
Atrophie im präfrontalen Kortex, jedoch<br />
manchmal auch mit Erkrankungsschwerpunkt<br />
im Bereich des rechten Schläfenlappens,<br />
wird heute zunehmend als Behavioral-<br />
Variant-FTD (bvFTD) bezeichnet. Sie ist vor<br />
allem durch Wesensänderung, Affektabflachung<br />
und teilweise auch bizarre Verhaltensauffälligkeiten<br />
gekennzeichnet. Von kognitiver<br />
Seite geht sie mit einer Störung der<br />
inneren Handlungsplanung, einem dysexekutiven<br />
Syndrom einher.<br />
Auch eine Sprachstörung kann im Vordergrund<br />
der Symptomatik stehen. Man unterscheidet<br />
hier wiederum zwei Formen.<br />
Bei der progressiven nicht flüssigen Aphasie<br />
(PNFA) kommt es zu Sprechapraxie, erhöhter<br />
Sprechanstrengung und phonematischen<br />
Störungen, wobei das Sprachverständnis<br />
zumindest auf Einzelwortebene relativ gut<br />
erhalten ist. Die Sprachstörung ähnelt einer<br />
Broca-Aphasie. Der Schwerpunkt der pathologischen<br />
Veränderungen findet sich oft<br />
deutlich asymmetrisch und links-akzentuiert<br />
im Bereich des frontalen Operculums. Die<br />
Krankheitseinsicht ist bei dieser Form anfangs<br />
meist gut erhalten, im weiteren Verlauf der<br />
Erkrankung kommt es jedoch auch hier zu<br />
Verhaltensauffälligkeiten.<br />
26<br />
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
Die semantische Demenz (SD) ist durch<br />
eine Verarmung des Weltwissens gekennzeichnet<br />
und manifestiert sich in einer flüssigen,<br />
syntaktisch und phonologisch korrekten,<br />
aber inhaltsarmen Sprache. Der Schwerpunkt<br />
der pathologischen Veränderungen<br />
liegt im Bereich des linken Schläfenlappens.<br />
Limbische Strukturen bleiben typischerweise<br />
ausgespart. Auch im Verlauf der semantischen<br />
Demenz kommt es häufig schon früh<br />
Abb. 1: MRT bei semantischer Demenz<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Univ.-Doz. Dr.<br />
Josef Spatt<br />
II. Neurologische Abteilung,<br />
Neurologisches Zentrum<br />
Rosenhügel, KH Hietzing,<br />
Wien<br />
Umschriebene Atrophie im Bereich des linken Temporallappens (1) mit relativer Aussparung der<br />
Hippocampusformation (2)<br />
2<br />
1
zu Verhaltensauffälligkeiten und Wesensänderung.<br />
PSP und CBD: Aufgrund von Überlappungen<br />
auf pathologischer und teilweise auch<br />
klinischer Ebene werden zunehmend auch<br />
die progressive supranukleäre Blicklähmung<br />
(PSP) und die kortikobasale Degeneration<br />
(CBD) zur FTD gerechnet. Man spricht in diesem<br />
Zusammenhang vom Pick-Komplex.<br />
Allen Formen ist gemeinsam, dass im Gegensatz<br />
zur Demenz vom Alzheimertyp das<br />
Alltagsgedächtnis zumindest relativ gut erhalten<br />
ist.<br />
Die Diagnose ist klinisch zu stellen, jedoch<br />
können umschriebene, oft deutlich asymmetrische<br />
frontale und temporale Atrophien im<br />
MRT (Abb. 1) bzw. entsprechende Veränderungen<br />
in der HMPAO-SPECT- bzw. FDG-PET-<br />
Untersuchung die Diagnose unterstützen.<br />
Das Interesse an der FTD hat in den letzten<br />
Jahren rasant zugenommen. Während im<br />
Jahre 1997 nur 46 Arbeiten publiziert wurden,<br />
waren es 2007 bereits 306. Im Folgenden<br />
werden einige der Entwicklungen der<br />
letzten Jahre dargestellt.<br />
Histopathologie und Genetik<br />
Die Pathologie der FTD ist heterogen. Bei<br />
einem Teil der Erkrankungen findet man Tau-<br />
Protein-Einschlüsse. In den Tau-negativen Fällen<br />
– früher sprach man auch von „Frontotemporal<br />
Dementia Lacking Distinctive Pathology“<br />
– fand sich eine Darstellbarkeit durch<br />
Ubiquitinfärbung, ähnlich wie bei der amyotrophen<br />
Lateralsklerose (ALS). Lange war unbekannt,<br />
ob es sich dabei nur um eine unspezifische<br />
Ähnlichkeit des histopathologischen<br />
Färbeverhaltens oder um einen Hinweis<br />
auf eine gemeinsame Pathophysiologie han-<br />
Abb. 2: Assoziation zwischen klinischen Syndromen und zugrunde<br />
liegenden Proteinopathien<br />
PNFA<br />
CBD<br />
PSP<br />
bvFTD<br />
ALS<br />
FTD+ALS<br />
SD<br />
delt. In den letzten zwei Jahren stellte sich<br />
jedoch heraus, dass in beiden Fällen das gleiche<br />
Protein <strong>für</strong> die Veränderungen verantwortlich<br />
ist: das TAR-DNA-binding-Protein -<br />
43 (TDP-43).<br />
Tauopathie und TDP-43opathie: Auf histopathologischer<br />
Ebene lassen sich innerhalb<br />
der FTD zwei grundsätzlich verschiedene<br />
Gruppen unterscheiden. Auf der einen Seite<br />
stehen die Tauopathien. Auf pathologischer<br />
Ebene zählen der M. Pick sowie die PSP und<br />
die CBD zu dieser Gruppe. Diese Veränderungen<br />
findet man bei den klinischen Phänotypen<br />
der PSP, CBD, den meisten Fällen<br />
der PNFA sowie bei rund der Hälfte der Fälle<br />
mit bvFTD.<br />
Eine TDP-43-Einschlusskörperchen-Demenz<br />
liegt pathologisch fast allen Fällen von SD<br />
sowie allen bekannten Fällen der Kombination<br />
der FTD mit ALS zugrunde sowie etwa<br />
der Hälfte der Fälle mit bvFTD. (Abb. 2)<br />
Häufiger als die DAT ist die FTD erblich, wobei<br />
der Anteil familiärer Formen sich zwischen<br />
den einzelnen Untertypen deutlich unterscheidet.<br />
So zeigen 38 % der bvFTD-Patienten<br />
eine positive Familienanamnese, 13 %<br />
ein autosomal dominantes Vererbungsmuster,<br />
während Letzteres bei SD nur in 2 %<br />
der Fälle gefunden wird und sich bei über<br />
Tauopathie<br />
TDP-43opathie<br />
80 % keine Fälle von Demenz oder ALS in<br />
der Familie finden.<br />
Auch bei den familiären Formen zeigt sich<br />
die Dichotomie zwischen Tau und TDP-43.<br />
So findet man bei der bekannten familiären<br />
Form der FTDP-17 mit Mutationen im Bereich<br />
des Chromosoms 17 Veränderungen<br />
auf zwei verschiedenen Genen, die jedoch<br />
kurioserweise ganz nahe beieinander liegen.<br />
Mutationen im MAPT-Gen führen zu Tauopathien,<br />
Mutationen im erst vor kurzem entdeckten<br />
Progranulin-Gen (PGRN) zu TDP-43positiven<br />
Erkrankungen. Obgleich keine vollständige<br />
klinisch-pathologische Korrelation<br />
besteht, kommt es bei den Tau-Mutationen<br />
deutlich häufiger zu bvFTD – oft auch mit<br />
Parkinsonismus –, bei den Progranulin-Mutationen<br />
zu primär progressiver Aphasie.<br />
Während die Taumutationen ihren Effekt<br />
über toxische Über- bzw. Fehlfunktion erreichen,<br />
dürften die Effekte der Progranulin-<br />
Mutationen auf einen Funktionsverlust zurückzuführen<br />
sein.<br />
FTD und amyotrophe<br />
Lateralsklerose<br />
Obgleich seit mehr als 100 Jahren bekannt,<br />
wurde dem Zusammenhang zwischen ALS �<br />
27
und FTD in den letzten Jahren zunehmend<br />
mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Bis zu 50<br />
% aller ALS-Patienten zeigen kognitive Defizite,<br />
bei bis zu 2 Drittel aller ALS-Patienten<br />
werden Verhaltensauffälligkeiten beschrieben,<br />
bei circa 5 % findet sich das Vollbild<br />
einer Demenz. Der Zusammenhang ist sowohl<br />
bei den sporadischen Formen als auch<br />
bei familiären Formen zu beobachten. Am<br />
häufigsten wird die bvFTD beschrieben.<br />
Es finden sich auch Formen der primär progressiven<br />
Aphasie, wobei hier bei den aufgrund<br />
der bulbären Symptomatik oft schwerer<br />
zu beurteilenden Sprachfunktionen eine<br />
nicht unerhebliche Dunkelziffer bestehen<br />
dürfte. Umgekehrt finden sich Zeichen einer<br />
Motorneuronenerkrankung auch bei vielen<br />
FTD-Patienten ohne manifeste ALS.<br />
Der Zusammenhang hat zahlreiche Implikationen<br />
<strong>für</strong> das Management der Erkrankungen<br />
und lässt ein neuropsychologisches<br />
Screening bei ALS-Patienten und eine eingehende<br />
klinische und eventuell auch elektrophysiologische<br />
Untersuchung von FTD-Patienten<br />
in Hinblick auf Störungen des motorischen<br />
Systems ratsam erscheinen.<br />
Klinische Präsentation<br />
Logopenische Aphasie: Neben der SD und<br />
der PNFA (Agrammatismus, Sprechapraxie,<br />
tlw. Dysarthrie) kristallisiert sich zunehmend<br />
eine dritte Form primärer progressiver Aphasie<br />
heraus, die so genannte logopenische<br />
Aphasie. Bei dieser Form stehen Wortfindungsstörungen<br />
und Satzabbrüche im Vordergrund.<br />
Syntax und Wortverständnis sind<br />
zumindest relativ gut erhalten, Nachsprechen<br />
stark beeinträchtigt.<br />
Als pathologisches Substrat dürfte hier in den<br />
meisten Fällen keine FTD, sondern M. Alzheimer<br />
vorliegen. Der pathologische Schwerpunkt<br />
liegt links parietotemporal.<br />
28<br />
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
Es ist äußerst wichtig, die drei Formen in Zukunft<br />
klinisch differenzieren zu lernen, da zunehmend<br />
klar wird, dass jeweils ein anderes<br />
pathologisches Substrat zugrunde liegt. Bei<br />
der semantischen Demenz handelt es sich<br />
um eine TDP-43-assoziierte Erkrankung, die<br />
PNFA ist eine Tauopathie und die logopenische<br />
Aphasie eine Präsentationsform der DAT.<br />
Therapie<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
Trotz der zunehmenden Kenntnisse über<br />
pathophysiologische Grundlagen der FTD<br />
steht derzeit keine krankheitsmodifizierende,<br />
pharmakologische Therapie zu Verfügung.<br />
Zukünftige Ansätze werden sich jeweils spezifisch<br />
mit der Tau- und TDP-43-Pathologie<br />
beschäftigen müssen – umso wichtiger wird<br />
es sein, klinische Diagnosekriterien zu verfeinern<br />
und auch Biomarker <strong>für</strong> die In-vivo-Differentialdiagnose<br />
zwischen Tauopathie- und<br />
TDP-43-Pathologie zu finden.<br />
Symptomatische Behandlung: Im Bereich<br />
der symptomatischen Therapien scheinen –<br />
sowohl theoretisch als auch empirisch begründet<br />
– Acetylcholinesterasehemmer keine<br />
wesentliche Rolle zu spielen. Zuletzt wurde<br />
dies wieder <strong>für</strong> Galantamin bestätigt, wobei<br />
sich jedoch bei PPA ein möglicher Effekt zeigte,<br />
der von den Autoren als weiter verfolgenswert<br />
betrachtet wird.<br />
Erste offene Studien mit Memantin zeigten<br />
positive Effekte, lassen jedoch noch keinen<br />
endgültigen Schluss über die Wirksamkeit in<br />
dieser Indikation zu.<br />
Für Bromocriptin bei PPA liegt eine negative<br />
Studie vor. Interessant, aber noch weit entfernt<br />
von klinischer Relevanz ist der Beleg <strong>für</strong><br />
eine herabgesetzte Risikobereitschaft in einer<br />
„Gambling“-Aufgabe unter dem Stimulantium<br />
Methylphenidat.<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Eine Metaanalyse zeigte einen Einfluss auf<br />
das Verhalten durch die Gabe von SSRI und<br />
Trazodon, jedoch typischerweise keinen Effekt<br />
auf kognitive Funktionen.<br />
Atypische Neuroleptika werden häufig bei<br />
Aggression und sozial unerwünschtem Verhalten<br />
eingesetzt, ihre Wirkung bei FTD ist<br />
aber nur unzureichend belegt.<br />
Kognitives Training: Da bei FTD das episodische<br />
Gedächtnis als wesentliche Voraussetzung<br />
von Lernen neuer Inhalte zumindest relativ<br />
gut erhalten ist, sollte es möglich sein,<br />
durch kognitives Training einen Einfluss auf<br />
die Erkrankung zu nehmen. Bislang fehlen<br />
hierzu jedoch Studien. Immer wieder wird<br />
die hochgradige Belastung der betreuenden<br />
Angehörigen vor allem durch Persönlichkeitsveränderungen<br />
und Verhaltensauffälligkeiten<br />
beschrieben, was eine gezielte<br />
Angehörigenbetreuung als sehr vordringlich<br />
erscheinen lässt. Auch hierzu fehlen jedoch<br />
noch systematische Studien. ■<br />
RESÜMEE<br />
Das Wissen über die frontotemporale<br />
Demenz insbesondere über die Zusammenhänge<br />
zwischen klinischen Phänotypen,<br />
Pathologie und Genetik hat in den<br />
letzten Jahren deutlich zugenommen,<br />
Dennoch wird die FTD nach wie vor oft<br />
spät diagnostiziert, was teilweise auch<br />
am Fehlen gesichert wirksamer Therapieoptionen<br />
liegen dürfte.<br />
In den nächsten Jahren wird es daher<br />
von zentraler Bedeutung sein, die Erkenntnisse<br />
der Grundlagenforschung in<br />
der klinischen Praxis umzusetzen und sowohl<br />
pharmakologisch als auch nichtpharmakologische<br />
Therapiekonzepte zu<br />
entwickeln und zu überprüfen.
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
Langzeiterfolg neurologischer Intensivmedizin:<br />
Fast die Hälfte der Patienten<br />
werden wieder vollständig gesund<br />
Erstmals konnte in einer Studie an einer großen Kohorte von neurologischen Intensivpatienten<br />
das Langzeitoutcome evaluiert und gezeigt werden, dass auch ein prolongierter Intensivaufenthalt<br />
mit keinem höheren Risiko <strong>für</strong> ein schlechtes neurologisches Outcome verbunden ist.<br />
Die Zahl an hochspezialisierten Intensivstationen<br />
ist in den letzten Jahren deutlich<br />
angestiegen. Neben etablierten Disziplinen<br />
wie chirurgischen oder internistischen<br />
Intensivstationen nimmt die Zahl der rein<br />
neurologisch geführten Intensivbetten<br />
immer mehr zu.<br />
Abgesehen von den damit verbundenen<br />
Kosten <strong>für</strong> die öffentliche Hand wird<br />
häufig auch die Sinnhaftigkeit solcher<br />
Abteilungen/Spezialisierungen in Frage<br />
gestellt. In der Öffentlichkeit herrscht,<br />
verbunden mit unreflektierter Scheu vor<br />
einer vermeintlichen Apparatemedizin,<br />
leider immer noch die Furcht vor, dass<br />
jemand, der über einen längeren Zeitraum<br />
auf einer neurologischen Intensivstation<br />
liegt, ein so genannter hoffnungsloser<br />
Fall sei. Bisher gab es <strong>für</strong> neurologische<br />
Intensivstationen nur unzureichende<br />
Outcomedaten (Mortalität, Langzeitmorbidität)<br />
sowie Analysen der Prädiktoren<br />
eines günstigen/ungünstigen<br />
Verlaufes.<br />
Studienverlauf: 1.155 Patienten im<br />
Durchschnittsalter von 55 Jahren, die<br />
während eines Zeitraumes von 36 Monaten<br />
an der Intensivstation der Innsbrucker<br />
Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> behandelt<br />
worden waren, wurden in die Studie<br />
eingeschlossen. 476 davon (41 %) waren<br />
Frauen.<br />
32<br />
Hauptdiagnosen waren: spontane Subarachnoidalblutung<br />
(n = 190, 16 %), intrazerebrales<br />
Hämatom (n = 232; 20 %),<br />
mittelschweres bis schweres Schädel-Hirn-<br />
Trauma (n = 219, 19 %), Meningitis/Enzephalitis<br />
(n = 78, 7 %), zerebrale Ischämie<br />
(n = 171, 15 %) (nur intensivpflichtige<br />
Patienten, i. e. Basilaristhrombose, respiratorische<br />
Insuffizienz mit sekundärer Beatmungspflichtigkeit)<br />
und Status Epilepticus<br />
(n = 66, 6 %). 213 Patienten (18 %) verstarben<br />
an der Intensivstation an den Folgen<br />
dieser schweren Erkrankungen.<br />
Bei 662 Patienten konnte mittels Telefoninterview<br />
im Durchschnitt 2 1/2 Jahre<br />
nach dem Intensivaufenthalt das neurologische<br />
Langzeitoutcome erhoben werden<br />
(modified Rankin Scale, mRS; Glasgow<br />
Outcome Scale, GOS). Die Outcomeparameter<br />
wurden dichotomisiert in gutes<br />
(mRS 0–1 und GOS 4–5 – i. e. selbständiges<br />
Leben bis völlig symptomfrei) und<br />
schlechtes neurologisches Langzeitoutcome<br />
(mRS 2–6 und GOS 1–3 – i. e. Tod bis<br />
nur unselbständiges Leben).<br />
Ergebnisse: Zum Zeitpunkt des Telefoninterviews<br />
waren annähernd die Hälfte dieser<br />
Patienten in bester Verfassung und<br />
nahezu vollständig oder vollständig wieder<br />
genesen (mRS 0–1 und GOS 4–5). Prädiktoren<br />
<strong>für</strong> ungünstiges Langzeitoutcome<br />
und Mortalität waren höheres Alter<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Dr. Gregor<br />
Brössner<br />
Universitätsklinik<br />
<strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />
Innsbruck<br />
und initialer Schweregrad der Erkrankung,<br />
nicht jedoch die Länge des Aufenthaltes<br />
an der neurologischen Intensivstation.<br />
Somit konnte mit dieser Studie erstmals an<br />
einer großen Kohorte von neurologischen<br />
Intensivpatienten das Langzeitoutcome<br />
evaluiert werden. Trotz schwerer, lebensbedrohlicher<br />
Erkrankungen stehen 2 1/2 Jahre<br />
nach dem initialen Ereignis annähernd 50<br />
% der Menschen wieder vollständig im<br />
Leben. Dies ist besonders beachtlich, weil<br />
sich die neurologische Intensivmedizin von<br />
den meisten anderen Disziplinen erheblich<br />
unterscheidet, da Funktionsausfälle in<br />
„unserem Zielorgan“, dem Zentralnervensystem<br />
(ZNS) bedeutend schwerer zu kompensieren<br />
sind. Auch Patienten mit prolongiertem<br />
Intensivaufenthalt hatten kein<br />
höheres Risiko <strong>für</strong> ein schlechtes neurologisches<br />
Outcome.<br />
Fazit: Schlussfolgernd kann man sagen,<br />
dass neurologische Intensivmedizin wohl<br />
alle Kosten und Mühen wert ist, da, wie in<br />
unserer Studie gezeigt werden konnte,<br />
das Langzeitoutcome überraschend günstig<br />
ist. Intensives, langfristiges Therapieren<br />
von Patienten mit langer Liegedauer ist
aus medizinisch-ethischer Sicht sinnvoll,<br />
da diese Patienten kein erhöhtes Risiko <strong>für</strong><br />
schlechtes Outcome haben. Sollte also<br />
jemals eine Kosten-Nutzen-Rechnung<br />
zulässig sein, so kann die neurologische<br />
Intensivmedizin einer kritischen Beurteilung<br />
standhalten.<br />
Zukünftig sollten weitere Studien <strong>für</strong> einzelne<br />
Krankheitsbilder durchführt werden.<br />
Ziel sollte dabei sein, die Diagnostik zum<br />
Zeitpunkt der Einlieferung weiterhin so<br />
rasch, so präzis und so nebenwirkungsarm<br />
wie möglich zu gestalten und Faktoren<br />
herauszufinden, welche die Genesung<br />
positiv beeinflussen. Wünschenswert wäre<br />
der Aufbau eines überregionalen Registers<br />
<strong>für</strong> neurologische Intensivpatienten, die<br />
ähnlich wie zum Beispiel das bestehende<br />
Tumorregister oder das Schlaganfallregister<br />
qualitativ hochwertige Informationen<br />
als Entscheidungsgrundlage auch in der<br />
Notfallmedizin bieten kann.<br />
Survival and long-term functional<br />
outcome in 1155 consecutive<br />
neurocritical care patients.<br />
Autoren: Gregor Brössner,<br />
Raimund Helbok, Peter Lackner,<br />
Michael Mitterberger, Ronny Beer,<br />
Klaus Engelhardt, Christian Brenneis,<br />
Bettina Pfausler, Erich Schmutzhard<br />
Innsbruck Medical University, Clinical Department<br />
of Neurology, Neurologic Intensive Care Unit.<br />
Crit Care Med. 2007 Sep;35(9):2025-30.<br />
33
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
EEin weiterer Themenschwerpunkt der Jahrestagung<br />
waren die neuen Vorgaben der<br />
American Academy of Sleep Medicine<br />
(AASM) <strong>für</strong> die Auswertung von Schlaf-Polygrafien.<br />
Eine Studie zur Auswirkung von<br />
Mobilfunk-Basisstationen auf den Schlaf<br />
wurde vorgestellt, ebenso neue Forschungsergebnisse<br />
aus verschiedenen Bereichen der<br />
Pädiatrie und Erwachsenen-Schlafmedizin.<br />
Abgerundet wurde das Programm durch ein<br />
breites Fortbildungsangebot, das in angenehmer<br />
Atmosphäre in dem vom Architekten<br />
Holzbauer errichteten Bildungszentrum<br />
St. Virgil/Salzburg stattfand.<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
Jahrestagung der <strong>Österreichische</strong>n<br />
<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Schlafmedizin und<br />
Schlafforschung (ÖGSM-ASRA)<br />
34<br />
Chronobiologie<br />
Die Chronobiologie befasst sich mit der zeitlichen<br />
Ordnung der Lebensvorgänge, die<br />
durch endogene und exogene Faktoren bestimmt<br />
werden und einen großen Einfluss<br />
auf unser Leben haben. Durch die Wahl dieses<br />
Themas wurde der zunehmenden Bedeutung<br />
der Chronobiologie nicht nur im Zusammenhang<br />
mit Störungen von Schlaf und<br />
Wachheit, sondern auch im Rahmen der Anforderungen<br />
einer 24-Stunden-<strong>Gesellschaft</strong><br />
Rechnung getragen. Für die Veranstalter war<br />
es eine ganz besondere Ehre, dass es gelun-<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Das Leitthema der heurigen Jahrestagung der ÖGSM-ASRA war „Chronobiologie und Schlaf“ – ein viel<br />
versprechendes neues Forschungsgebiet, das sowohl in der Medizin, der Schlafforschung, als auch in der<br />
Patientenbetreuung zunehmende Relevanz gewinnt.<br />
Univ.-Prof. DDr.<br />
Josef Zeitlhofer<br />
Universitätsklinik<br />
<strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> Wien
gen war, Frau Prof. Wirz-Justice aus Basel –<br />
eine der herausragendsten ChronobiologInnen<br />
weltweit – als Vortragende zu gewinnen.<br />
Sie gab Einblicke in Neues aus der Chronobiologie.<br />
Steuerung von rhythmischen Lebensvorgängen:<br />
Die endogene Steuerung von<br />
Rhythmen unterliegt sowohl genetischen als<br />
auch chemischen und nervalen Einflüssen:<br />
Langwellige Rhythmen werden eher von hormonellen<br />
Faktoren beeinflusst, während kürzere<br />
Rhythmen nerval gesteuert werden; eine<br />
wichtige Eigenschaft endogener Rhythmen<br />
ist auch die Anpassung an Umwelteinflüsse.<br />
Die exogene Steuerung rhythmischer Lebensvorgänge<br />
wird hauptsächlich durch Lichteinfluss<br />
(Sonne) bestimmt.<br />
Der Schlaf-Wach-Rhythmus ist das eindrucksvollste<br />
rhythmische Lebensphänomen. Verschiedene<br />
physiologische Vorgänge (Atmung,<br />
Pulsfrequenz, Hormonsekretion usw.) ändern<br />
sich sowohl vom Schlaf zum Wachzustand<br />
als auch innerhalb der unterschiedlichen<br />
Schlafstadien (Leichtschlaf, Tiefschlaf und<br />
REM-Schlaf).<br />
Die Chronopathologie beschäftigt sich mit<br />
den biologischen Rhythmen und den Zusammenhängen<br />
von Krankheiten, sowohl was tageszeitliches<br />
Auftreten als auch Maxima von<br />
Beschwerden betrifft.<br />
Die Chronopharmakologie beschreibt die optimale<br />
tageszeitliche Wirkung von Medikamenten<br />
und auch den besten Einsatz bezüglich<br />
der Beschwerdenmaxima verschiedener<br />
Erkrankungen während des Tages. Dies ist<br />
vor allem <strong>für</strong> die Chemotherapie von Malignomen<br />
von Bedeutung.<br />
Der Stellenwert der Chronobiologie wird in<br />
Zukunft zunehmen.<br />
Schlafauswertung<br />
nach den AASM-Guidelines<br />
Prof. Anderer stellte in einem Übersichtsvortrag<br />
unter dem Titel: „Schlafauswertung<br />
nach dem neuen AASM-Standard: Was ändert<br />
sich zu Rechtschaffen & Kales?“ die<br />
neuen Richtlinien der American Academy of<br />
Sleep Medicine vor. Dadurch ergeben sich einige<br />
wesentliche Neuerungen bei der visuellen<br />
und automatischen Klassifikation von<br />
Ganznacht-Polygrafien (PSG):<br />
Im Mai 2007 wurde von der AASM ein Manual<br />
mit Empfehlungen zur Erfassung, visuellen<br />
Auswertung und Befunderstellung von<br />
polysomnographischen Untersuchungen publiziert<br />
(Iber et al. 2007: The AASM Manual<br />
for the Scoring of Sleep and Associated<br />
Events. Rules, Terminology and Technical Specifications).<br />
Dieses Manual umfasst, neben<br />
neuen Regeln <strong>für</strong> die Schlafstadienklassifikation<br />
<strong>für</strong> Erwachsene als Ersatz <strong>für</strong> die seit<br />
1968 gültigen Regeln nach Rechtschaffen &<br />
Kales (R&K), auch visuelle Auswertungsregeln<br />
<strong>für</strong> die Schlafstadienklassifikation <strong>für</strong> Kinder,<br />
sowie <strong>für</strong> die Auswertung von Arousals, Atmung,<br />
EKG und Bewegungen während des<br />
Schlafs.<br />
Neuerungen: Der neue AASM-Standard <strong>für</strong><br />
die Schlafstadienklassifikation <strong>für</strong> Erwachsene<br />
bringt Änderungen bei der Datenerfassung<br />
(neben zentralen EEG-Ableitungen sind<br />
nun auch frontale und okzipitale Ableitungen<br />
gefordert), bei der Definition der zu berichteten<br />
Werte (Schlaflatenz ist nun die Zeit<br />
von „Licht aus“ bis zum ersten Auftreten<br />
eines beliebigen Schlafstadiums) und bei den<br />
Regeln <strong>für</strong> die einzelnen Schlafstadien, die<br />
nun zur Unterscheidung zu den R&K Stadien,<br />
Stadium W, N1, N2, N3 und R heißen.<br />
Das Stadium N3 umfasst die beiden Tiefschlafstadien<br />
S3 und S4. Epochen mit überwiegend<br />
Bewegungsartefakten („Movement<br />
Time“ nach R&K) werden nun auf den Wert<br />
der nachfolgenden Epoche oder, falls es irgendwelche<br />
Anzeichen eines Aufwachens<br />
gibt, als Stadium W gesetzt.<br />
Die wichtigste Regeländerung betrifft aber die<br />
Definition <strong>für</strong> das Beenden von Stadium N2.<br />
Nach den neuen Regeln gibt es keine 3-Minuten-Begrenzung<br />
mehr <strong>für</strong> Pausen bei Spindeln<br />
und K-Komplexen, es beendet aber nun<br />
jedes kortikale Arousal, also auch Ereignisse<br />
ohne Zunahme der Muskelaktivität, das Stadium<br />
N2. Diese neuen Regeln ergaben in einer<br />
Studie mit 72 PSG (38 Frauen und 34 Männer<br />
im Alter von 21 bis 86 Jahren) eine Abnahme<br />
des Stadiums N2 um 20,5 min, bei<br />
einer Zunahme von leichten (+10,6 min <strong>für</strong><br />
Stadium N1) und tiefen (+9,1 min <strong>für</strong> Stadium<br />
N3) Schlafstadien im Vergleich zu einer<br />
Auswertung nach R&K. Weiters war die Wachzeit<br />
nach dem Einschlafen („Wake after Sleep<br />
Onset = WASO“) um ca. 4 min verlängert.<br />
Die Umstellung auf den neuen AASM-Standard<br />
erfordert also Änderungen bei der Aufzeichnung,<br />
Auswertung, Befunderstellung<br />
und Interpretation der Ergebnisse. ■<br />
35
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
Highlights vom 60. AAN-Meeting<br />
Die American Academy of Neurology hielt heuer von 12. bis 19. April zum 60. Mal ihr jährliches Meeting in<br />
Chicago ab. Diese Veranstaltung ist weltweit mit mehr als 12.000 TeilnehmerInnen die größte Zusammenkunft<br />
von NeurologInnen. Mehr als 2.000 Poster und Vorträge sowohl aus der Grundlagenforschung als auch der<br />
klinischen Forschung wurden präsentiert.<br />
ZZur Feier des Jubiläums fanden bereits bei<br />
der Eröffnung nach dem bereits traditionellen<br />
„Neuro Bowl“ – einer unterhaltsamen<br />
und fachlich hochrangig besetzten neurologischen<br />
Quizveranstaltung – noch mehrere<br />
kulturelle Events, Konzerte, Kabarett und<br />
Theatervorstellungen statt.<br />
Auch heuer wurden wieder verschiedene „Integrated<br />
Neuroscience Programs“ mit<br />
Schwerpunktthemen wie z. B. tropische <strong>Neurologie</strong>,<br />
Autismus, Genetik der Epilepsie, Bildgebung<br />
beim Schlaganfall angeboten. Diese<br />
Programme erstrecken sich über einen halben<br />
Tag mit Vorträgen, Postersessions und<br />
Diskussionsrunden.<br />
Spiegelneurone: Die Plenarsitzungen begannen<br />
heuer mit einem spannenden Vortrag von<br />
Giacomo Rizzolatti über Spiegelneurone:<br />
Anhand von Versuchen mit Primaten zeigte<br />
er, wie Neuronen im prämotorischen Kortex<br />
36<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
nicht nur feuern, wenn der Affe eine Nuss<br />
greift, sondern auch wenn sein Trainer nach<br />
der Nuss greift. Durch Kontrollexperimente<br />
konnte Rizzolatti sichern, dass diese Nervenzellen<br />
nicht nur ein spezifisches eigenes Verhalten<br />
steuerten, sondern auch dann aktiv<br />
wurden, wenn das gleiche Verhalten bei<br />
einem anderen Individuum beobachtet<br />
wurde. Dies wurde auch durch MRI-Daten<br />
bei Menschen nachgewiesen.<br />
Die Aktivierung dieser Spiegelneuronen in<br />
verschiedenen Regionen im Gehirn ermöglicht<br />
uns Aktionen, Intentionen und Emotionen<br />
unseres Gegenübers schon im Ansatz<br />
zu erkennen und zu verstehen. Bei<br />
manchen neurologischen oder psychiatrischen<br />
Störungen, z. B. beim Autismus,<br />
scheinen diese Spiegelneuronen nicht zu<br />
funktionieren, was als die zu Grunde liegende<br />
Ursache dieser Erkrankung angesehen<br />
werden könnte.<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Dr. Andrea Vass<br />
Neurologische Ambulanz,<br />
Krankenhaus Floridsdorf,<br />
Wien<br />
Leukenzephalopathien und MRI: Marjo<br />
van der Knaap aus Amsterdam wies in ihrer<br />
Präsentation über „Leukencephalopathies:<br />
from MRI patterns to disease genes and beyond“<br />
darauf hin, dass kindliche Leukenzephalopathien<br />
meist mit einem spezifischen<br />
MRI-Muster einhergehen. Bis in die 90er-<br />
Jahre waren exakte Diagnosen dieser Leukenzephalopathien<br />
trotz extensiver Labortests<br />
nicht möglich. Durch Analyse der MRI-<br />
Muster konnten Krankheitsentitäten wie zum<br />
Wien scheint auch bei den großteils amerikanischen AAN-TeilnehmerInnen eine der beliebtesten Kongressstädte zu sein. Am Stand der ÖGN herrschte reges<br />
Interesse an der österreichischen Bewerbung <strong>für</strong> den nächsten Weltkongress <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>.
Beispiel „Vanishing white Matter Disease“<br />
(VWM) oder „Leucoencephalopathy with<br />
brainstem and spinal cord involvement and<br />
lactate elevation“ (LBSL) abgegrenzt werden.<br />
Vanishing white Matter Disease manifestiert<br />
sich im Alter von 3–6 Jahren meist mit Ataxie<br />
und motorischen Störungen, die sich bei<br />
Fieber, Angst und Trauma verstärken. Im MRI<br />
entwickelt sich eine progressive Verminderung<br />
der weißen Substanz. Die Erkrankung<br />
wird autosomal rezessiv vererbt und zeigt<br />
eine Assoziation mit Chromosom 27. Als<br />
Krankheitsgene wurden ElF2B1-5 identifiziert,<br />
welche die Aktivität von Astrozyten und<br />
Oligodendrozyten vermindern.<br />
Leucencephalopathy with brainstem and spinal<br />
cord involvement and lactate elevation<br />
ist durch in der MR-Spektroskopie nachweisbarem<br />
erhöhten Laktatspiegel in der abnor-<br />
men weißen Substanz im Hirnstamm und<br />
Rückenmark charakterisiert. Auch LBSL ist autosomal<br />
rezessiv vererblich und zeichnet sich<br />
durch langsam fortschreitende Ataxie und<br />
Spastizität aus. Es handelt sich genetisch um<br />
eine durch das DARS2-Gen verursachte mitochondriale<br />
Erkrankung.<br />
Neuronale Stammzellen: Anschließend<br />
sprach Arnold Kriegstein über „Dynamics of<br />
neural stem and progenitor cells in cortical<br />
development“. Kriegstein legte den Schwerpunkt<br />
auf die Darstellung von radialen neurogenen<br />
Gliazellen, die nur im embryonalen<br />
und fetalen Hirn nachweisbar sind. Diesen<br />
wurden bisher nur Leitfunktionen <strong>für</strong> die Migration<br />
von embryonalen Nervenzellen zugerechnet,<br />
erst neuere Forschungen haben<br />
sie als neuronale Stammzellen identifiziert.<br />
Neues von der<br />
17 th European Stroke Conference<br />
Diese neurogenen Gliazellen sind sehr interaktiv<br />
und kommunizieren über Gap-Junctions.<br />
Sie produzieren durch symmetrische<br />
Zellteilung über Progenitorzellen Nervenzellen<br />
in der subventrikulären Zone des embryonalen<br />
Kortex. Die Forschung mit diesen<br />
neuronalen Stammzellen ergibt natürlich Implikationen<br />
<strong>für</strong> Repair-Mechanismen bei neurologischen<br />
Erkrankungen wie z. B. Parkinson,<br />
Alzheimer, ALS, Schlaganfall und spinalem<br />
Trauma.<br />
Neben spannenden Vorträgen, Teachingkursen<br />
und Postersitzungen war auch der Besuch<br />
der Industrieausstellung interessant.<br />
Hier hatte die ÖGN heuer einen eigenen<br />
Stand, wo Tanja Weinhart mit viel Charme<br />
um Unterstützung <strong>für</strong> Österreichs Bewerbung<br />
als Gastgeber <strong>für</strong> den nächsten Weltkongress<br />
<strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> im Jahr 2013 warb. ■<br />
Neben anderen Themen waren die lang erwarteten Ergebnisse der PRoFESS-Studie, der weltweit größten<br />
Studie im Bereich der Sekundärprävention von ischämischen Schlaganfällen, eines der Highlights des<br />
diesjährigen ESC-Kongresses im Mai in Nizza.<br />
Sekundärprophylaxe<br />
beim Schlaganfall<br />
An der PRoFESS-Studie (The Prevention Regimen<br />
for Effectively Avoiding Second Stroke),<br />
einer internationalen, multizentrischen,<br />
randomisierten, doppelblinden Studie,<br />
nahmen 695 Zentren in 35 Ländern teil. Getestet<br />
wurden die Effektivität und die Sicherheit<br />
von ASS und Dipyridamol versus Clopidogrel<br />
sowie von dem Angiotensin-Rezeptor-<br />
Antagonisten Telmisartan versus Placebo in<br />
einem 2-mal-2-faktoriellen Design bei 20.333<br />
PatientInnen (Abb. 1). Einschlusskriterien<br />
waren unter anderen ein nicht kardiogenembolisch<br />
bedingter Schlaganfall innerhalb<br />
der letzten 90 Tage bei PatientInnen in einem<br />
Alter über 50 Jahre.<br />
ASS + Dipyridamol vs. Clopidogrel: Ziel der<br />
Studie war der Nachweis, dass eine Kombination<br />
aus ASS und Dipyridamol einer Therapie<br />
mit Clopidogrel nicht unterlegen ist (Non-<br />
Inferiority-Prinzip). „Letztendlich zeigte sich<br />
kein statistisch signifikanter Unterschied hinsichtlich<br />
des primären Endpunktes eines neuerlichen<br />
Schlaganfalls in den beiden Gruppen,<br />
aber wir konnten nicht daraus schließen, dass<br />
die Kombinationstherapie aus ASS und Dipyridamol<br />
der Therapie mit Clopidogrel nicht unterlegen<br />
ist“, berichtete Prof. Sacco von der<br />
University of Medical School in Miami.<br />
Dr. Julia Ferrari<br />
Abteilung <strong>für</strong><br />
<strong>Neurologie</strong>,<br />
Krankenhaus<br />
der Barmherzigen<br />
Brüder, Wien<br />
Auch beim sekundären Endpunkt (Schlaganfall,<br />
Myokardinfarkt oder vaskulärer Tod) fanden<br />
sich keine signifikanten Unterschiede in<br />
den beiden Gruppen. Lediglich eine neu aufgetretene<br />
– oder die Verschlechterung einer<br />
bestehenden – Herzinsuffizienz war in einer<br />
Subgruppenanalyse signifikant seltener in der<br />
Gruppe der Patienten, welche die Kombi- �<br />
37
nation aus ASS und Dipyridamol erhalten hatten.<br />
„Wie erwartet, war die Kopfschmerzrate<br />
häufiger unter der Kombinationstherapie,<br />
führte aber nicht, wie in anderen Studien,<br />
zu einer permanenten Unterbrechung der<br />
Einnahme des Medikaments“ bemerkte<br />
Sacco. „Zusammenfassend sind beide Therapien<br />
hinsichtlich Benefit und Risiken vergleichbar.“<br />
Telmisartan vs. Placebo: Danach berichtete<br />
Prof. Yusuf von der McMaster Universität<br />
in Ontario über die Ergebnisse des Vergleichs<br />
der Gruppe mit Telmisartan versus<br />
Placebo. Es wird vermutet, dass ein Angiotensin-Rezeptorblocker<br />
wie Telmisartan das<br />
Risiko <strong>für</strong> vaskuläre Ereignisse senkt. Das gilt<br />
insbesondere <strong>für</strong> SchlaganfallpatientInnen,<br />
bei denen Hypertonie der häufigste Risikofaktor<br />
ist. Auch könnte die Gabe eines Sartans<br />
weitere organschützende Wirkungen<br />
haben, vor allem auf Nieren und Herz, weil<br />
die Elastizität der Arterienwände verbessert<br />
wird.<br />
„In dieser Studie konnte kein signifikanter<br />
Benefit in der Behandlungsgruppe gegenüber<br />
der Placebogruppe hinsichtlich des primären<br />
Endpunktes eines neuerlichen Schlaganfallereignisses<br />
gefunden werden“, so Yusuf, „ die<br />
Kurven zeigen eine gering erhöhte Rate an<br />
Sekundärereignissen innerhalb der ersten 6<br />
Monate in der Behandlungsgruppe und eine<br />
gering reduzierte Rate nach 6 Monaten, was<br />
darauf hinweisen könnte (aber nicht beweisend<br />
ist), dass der Effekt von Telmisartan sich<br />
mit der Zeit verändert.“ Letztendlich zeigten<br />
sich noch Trends zu geringeren Raten an intrazerebralen<br />
Blutungen und Diabetes mellitus<br />
in der Behandlungsgruppe.<br />
Neuroprotektion: Abschließend berichtete<br />
Professor Diener von der Universität Essen<br />
über die Ergebnisse einer Analyse hinsichtlich<br />
eines vermuteten neuroprotektiven Effekts<br />
von Dipyridamol, ASS und Angiotensin-Rezeptorblockern<br />
bei Patienten mit einem<br />
Zweitereignis. Zur Dokumentation des funktionellen<br />
Outcomes nach 3 Monaten wurden<br />
die modified Rankin Scale und der Barthel-<br />
Index angewandt. „Das Ergebnis war, dass<br />
38<br />
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
es leider keinen Unterschied gab“, resümierte<br />
Diener. Auch bei den kognitiven Funktionen,<br />
gemessen am MMSE, konnten keine<br />
Unterschiede in den Gruppen gefunden werden.“<br />
Hier<strong>für</strong> gibt es vermutlich zwei Erklärungen:<br />
Entweder es gibt tatsächlich keinen<br />
Effekt oder die Beobachtungszeit von 2,5<br />
Jahren war zu kurz, vielleicht ist es notwendig,<br />
Behandlungs- und Beobachtungszeiten<br />
von bis zu 10 Jahren durchzuführen“ folgerte<br />
Diener.<br />
Behandlung<br />
intrazerebraler Blutungen<br />
Prof. Hanley aus Baltimore präsentiert die Ergebnisse<br />
des CLEAR-IVH-Trials (Clot Lysis:<br />
Evaluating Accelerated Resolution of Intraventricular<br />
Hemorrhage), einer prospektiven<br />
Multicenteruntersuchung von 52 PatientInnen<br />
aus 20 Zentren. Hintergrund dieser Studie<br />
war, dass bei intraventrikulären Blutungen<br />
eine Therapie mit einer katheterbasierten<br />
lokalen Lyse mit rtPA zur Auflösung der<br />
Gerinnsel sicher ist und Tod und Behinderung<br />
dramatisch reduzieren kann.“ Die Applikation<br />
von 1 mg rtPA alle 8 Stunden über<br />
maximal 4 Tage reduziert die erwartete Mortalität<br />
um fast 70 % und führt zu einer dramatischen<br />
Verbesserung des funktionellen<br />
Outcomes“, berichtete Hanley. „Typischerweise<br />
ist das 30-Tage-Mortalitätsrisiko dieser<br />
Patienten ohne Behandlung 80–85 %, in unserer<br />
Population waren es 15 %“. Hinzu<br />
kommt, dass nach 30, 90 bzw. 180 Tagen<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
bis zu 40 % der PatientInnen in der Lage<br />
waren, ein unabhängiges Leben zu führen,<br />
dies bezeichnete Hanley als „phänomenal“.<br />
Als Nebenwirkungen der Therapie wurden<br />
6 % symptomatische Blutungen und 2 %<br />
bakterielle Ventrikulitiden angegeben. Geplant<br />
ist eine Phase-III-Studie mit ca. 500 Patienten,<br />
der Start soll Ende 2008 oder Anfang<br />
2009 sein.<br />
TIA<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Zu diesem Thema fand – wie schon vor 2<br />
Jahren in Paris – ein ganztägiges Satellitensymposium<br />
statt.<br />
In den Revisionen der TIA-Definition von<br />
1975 und 1990 wurde die folgende, bis<br />
heute gültige Definition festgesetzt: „Eine<br />
TIA ist ein plötzlich auftretendes fokales neurologisches<br />
Defizit, < 24 h Dauer und vermutlich<br />
vaskulärer Genese, bedingt durch<br />
eine Durchblutungsstörung im Bereich des<br />
Gehirns oder Auges.“<br />
Grundlage dieser Definition war die Annahme,<br />
dass eine manifeste Schädigung des Gehirns<br />
nur bei einer länger anhaltenden Symptomatik<br />
erfolgen würde und damit auch das<br />
Fehlen eines Infarktes als pathoanatomische<br />
Folge angenommen werden kann.<br />
In den letzten Jahren zeigte sich immer mehr,<br />
dass das Risiko, nach einer TIA einen Schlaganfall<br />
zu erleiden, in den ersten Stunden bis<br />
Tagen sehr hoch ist und die transitorisch<br />
ischämische Attacke somit eine Notfallsituation<br />
darstellt.<br />
Abb. 1: PRoFESS-Studie – 2-mal-2-faktorielles Design mit über<br />
20.000 SchlaganfallpatientInnen<br />
Telmisartan (80 mg)<br />
Placebo<br />
ER-DP + ASA<br />
(400 mg/50 mg)<br />
ER-DP + ASA +<br />
Telmisartan<br />
(n = 5.000)<br />
ER-DP + ASA +<br />
Placebo<br />
(n = 5.000)<br />
Clopidogrel<br />
(75 mg)<br />
Clopidogrel +<br />
Telmisartan<br />
(n = 5.000)<br />
Clopidogrel +<br />
Placebo<br />
(n = 5.000)<br />
Diener, Exp Rev Neurother 2007
2002 beschrieb Albers (NEJM, 2002) eine<br />
neue, so genannte „Tissue based“-Definition:<br />
Eine TIA ist eine „kurze Episode einer neurologischen<br />
Dysfunktion, bedingt durch eine fokale<br />
oder retinale Durchblutungsstörung, die<br />
typischerweise nicht länger als 1 Stunde anhält<br />
und keine strukturelle Läsion aufweist“.<br />
Vor 2 Jahren war in Paris diskutiert worden,<br />
dass der Ausdruck „akutes zerebrovaskuläres<br />
Syndrom“ besser zutreffen würde.<br />
Bezüglich des Abklärungsmodus bei PatientInnen<br />
mit TIA konnten Rothwell und MitarbeiterInnen<br />
anhand einer prospektiven, populationsbasierten<br />
Vergleichsstudie (EX-<br />
PRESS, Lancet Neurology, 2007) zeigen, dass<br />
das Risiko eines Insultes nach einer TIA durch<br />
eine rasche Abklärung und frühestmögliche<br />
Therapie um bis zu 80 % gesenkt werden<br />
kann (Abb. 2).<br />
Prof. Amarenco aus Paris betonte, dass es<br />
bei Patienten mit einer TIA nicht mehr länger<br />
vertretbar ist, dass eine Abklärung länger<br />
als 12 Stunden dauert, am besten bewerkstelligt<br />
werden würde das in einer spezialisierten<br />
Einheit, wie einer „TIA Clinic“<br />
(SOS-TIA, Lavallee, Lancet Neurology 2007)<br />
oder einer Stroke Unit.<br />
Abb. 2: EXPRESS-Studie: Risikoreduktion eines Insultes nach einer TIA<br />
um bis zu 80 % durch eine frühestmögliche Therapie<br />
Insultrisiko (%)<br />
16<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
1981–86<br />
OCSP<br />
Stent versus Operation<br />
-<br />
Ob die PTA und Stentimplantation bei symptomatischen<br />
hochgradigen Karotisstenosen<br />
genauso effektiv ist wie die seit ca. 30 Jahren<br />
etablierte Karotisendarterektomie wird<br />
seit dem Jahr 2000 in verschiedenen multizentrischen,<br />
randomisierten Studien untersucht.<br />
In Nizza wurden unter anderem die<br />
2-Jahres-Daten der SPACE-Studie (Stent Protected<br />
Percutanous Angioplasty of the Carotid<br />
Stenosis vs. Endarterectomy) und die 4-<br />
Jahres-Daten der französischen EVA-3S-Studie<br />
(Endarterectomy vs. Angioplasty in<br />
Patients with Symptomatic Severe Carotid<br />
Stenosis) präsentiert.<br />
-<br />
Phase 1<br />
Phase 2<br />
EXPRESS (2002–07)<br />
Kennedy et al., Lancet Neurology 2007; Rothwell, Lancet Neurology 2007; 370:1432-1442<br />
-<br />
„Die Konklusion der SPACE-Studie ist exakt<br />
die gleiche wie die der EVA-3S-Studie. Wenn<br />
Patienten erfolgreich behandelt werden,<br />
dann ist das (Langzeit-)Risiko eines zweiten<br />
Ereignisses sehr gering und bei beiden Methoden<br />
vergleichbar“ erklärte Prof. Ringleb<br />
aus Heidelberg.<br />
Prof. Mas aus Paris, Investigator der EVA-3S-<br />
Studie, fasste die Ergebnisse wie folgt zusammen:<br />
„Stenting der A. carotis interna ist<br />
genauso effektiv wie die Operation, um ein<br />
neuerliches Ereignis zu vermeiden, aber wir<br />
müssen die Sicherheit der technischen Durchführung<br />
noch verbessern, bevor diese Methode<br />
als weit verbreitete Alternative zur<br />
Operation gewertet werden kann“. ■
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
Der Rückblick auf die letzten 25 Jahre als niedergelassener<br />
Facharzt <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> und<br />
Psychiatrie – in der Gegenwart bereits eine<br />
aussterbende Spezies – ist eine unglaubliche<br />
Erfolgsstory der beiden Fächer <strong>Neurologie</strong><br />
und Psychiatrie.<br />
Wenn bis in die 60er Jahre NeurologInnen als<br />
„Vitamin-B-Verschreiber“ von anderen<br />
Fächern belächelt wurden, so war dies ein<br />
Spiegelbild der damaligen sehr eingeschränkten<br />
Therapieoption. Seither hat sich die <strong>Neurologie</strong><br />
fulminant weiterentwickelt. Auch die<br />
Psychiatrie beschritt den Weg von der stationären<br />
Therapie in Großspitälern zu einer<br />
modernen, gemeindenahen Betreuung.<br />
Die kassenärztliche Versorgung wurde in den<br />
60er Jahren in Wien als Nebenjob von einigen<br />
wenigen SpitalsärztInnen betrieben, und<br />
noch Mitte der 80er Jahre gab es keinen Kontakt<br />
zwischen den Niedergelassenen der verschiedenen<br />
Bundesländer. Die geringe Wertschätzung<br />
der beiden<br />
Fächer fand ihren<br />
Niederschlag<br />
auch in den<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
Ambulante neurologische<br />
Versorgung ausbauen<br />
dürftigen Verrechnungsmöglichkeiten durch<br />
die Krankenkassen.<br />
Zudem gab es kaum niedergelassene AllgemeinmedizinerInnen,<br />
die eine neurologische<br />
oder psychiatrische Ausbildung in ihrem Turnus<br />
erhielten.<br />
Erstmals in den 90er Jahren stellte das Bundesinstitut<br />
<strong>für</strong> Gesundheitswesen (ÖBIG)<br />
einen eklatanten Mangel an gemeindenaher,<br />
stationärer und ambulanter Versorgung in<br />
den beiden Fächern fest.<br />
Fakt ist, dass die kassenärztliche Versorgung<br />
österreichweit noch immer nicht ausreichend<br />
ist. Als Illustration: Ein Facharzttest des „Konsumentenmagazins“<br />
konnte im Frühjahr<br />
2008 niedergelassene NervenärztInnen nicht<br />
einschließen, weil die langen Termin-Wartezeiten<br />
eine Beurteilung nicht zuließen.<br />
Gründe des zunehmenden<br />
ambulanten Versorgungsbedarfs<br />
Die Akzeptanz neurologischer und<br />
psychiatrischer Erkrankungen hat sich<br />
erfreulicherweise bei Bevölkerung und<br />
anderen ÄrztInnen in den letzten Jahren<br />
stark verbessert.<br />
Die Fächertrennung bei Praxis-<br />
Neueröffnungen führte<br />
jedoch zu einer Einschränkung<br />
der Versorgungsbreite.<br />
Auch bei der Trennschärfe<br />
der beiden Fächer<br />
war immer ein deutliches<br />
West-Ost-Gefälle zu verzeichnen,<br />
wobei die unterschiedliche<br />
Kassenpraxis-<br />
Dichte im ländlichen und<br />
städtischen Bereich mit<br />
Standort-Attraktivität und Lebensqualität<br />
in Zusammenhang steht.<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
Mit adäquaten Rahmenbedingungen könnten Niedergelassene durch Entlastung des stationären<br />
Bereichs zu Einsparungen bei den Gesundheitskosten beitragen.<br />
40<br />
Aufgrund der nicht ausreichenden neurologischen<br />
oder psychiatrischen Ausbildung während<br />
des Turnus fehlt es an einer neurologischen<br />
und psychiatrischen Basisversorgung<br />
durch praktische ÄrztInnen.<br />
20 % der PatientInnen in meiner Wiener Praxis<br />
kommen mit Erkrankungen, die AllgemeinmedizinerInnen<br />
diagnostizieren, behandeln<br />
und auch honoriert bekommen sollten,<br />
doch durch Einführung der e-card ist die<br />
Gate-Keeping-Funktion der praktischen ÄrztInnen<br />
nur mehr sehr eingeschränkt möglich.<br />
Ein weiteres Faktum ist vor allem die in der<br />
Großstadt zunehmende Tendenz, hochschwellige<br />
Spezialambulanzen frühzeitig in<br />
Anspruch zu nehmen – wie am Beispiel der<br />
Notfallambulanz im Wiener AKH zu sehen ist<br />
–, wobei die eingeschränkte Erreichbarkeit<br />
der Fachärzte in der Einzel-Praxis immer wieder<br />
als Argument angeführt wird.<br />
Seit Jahrzehnten wird über die Form von<br />
Gruppenpraxen diskutiert. Doch leider wurde<br />
in den 90er Jahren eine umfassende Leistungserweiterung<br />
bei Eröffnung von Gruppenpraxen<br />
gefordert, im Gegenzug dazu<br />
aber eine deutlich schlechtere Honorierung<br />
durch die Kassen angeboten.<br />
Gesundheitskosten<br />
und Niedergelassene<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
MR Dr.<br />
Albert Wuschitz<br />
Niedergelassener<br />
Facharzt <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />
und Psychiatrie,<br />
Wien<br />
Die kostenlose Inanspruchnahme ärztlicher<br />
Leistung ist so einfach geworden, dass hier<br />
FOTO: ELENA PAVLOVA - FOTOLIA.COM
ein Regulativ zur Eindämmung der Gesundheitskosten aus meiner<br />
Sicht sinnvoll wäre, selbstverständlich mit schon jetzt vorhandenen<br />
sozialen Sicherungsnetzen <strong>für</strong> die Einkommensschwächsten.<br />
Weshalb ist der Selbstbehalt <strong>für</strong> Versicherte der Gebietskrankenkassen<br />
ein Tabu? Eine Regelung, die bei Sonderversicherungen<br />
bestens funktioniert? Die ansteigenden Medikamentenkosten<br />
können nicht nur mit Generika-Verschreibungen eingeschränkt<br />
werden.<br />
Ich halte die Polypragmasie, wie wir sie täglich erleben, <strong>für</strong> einschränkbar:<br />
Viele automatisierte Dauerverschreibungen wie z. B.<br />
Antazida oder fragwürdige Durchblutungstherapien, die bei praktischen<br />
ÄrztInnen auf Wunsch des Patienten über die Ordinationshilfe<br />
rezeptiert werden, sind sinnlos. Eine regelmäßige ärztliche<br />
Medikamenten-Überprüfung durch den/die ÄrztIn sollte von<br />
der Krankenkasse honoriert werden.<br />
Einer der Ansätze des Reformpaketes, Niedergelassene mit Verträgen<br />
zu knebeln, die Ärztekammer als Kollektivpartner auszuschalten<br />
und den freien Markt einzuführen, ist ein Irrweg und<br />
führt mit Sicherheit zur Verschlechterung und Schwächung der<br />
ambulanten Versorgung.<br />
Hier muss entschieden Widerstand geleistet werden.<br />
Jede/r Niedergelassene, die/der einen Einzelvertrag abschließt,<br />
muss damit rechnen, dass dann jederzeit die Vertragsbedingungen<br />
einseitig verändert werden können, wie es bereits bei Instituts-<br />
und Ambulatoriumsverträgen üblich ist.<br />
Es besteht die Gefahr, dass aus Unvermögen, die wahren großen<br />
Konflikte zu lösen – nämlich den Finanzierungstopf gegen den<br />
Widerstand der Länder zu füllen –, bei Peanuts zu sparen begonnen<br />
wird.<br />
Die Zukunft<br />
der neurologischen Praxis<br />
Ob EinzelkämpferIn oder Gruppenpraxis, die gemeindenahe<br />
ambulante Versorgung muss weiter ausgebaut werden. In<br />
Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen wie Physio-, Ergound<br />
LogotherapeutInnen kann das gesamte Spektrum der ambulanten<br />
<strong>Neurologie</strong> die stationären Einrichtungen entlasten und<br />
damit Kosten sparen helfen.<br />
Dem Lippenbekenntnis aller Regierungserklärungen der letzten<br />
Jahrzehnte, nämlich die Stärkung der ambulanten Versorgung,<br />
müssen endlich konkrete Taten folgen. Ob wir das von der derzeitigen<br />
Gesundheitsreform erwarten können?<br />
PS: Die Tätigkeit als Niedergelassener ist <strong>für</strong> mich persönlich eine<br />
der schönsten Aufgaben, die ich mir vorstellen kann. Ich wünsche<br />
jeder Kollegin, jedem Kollegen, dass die Umsetzung ihrer/seiner<br />
hochqualifizierten Ausbildung auch in einer befriedigenden<br />
Arbeitssituation ermöglicht wird! ■<br />
7. Jahrestagung der <strong>Österreichische</strong>n<br />
<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />
und Jahrestagung der <strong>Österreichische</strong>n<br />
<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Neurorehabilitation<br />
25.–28. März 2009<br />
Congress Center Villach<br />
Hauptthemen:<br />
• <strong>Neurologie</strong> im Alter<br />
• Neurologische Intensivmedizin<br />
• Neurologische Rehabilitation<br />
Tagungspräsidium:<br />
Manfred Freimüller, Gailtal-Klinik Hermagor<br />
Peter Kapeller, LKH Villach<br />
Joerg Weber, LKH Klagenfurt<br />
Kongresssekretatiat:<br />
admicos.congress Incentive GmbH<br />
Tanja Weinhart<br />
Tel.: +43 (0)1/512 80 91-19<br />
E-Mail: weinhart@admicos.com<br />
41
FÜR DIE GUTACHTERLICHE PRAXIS<br />
Organisches Psychosyndrom nach Schädel-Hirn-Trauma – Teil 1:<br />
Das posttraumatische<br />
organische Psychosyndrom<br />
Im Bereich der neurotraumatologischen Begutachtung ist im deutschen Sprachraum der Begriff posttraumatisches<br />
organisches Psychosyndrom unverändert fest etabliert, wenn auch zuletzt nicht völlig unumstritten. Der<br />
Begriff organisches Psychosyndrom hat sich im Alltag der gutachterlichen neurotraumatologischen Diagnostik,<br />
Begutachtung und Behandlung jedoch überaus bewährt. Er ist vor allem hinsichtlich der Abgrenzung zu<br />
psychogenen (psychoreaktiven, funktionellen) Störungen sehr wichtig.<br />
Begriffsbestimmung<br />
und Abgrenzung<br />
Der Begriff organisches Psychosyndrom<br />
trennt organisch bedingte kognitive Störungen<br />
und organisch bedingte Verhaltensänderungen<br />
(ICD-10 in der Kategorie F07 „Persönlichkeits-<br />
oder Verhaltensstörungen, welche<br />
auf Erkrankungen, Schädigungen oder<br />
Funktionsstörungen des Gehirns zurückzuführen<br />
sind“) eindeutig und klar von so genannten<br />
psychogenen Auffälligkeiten, denen<br />
eine organische Grundlage fehlt.<br />
(Posttraumatisches) organisches Psychosyndrom:<br />
Das organische Psychosyndrom<br />
(OPS, auch hirnorganisches Psychosyndrom,<br />
HOPS) ist ein im deutschen Sprachraum traditioneller<br />
nervenärztlicher Begriff. Man versteht<br />
darunter einen bereits von Bleuler<br />
(1916, zuletzt 1979) geprägten, etwas unscharfen<br />
Oberbegriff <strong>für</strong> organisch-psychische<br />
Störungen, die eine körperlich begründbare<br />
Ursache haben. Das OPS als Ausdruck<br />
einer diffusen, eher ausgedehnten Hirnschädigung<br />
ist in Bezug auf Noxen weitgehend<br />
unspezifisch, tritt also nicht nur nach einer<br />
Schädel-Hirn-Verletzung auf, und ist durch<br />
den Ausfall höherer, also differenzierter geistiger<br />
Funktionen, aber auch durch psychische<br />
v. a. affektive Störungen charakterisiert.<br />
Unter einem posttraumatischen organischen<br />
Psychosyndrom werden sowohl kognitive<br />
Störungen als auch Störungen der Persönlichkeit<br />
und des Sozialverhaltens als Folge<br />
einer Hirnverletzung (Schädel-Hirn-Trauma,<br />
44<br />
SHT) subsumiert, Letztere<br />
werden besonders häufig<br />
nach frontaler Hirnverletzung<br />
beobachtet.<br />
SHT: Unter einer Schädel-<br />
Hirn-Verletzung oder<br />
einem Schädel-Hirn-Trauma (SHT) versteht<br />
man einen durch Gewalteinwirkung am Kopf<br />
klinisch feststellbaren oder in der bildgebenden<br />
Diagnostik (d. h. mittels Computertomographie<br />
und/oder Magnetresonanztomographie)<br />
nachweisbaren Schaden bzw. eine<br />
Funktionsstörung des Gehirns, oftmals mit<br />
Verletzung von Weichteilen und Knochen des<br />
Schädels kombiniert.<br />
Patienten nach Schädel-Hirn-Trauma sind<br />
keine homogene Gruppe mit einem stereotypen<br />
Behinderungsprofil, sondern zeigen ein<br />
individuell unterschiedlich gewichtetes, komplexes<br />
Muster an neurologischen, kognitiven<br />
und Verhaltensproblemen.<br />
Sonderform: Psychoorganische Störungen<br />
nach traumatischer Hirnschädigung stellen<br />
aufgrund ihrer Entstehung also eine Sonderform<br />
der körperlich begründbaren Psychosen<br />
dar, welche auch als organische, exogene<br />
oder symptomatische Psychosen bezeichnet<br />
werden.<br />
Das überwiegend diffuse – beim SHT häufig<br />
frontal akzentuierte – organische Psychosyndrom<br />
ist also einerseits durch Ausfälle im kognitiven<br />
Bereich, andererseits durch Störungen<br />
im Sozialverhaltens- und Persönlichkeitsbereich<br />
gekennzeichnet.<br />
1<br />
Univ.-Prof. Dr.<br />
Walter Oder 1 ,<br />
Dr. Wolfgang Soukop 2<br />
Arbeitsgemeinschaft<br />
neurologischer Gutachter<br />
in der ÖGN<br />
Vieldeutiges Beschwerdebild: Bei Erfassung<br />
des posttraumatischen organischen Psychosyndroms<br />
unter Anwendung resp. nach<br />
ICD-10 unter Vornahme der Codierung ICD-<br />
10 F07.2 „organisches Psychosyndrom nach<br />
Schädel-Hirn-Trauma“ sind gutachterliche<br />
Differenzen in der Neurotraumatologie nicht<br />
selten resp. sogar vorherzusehen.<br />
In den letzten Jahren zeigt sich einerseits eine<br />
Ablehnung des Globalbegriffs „Organisches<br />
Psychosyndrom“ als vieldeutiges Beschwerdebild<br />
mit im Vordergrund stehender geistiger<br />
Leistungsminderung, da unter der Diagnose<br />
„Psychosyndrom“ letztlich ganz unterschiedliche<br />
und nicht nur organisch bedingte<br />
Störbilder subsumiert werden.<br />
So findet man gelegentlich in der rheumatologisch-algesiologischen<br />
Literatur ein algogenes<br />
Psychosyndrom, hierbei handle es sich um<br />
seelische Veränderungen, die sich als Folge<br />
von ständigen Schmerzen entwickeln sollen.<br />
ICD-10 und gutachterliche Praxis: Im ICD-<br />
10 hat der Begriff „Organisches Psychosyndrom“<br />
aber wiederum Eingang gefunden,<br />
und zwar in der Kategorie F07 „Persönlichkeits-<br />
oder Verhaltensstörungen, welche auf<br />
Erkrankungen, Schädigungen oder Funktionsstörungen<br />
des Gehirns zurückzuführen �<br />
2<br />
FOTO: INTMEDCOM
sind“, wobei im ICD-10 – im klaren Gegensatz<br />
zu klassischen nervenärztlichen Terminologie<br />
im deutschen Sprachraum – der Begriff<br />
eines organischen Psychosyndroms auf einen<br />
Zustand nach einem Schädel-Hirn-Trauma<br />
eingeengt wird, der Begriff des organischen<br />
Psychosyndroms wird also im ICD-10 explizit<br />
nur erwähnt bei der Kategorie „organisches<br />
Psychosyndrom nach Schädel-Hirn-Trauma“.<br />
Für die gutachterliche Praxis der Neurotraumatologie<br />
ist diese Unterteilung leider wenig<br />
praktisch brauchbar, insbesondere die in der<br />
Frage angesprochene Subkategorie F07.2,<br />
das „Organische Psychosyndrom nach Schädel-Hirn-Trauma“.<br />
Die im ICD-10 deskriptiv angeführte Symptomatologie<br />
der Codierung F07.2: Organisches<br />
Psychosyndrom nach Schädel-Hirn-Trauma<br />
entspricht nämlich eher der Diagnose eines<br />
sog. pseudoneurasthenischen Syndroms resp.<br />
postkommotionellen Syndroms als einem organischen<br />
Psychosyndrom, wie er in der klassischen<br />
deutschsprachigen Terminologie seit<br />
Jahrzehnten zur Anwendung gebracht wird.<br />
Der im ICD-10 gebrauchte Begriff des organischen<br />
Psychosyndroms ist also nicht mit<br />
dem von Bleuler (1916) geprägten Begriff<br />
ident und wird in der ICD-10 auch widersprüchlich<br />
beschrieben:<br />
Einerseits scheint er als Oberbegriff bestimmter<br />
Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen<br />
auf, andererseits werden bei der näheren Beschreibung<br />
der Subkategorie ausnahmslos<br />
kognitive Beeinträchtigungen als kennzeichnend<br />
angeführt.<br />
In den Forschungskriterien des ICD-10 wird,<br />
was den Einsatz in der neurotraumatologischen<br />
Begutachtung noch problematischer<br />
erscheinen lässt, auch der unsichere nosologische<br />
Status angesprochen.<br />
Auch mit zahlreichen anderen Kategorien der<br />
ICD-10 ergeben sich leider bedeutsame und<br />
<strong>für</strong> die tägliche Praxis irreführende Überschneidungen,<br />
wie mit belastungsreaktiven,<br />
psychodynamischen Störungen (F43,0–<br />
F43,8).<br />
Der Begriff OPS umfasst:<br />
Kognition: Was die psychische Leistungsfähigkeit<br />
(Kognition) betrifft, so finden sich im<br />
Detail Ausfälle im Bereich des Gedächtnisses<br />
(insbesondere Störungen des Frischzeitgedächtnisses;<br />
das mittel- und längerfristige<br />
Merken sowie das Altgedächtnis sind nur<br />
sehr selten betroffen), des Denkens (Störungen<br />
im Gedankengang, Gedankenablauf, der<br />
Auffassung, des Assoziationsvermögens, im<br />
Bereich von Planung und Strategiefindung,<br />
Perseverationen und Kritikstörungen), der Reaktionsfähigkeit,<br />
der Aufmerksamkeit sowie<br />
der zerebralen Belastbarkeit.<br />
Persönlichkeitsbereich: Im sog. Persönlichkeitsbereich<br />
stehen Störungen des<br />
Antriebs und des Sozialverhaltens, der Affektivität<br />
und Emotionalität sowie sonstige<br />
Verhaltens- und Wesensänderungen im Vordergrund.<br />
Störungen des Antriebs und des<br />
Sozialverhaltens (häufig unter dem Begriff<br />
der „Frontalhirnproblematik“ zusammengefasst)<br />
imponieren mitunter nicht augenscheinlich<br />
als Ausdruck der unfallbedingten<br />
Hirnschädigung.<br />
Sie stehen nach Schädel-Hirn-Traumen jedoch<br />
nicht selten im Vordergrund der späteren<br />
Rehabilitationsproblematik, und zwar<br />
nach guter Remission der initial schweren Bewusstseinsstörungen<br />
und motorischen Defizite<br />
in der Frühphase des SHT.<br />
Zur Lokalisation<br />
der Hirnverletzung ist wesentlich:<br />
Frontalhirnschädigung: Eine Frontalhirnschädigung<br />
wird andere psychiatrische Symptome<br />
verursachen als eine Schädigung des<br />
Temporallappens. Eine Schädigung des dorsolateralen<br />
Präfrontalkortex führt z.B. zu erschwerter<br />
Umstellungsfähigkeit, gestörter<br />
Aufmerksamkeit und verminderter Sprachproduktion.<br />
Orbitofrontale Läsionen verursachen<br />
erhöhte Reizbarkeit und emotionale<br />
Labilität, Impulskontrollstörungen, Distanzstörungen<br />
bis hin zur Selbst- und Fremdgefährdung.<br />
Eine mediofrontale Läsion ist gekennzeichnet<br />
von Apathie, fehlender Motivierbarkeit bis<br />
hin zu akinetisch-mutistischen Bildern. Klinisch<br />
werden also nach der Lokalisation und<br />
nach der Phänomenologie drei Stirnhirnsyndrome<br />
differenziert. In der Praxis finden sich<br />
sehr oft Mischtypen der drei Stirnhirnsyndrome,<br />
welche in „reiner“ Form selten sind.<br />
Frontalhirnsyndrome („frontal Lobishness“,<br />
dysexecutive Syndrome, zentrale Kontrollstörung)<br />
weisen also keine einheitliche klinische<br />
Symptomatik auf, sind stets abhängig von Lokalisation<br />
und Ausmaß der Hirnläsion. Sie<br />
werden aber auch vom Zeitverlauf und der<br />
prätraumatischen Persönlichkeit in ihrer Phänomenologie<br />
geprägt und erschweren eine<br />
motorische Rehabilitation. Sie verunmöglichen<br />
rein somatisch orientierte Behandlungskonzepte,<br />
überdauern oft die neurologischen<br />
Folgen des SHT. Durch tief greifende psychosoziale<br />
Folgen auf Familie und Berufsleben<br />
des Betroffenen beeinträchtigen sie „spezifisch<br />
menschliche Leistungen“. Es finden sich<br />
Störungen in den Bereichen Antrieb, Eigeninitiative,<br />
Kontrolle von Impuls- und Sozialverhalten,<br />
Planung, Problemlösung, zentrale<br />
Kontrolle, Exekutivfunktionen.<br />
Exekutive Funktionen sind mentale Prozesse<br />
höherer Ordnung, die ein komplexes Netzwerk<br />
benötigen (sowohl kortikale als auch<br />
subkortikale Strukturen mit besonderer Rolle<br />
des faserreichen Frontalhirns). Schädigungen<br />
des frontalen Kortex bewirken sehr variable,<br />
gegenwärtig noch unzureichend operationalisierte<br />
Funktionsstörungen. Dementsprechende<br />
Störungen werden unter dem Begriff<br />
dysexekutives Syndrom zusammengefasst.<br />
Temporalhirn: Schädigungen des Temporalhirns,<br />
insbesondere des Hippocampus, führen<br />
hingegen zu psychomotorischer Verlangsamung<br />
und Störungen der zentralen Informationsverarbeitung.<br />
Oft liegen jedoch Schädigungen mehrerer<br />
Hirnanteile vor, weshalb neurologische, neuropsychologische<br />
und psychiatrische Symptome<br />
nebeneinander bestehen und einander<br />
überlappen.<br />
Somit ist der Begriff des posttraumatischen<br />
organischen Psychosyndroms oder auch organischen<br />
Psychosyndroms nach SHT, wie er<br />
in der neurotraumatologischen Begutachtung<br />
zur Anwendung kommt, im Detail beschrieben.<br />
■<br />
Literatur bei den Verfassern<br />
45
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Bewegungsstörungen<br />
Zertifizierung<br />
Anwendung von Botulinumtoxin<br />
in neurologischen Indikationen<br />
Die Botulinumtoxin-Behandlung stellt heute<br />
einen nicht mehr wegzudenkenden Bestandteil<br />
der neurologischen Behandlung insbesondere<br />
im Bereich von Bewegungsstörungen<br />
dar. Diese innovative Behandlung erfordert<br />
ein fundiertes Wissen und praktische<br />
ärztliche Fertigkeiten. Aus diesem Grund hat<br />
sich die <strong>Österreichische</strong> Dystonie- und Botulinumtoxin-Arbeitsgruppe<br />
(ÖDBAG) als Arbeitsgruppe<br />
der <strong>Österreichische</strong>n Parkinsongesellschaft<br />
(ÖPG) entschlossen, eine Zertifizierung<br />
zur Anwendung von Botulinumtoxin<br />
in neurologischen Indikationen anzubieten.<br />
Die Zertifizierung der Botulinumtoxin- AnwenderInnen<br />
erfolgt – nach Erfüllung der<br />
unten angeführten Bedingungen – gemeinsam<br />
durch die ÖPG und die <strong>Österreichische</strong><br />
<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> (ÖGN).<br />
Die Namen der zertifizierten AnwenderInnen<br />
werden auf der Homepage der ÖDBAG<br />
(www.botulinum.at) und der ÖGN<br />
(www.oegn.at) veröffentlicht und stehen<br />
dadurch dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger<br />
in regelmäßig aktualisierter<br />
Form zur Verfügung.<br />
Ziele: Folgende Ziele sollen mit dieser Zertifizierung<br />
erreicht werden:<br />
1. Einführung von Qualitätsstandards in<br />
der neurologischen Botulinumtoxin-<br />
Behandlung in Österreich.<br />
2. Erhöhung der Anzahl qualifizierter<br />
Botulinumtoxin-Anwender und<br />
Anwenderinnen im intra- und<br />
extramuralem Bereich. Nach Erlangung<br />
des Zertifikats sollten die<br />
AnwenderInnen die Behandlung mit<br />
Botulinumtoxin in den zugelassenen<br />
und wissenschaftlich gesicherten<br />
Indikationen „State of the Art“<br />
durchführen können.<br />
3. Sicherung der Kostenübernahme <strong>für</strong> die<br />
neurologische Botulinumtoxin-<br />
Behandlung durch die Sozialversicherung<br />
in den zugelassenen Indikationen<br />
(<strong>für</strong> zertifizierte AnwenderInnen).<br />
46<br />
4. Erleichterungen der Kostenerstattung<br />
<strong>für</strong> die Botulinumtoxin-Behandlung in<br />
wissenschaftlich gesicherten, aber dzt.<br />
nicht zugelassenen neurologischen<br />
Indikationen (<strong>für</strong> zertifizierte<br />
AnwenderInnen).<br />
Zertifizierung: Diese besteht aus 3 wesentlichen<br />
Bestandteilen:<br />
• Theoretische Grundlagen –<br />
Zertifizierungskurse:<br />
Die theoretischen Grundlagen (insgesamt 16<br />
Module) werden in insgesamt 4 Theoriekursen<br />
dargestellt. Die Kurse haben keinen Aufbaucharakter<br />
und müssen daher nicht in<br />
einer Folge absolviert werden. Weiters ist dadurch<br />
ein Einstieg in den theoretischen Teil<br />
der Zertifizierung bei jedem der Kurse möglich.<br />
Die Kurse werden im Rahmen der Jahrestagungen<br />
der folgenden neurologischen<br />
Fachgesellschaften abgehalten:<br />
ÖGN, ÖPG, <strong>Österreichische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong><br />
Neurorehabilitation (ÖGNR).<br />
Dadurch ist gewährleistet, dass die theoretischen<br />
Grundlagen <strong>für</strong> die Zertifizierung in 12<br />
bis 18 Monaten erworben werden können.<br />
• Praktische Fortbildungen<br />
Im Rahmen von Workshops und Hospitationen<br />
sollen die praktischen Fertigkeiten geschult<br />
werden (insgesamt 15 Einheiten). Der<br />
Praxisnachweis im Rahmen von Workshops<br />
oder Einzelhospitationen (max. 5 Einheiten)<br />
kann nur an spezialisierten Zentren mit folgenden<br />
Voraussetzungen durchgeführt werden:<br />
Mindestfrequenz von 25 BTX-Behandlungen/Monat<br />
in allen neurologischen Indikationen,<br />
Verwendung lokalisatorischer<br />
Techniken zur Injektionskontrolle (EMG, Stimulation<br />
oder Sonografie).<br />
• 50 dokumentierte Behandlungen<br />
Um die eigenen praktischen Fähigkeiten zu<br />
trainieren und nachzuweisen, müssen 50 Behandlungen<br />
im eigenen Bereich (Klinik oder<br />
Ordination) durchgeführt und mit einem Minimaldatensatz<br />
dokumentiert werden (siehe<br />
www.botulinum.at).<br />
Zusammengestellt <strong>für</strong> den<br />
Beirat „Bewegungsstörungen“:<br />
Univ.-Prof. Dr. Thomas Sycha<br />
Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Wien<br />
Übergangsbestimmungen: AnwenderInnen,<br />
die seit mindestens 3 Jahren Botulinumtoxin-Behandlungen<br />
in einer Mindestfrequenz<br />
von 30 Behandlungen/Jahr durchführen,<br />
können im Rahmen einer befristeten<br />
Übergangsregelung ein gültiges Zertifikat beantragen.<br />
Die Anträge auf Übergangsregelung<br />
sind an das Zertifizierungskomitee (unter<br />
unten angeführter Adresse) zu stellen. Das<br />
Zertifizierungskomitee wird sich mit den eingereichten<br />
Unterlagen auseinandersetzen<br />
und gegebenenfalls Rücksprache mit den Antragstellern<br />
halten. Eine Entscheidung ergeht<br />
in jedem Fall in schriftlicher Form.<br />
Gültigkeitdauer des Zertifikates: Die Gültigkeit<br />
des Zertifikates ist auf 2 Jahre beschränkt<br />
und wird nach formlosem Antrag<br />
und Nachweis der kontinuierlichen Patientenbehandlung<br />
und Fortbildung um jeweils<br />
2 Jahre verlängert.<br />
Kosten: Für die Zertifizierungskurse sind je<br />
€ 25,– (gesamt: € 100,–) zu entrichten. Für<br />
die Ausstellung des Zertifikates wird eine zusätzliche<br />
Bearbeitungsgebühr und Unkostenbeitrag<br />
von € 190,– (Zertifizierung im Rahmen<br />
der Übergangsbestimmungen € 90,–).<br />
in Rechnung gestellt. Die Bearbeitungsgebühr<br />
<strong>für</strong> die Verlängerung der Gültigkeit des<br />
Zertifikates beträgt ebenfalls € 90,–.<br />
Sekretariat des Zertifizierungskomitees:<br />
Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />
Medizinische Universität Wien (MUW)<br />
Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien<br />
c/o Univ.-Prof. Dr. Thomas Sycha<br />
Tel.: 01/404 00-3145<br />
E-Mail: botulinum@meduniwien.ac.at<br />
Anfragen und Anmeldungen richten Sie bitte<br />
an diese Adresse (vorzugsweise in elektronischer<br />
Form).<br />
Das Zertifizierungskomittee der ÖDBAG:<br />
Univ.-Prof. Dr. Peter Schnider, LK Hochegg, Univ.-Prof.<br />
Dr. Jörg Müller, Univ.-Klinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Innsbruck,<br />
Dr. Klemens Fheodoroff, Gailtal-Klinik Hermagor, Univ.-Prof.<br />
Dr. Thomas Sycha, Univ.-Klinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> Wien
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Epilepsie<br />
Akutphase des Schlaganfalles<br />
Inzidenz von<br />
epileptischen Anfällen<br />
Innerhalb der ersten 24 Stunden nach Auftreten<br />
der Symptome hatten von 6.044 PatientInnen<br />
mit Schlaganfall 190 (3,1 %)<br />
einen epileptischen Anfall. Dies ergab eine<br />
populationsbasierte Studie aus Cincinnati,<br />
Ohio * . Dabei waren kardioembolische Ursachen<br />
signifikant häufiger betroffen als<br />
vaskulär bedingte Schlaganfälle.<br />
PatientInnen mit Anfällen zeigten eine höhere<br />
Mortalität als jene ohne Anfallsereignis,<br />
das Auftreten von Anfällen stellte jedoch<br />
keinen unabhängigen Mortalitätsrisikofaktor<br />
nach 30 Tagen dar.<br />
* Szaflarski J. P. et al., Incidence of seizures in the<br />
acute phase of stroke: A population-based study.<br />
Epilepsia, Published article online: Jan 2008<br />
Humanes Herpesvirus<br />
Typ 6 bei mesialer<br />
Temporallappenepilepsie<br />
Ein neuer möglicher pathophysiologischer<br />
Mechanismus der mesialen Temporallappenepilepsie<br />
(TLE) basiert auf den Nachweis<br />
einer viralen Infektion mit dem humanen<br />
Herpesvirus Typ 6 (HHV6) in bis<br />
zu 60 % der Patienten mit diesem Epilepsiesyndrom.<br />
Donati und Fotheringham<br />
* konnten nachweisen, dass HHV6<br />
vor allem in Astrozyten latent persistiert<br />
und reaktiviert werden kann. Dadurch<br />
kommt es zu einer Dysregulation der Glutamataufnahme<br />
in die Gliazellen sowie zu<br />
einer gestörten Expression von Glutamat-<br />
Transportproteinen der Astrozyten.<br />
* Donati D. et al., Detection of human herpesvirus-6<br />
in mesial temporal lobe epilepsy surgical brain<br />
resections Neurology 2003 ; 61(10):1405-11;<br />
Fotheringham J. et al., Human Herpesvirus 6 (HHV-6)<br />
Induces Dysregulation of Glutamate Uptake and<br />
Transporter Expression in Astrocytes; J Neuroimmune<br />
Pharmacol 2007, Sep 8 (Epub ahead of print)<br />
Neue Daten zur postiktalen<br />
Psychose bei fokaler Epilepsie<br />
Die Risikofaktoren, im Rahmen eines fokalen<br />
Anfalles eine postiktale Psychose zu erleiden,<br />
werden in der Literatur unterschiedlich angegeben.<br />
In einer nun publizierten kontrollierten<br />
Studie * wurden 59 EpilepsiepatientInnen<br />
mit einer Geschichte einer postiktalen Psychose<br />
(PIP) und 94 Patienten ohne Anamnese<br />
einer PIP verglichen.<br />
Dabei zeigte sich, dass eine PIP signifikant<br />
häufiger bei extratemporalen oder fokalen<br />
Epilepsien ohne eindeutigen Herdhinweis auftraten.<br />
Weitere Risikofaktoren waren bilate-<br />
Zusammengestellt im Namen<br />
des Beirats „Epilepsie“:<br />
Priv.-Doz. Dr. Michael Feichtinger<br />
Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Graz<br />
Juvenile myoklonische Epilepsie<br />
Myoklonische Anfälle nehmen im<br />
Verlauf der Erkrankung ab<br />
Bei 48 PatientInnen mit juveniler myoklonischer<br />
Epilepsie konnten der Langzeitverlauf,<br />
die klinischen und EEG-Veränderungen<br />
sowie die Anfallstypen bzw. deren Änderung<br />
an Schweregrad und Frequenz über<br />
einen Zeitraum von 19,6 +/– 5,7 Jahren erhoben<br />
werden * . Dabei konnten ein benigner<br />
Verlauf (66,6 %) und ein therapieresistenter<br />
Verlauf mit signifikant häufigerem Auftreten<br />
von psychiatrischen Begleiterkran-<br />
Magnetonanopartikel in der<br />
Fokusdiagnostik bei partiellen Epilepsien<br />
Am Brain Research Institute der University of<br />
California, Los Angeles, wurde eine neue Methode<br />
zur Lokalisation von epileptischen Herden<br />
entwickelt und im Tierversuch erprobt * :<br />
Nichtradioaktive Magnetonanopartikel wurden<br />
an Alpha-Methyl-Tryptophan gekoppelt<br />
und den Versuchstieren unter akuten und<br />
chronischen epileptischen Situationen injiziert.<br />
Durch Passage der Blut-Hirn-Schranke gelangen<br />
die Partikel in das Hirngewebe und reichern<br />
sich insbesondere in epileptogenen<br />
Arealen an. Durch die Magnetonanopartikel<br />
waren diese Gebiete in der MRT darstellbar<br />
rale epileptiforme Aktivität, die Tendenz zur<br />
sekundären Generalisierung und die positive<br />
Anamnese einer Encephalitis.<br />
Alter der Patienten, Dauer der Epilepsie oder<br />
MRT-Veränderungen waren in beiden untersuchten<br />
PatientInnenkollektiven gleichartig.<br />
Weitere Risikofaktoren waren außerdem die<br />
positive Familienanamnese hinsichtlich einer<br />
epileptischen oder einer psychiatrischen<br />
Grunderkrankung.<br />
* Alper K. et al., Postictal psychosis in partial epilepsy:<br />
a case-control study. Ann Neurol. 2008; 63(5):602-10.<br />
kungen unterschieden werden. Obwohl ein<br />
Großteil der PatientInnen nach dem Beobachtungszeitraum<br />
weiterhin Anfälle hatte,<br />
kam es bei über der Hälfte der Betroffenen<br />
zu einer deutlichen Verringerung bzw. Abschwächung<br />
der myoklonischen Anfälle innerhalb<br />
der 4. Lebensdekade.<br />
* Baykan B. et al., Myoclonic seizures subside in the<br />
fourth decade in juvenile myoclonic epilepsy.<br />
Neurology 2008; 27;70:2123-9.<br />
und zeigten eine hohe Übereinstimmung mit<br />
dem darauf folgend durchgeführten intrakraniellen<br />
EEG.<br />
Kommentar: Diese Methode stellt möglicherweise<br />
eine wirkungsvolle nichtinvasive<br />
und nicht radioaktiv belastende Zusatzuntersuchung<br />
zur Lokalisation epileptogener Hirnregionen<br />
im Rahmen der prächirurgischen<br />
Epilepsiediagnostik dar.<br />
* Akhtari M. et al., Functionalized magnetonanoparticles<br />
for MRI diagnosis and localization in epilepsy.<br />
Epilepsia, Published article online: Mai 2008<br />
51
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Schlafstörungen<br />
AASM-Manual zum Scoren von Schlaf und assoziierten Ereignissen<br />
Konsequenzen <strong>für</strong> quantitative Schlafparameter<br />
Fast 40 Jahre war das Manual <strong>für</strong> Schlafstadienklassifikation<br />
nach Rechtschaffen und<br />
Kales (1968) maßgeblich. Die American Academy<br />
of Sleep Medicine (AASM) modifizierte<br />
diese Standard-Schlafklassifikation und<br />
entwickelte neue Richtlinien <strong>für</strong> die Terminologie,<br />
die Ableitmethoden und die Klassifikationsregeln<br />
<strong>für</strong> schlafbezogene Phänomene.<br />
Ziel unserer Studie war es, Unterschiede<br />
zwischen visueller Klassifikation nach Rechtschaffen<br />
und Kales sowie den neuen Richtlinien<br />
der AASM darzustellen.<br />
Es wurden 56 Gesunde (Alter 58 ± 20 Jahre)<br />
einbezogen, wobei jeder Proband zwei aufeinander<br />
folgende Nächte im Schlaflabor untersucht<br />
wurde. Die Polysomnographie um-<br />
Erste Ergebnisse aus einem Pilotprojekt<br />
Schlafpartner Hund<br />
Laut einem Bericht der Statistik Austria aus<br />
dem Jahre 1998 leben in 25 % der österreichischen<br />
Haushalte in Summe 2,6 Millionen<br />
Haustiere. Trotz detaillierter Informationen<br />
über die Wohnverhältnisse von Haustieren<br />
gibt es weder Mikrozensusdaten noch<br />
wissenschaftliche Studien darüber, wo und<br />
wie Haustiere schlafen. Dass Haustiere auch<br />
in den Betten oder Schlafzimmern ihrer Besitzer<br />
anzutreffen sind, berichtete Dr. Shepard,<br />
Majo-Klinik, Kalifornien, USA, 2001.<br />
Jeder zweite der von ihm Befragten hatte<br />
mindestens ein Haustier, und von diesen<br />
schliefen fast 60 % mit ihrem Haustier im<br />
selben Zimmer, 22 % davon wiederum im<br />
selben Bett. Wieweit sich die An- bzw. Abwesenheit<br />
eines Haustieres auf die Schlafqualität<br />
eines Hundebesitzers auswirkt, ist<br />
52<br />
fasste 19 EEG-Kanäle, 2 EOG-Kanäle, submentales<br />
EMG sowie EMG vom Musculus tibialis<br />
anterior beidseits, das EKG und respiratorische<br />
Signale (Luftstrom, Thorax- und<br />
Abdomenbewegungen, Sauerstoffsättigung).<br />
Die Ganznachtschlafpolygraphien wurden<br />
von erfahrenen Schlafexperten nach beiden<br />
Richtlinien klassifiziert. In einer deskriptiven<br />
Analyse wurden die im AASM-Manual empfohlenen<br />
Schlafparameter statistisch ausgewertet.<br />
Ergebnisse: Während Schlaf- und REM-Latenz,<br />
Gesamtschlafzeit und Schlafeffizienz<br />
vom Klassifikationsmodus nicht betroffen<br />
waren, fanden sich Unterschiede in der Dauer<br />
Gegenstand dieser Studie. An dem Pilotprojekt<br />
nahmen insgesamt 10 HundehalterInnen<br />
teil.<br />
Wegen der einfacheren Durchführung der<br />
Untersuchung wurden nur Hunde als Bettpartner<br />
zugelassen. Über einen Zeitraum von<br />
4 Wochen wurden die HundebesitzerInnen<br />
gebeten, mindestens 10 Nächte mit ihrem<br />
Hund im selben Bett und 10 Nächte alleine<br />
(Hund schlief entweder im selben Zimmer<br />
oder woanders) zu verbringen. Während der<br />
gesamten Untersuchung trugen die Versuchspersonen<br />
einen Bewegungsmesser am<br />
Handgelenk und füllten täglich ein Schlaftagebuch<br />
aus. Ausgewertet wurden die<br />
Nächte mit (Bedingung 1) und ohne Hund<br />
im Bett (Bedingung 2).<br />
Bei den bis dato 7 ausgewertete Datensät-<br />
Zusammengestellt vom<br />
Beirat „Schlafstörungen“:<br />
Univ.-Prof. DDr. Josef Zeitlhofer<br />
Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Wien<br />
des Schlafstadiums 1 (S1/N1, des Schlafstadiums<br />
2 (S2/N2) und des Tiefschlafs<br />
(S3+S4/N3). Während Leichtschlaf und Tiefschlaf<br />
anstiegen (S1 vs. N1 (+9,8 min/+2,7 %):<br />
p < 0,01; S3+S4 vs. N3 (+10,9 min/+2,8 %):<br />
p < 0,01), nahm Stadium 2 nach den AASM-<br />
Regeln (S2 vs. N2 (–22,5 min/–5,3 %):<br />
p < 0,01) signifikant ab. Darüber hinaus war<br />
die Wachzeit nach Schlafbeginn signifikant<br />
verlängert.<br />
Die Studie zeigt signifikante Unterschiede<br />
zwischen Schlafparametern nach den konventionellen<br />
Schlafbeurteilungskriterien (Rechtschaffen<br />
und Kales) und den neuen AASM-<br />
Regeln. Neue Normdaten <strong>für</strong> den AASM-Standard<br />
müssen daher etabliert werden.<br />
ze zeigt sich folgender Trend: Die subjektive<br />
Schlaf- und Aufwachqualität verändert<br />
sich nicht signifikant unter den zwei Bedingungen.<br />
Die Schlafeffizienz (berechnet aus<br />
der Aktigraphie) ist jedoch unter der Bedingung<br />
1 signifikant geringer (p > 0,05), der<br />
Fragmentationsindex (berechnet aus der Aktigraphie)<br />
als ein Indikator <strong>für</strong> unruhigen<br />
Schlaf signifikant höher (p > 0,05).<br />
Die Anwesenheit von Hunden im Bett verursacht<br />
einen zwar objektiv unruhigeren und<br />
weniger effizienten Schlaf, subjektiv zeigten<br />
sich jedoch keine Unterschiede. Dies, obwohl<br />
die Mehrheit der Hundebesitzer angab, dass<br />
der Verzicht des Hundes im Bett (Bedingung<br />
2) ihnen sehr schwer fiel – so sehr hatten<br />
sie sich schon an ihren Hund als Bettpartner<br />
gewöhnt.
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Neurorehabilitation<br />
Kindlicher Schlaganfall<br />
Repetitive transkranielle<br />
Magnetstimulation<br />
Bei SchlaganfallpatientInnen übt eine erhöhte<br />
interhemisphärische Inhibition von<br />
der gesunden auf die erkrankte Hemisphäre<br />
einen ungünstigen Einfluss aus. Die repetitive<br />
transkranielle Magnetstimulation<br />
(rTMS) mit inhibitorischer Wirkung (1 Hz)<br />
über der gesunden Hemisphäre ermöglicht<br />
eine Erhöhung der kortikalen Erregbarkeit<br />
in der geschädigten Hemisphäre.<br />
Diese Methode wurde an 10 jungen Personen<br />
(Alter: 8 bis 20 Jahre, Akutereignis<br />
2 bis 13 Jahre zuvor) über 8 Tage in einer<br />
randomisierten Doppelblindstudie * angewendet.<br />
Der Effekt wurde mittels Kraftmessung<br />
des Faustschlusses und funktioneller<br />
Skalen gemessen.<br />
Am Tag nach der letzten Intervention kam<br />
es in der rTMS-Gruppe zu einer Zunahme<br />
der Kraft (2,28 kg [SD 1,01 kg], p = 0,009),<br />
die bis zu einer Woche anhielt (2,63 kg<br />
[0,56], p = 0,01). In einer funktionellen<br />
Skala kam es lediglich am Tag nach der<br />
letzten Intervention zu einer Besserung. In<br />
der Gruppe mit Scheinstimulation kam es<br />
zu keiner Besserung. Die Funktion der nicht<br />
betroffenen Hand blieb in beiden Gruppen<br />
stabil.<br />
Kommentar: Die geringe Fallzahl ist vergleichbar<br />
mit ähnlichen Studien an Erwachsenen.<br />
Die kontraläsionale Anwendung<br />
von rTMS scheint bei jüngeren PatientInnen<br />
Teilbereiche der Funktion der<br />
paretischen Hand zu verbessern und ist als<br />
eine sichere und brauchbare, allerdings<br />
nach wie vor experimentelle Therapie anzusehen.<br />
54<br />
* Kirton A. et al., Contralesional repetitive transcranial<br />
magnetic stimulation for chronic hemiparesis in<br />
subcortical paediatric stroke: a randomised trial.<br />
Lancet Neurology 2008; 7(6):507-13. (Epub ahead<br />
of print)<br />
Zusammengestellt <strong>für</strong> den<br />
Beirat „Neurorehabilitation“:<br />
Univ.-Prof. Dr. Bernhard Voller<br />
Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Medizinische Universität Wien<br />
Sturzneigung nach Schlaganfall<br />
Von 1.104 PatientInnen * im Alter von ca. 70<br />
Jahren berichteten 37 % von einem Sturz in<br />
den ersten 6 Monaten nach einem Schlaganfall.<br />
Die PatientInnen wurden prospektiv<br />
am Beginn, ein Monat und 6 Monate nach<br />
dem Akutereignis befragt. Von den PatientInnen,<br />
die stürzten, verletzten sich 37 %,<br />
und 8 % erlitten eine Fraktur. Ungefähr die<br />
Hälfte (48 %) der PatientInnen stürzten einmal<br />
und 12 % mehr als 5-mal. 77 % stürzten<br />
zu Hause.<br />
Folgende unabhängige Risikofaktoren <strong>für</strong><br />
Stürze wurden identifiziert: Alter (OR 1,06<br />
[1,00;1,12] p = 0,03), Sturz im Jahr vor Akutereignis<br />
(OR 1,60 [1,19;2,16] p = 0,002), kör-<br />
Der diffuse axonale Schaden („Diffuse axonal<br />
Injury“, DAI) beim Schädel-Hirn-Trauma<br />
(SHT) wird häufig unterschätzt, da er in Routineuntersuchungen<br />
(CCT und MRT) nicht<br />
wirklich zuverlässig dargestellt werden kann.<br />
Mittels einer neueren MR-Methode, dem<br />
„Diffusion Tensor Imaging“ (DTI), konnte in<br />
einer Studie * DAI verlässlicher als mit bisherigen<br />
Methoden dargestellt werden. Die<br />
Technik macht Bewegung extrazellulären<br />
Wassers sichtbar, die mit der Integrität der<br />
Axone korreliert. An 12 PatientInnen mit<br />
SHT und 12 gesunden Probanden konnten<br />
Unterschiede in allen ausgewählten Hirnregionen<br />
(Balken, Fornix, Großhirnschenkel)<br />
gezeigt werden. Die Veränderungen konnten<br />
mit dem klinischen Zustand der PatientInnen<br />
korreliert werden, der mit einer er-<br />
perliche Abhängigkeit mit Barthel-Index 10–<br />
19 (OR 1,72 [1,25;2,36] p = 0,001), körperliche<br />
Abhängigkeit mit Barthel-Index 0–9 (OR<br />
2,09 [1,40;3,12] p < 0,001), Depression (OR<br />
1,48 [1,09;2,01] p = 0,011).<br />
Kommentar: Obwohl die Studie durch eine<br />
gewisse Ausfallrate der PatientInnen und<br />
durch fehlende Maßstäbe zur Beurteilung der<br />
Beweglichkeit der PatientInnen limitiert ist,<br />
weist sie dennoch eindeutig auf die bekannte<br />
Notwendigkeit der aktiven Sturzprävention<br />
nach einem Schlaganfall hin.<br />
* Kerse N. et al., Falls after Stroke. Results from the<br />
ARCOS Study, 2002 to 2003. Stroke 2008; 39:1890-3<br />
Schädel-Hirn-Trauma<br />
MR-Diagnostik –<br />
Diffusion Tensor Imaging<br />
weiterten Glasgow-Outcome-Skala beurteilt<br />
wurde. Es gab keine Korrelation zwischen<br />
Klinik und anderen MRT-Methoden wie Flair<br />
und Inversion Recovery Imaging.<br />
Kommentar: Bei der Befundung des MRT<br />
entgeht gelegentlich selbst dem geübten<br />
Auge das Ausmaß eines DAI, was vereinzelt<br />
die Diskrepanz zum schwerer wiegenden klinischen<br />
Befund erklären kann. Obwohl noch<br />
nicht vollständig ausgereift und nur mittels<br />
einer kleinen Fallzahl aufgezeigt, scheint das<br />
DTI eine viel versprechende Methode zu sein,<br />
mit deren Hilfe PatientInnen mit SHT besser<br />
beurteilt werden können.<br />
* Wang J. Y. et al., Diffusion tensor tractography of<br />
traumatic diffuse axonal injury. Archives of<br />
Neurology 2008; 65:619-26
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Schlaganfall<br />
Sonothrombolyse –<br />
Gerinnselauflösung<br />
ultraschallverstärkt<br />
Zwei in der Mai-Ausgabe von Stroke publizierte<br />
Studien beschäftigten sich mit<br />
dem Therapiekonzept der Sonothrombolyse,<br />
bei dem die transkranielle Dopplersonografie<br />
dazu benützt wird, die thrombolytische<br />
Wirkung von r-tPA zu verstärken.<br />
Alexandrov et al. 1 verwendeten zusätzlich<br />
gasförmige Mikrosphären, die lokal am<br />
Thrombus die energetische Wirkung des<br />
Ultraschalls potenzieren. Beide Studien<br />
konnten eine höhere Rekanalisationsrate<br />
in der Sonothrombolyse-Gruppe zeigen,<br />
Eggers et al. 2 auch einen klinischen Benefit<br />
nach 90 Tagen. In beiden Studien traten<br />
bei der Behandlungsgruppe häufiger<br />
intrazerebrale Blutungen auf, wobei es sich<br />
in der amerikanischen Studie (Alexandrov<br />
et al.) nur um als asymptomatisch klassifizierte<br />
Blutungsereignisse handelte.<br />
1 Alexandrov V. A. et al., A Pilot Randomized Clinical<br />
Safety Study of Sonothrombolysis Augmentation<br />
With Ultrasound-Activated Perflutren-Lipid<br />
Microspheres for Acute Ischemic Stroke. Stroke<br />
2008; 39:1464-1469.<br />
2 Eggers J. et al., Sonothrombolysis With Transcranial<br />
Color-Coded Sonography and Recombinant Tissue-<br />
Type Plasminogen Activator in Acute Middle<br />
Cerebral Artery Main Stem Occlusion. Stroke<br />
2008; 39:1470-1475.<br />
Leukoaraiose reduziert<br />
Penumbra beim akuten<br />
Schlaganfall<br />
ForscherInnen der Harvard University *<br />
konnten in einer Studie an 129 PatientInnen<br />
zeigen, dass PatientInnen mit akutem<br />
Schlaganfall im Rahmen der Ischämie einen<br />
deutlich höheren Verlust an potentiell rettbarer<br />
Hirnsubstanz im Mismatch-Areal erleiden,<br />
wenn in der MRT Anzeichen einer<br />
chronischer Schädigung der weißen Substanz<br />
(Leukoaraiose) bestehen. In der<br />
Quartile mit dem höchsten Leukoaraiose-<br />
Volumen war dieser Verlust 3,6-mal höher<br />
als in der untersten Quartile. Dieser negative<br />
Effekt der Leukoaraiose war unabhängig<br />
von Alter und anderen vaskulären Risikofaktoren.<br />
56<br />
* Hakan A. et al., Severity of Leukoaraiosis and<br />
Susceptibility to Infarct Growth in Acute Stroke,<br />
Stroke 2008; 39:1409-1413.<br />
Zusammengestellt <strong>für</strong> den Beirat „Schlaganfall“:<br />
Dr. Karl Matz<br />
Neurologische Abteilung, Landesklinikum Donauregion Tulln<br />
Thrombolyse jenseits<br />
3 Stunden nach MR-Kriterien?<br />
Ähnlich den bereits publizierten Studien<br />
DIAS-2 und DEFUSE untersuchten die AutorInnen<br />
der EPITHET-Studie * , ob MRT-basierte<br />
Definitionen von Mismatch, Reperfusion und<br />
Rekanalisation bei der Thrombolyse des ischämischen<br />
Schlaganfalles jenseits des 3-Stunden-Zeitfensters<br />
nützlich sein können.<br />
Dabei wurden 102 PatientInnen zu Placebo<br />
und Alteplase randomisiert. PatientInnen mit<br />
PW/DW-Mismatch, die mit Alteplase behandelt<br />
wurden, wiesen ein geringeres Infarktwachstum<br />
und eine höhere Reperfusionsrate<br />
auf als mit Placebo behandelte PatientInnen<br />
mit Mismatch. Ein signifikanter klinischer<br />
Benefit konnte nicht demonstriert werden,<br />
allerdings war dies auch nicht primärer Endpunkt<br />
der Studie. Immerhin war erfolgreiche<br />
Reperfusion mit einer höheren Rate an gutem<br />
klinischen Outcome verbunden.<br />
In der australisch-chinesischen INTERACT-<br />
Studie * wurde untersucht, ob ein intensives<br />
Blutdruckmanagement bei spontanen intrazerebralen<br />
Blutungen bezüglich der Größenzunahme<br />
der Blutung protektiv sein kann.<br />
Dabei wurde randomisiert zwischen einem<br />
auf Standard-Guidelines basiertem Richtwert<br />
zur Blutdrucksenkung (Zielwert 180<br />
mm Hg systolisch) und einer forcierten, frühen<br />
Blutdrucksenkung (Zielwert 140 mmHg<br />
systolisch innerhalb einer Stunde) verglichen.<br />
Die intensiv behandelte Gruppe zeigte dabei<br />
eine signifikant geringere mittlere Zunahme<br />
des Blutungsvolumens und einen gerin-<br />
Da die Studienpopulation einen hohen Anteil<br />
an PatientInnen mit Mismatch aufwies<br />
(86 %) , war die Aussagekraft eines Vergleiches<br />
mit der Non-Mismatch-Gruppe eingeschränkt,<br />
jedoch zeigte auch letztere in der<br />
Verum-Gruppe eine höhere Rate an Reperfusion,<br />
was ein MRT-basiertes Mismatch-<br />
Konzept als positives Selektionskriterium <strong>für</strong><br />
Thrombolyse nach 3 Stunden in Frage stellt.<br />
Letztlich müssen weiterhin die Ergebnisse<br />
von Phase III Studien abgewartet werden,<br />
bevor an eine Erweiterung des Zeitfensters<br />
bei der Thrombolysebehandlung gedacht<br />
werden kann (ECASS III September 2008<br />
beim World Stroke Congress in Wien, IST-3<br />
2011).<br />
* Davis S. M. et al., Effects of alteplase beyond 3 h after<br />
stroke in the Echoplanar Imaging Thrombolytic Evaluation<br />
Trial (EPITHET): a placebo-controlled randomised<br />
trial. Lancet Neurol 2008; 7: 299–309<br />
Intrazerebrale Blutungen<br />
Forcierte Blutdrucksenkung möglicherweise sinnvoll<br />
geren Anteil an substantieller Größenzunahme<br />
der Blutung. Hinsichtlich des klinischen<br />
Outcomes wurden keine Unterschiede<br />
festgestellt.<br />
Kommentar: Nach Ansicht der Autoren ist<br />
damit aber zumindest belegt, dass die forcierte<br />
Blutdrucksenkung gegenüber dem<br />
konventionellen Vorgehen sicher ist und offensichtlich<br />
keine relevanten negativen Effekte<br />
auf die zerebrale Perfusion be<strong>für</strong>chtet<br />
werden müssen.<br />
* Craig S. A. et al., Intensive blood pressure reduction in<br />
acute cerebral haemorrhage trial (INTERACT): a randomised<br />
pilot trial, Lancet Neurol 2008; 7: 391–399.
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Schmerz<br />
Die kontrovers gehaltenen Kurzreferate zu<br />
Diagnostik und Therapie verschiedener Kopfschmerzformen<br />
wurden anschließend im Plenum<br />
diskutiert. Dadurch war es möglich, Themen,<br />
die in der Praxis, aber auch in der Literatur<br />
kohärent erschienen, mit<br />
Kopfschmerzspezialisten aus unterschiedlichen<br />
Blickpunkten zu beleuchten. Aus der<br />
Vielzahl der Pro- und Contra-Präsentationen<br />
möchte ich einige hervorheben.<br />
Migräne – eine progressive Erkrankung?<br />
Volker Limmroth stellte die Migräne als „heterogene<br />
Ionenkanalerkrankung“ dar, mit<br />
möglichen Gemeinsamkeiten mit anderen Erkrankungen,<br />
wie Epilepsie (FHM2 und<br />
FHM39), CADASIL, aber auch erhöhtem<br />
Schlaganfallrisiko. Ergebnisse der Studie von<br />
Kruit M. C. et al. (JAMA 2004) zeigten neben<br />
dem erhöhten Risiko <strong>für</strong> subklinische zerebelläre<br />
Infarkte, dass auch das Risiko mit der<br />
Attackenfrequenz zunimmt, insbesondere bei<br />
Patienten mit Migräne mit Aura. Er demonstrierte,<br />
dass das Schlaganfallrisiko unabhängig<br />
von vaskulären Risikofaktoren steigt. Ein<br />
interessanter Aspekt dabei ist, dass 40 %<br />
aller Schlaganfälle bei Migräne sich aus der<br />
Aura entwickeln und meist das hintere<br />
Stromgebiet betreffen, im Gegensatz zu den<br />
meisten kardioembolischen Schlaganfällen,<br />
die das vordere Strom-Gebiet erfassen.<br />
Kritisch wurde der Trend in den USA erwähnt,<br />
wo der PFO-Verschluss als Migränetherapie<br />
beworben wird, obwohl alle bisherigen Studien<br />
retrospektiv und die einzige randomisierte<br />
Studie negativ waren.<br />
Im Kontrareferat konnte Jean Schoenen, Uni-<br />
58<br />
Zusammengestellt im Namen des Beirats „Schmerz“:<br />
OA Dr. Gernot Luthringshausen<br />
Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong><br />
Christian-Doppler-Klinik, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Salzburg<br />
Erstes Drei-Länder-Eck-Kopfschmerzsymposium<br />
Erstmals fand im April das Drei-Länder-Eck-Kopfschmerzsymposium in Längenfeld im Tiroler Ötztal statt,<br />
das den lang gehegten Wunsch der Kopfschmerzgesellschaften der Schweiz, Deutschlands und Österreichs<br />
realisierte, ein gemeinsames deutschsprachiges Symposium abzuhalten.<br />
versität Liège, Belgien, zwar die Tatsache des<br />
Schlaganfallrisikos bei Migräne mit Aura nicht<br />
entkräften, aber sehr relativieren. Eine kleine<br />
Minderheit der Migräniker mit Aura (< 10 %)<br />
entwickeln kleine zerebelläre Infarkte, und<br />
Frauen mit häufigen Migräneattacken haben<br />
mehr „White Matter Lesions“, wobei die Ursachen<br />
<strong>für</strong> beides nicht bekannt sind. Es besteht<br />
eine Komorbidität zwischen PFO und<br />
Migräne mit Aura, aber kein Kausalzusammenhang.<br />
Die häufigste Ursache <strong>für</strong> eine<br />
chronische Migräne ist Medikamenten-Übergebrauch.<br />
Bei den meisten Patienten ist Migräne<br />
keine progressive Erkrankung, aber in<br />
bestimmten „Subgruppen“ könne sie progressiv<br />
werden.<br />
Ihre gegensätzlichen Standpunkte zum Zusammenhang<br />
zwischen PFO und Migräne<br />
präsentierten Arne May und Stefan Evers in<br />
ihren Vorträgen „Ein PFO disponiert <strong>für</strong> Migräne?“<br />
und „Verschluss des PFO bei Migräne“,<br />
die anschließend ausführlich diskutiert<br />
wurden.<br />
Zervikogener Kopfschmerz – seine Rolle<br />
bei der Migräne: Stefan Evers machte mit<br />
den Definitionen der IHS (International Headache<br />
Society) und der CHISG (Cervicogenic �
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Schmerz<br />
Headache International Study Group) deutlich,<br />
dass <strong>für</strong> den zervikogenen Kopfschmerz<br />
eine Prävalenz von 1 % bzw. bis 2,5 % angenommen<br />
wird, jedoch auch Komorbiditäten<br />
mit Migräne (19 %) und z. B. Spannungskopfschmerzen<br />
bestehen. Ferner wies<br />
Evers darauf hin, dass eine Komorbidität mit<br />
posttraumatischem Kopfschmerz akut bei 8<br />
% gefunden wurde (Keidel und Ramadan,<br />
2000) und begründete dies weiter mit klinischen<br />
und therapeutischen Argumenten.<br />
Dagegen argumentierte Christian Lampl mit<br />
den diagnostischen Kriterien und Symptomen<br />
beider Schmerzbilder. Die Migräne gehe nicht<br />
von den Strukturen der HWS (Muskeln, Gelenke,<br />
Bänder) aus, Neurone des Trigeminus-<br />
C2-Kernes spielen jedoch eine wichtige Rolle<br />
in der Verarbeitung duraler Migräneschmerzen,<br />
welche mit den C2-Neuronen interagieren/konvergieren,<br />
sodass diese trigeminalen<br />
Schmerzen mithilfe bestimmter Mechanismen<br />
auch nach zervikal „übertragen“ werden<br />
oder dorthin ausstrahlen können. Seine<br />
Kernaussage „die HWS an sich hat mit der<br />
Migräne nichts zu tun, das Rückenmark sehr<br />
wohl“ fasst sein Referat zusammen.<br />
Sexualhormone in der Kopfschmerzbehandlung<br />
ist ein sehr kontrovers diskutiertes<br />
Thema. In den Referaten von Gabriele<br />
Sixt und Gernot Luthringshausen wurden die<br />
Hintergründe und Zusammenhänge der<br />
Östrogene (mögliche Wechselwirkungen mit<br />
trigeminalem Schmerzsystem) in der Migräne<br />
dargelegt:<br />
Studien von MacGregor (2006) bestätigen<br />
einen Zusammenhang zwischen Migräne und<br />
wechselnden Östrogenspiegeln und unterstützen<br />
die Hypothese der perimenstruellen,<br />
nicht aber der postovulatorischen „Östrogenentzugsmigräne“.<br />
In der von MacGregor<br />
durchgeführten Therapiestudie bei „menstru-<br />
60<br />
eller Migräne“ kam es zwar unter Hormongabe<br />
zu einer anfänglichen Besserung der Intensität<br />
und der Begleiterscheinungen, jedoch<br />
zu einem Anstieg (40 %) der Migräneattacken<br />
5 Tage danach.<br />
Gabriele Sixt präsentierte dagegen Studien,<br />
die zeigen, dass durch subkutane Östrogenimplantate<br />
bzw. durch Suppression des<br />
Östrogenzyklus mit Tamoxifen eine Besserung<br />
und auch Kopfschmerzfreiheit zu erzielen ist.<br />
Antidepressiva in der Migränetherapie:<br />
Ulf Baumhackl erläuterte in seinem Pro-Referat,<br />
dass Amitriptylin in der Prophylaxe der<br />
Migräne nachweislich wirksam sei, wo<strong>für</strong><br />
ausreichend placebokontrollierte Studien vorliegen.<br />
Zu empfehlen seien auch SSRI, wenn<br />
trizyklische Antidepressiva nicht wirksam sind<br />
oder Nebenwirkungen auftreten. SSRI könnten<br />
bei Vorliegen von Komorbiditäten (z. B.<br />
Migräne und chronischem Spannungskopfschmerz<br />
oder Migräne und Depression) sehr<br />
gut eingesetzt werden, wobei niedrigere Dosierungen<br />
verwendet werden sollten.<br />
Christian Lampl hielt dagegen, dass in Studien<br />
(vorwiegend in den USA) die Migränefrequenz<br />
nur ein Kriterium war und das Vorhandensein<br />
einer Depression kein Ausschlusskriterium<br />
darstellte. Lediglich <strong>für</strong> eine<br />
Subgruppe von Patienten mit Depression<br />
wären Antidepressiva in der Migräneprophylaxe<br />
zu überlegen.<br />
Migränetrigger Speisen und Getränke:<br />
Sehr ausführlich wurden die Themen „Speisen<br />
und Getränke als Auslöser <strong>für</strong> Kopfschmerzen“<br />
von Andreas R. Gantenbein und<br />
Stefanie Förderreuther behandelt, die sehr<br />
kritisch zu den häufig individuell angenommenen<br />
„Migränetriggern“ Stellung bezogen.<br />
Die größte Bedeutung habe sicherlich Alkohol,<br />
die Bedeutung bei Migräne wird aber<br />
überschätzt und ist schwer objektivierbar. Interessant<br />
war auch die Feststellung von Förderreuther,<br />
dass biogene Amine, Nitrate,<br />
Glutamat keine gesicherten Trigger wären<br />
und indirekten Faktoren mehr Bedeutung zukomme.<br />
Kopfschmerz und Wetter: Zum Thema<br />
„Kopfschmerz und Wetter – besteht ein Zusammenhang?“,<br />
legte Karin Zebenholzer<br />
Studien über den Effekt des Wetters von<br />
Prince et al. (Headache 2004) vor, die zeigen,<br />
dass ein signifikanter Teil der Migränebetroffenen<br />
an Wetter als Triggerfaktor<br />
glaubt, dies jedoch nicht mit objektivierbaren<br />
meteorologischen Daten korreliert. Die<br />
meisten Patienten sind sensibel <strong>für</strong> Temperatur<br />
und Feuchtigkeit. Gernot Luthringshausen<br />
stellte die Frage der „Wetterfühligkeit“<br />
und „Wetterempfindlichkeit“ in den Raum<br />
und legte dar, dass bei wetterfühligen Befragten<br />
wetterassoziierte Beschwerden – je<br />
nach Altersgruppe Kopfschmerzen, Müdigkeit,<br />
Gelenksschmerzen und Erschöpfung –<br />
dominieren (Höppe et al., DMW 2002). In<br />
einer weiteren Studie wurde keine auffällige<br />
Häufung von Kopfschmerzleiden in Zusammenhang<br />
mit Windrichtung, Windstärke,<br />
Luftdruck, Luftfeuchte und Temperatur gefunden<br />
(Wilkinson M., Headache 1979). Es<br />
gibt kein definierbares „Migränewetter“. Der<br />
positive Einfluss des Wetters auf die Befindlichkeit<br />
rückt in den Hintergrund.<br />
Das 1. Drei-Länder-Eck-Kopfschmerzsymposium<br />
brachte durch die Vielfalt der Themen,<br />
die engagierten RednerInnen und das<br />
meist volle Plenum sehr interessante Diskussionen<br />
und konnte <strong>für</strong> den Einzelnen neue<br />
Wissensinhalte bieten. Eine Fortsetzung dieses<br />
Symposiums wurde von allen gewünscht<br />
und ist <strong>für</strong> 2010 in Planung.
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Neuromuskuläre Erkrankungen<br />
Neuromuskuläre Akademie der ÖGN<br />
DDie ÖGN wird ab 2008 eine jährliche Akademie<br />
<strong>für</strong> neuromuskuläre Krankheiten einrichten.<br />
Diese Veranstaltung soll jeweils einen<br />
Tag dauern und vor allem FachärztInnen ansprechen,<br />
die sich mit neuromuskulären<br />
Krankheitsbildern beschäftigen. Selbstverständlich<br />
sind auch ÄrztInnen in Ausbildung<br />
sehr willkommen. Diese Veranstaltungsreihe<br />
soll keine „Basis“-Ausbildung im Sinne der<br />
Elektrophysiologie sein, sondern das Spektrum<br />
neuromuskulärer Krankheiten auf<br />
hohem Niveau darstellen und ergänzen. Um<br />
diese weit reichenden Anspruch zu verwirklichen,<br />
werden auch SprecherInnen aus dem<br />
Ausland eingeladen.<br />
Der Veranstaltungsort wird jährlich rotieren.<br />
Die erste Veranstaltung ist am 31. 10. 2008<br />
im KFJ Wien geplant, 2009 wird die nächste<br />
Veranstaltung in Innsbruck stattfinden.<br />
AAnfang Mai 2008 fand im Elisabethinen-Krankenhaus in Klagenfurt<br />
ein ExpertInnenmeeting zum Thema chirurgische Schmerz- und Engpass-Syndrome<br />
der unteren Extremität statt.<br />
Anliegen von Prof. Millesi und Doz. Schmidhammer (Millesi-Center<br />
Wien) war es, Nervenläsionen der unteren Extremität mit ExpertInnen<br />
aus <strong>Neurologie</strong>, plastischer und rekonstruktiver Chirurgie, Unfallchirurgie<br />
und Orthopädie zu diskutieren. Mit Systematik und Akribie<br />
wurden alle gängigen Nerven der unteren Extremität behandelt, wobei<br />
auch kleine Hautnervenäste gesondert beleuchtet wurden.<br />
Drei Aspekte wurden besonders erwähnt:<br />
• peripher neurologisch bedingte Schmerzsyndrome an der UE und<br />
deren Behandlung,<br />
• die Sicht der PatientenanwältInnen zu Aufklärung, Information<br />
und Umgang mit PatientInnen,<br />
• die Frage der Begutachtung peripherer Nervenläsionen.<br />
Das Symposium ermöglichte Einblicke in die Praxis der Nervenchirurgie<br />
und bearbeitete Aspekte der Zuweisung, Diagnostik und Prognose.<br />
Aus der Sicht der ChirurgInnen ist das Interesse des Faches <strong>Neurologie</strong><br />
an den peripheren Nervenläsionen oft gering, und die Ergeb-<br />
66<br />
Für diese erste Veranstaltung wurde das<br />
Thema neuromuskuläre Übertragungsstörungen<br />
– im speziellen Myasthenia gravis und<br />
ihre Varianten, Lambert-Eaton-Syndrom und<br />
die selteneren Hyperexzitabilitätssyndrome –<br />
gewählt.<br />
Als ausländische Experten konnten wir Prof.<br />
Gilhus (Bergen) und Prof. Hart (Liverpool) gewinnen,<br />
die zusammen mit ExpertInnen aus<br />
ganz Österreich dieses wichtige Thema besprechen<br />
und auf den letzten Stand bringen<br />
wollen. Neben den Vorträgen wird ausreichend<br />
Zeit <strong>für</strong> Diskussionen zur Verfügung<br />
stehen.<br />
Für 30. 10. 2008 ist im KFJ Wien ein Satellitensymposium<br />
der Firma CLS Behring mit<br />
dem Thema CIDP („Chronic Inflammatory<br />
Demyelinating Neuropathy“) und multifokale<br />
motorische Neuropathie mit Leitungsblock<br />
geplant. Als Sprecher werden Prof. Richard<br />
Hughes (London) und Prof. Eduardo Nobile<br />
Orazio (Mailand) nach Wien kommen. Ergänzt<br />
werden die Referate durch Vorträge<br />
von Prof. Löscher und Prof. Quasthoff. Anschließend<br />
sind Einzelseminare mit den Sprechern<br />
vorgesehen. Für diese Veranstaltung<br />
ist nur eine begrenzte Anzahl von Teilnehmern<br />
möglich.<br />
Fortbildung<br />
neuromuskuläre Krankheiten<br />
Termin: 30.–31. 10. 2008<br />
Ort: Mehrzwecksaal,<br />
Geriatriezentrum Favoriten,<br />
Kaiser-Franz-Josef-Spital, Wien<br />
Anmeldung über die ÖGN (Sekretariat)<br />
Chirurgische Schmerz-<br />
und Engpass-Syndrome der unteren Extremität<br />
Mikroskopische Aufnahme eines peripheren Nervenschnitts.
FOTO: SCIENCE PHOTO LIBRARY/PICTUREDESK.COM<br />
nisse der Elektroneurodiagnostik beantworten die Fragen der plastischen<br />
Chirurgie nicht immer ausreichend. Vorgeschlagen wird auch<br />
bei der Nervenchirurgie ein interdisziplinärer Ansatz, bei dem Fragestellungen<br />
präzisiert werden können und der eine optimale Versorgung<br />
der Patienten ermöglicht.<br />
Einzelnervenläsionen: Von mehreren Vortragenden wurde anhand<br />
von Fällen gezeigt, dass eine „Einzelnervenläsion“, als Beispiel wurde<br />
der N. femoralis genannt, wichtige Funktionen in der Bewegungskette<br />
haben und schwere Störungen zur Folge haben können. Relativ<br />
„triviale“ Störungen von sensiblen Nerven, wie N. cutaneus femoris<br />
lateralis, N. saphenus und Ramus infrapatellaris führen zwar<br />
zu keinen dramatischen „neurologischen Ausfällen“, sind aber <strong>für</strong><br />
die PatientInnen aufgrund von Schmerzen, Sensibilitätsstörungen<br />
oder praktischen Behinderungen sehr einschränkend.<br />
Viel Raum wurde dem Kompressionssyndrom des N. pudendus und<br />
Chemotherapieinduzierte Neuropathien<br />
Vor kurzem publizierten Windebank und Grisold einen sehr umfangreichen<br />
Übersichtsartikel über chemotherapieinduzierte Neuropathien<br />
(CIN)1.<br />
Die Autoren definieren die wichtigsten Probleme, die sich dem/der<br />
behandelnden NeurologIn stellen:<br />
• Sind die subjektiven Beschwerden und die klinischen Zeichen<br />
Ausdruck einer Neuropathie?<br />
• Wenn ja, ist die Neuropathie Folge des Tumors, Folge der<br />
Chemotherapie oder unabhängig von beiden?<br />
• Soll die Chemotherapie aufgrund der Neuropathie geändert<br />
oder gestoppt werden?<br />
• Was ist die beste Behandlung der neuropathischen<br />
Beschwerden?<br />
Die typischen Beschwerden der CIN werden <strong>für</strong> die am häufigsten<br />
verwendeten Chemotherapeutika beschrieben, ebenso wie die Häufigkeit<br />
des Auftretens von CIN, typische elektrophysiologische Befunde,<br />
Wirkmechanismen und Prognose. Nachdem sich viele der<br />
verwendeten Chemotherapeutika durch stereotype klinische Verläufe<br />
auszeichnen, ist deren Kenntnis zur Beantwortung der Frage, ob<br />
eine Neuropathie chemotherapieinduziert ist, besonders wichtig.<br />
Weiters diskutieren die Autoren die Neurotoxizität von Kombinatio-<br />
Zusammengestellt im Namen<br />
des Beirats „Neuromuskuläre Erkrankungen“:<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr.<br />
Wolfgang Grisold<br />
Neurologische Abteilung<br />
KFJ Wien<br />
Univ.-Prof. Dr.<br />
Wolfgang Löscher<br />
Neurologische<br />
Universitätsklinik<br />
Innsbruck<br />
des N. tibialis im Tarsaltunnel bei PatientInnen mit Diabetes mellitus<br />
eingeräumt. Insbesondere die von Assmann (Wien) und Dellon (USA)<br />
vorgeschlagene präventive Nervendekompression an Engstellen bei<br />
Diabetes mellitus wurde kontroversiell diskutiert.<br />
Der Fuß ist nicht nur im Rahmen von Polyneuropathien betroffen,<br />
sondern es existieren neben dem bekannten vorderen und hinteren<br />
Tarsaltunnelsyndrom auch weniger bekannte Nervenverletzungen und<br />
Engpasssyndrome wie z. B. Läsionen des N. calcaneus, Kompartmentsyndrome<br />
des Fußes, Irritationen der N. digitales plantares, Ganglien,<br />
Nervenverletzungen bei Operationen von Sprunggelenksverletzungen,<br />
N.-suralis-Verletzungen und Nervenläsionen am Fuß nach<br />
Osteotomien.<br />
Praktisch relevant waren die zahlreichen interdisziplinären Diskussionen,<br />
die auf konservativer Seite das Verständnis <strong>für</strong> Läsionen und<br />
die weiten Möglichkeiten der chirurgischen Interventionen erkennen<br />
ließen.<br />
nen von Chemotherapeutika, welche theoretisch synergistische und<br />
additive Effekte haben könnte. Wenige Daten liegen vor, aber die<br />
Erfahrung aus klinischen Studien zeigt, dass eine solche additive<br />
Wirkung zumindest nicht von praktischer Relevanz ist.<br />
Vorbestehende Neuropathie: Eine häufig gestellte Frage ist, ob<br />
Patienten mit vorbestehender Neuropathie ein erhöhtes Risiko <strong>für</strong><br />
eine CIN besitzen, wie in etlichen Fallberichten vermutet wird. Windebank<br />
und Grisold stellen dies zur Diskussion und zitieren auch<br />
eine Arbeit aus dem Jahre 2003 (Goetz et al.), die bei PatientInnen<br />
mit vorbestehendem Diabetes kein erhöhtes Risiko <strong>für</strong> eine CIN<br />
fand, und empfehlen angesichts dieser Daten, die Schwere der Neuropathie<br />
genau zu monitieren, um eine etwaige Verschlechterung<br />
rechtzeitig zu erkennen.<br />
Das Management von CIN-Patienten entspricht im Wesentlichen dem<br />
aller PatientInnen mit Neuropathie – je nach Beschwerden Schmerztherapie,<br />
Physiotherapie, Ergotherapie, Prävention und Behandlung<br />
trophischer Störungen. Eine Prävention der CIP ist entsprechend einer<br />
Analyse der vorliegenden Daten leider noch nicht möglich.<br />
1 Windebank A. J., Grisold W., Chemotherapy-induced neuropathy.<br />
J Peripher Nerv Syst. 2008; 13(1):27-46)<br />
67
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Multiple Sklerose<br />
MRT bei multipler Sklerose<br />
Neue Entwicklungen<br />
In den letzten Jahren waren wir bemüht, uns<br />
intensiv mit MRT-Befunden zur Diagnosestellung<br />
der MS auseinanderzusetzen. Lage,<br />
Zahl, und Kontrastmittelaufnahme fokaler Signalveränderungen<br />
liefern die Entscheidungsgrundlage,<br />
ob wir anhand der modifizierten<br />
Barkhof-Kriterien eine örtliche Dissemination<br />
der Erkrankung belegen können.<br />
Auch <strong>für</strong> den Nachweis der zeitlichen Dissemination<br />
geben die 2005 modifizierten<br />
McDonald-Kriterien genaue Anweisungen.<br />
Die strikten zeitlichen Vorgaben, wann MRT-<br />
Untersuchungen durchgeführt werden müssen,<br />
um sie als Referenz oder Verlaufsuntersuchung<br />
verwerten zu können, machen die<br />
Umsetzung in der klinischen Praxis allerdings<br />
oft recht schwierig.<br />
Die Arbeitsgruppe von David Miller hat deshalb<br />
versucht, Vereinfachungen vorzunehmen<br />
1 und diese in einer multizentrischen retrospektiven<br />
Untersuchung validiert 2 .<br />
Vorschlag <strong>für</strong> vereinfachte MRT-MS-Kriterien:<br />
Diese neuen Kriterien (Tab.) zeichnen<br />
sich dadurch aus, dass die Zahl der festgestellten<br />
Signalveränderungen und der Nachweis<br />
einer Kontrastmittel aufnehmenden Läsion<br />
<strong>für</strong> den Nachweis der räumlichen Dissemination<br />
keine Rolle mehr spielen. Dies ist<br />
insofern ein Vorteil, als eine gewisse Varianz<br />
der Feststellung fokaler Signalveränderungen<br />
unvermeidbar ist und auch MRT-Untersuchungen<br />
ohne Kontrastmittelapplikation<br />
somit den gesamten notwendigen Informationsgehalt<br />
liefern.<br />
Die wesentlichste Vereinfachung ergibt sich<br />
aber wohl im Hinblick auf die Bestimmung<br />
der zeitlichen Dissemination, wo<strong>für</strong> als<br />
Grundlage einerseits jede MRT-Untersuchung<br />
68<br />
Zusammengestellt im Namen<br />
des Beirats „Multiple Sklerose“:<br />
unabhängig vom Abstand zum Akutereignis<br />
herangezogen werden kann, andererseits als<br />
Zeichen weiterer Krankheitsaktivität primär<br />
das Auftreten neuer T 2-Hyperintensitäten (wiederum<br />
ohne Berücksichtigung der Kontrastmittelaufnahme)<br />
gewertet wird.<br />
Höhere Sensitivität: Wie ein Vergleich mit<br />
den derzeit gültigen Diagnosekriterien zeigte,<br />
ergeben sich durch diese Modifikationen<br />
auch keine wesentlichen Einbußen der Spezifität<br />
und eine sogar etwas höhere Sensitivität<br />
im frühen Erfassen von MS-PatientInnen.<br />
Eine zukünftige Bearbeitung der McDonald-Kriterien<br />
wird diese Vorschläge also<br />
sicher berücksichtigen.<br />
Unabhängig von den wünschenswerten diagnostischen<br />
Vereinfachungen ist jedenfalls zu<br />
bedenken, dass gerade im Hinblick auf die<br />
Beurteilung der zeitlichen Dissemination, also<br />
des Neuauftretens von Läsionen, die Ausgangs-<br />
und die Verlaufsuntersuchung in Qualität<br />
und Schichtführung vergleichbar sein<br />
müssen.<br />
Univ.-Prof. Dr.<br />
Franz Fazekas<br />
Priv.-Doz. Dr.<br />
Christian Enzinger<br />
Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Medizinische Universität Graz<br />
Die Magnetresonanztomographie (MRT) hat bereits einen fixen Stellenwert im Management von MS-<br />
PatientInnen. Ihre Möglichkeiten sind aber noch keineswegs voll ausgelotet, wie jüngere Forschungsergebnisse<br />
zeigen. Zur Illustration dazu einige neue Entwicklungen.<br />
Frühere Diagnosestellung? Mit ständiger<br />
Verbesserung der MR-Technologie sowie zunehmendem<br />
Einsatz von Geräten höherer<br />
Feldstärke ergibt sich deshalb auch die Frage,<br />
inwieweit dadurch die Diagnose einer MS<br />
noch früher erfüllt wird bzw. gestellt werden<br />
kann.<br />
Drei Arbeiten von Wattjes M. P. et al. 3–5<br />
haben dazu wichtige Daten geliefert. Die<br />
UntersucherInnen führten bei 40 PatientInnen<br />
mit klinisch isoliertem Syndrom sowohl<br />
zu Beginn als auch bei den Verlaufsuntersuchungen<br />
parallel jeweils Untersuchungen<br />
an 1,5-Tesla- und 3-Tesla-MR-Geräten<br />
durch.<br />
Nicht unerwartet ließ die höhere Feldstärke<br />
(3 Tesla) mehr Läsionen nachweisen, wobei<br />
bei 3 Tesla insbesondere infratentorielle und<br />
juxtakortikale Läsionen zur Darstellung gelangten,<br />
welche mit 1,5 Tesla nicht erkannt<br />
worden wären. Damit erfüllten auch mehr<br />
PatientInnen die modifizierten Barkhof-Kriterien<br />
<strong>für</strong> den Nachweis einer örtlichen Dissemination<br />
der Erkrankung.<br />
Tab.: Modifikation der MRT-MS-Diagnosekriterien nach Swanton J. K.<br />
(Lancet Neurol 2007)<br />
Örtliche Dissemination Zeitliche Dissemination<br />
� 1 Läsion in � 2 charakteristischen Lokalisationen: Eine neue T2-Läsion in der MRT-<br />
• Periventrikulär Verlaufsuntersuchung unabhängig<br />
• Juxtakortikal<br />
• Hirnstamm und Kleinhirn<br />
• Rückenmark<br />
vom Timing des Ausgangsscans<br />
Bei Hirnstamm- und Rückenmarksyndromen dürfen<br />
Läsionen in der symptomatischen Region nicht<br />
gewertet werden<br />
FOTO: FURGLER
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Multiple Sklerose<br />
Im Bezug auf die von Swanton vorgeschlagene<br />
Vereinfachung der MRT-Diagnosekriterien<br />
war dieser Unterschied weniger ausgeprägt<br />
und insgesamt gesehen, d. h. auch<br />
unter Berücksichtigung des Nachweises einer<br />
zeitlichen Dissemination von keiner Relevanz,<br />
wenn man jeweils die mit gleicher Feldstärke<br />
durchgeführten Untersuchungen miteinander<br />
verglich.<br />
Diese Ergebnisse sind dahingehend beruhigend,<br />
als auch mit 1,5-Tesla-Geräten kaum<br />
eine diagnostizierbare MS übersehen werden<br />
sollte. Zur Beurteilung der Krankheitsaktivität<br />
müssen aber jedenfalls die Ausgangs- und<br />
Folgeuntersuchung mit derselben MRT-Feldstärke<br />
vorgenommen werden.<br />
Hinweise zur Pathophysiologie: Neben<br />
dem diagnostischen Einsatz versprechen wir<br />
uns von MRT-Untersuchungen auch eine gewisse<br />
Reflexion pathophysiologischer Abläufe<br />
zur Beurteilung der Krankheitsprogression<br />
und Prognoseabschätzung. Zwei Untersuchungen<br />
aus der Arbeitsgruppe von Bruce<br />
Trapp und Richard Rudick zeigen mögliche<br />
neue Zusammenhänge auf.<br />
In einer histopathologischen MRT-Vergleichuntersuchung<br />
bestätigten Elisabeth Fisher et<br />
al. 6 , dass MS-Läsionen mit T1-Hypointensität<br />
(so genannte Black Holes) und einer reduzierten<br />
Magnetisierungstransferrate (MTR)<br />
weniger Axone enthalten. Sie beobachteten<br />
zudem, dass die Axone in den betreffenden<br />
Läsionen teilweise geschwollen waren. Der<br />
dadurch höhere Flüssigkeitsgehalt liefert eine<br />
gute Erklärung <strong>für</strong> die beobachteten Signalveränderungen.<br />
In Ergänzung dazu konnten nun Young E.<br />
A. et al. 7 nachweisen, dass diese geschwollenen<br />
Axone in der Mehrzahl der Fälle wahrscheinlich<br />
funktionell inaktiv sind. Sie fanden<br />
nämlich, dass geschwollene Axone in chronischen<br />
MS-Läsionen zum großen Teil keine<br />
70<br />
Abb.: 20-jährige Patientin mit schubförmiger MS<br />
Beim Vergleich axialer T2-gewichteter Sequenzen erscheinen die 3.0-Tesla Aufnahmen etwas<br />
schärfer konturiert (z. B. bessere Differenzierung von Kortex und Marklager infolge eines günstigeren<br />
Signal-Rausch-Verhältnisses). Einzelne kleine fokale Signalveränderungen sind gegenüber der<br />
Untersuchung bei 1.5-Tesla zusätzlich zu erkennen (Pfeile)<br />
oder nur geringe Na + /K + -ATPase enthalten,<br />
welche <strong>für</strong> die Erregungsleitung essenziell ist.<br />
Das Fehlen der Na + /K + -ATPase wäre auch eine<br />
Erklärung <strong>für</strong> die Schwellung der Axone, da<br />
damit die axonale Homöostase nicht mehr<br />
ausreichend aufrechterhalten werden kann.<br />
Diese Befunde weisen somit auf einen weiteren<br />
pathophysiologischen Mechanismus<br />
hin, der zur neurologischen Dysfunktion im<br />
Rahmen des Fortschreitens der MS beitragen<br />
kann.<br />
Die MRT-Marker T 1 Black Holes und eine<br />
MTR-Reduktion zeigen weiters nicht nur eine<br />
Verminderung der Axonendichte an, sondern<br />
vermögen offensichtlich auch jene Läsionen<br />
zu identifizieren, in denen axonale Schwellung<br />
und damit auch neuronale Dysfunktion<br />
vorliegen.<br />
Zukünftige Verlaufsuntersuchungen: Inwieweit<br />
damit die genannten MRT-Marker<br />
auch eine Möglichkeit zur Verlaufsbeurteilung<br />
der Funktionalität von Axonen und der<br />
Beeinflussbarkeit dieses Prozesses durch the-<br />
rapeutische Intervention darstellen, müssen<br />
zukünftige läsionale Verlaufsuntersuchungen<br />
zeigen. Bereits jetzt liefern die berichteten<br />
Daten jedenfalls eine weitere interessante Erklärungsmöglichkeit<br />
<strong>für</strong> die Entstehung der<br />
chronischen Behinderung bei MS.<br />
Literatur:<br />
1 Swanton J. K. et al., Modification of MRI criteria for<br />
multiple sclerosis in patients with clinically isolated<br />
syndromes.JNNP. 2006; 77(7):830-3.<br />
2 Swanton J. K. et al., MRI criteria for multiple sclerosis in<br />
patients presenting with clinically isolated syndromes: a<br />
multicentre retrospective study. Lancet Neurol 2007;<br />
6(8):677-86<br />
3 Wattjes M. P. et al., Higher sensitivity in the detection of<br />
inflammatory brain lesions in patients with clinically isolated<br />
syndromes suggestive of multiple sclerosis using<br />
high field MRI: an intraindividual comparison of 1.5 T<br />
with 3.0 T. Eur Radiol 2006; 16(9):2067-73.;<br />
4 Wattjes M. P. et al., Does high-field MR imaging have an<br />
influence on the classification of patients with clinically<br />
isolated syndromes according to current diagnostic MR<br />
imaging criteria for multiple sclerosis? AJNR Am J Neuroradiol<br />
2006; 27(8):1794-8.<br />
5 Wattjes M. P. et al., High field MR imaging and 1H-MR<br />
spectroscopy in clinically isolated syndromes suggestive<br />
of multiple sclerosis: correlation between metabolic alterations<br />
and diagnostic MR imaging criteria. J Neurol<br />
2008; 255(1):56-63<br />
6 Fisher E. et al., Imaging correlates of axonal swelling in<br />
chronic multiple sclerosis brains. Ann Neurol 2007;<br />
62(3):219-28<br />
7 Young E.A., et al., Imaging correlates of decreased<br />
axonal Na+/K+ ATPase in chronic multiple sclerosis<br />
lesions. Ann Neurol 2008; 63:428-35
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Demenz<br />
Vor einigen Jahren wurde gezeigt, dass Clioquinol in der Lage ist,<br />
durch die Bindung von Zink- und Kupferionen die �-Amyloid-Aggregation<br />
(A�) zu erniedrigen. Erste Therapieversuche erbrachten positive<br />
Ergebnisse, allerdings wurde die Entwicklung wegen Sicherheitsbedenken<br />
eingestellt.<br />
Eine Nachfolgesubstanz mit verbessertem Sicherheitsprofil, PBT2,<br />
wurde dann bis hin zur Anwendung an PatientInnen entwickelt. PBT2<br />
ist besser gehirngängig und zeigte in präklinischen Tests an transgenen<br />
Krankheitsmodellen Wirkungen, die auf einen sinnvollen therapeutischen<br />
Effekt hinwiesen. A�40 und A�42 wurden innerhalb kurzer<br />
Zeit nach oraler Administration signifikant gesenkt, die Gehirnpathologie<br />
verbesserte sich, und auch die kognitive Leistungsfähigkeit<br />
wurde gesteigert. Da die Daten der klinischen Phase I die Sicherheit<br />
von PBT2 bestätigten, wurde die Phase IIa gestartet.<br />
In dieser doppelblinden, multizentrischen, randomisierten Studie * wurden<br />
78 PatientInnen in Schweden und Australien entweder mit Placebo,<br />
PBT2 50 mg oder PBT2 250 mg einmal am Tag über einen<br />
Zeitraum von 12 Wochen behandelt. Die Analyse der Daten ergab,<br />
dass PBT2 dosisabhängig die CSF-A�42-Spiegel senkt, wobei der Effekt<br />
der 250 mg Dosis signifikant war (p = 0,006). Sieht man diese<br />
Reduktion als relevant an, sind die Ergebnisse positiv zu bewerten,<br />
insbesondere da sich auch signifikante Verbesserungen bei einigen<br />
Tests der Neuropsychological Test Battery (NTB) ergaben. Die Leistun-<br />
Zusammengestellt <strong>für</strong> den Beirat „Demenz:<br />
Dr. Manfred Windisch<br />
CEO & President, JSW-Research Forschungslabor, Graz<br />
Erste Resultate einer Phase-II-Studie bei Alzheimer-PatientInnen<br />
Hemmung der �-Amyloid-Aggregation<br />
durch Metallchelatoren<br />
Abb. 1: Durchschnittliche Veränderungen der<br />
CSF-Aß42-Spiegel (nach 12 Wochen)<br />
pg/ml<br />
30 -<br />
20 -<br />
10 -<br />
0 -<br />
–10 -<br />
–20 -<br />
–30 -<br />
–40 -<br />
–50 -<br />
n = 28<br />
n = 18<br />
n = 25<br />
p = 0,006<br />
vs. Placebo<br />
Placebo<br />
PBT2 50 mg<br />
PBT2 250 mg<br />
ITT Quelle: Prana Biotechnology Ltd<br />
gen im Kategorie Wortflüssigkeitstest (p = 0,028) und im Labyrinthtest<br />
(p = 0,005) verbesserten sich signifikant in der 250-mg-PBT2-<br />
Gruppe im Vergleich zu den KontrollpatientInnen.<br />
Es muss angemerkt werden, dass in anderen Tests der Batterie und<br />
auch im ADAS-Cog keine signifikanten Veränderungen festgestellt<br />
werden konnten, was hauptsächlich durch Substanzeffekte auf exekutive<br />
Funktionen erklärt werden kann, die der ADAS nicht umfasst.<br />
Kommentar: Die Studie muss mit Vorsicht interpretiert werden, da<br />
es sich zum einen um relativ kleine PatientInnengruppen handelt und<br />
die beobachteten Verbesserungen nicht in den globalen Beurteilungsskalen<br />
nachgewiesen werden konnten. Auf jeden Fall geben die Resultate<br />
Hoffnung, dass amyloidbasierende Medikamente bald eine<br />
Bereicherung der Alzheimer-Therapie darstellen könnten.<br />
* noch nicht publiziert<br />
Literatur:<br />
- Doraiswamy P.M., Xiong G., Pharmacological strategies for the prevention of<br />
Alzheimer’s disease. Expert Opinion on Pharmacotherapy 2006; 7:1-10.<br />
- Ritchie C.W., Bush A.I., Masters C.L., Metal-protein attenuating compounds and<br />
Alzheimer’s disease. Expert Opinion on Investigational Drugs<br />
2004; 13:1585-92.<br />
- Treiber C., Simons A., Strauss M. et al., Clioquinol mediates copper uptake<br />
and counteracts copper efflux activities of the amyloid precursor protein<br />
of Alzheimer’s disease. Journal of Biological Chemistry 2004; 279:51958-64.<br />
Abb. 2: Verbesserungen bei der Wortflüssigkeit (nach<br />
12 Wochen) Neuropsychological Test Battery (NTB)<br />
Kategorie Wortflüssigkeit<br />
3 -<br />
2.5 -<br />
2 -<br />
1,5 -<br />
1 -<br />
0,5 -<br />
0 -<br />
–0,5 -<br />
Placebo<br />
PBT2 50 mg<br />
PBT2 250 mg<br />
n = 28<br />
n = 28<br />
p = 0,041<br />
vs. Placebo<br />
n = 28<br />
ITT Quelle: Prana Biotechnology Ltd<br />
71
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Neurogeriatrie<br />
Hypertoniebehandlung ab dem 80. Lebensjahr<br />
Daten der HYVET-Studie<br />
Die bisherige Datenlage zur Hypertoniebehandlung<br />
alter Menschen jenseits des 80. Lebensjahres<br />
war zwiespältig. So konnten mehrere<br />
Studien belegen, dass durch Senkung<br />
des Blutdruckes auch bei alten Menschen<br />
eine Reduktion des Schlaganfallrisikos erzielbar<br />
ist, allerdings zeigten andere Arbeiten,<br />
dass Blutdruck und Sterblichkeit in dieser Altersgruppe<br />
in inverser Beziehung stehen.<br />
Diese inverse Beziehung, d. h. dass Menschen<br />
mit niedrigerem Blutdruck eine höhere<br />
Sterblichkeit haben, ist möglicherweise mit<br />
Erkrankungen, die zu einer Blutdrucksenkung<br />
führen (z. B. maligne Erkrankungen, Demenz,<br />
Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz) erklärbar.<br />
HYVET-Studie: In der vor kurzem publizierten<br />
HYVET-Studie 1 wurden 3.845 PatientInnen<br />
aus Europa, China, Australien und Tunesien<br />
randomisiert aufgenommen, die 80<br />
Jahre oder älter waren und einen wiederholt<br />
gemessenen Blutdruck von zumindest 160<br />
mmHg systolisch aufwiesen. Die Behandlung<br />
erfolgte entweder mit täglich 1,5 mg Indapamid<br />
in Retardform oder Placebo, bei Nichterreichen<br />
des Blutdruckziels von 150/80<br />
mmHg wurde der ACE-Hemmer Perindopril<br />
(2 oder 4 mg) zugegeben. Primärer Endpunkt<br />
der Studie war tödlicher oder nicht tödlicher<br />
Schlaganfall.<br />
Ergebnisse: Die Behandlungsgruppe und die<br />
Placebogruppe waren ausgeglichen gematcht:<br />
Das mittlere Alter war knapp 84<br />
Jahre, der mittlere Blutdruck lag bei 173/91<br />
mmHg, wobei 11,8 % eine Vorgeschichte<br />
mit kardiovaskulären Erkrankungen aufwiesen.<br />
Die mittlere Beobachtungszeit betrug<br />
1,8 Jahre.<br />
In der Behandlungsgruppe konnte der Blutdruck<br />
im Vergleich zur Placebogruppe um<br />
15,0/6,1 mmHg gesenkt werden. In der Intention-to-Treat-Analyse<br />
zeigte die Behand-<br />
72<br />
Zusammengestellt im Namen des Beirats „Neurogeriatrie“:<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Iglseder<br />
Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsgesellschaft mbH<br />
Christian-Doppler-Klinik Universitätsklinik <strong>für</strong> Geriatrie<br />
lungsgruppe eine relative Risikoreduktion<br />
(RRR) von 30 % <strong>für</strong> fatale oder nicht fatale<br />
Schlaganfälle (95 % Konfidenzintervall –1<br />
–51, p = 0,06), eine relative Reduktion der<br />
Schlaganfallsterblichkeit um 39 % (95 %<br />
Konfidenzintervall 1–62, p = 0,05), eine RRR<br />
der Rate an Todesfällen jedweder Ursache<br />
um 21 % (95 % Konfidenzintervall 4–35, p<br />
= 0,02), eine RRR der Zahl kardiovaskulär bedingter<br />
Todesfälle um 23 % (95 % Konfidenzintervall<br />
–1–40, p = 0,06) sowie eine<br />
RRR der Fälle von Herzinsuffizienz um 64 %<br />
(95 % Konfidenzintervall 42–78, p < 0,001).<br />
Zudem wurden in der Verum-Gruppe schwerwiegende<br />
Nebenwirkungen seltener beobachtet<br />
(358 gegen 448 in der Placebogruppe,<br />
p = 0,001). Ergänzend konnten die Autoren<br />
zeigen, dass die positiven Effekte der<br />
Behandlung bereits innerhalb des 1. Jahres<br />
auftreten. Auch in der Per-Protokoll-Analyse<br />
fand sich eine Reduktion des Schlaganfallrisikos<br />
sowie des Risikos, an einem Schlaganfall<br />
zu versterben, was die Daten der Studie<br />
zusätzlich robust erscheinen lässt. Darüber<br />
hinaus zeigte die Studie eine Reduktion der<br />
Todesfälle jedweder Ursache, was ebenfalls<br />
bislang nur in wenigen Antihypertensiva-Studien<br />
gelungen ist.<br />
Abb.: Kardiovaskuläre Endpunkte in der HYVET-Studie<br />
Schlaganfälle gesamt<br />
Tödliche Schlaganfälle<br />
Tod jeder UIrsache<br />
Nicht-KV-Tod,<br />
Tod unbekannter Ursache<br />
KV-Tod<br />
kardialer Tod<br />
Herzinsuffzienz<br />
Kardiovaskuläre Ereignisse<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
0,1 0,2 0,5 0 2<br />
Einschränkend ist anzuführen, dass die Studienpatienten,<br />
die zu Hause verstarben, nur<br />
unzureichend bezüglich der genauen Todesursache<br />
erfasst werden konnten und akute<br />
und unerwartete Todesfälle vom Studienkomitee<br />
als kardiovaskulär bedingt eingestuft<br />
wurden.<br />
Schlussfolgerungen: Die Autoren folgern<br />
aus den Ergebnissen, dass eine antihypertensive<br />
Behandlung mit Indapamid in Retardform<br />
mit oder ohne Perindopril bei Personen,<br />
die zumindest 80 Jahre alt sind, einen<br />
Vorteil bietet. Des Weiteren schließen die Autoren,<br />
dass ein Zielblutdruck von 150/80<br />
mmHg aus den Daten abgeleitet werden<br />
kann.<br />
Kommentar: Ob eine stärkere Blutdrucksenkung<br />
von zusätzlichem Nutzen ist, kann aus<br />
den Daten von HYVET nicht beantwortet<br />
werden. Insgesamt kann aus der Studie gefolgert<br />
werden, dass auch bei Hochbetagten<br />
eine moderate Blutdrucksenkung einen klinischen<br />
Benefit bietet.<br />
1 Treatment of hypertension in patients 80 years of age<br />
or older. Beckett N. S. et al., for the HYVET-Study<br />
Group; N Engl J Med 2008; 358(18):1887-98.<br />
-<br />
Hazard-Ratio 95%-KI<br />
0,70 (0,49, 1,01)<br />
0,61 (0,38, 0,99)<br />
0,79 (0,65, 0,95)<br />
0,81 (0,62, 1,06)<br />
0,77 (0,60, 1,01)<br />
0,71 (0,42, 1,19)<br />
0,36 (0,22, 0,58)<br />
0,66 (0,53, 0,82)
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Neurochirurgie<br />
Dekompressive Hemikraniektomie<br />
bei malignem Mediainfarkt<br />
Die Ergebnisse randomisierter Studien lassen<br />
es sinnvoll erscheinen, die Möglichkeit einer<br />
dekompressiven Hemikraniektomie beim so<br />
genannten malignen Mediainfarkt anzubieten<br />
1 . Bisherige Studien zeigen, dass nicht nur<br />
eine Reduzierung der Mortalität, sondern<br />
auch funktionelle Unabhängigkeit bei etwa<br />
74<br />
20–25 % der PatientInnen erreicht werden<br />
kann. Ausschlaggebend ist die Identifizierung<br />
der besten chirurgischen Kandidaten, wobei<br />
noch nicht alle Selektionskriterien, die einen<br />
größtmöglichen Vorteil durch die Operation<br />
versprechen, genau definiert sind.<br />
Die folgenden Kriterien sollen dazu dienen,<br />
Tab.: Osteoklastische Entlastungskraniektomien bei malignem Mediainfarkt<br />
Einfluss auf Outcome<br />
Patientenzahl 32<br />
Geschlecht (m : f) 18 : 14 –<br />
Alter (median, Range) 48,5a (26a–68a) +<br />
Infarktareal MCA 24 (75 %) –<br />
MCA + ACA 8 (25 %)<br />
Lateralität rechtshemisphärisch 21 (65,6 %) –<br />
linkshemisphärisch 11 (34,4 %)<br />
Mydriasis vor Kraniektomie 13 (40,6 %) +<br />
Mittellinienverlagerung < 10 mm 3 –<br />
10–20 mm 14<br />
> 20 mm 8<br />
Intervall Infarkt – < 24 h 10 –<br />
Kraniektomie < 48 h 10<br />
< 72 h 5<br />
< 96 h 5<br />
< 120 h 2<br />
Die Tabelle zeigt die Ergebnisse osteoklastischer Entlastungskraniektomien bei malignem<br />
Mediainfarkt eines an der Univ.-Klinik <strong>für</strong> Neurochirurgie der Medizinischen Universität Wien<br />
im Zeitraum von 1995 bis 2008 behandelten Patientinnenkollektivs. Die Einschlusskriterien<br />
wurden über den Behandlungszeitraum adaptiert und decken sich nun mit den rezent<br />
publizierten Kriterien.<br />
Nur das Patientenalter und die Schwere der präoperativ vorliegenden Hirnstammkompression<br />
hatten Einfluss auf das neurologische Ergebnis, nicht jedoch das Ausmaß der Mittellinienverlagerung<br />
im CCT, die Mitbeteiligung des A.-cerebri-anterior-Stromgebietes oder die Lateralität<br />
des Infarktes.<br />
Vor dem Hintergrund der Schwere der behandelten Fälle (40,6 % Mydriasis ipsilateral präoperativ,<br />
> 90 % Mittellinienverlagerung > 10 mm präoperativ) ist das neurologische Outcome<br />
(15/32 Patienten bzw. 46,8 % des Kollektives in mRS2 (modifizierte Rankin-Skala Grad 2:<br />
leichte Behinderung) und mRS3 (modifizierte Rankin-Skala Grad 3: moderate Behinderung),<br />
Managementmortalität 3/32 Patienten bzw. 9,4 % des Kollektives) als günstig zu bewerten.<br />
ein einheitliches und kontrolliertes Vorgehen<br />
zu gewährleisten und eine möglichst erfolgreiche<br />
Durchführung der Operation wahrscheinlich<br />
zu machen.<br />
Einschlusskriterien<br />
1. Alter 18–50 Jahre. Einzelfall auch 51 bis<br />
60 Jahre. Bei Kindern (< 18 J.) wird die<br />
Indikation wenn möglich immer gestellt.<br />
Bei PatientInnen über 60 Jahre<br />
verspricht die Operation wenig Erfolg.<br />
2. Klinische Zeichen eines unilateralen<br />
Mediainfarktes.<br />
3. Hypodensität in der CCT oder Ausmaß<br />
der MRT-Diffusionsstörung mindestens<br />
über 50 % des Versorgungsgebietes der<br />
A. cerebri media. Die Notwendigkeit<br />
einer MRT <strong>für</strong> die OP-Entscheidung<br />
hängt von der lokalen Verfügbarkeit des<br />
MR-Gerätes ab.<br />
4. Der optimale Zeitrahmen der Intervention<br />
liegt zwischen 12 und 48 Stunden<br />
nach dem akuten Schlaganfall. Bei<br />
späteren Dekompressionen sinken<br />
wahrscheinlich die Erfolgschancen.<br />
Ausschlusskriterien<br />
1. Modifizierte Rankin-Skala � 2 oder<br />
Barthel-Index < 95 vor dem akuten<br />
Schlaganfall.<br />
2. Gleichzeitige oder zeitnahe andere<br />
Hirnschädigung – z. B. durch Trauma –<br />
zusätzlich zur Schädigung durch den<br />
Infarkt.<br />
3. Beidseitige weite, nicht reagible<br />
Pupillen.<br />
4. Glasgow-Koma-Skala � 8. Dieser Punkt<br />
ist kontrovers, wobei der Einschluss von<br />
komatösen PatientInnen den Erfolg der<br />
Operation wahrscheinlich senkt.<br />
5. Infarzierung einer gesamten Hirnhälfte.
6. Sekundäre raumfordernde Einblutung in<br />
das ischämische Infarktgebiet.<br />
7. Bekannte systemische Blutungskomplikation<br />
oder Gerinnungsstörung.<br />
8. Eine voraussichtliche Gesamtlebenserwartung<br />
von weniger als 3 Jahren.<br />
9. Andere schwere Erkrankung, die<br />
aufgrund der Gesamtprognose eine<br />
Behandlung als nicht sinnvoll<br />
erscheinen lässt.<br />
10. Thrombolyse innerhalb von 12 Stunden<br />
vor der Operation.<br />
11. Andere Kontraindikationen <strong>für</strong> eine<br />
operative Behandlung.<br />
Zusammengestellt im Namen<br />
des Beirats „Neurochirurgie“:<br />
Abb. 1: Totaler Mediainfarkt rechts mit beginnender<br />
Raumforderung und Mittellinienverlagerung.<br />
Univ.-Prof. Dr.<br />
Alain Barth<br />
Universitätsklinik <strong>für</strong><br />
Neurochirurgie,<br />
Graz<br />
Begleitende Therapie<br />
(vor eventueller Operation)<br />
Osmotherapie: Eine Osmotherapie wird bei<br />
Bewusstseineintrübung und wahrscheinlicher<br />
Raumforderung des Infarktes begonnen (z. B.:<br />
Mannitol 15%-ig 100 ml, 4-mal pro Tag oder<br />
Glycerosteril), wobei eine Serumosmolarität<br />
zwischen 315 und 320 ml Osmol angestrebt<br />
werden soll.<br />
Blutdruck: Zielwert wie üblich bei hypertensiven<br />
Patienten 180/100–105 mmHg und bei<br />
vormals normotensiven Patienten 160 bis<br />
Univ.-Prof. Dr. Univ.-Prof. Dr.<br />
Andreas Gruber Engelbert Knosp<br />
Universitätsklinik <strong>für</strong> Neurochirurgie,<br />
Wien<br />
Abb. 2: Status nach dekompressiver Hemikraniektomie<br />
und Duraerweiterungsplastik.<br />
Die gesamte ödematöse rechte Hemisphäre ist entlastet.<br />
180/90 mmHg <strong>für</strong> 3 Tage. Eine Senkung des<br />
Blutdrucks erfolgt ab 200 bis 220/110 bis<br />
120 mmHg.<br />
Intensivüberwachung: Solange Beatmungspflichtigkeit<br />
besteht, werden die Patienten<br />
an der Intensivstation behandelt, danach an<br />
der Intermediate Care Unit/Stroke Unit.<br />
1 Vahedi K. et al., 2007; „Early decompressive surgery<br />
in malignant infarction of the middle cerebral artery:<br />
A pooled analysis of three randomised controlled trials.“<br />
Lancet Neurology 6:215-22.<br />
Weitere Literatur bei den Verfassern<br />
75
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Palliativmedizin<br />
Palliative Care bei Patienten mit Gehirntumoren<br />
Das Management der von Gehirntumoren verursachten Symptome und der Nebenwirkungen der Therapie stellen<br />
<strong>für</strong> alle, die an der Behandlung mitarbeiten, eine Herausforderung dar. Die Kommunikation ist in vielen Fällen<br />
schwierig. Damit aber PatientInnen über Behandlungsoptionen entscheiden können, müssen ihnen die<br />
entsprechenden Informationen – empathisch – kommuniziert werden.<br />
Die Weltgesundheitsorganisation beschreibt<br />
Palliative Care als ein „Unterstützungssystem,<br />
das die PatientInnen durch Eingehen auf ihre<br />
individuellen Bedürfnisse in die Lage versetzen<br />
soll, die Beeinträchtigungen durch die<br />
Krankheit zu bewältigen und bis zum Tod<br />
ein aktives Leben zu führen.“<br />
Ziele von Palliative Care sind insbesondere<br />
die Erhaltung und Verbesserung der Lebensqualität,<br />
die Kontrolle belastender Symptome<br />
sowie die Ermöglichung eines würdigen<br />
Todes.<br />
Ein wesentlicher Aspekt dieses Prozesses ist<br />
die Einbeziehung der PatientInnen und ihrer<br />
Familien in die Therapieentscheidungen, was<br />
eine entsprechende Information, Aufklärung<br />
und Unterstützung voraussetzt.<br />
Primäre Gehirntumoren sind das achthäufigste<br />
Karzinom bei PatentInnen im arbeitsfähigen<br />
Alter und stehen an 5. Stelle<br />
bei den Todesursachen bei unter 65-Jährigen.<br />
Die Inzidenzrate liegt bei 8/100.000.<br />
Gliome sind mit 90 % die häufigsten primären<br />
Gehirntumoren. Zumeist handelt es<br />
sich um hochgradige Gliome, die mit einer<br />
ungünstigen Prognose verbunden sind,<br />
auch wenn der/die PatientIn auf die Therapie<br />
anspricht. Zusätzlich zu den primären<br />
Gehirntumoren entwickeln 20–40 % der<br />
PatientInnen mit anderen Karzinomen Gehirnmetastasen.<br />
Die Diagnose eines Gehirntumors hat erhebliche<br />
Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen.<br />
Zu den Symptomen zählen Beeinträchtigungen<br />
der Kommunikationsfähigkeit,<br />
der Kognition, physische Behinderungen, visuelle<br />
Defizite, Veränderungen der Sensorik,<br />
Persönlichkeitsveränderungen, Gedächtniseinbußen,<br />
eingeschränkte Zurechnungsfähig-<br />
76<br />
keit und veränderte Körperwahrnehmung.<br />
Da die Behandlung von Gehirntumoren oft<br />
palliativ ist, ist es besonders wichtig, dass die<br />
PatientInnen über Ablauf und Folgen informiert<br />
sind. Die Risiko-Benefit-Ratio der Therapie<br />
muss sorgfältig abgewogen werden. Zu<br />
den belastenden Nebenwirkungen der Behandlung<br />
zählen Alopezie, Hautreaktionen,<br />
Otitis, Fatigue; Somnolenz, Nausea und Erbrechen.<br />
Die PatientInnen fühlen sich verletzlich<br />
und leiden unter einem niedrigen Selbstwertgefühl<br />
und dem Entgleiten der Kontrolle.<br />
Zudem stellen viele der Behandlungen –<br />
wie z. B. eine 6-wöchige Strahlentherapie<br />
mit täglichen Spitalsterminen – einschneidende<br />
Eingriffe in den Alltag der PatientInnen<br />
dar.<br />
Erhöhter intrakranialer Druck: Bei PatientInnen<br />
mit hochgradigen Gliomen kommt es<br />
oft zu einem erhöhten intrakranialen Druck.<br />
Zur Reduktion der zerebralen Ödeme werden<br />
häufig Kortikosteroide eingesetzt. Daten<br />
aus klinischen Studien zu Kortikosteroiden<br />
liegen in dieser Indikation nicht vor, sodass<br />
der Einsatz auf klinischer Erfahrung und Expertenmeinung<br />
basiert. Da die Behandlung<br />
mit Kortikosteroiden mit zahlreichen Nebenwirkungen<br />
einhergeht, sollte die Symptomkontrolle<br />
mit einer möglichst niedrigen Dosis<br />
versucht werden. Zu den Nebenwirkungen<br />
zählen: gastrointestinale Beschwerden, Hyperglykämie,<br />
proximale Myopathie, Elektrolytverschiebungen,<br />
verringerte Immunabwehr,<br />
Insomnie, Flüssigkeitsretention, Hypertonie,<br />
Irritabilität und psychotische Zustände.<br />
Zudem kann sich die Körperwahrnehmung<br />
verändern, was nicht nur <strong>für</strong> PatientInnen,<br />
sondern auch <strong>für</strong> Angehörige sehr belastend<br />
ist.<br />
Epileptische Anfälle: Epileptische Anfälle<br />
sind mit einer Inzidenz von 35–70 % – abhängig<br />
von der Art und Lokalisation des Tumors<br />
– ein verbreitetes Symptom bei Gehirntumoren.<br />
Am häufigsten sind partielle und<br />
sekundär generalisierte Anfälle. Rezidivierende<br />
Anfälle wirken sich negativ auf die Lebensqualität<br />
aus und führen zu sozialer Isolation,<br />
Verlust an Selbstständigkeit und zu<br />
Fahrbeeinträchtigungen.<br />
Die Behandlung der Anfälle ist mitunter<br />
schwierig. So kann eine Therapie mit Antiepileptika<br />
(AE) zu einer Verschlechterung der<br />
kognitiven Beeinträchtigungen beitragen.<br />
Zudem ist wegen möglicher Interaktionen mit<br />
chemotherapeutischen Substanzen und<br />
wegen reduzierter Wirksamkeit der Kortikosteroide<br />
die Wahl des AE von besonderer Bedeutung.<br />
Da PatientInnen mit hochgradigen<br />
Gliomen ein erhöhtes Risiko <strong>für</strong> venöse<br />
Thromboembolien aufweisen, sollte ein AE<br />
gewählt werden, das keine Wechselwirkungen<br />
mit Antikoagulantien aufweist. Außerdem<br />
können AE zu einer Gewichtszunahme<br />
führen. Aufgrund der vorliegenden Literatur<br />
ist ein prophylaktischer Einsatz von AE nicht<br />
erforderlich, obwohl dies gängige Praxis ist.<br />
Zu berücksichtigen sind auch Schluckstörungen<br />
in der terminalen Phase der Erkrankung.<br />
Lakasing 1 empfiehlt den Einsatz von rektalen<br />
und subkutanen Formulierungen.<br />
Venöse Thromboembolien: Das erhöhte Risiko<br />
von PatientInnen mit hochgradigen Gliomen,<br />
venöse Thromboembolien zu entwikkeln,<br />
wird mit angiogenetischen Faktoren in<br />
Zusammenhang gebracht.<br />
Junck 2 be<strong>für</strong>wortet eine sorgfältige klinische<br />
Überwachung. Von Klinikern wird auch eine<br />
Prophylaxe mit niedrigmolekularem Heparin
empfohlen. Aufgrund der niedrigen Inzidenz<br />
von intratumoralen Blutungen dürfte eine<br />
Antikoagulation mit keinem Risiko verbunden<br />
sein. Subkutanes Heparinoid und orale<br />
Antikoagulanzien sind die Therapie der Wahl<br />
<strong>für</strong> den Langzeitgebrauch. Bei PatientInnen<br />
mit einem pulmonalen Embolus und einer<br />
nicht symptomatischen tiefen Venenthrombose<br />
kann ein Vena-cava-Filter wirksam sein.<br />
Depression: Die emotionale Belastung einer<br />
Gehirntumordiagnose kann bei PatientInnen<br />
zu Depressionen führen. Die Unterscheidung<br />
von Trauerreaktionen und Depression ist mitunter<br />
schwierig. Zudem erschweren kognitive<br />
und Verhaltensänderungen, die auf den<br />
Tumor zurückzuführen sind, die Diagnosestellung.<br />
Depressionen tragen aber nicht nur<br />
zur emotionalen Belastung und zur Verringerung<br />
die Lebensqualität bei, sondern können<br />
die Überlebenszeit verkürzen. Nach Raison<br />
and Miller 3 besteht ein Benefit bei einer<br />
antidepressiven Therapie. Diskutiert wird aber<br />
auch die Hypothese, dass – aufgrund des Effekts<br />
der Strahlentherapie auf die Neurogenese<br />
– SSRI nach einer Strahlentherapie möglicherweise<br />
nicht wirksam sind.<br />
Künstliche Rehydratation: Oft zeigen sich<br />
Angehörige über die Schluckstörungen in der<br />
terminalen Phase besorgt. Wichtig ist daher,<br />
ausführlich zu erklären, dass die PatientInnen<br />
nicht darunter leiden. Nach Ansicht von<br />
Bavin 4 stellt Durst am Lebensende aufgrund<br />
des proportionalen Verlustes von Natrium<br />
und Flüssigkeit kein Problem dar. Der Nutzen<br />
einer künstlichen Rehydratation ist anekdotisch.<br />
Eine künstliche Rehydratation<br />
kann z. B. Magen- und Lungensekretionen<br />
verursachen, die zu Nausea, Erbrechen und<br />
Verstopfung führen. Zudem kommt es möglicherweise<br />
zu einer Zunahme peritumoraler,<br />
zerebraler und peripherer Ödeme. Andererseits<br />
können sich Aufmerksamkeit und Wohlbefinden<br />
verbessern und dadurch PatientInnen<br />
und Angehörige psychologischen Auftrieb<br />
und Hoffnung erhalten.<br />
Quality Care: Über den gesamten Krankheitsverlauf<br />
ist beim Management der Symptome<br />
und Nebenwirkungen ein multidisziplinärer<br />
Ansatz notwendig. Wesentlich ist<br />
eine gute Kommunikation zwischen dem Gesundheitspersonal<br />
in Spitälern, Hospizen und<br />
Gemeindeeinrichtungen. Oft kommt es außerhalb<br />
der spezialisierten Zentren und palliativen<br />
Einrichtungen wegen mangelnder Erfahrung<br />
mit dieser PatientInnengruppe zu<br />
Problemen bei der Versorgungsplanung. Die<br />
schlechte Prognose der PatientInnen erfordert<br />
jedoch eine lückenlose Betreuung. Es<br />
empfiehlt sich, eine Ansprech- bzw. Kontaktperson<br />
– häufig ein/e spezialisierte/r KrankenpflegerIn<br />
– <strong>für</strong> die PatientInnen, Angehörigen<br />
und die anderen Betreuungspersonen<br />
festzulegen, damit ein Vertrauensverhältnis<br />
mit den PatientInnen und Angehörigen aufgebaut<br />
werden kann. Dies kann auch zu einer<br />
effizienteren Versorgung beitragen.<br />
Informationsangebot: Die NICE-Empfehlungen<br />
5 (National Institute for Health and Clinical<br />
Excellence) betonen, dass klare und präzise<br />
Informationen unerlässlich sind, damit<br />
der/die PatientIn informierte Entscheidungen<br />
über Behandlung und Betreuung treffen<br />
kann. Diese Informationen unterstützen<br />
den/die PatientIn bei einer besseren Kontrolle<br />
der Situation, was sich wieder psychologisch<br />
positiv auswirkt. Eine schlechte Kommunikation<br />
kann ein zusätzlicher Stressfaktor<br />
sein. Allerdings können Dysphasie,<br />
kognitive Einschränkungen und verminderte<br />
Einsicht die Kommunikation und Informationsweitergabe<br />
behindern.<br />
Shanne McNamara<br />
Specialist Nurse Neuro-Oncology,<br />
Edinburgh Centre for Neuro-Oncology, Edinburgh<br />
„It is not always appropriate to ,chase a<br />
cure‘ but to move towards a dignified and<br />
pain free death in a place of choice.“<br />
Woodward 2005<br />
Psychologische Betreuung: Zu den emotionalen<br />
und spirituellen Folgen der Erkrankung<br />
zählen Angst, Wut, Trauer; Einsamkeit<br />
und Schuld. Wie PatientInnen und Angehörige<br />
eine schwerwiegende Diagnose aufnehmen,<br />
ist unvorhersehbar und komplex. PatientInnen<br />
und ihre Familien haben immer<br />
wieder das Bedürfnis, Hoffnung und Sinn zu<br />
finden. Eugene O’Kelly 6 schildert eloquent<br />
seine Reaktion auf die Diagnose Glioblastom.<br />
„Meine Tage ganz oben, energisch und produktiv,<br />
sind vorbei – einfach so“, beschreibt<br />
er die Auswirkungen auf sein Arbeitsleben<br />
und setzt fort mit seinen Gefühlen zur terminalen<br />
Phase seiner Erkrankung. Er habe<br />
keine Wahl als „es zu akzeptieren“ und realisiert,<br />
dass, „wenn man die eigene Angst<br />
bezwingt, bezwingt man auch den eigenen<br />
Tod“.<br />
Der Vortrag von Shanne McNamara fand<br />
während der ÖGN-Jahrestagung 2007,<br />
auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft<br />
Neuropalliation, statt.<br />
Literatur:<br />
1 Lakasing E., Palliative care in primary care. Geriatric<br />
Medicine 2007;37:20-25<br />
2 Junck L., Supportive management in neuro-oncology:<br />
opportunities for patient care, teaching and research.<br />
Current Opinion in Neurology 2004; 17: 649-653<br />
3 Raison C. L. and Miller A. H., Depression in Cancer: New<br />
Developments Regarding Diagnosis and Treatment. Biological<br />
Psychiatry 2003;54: 283-294<br />
4 Bavin L., Artificial rehydration in the last days of life: is it<br />
beneficial? International Journal of Palliative Nursing<br />
2007;13: 445-449<br />
5 National Institute for Health and Clinical Excellence<br />
(2006); Healthcare services for people with brain and<br />
other central nervous system tumours.<br />
6 O’Kelly E. and O’Kelly C., Chasing Daylight: How My<br />
forthcoming death transformed my life. McGraw-Hill<br />
Co. Inc.2006<br />
Weitere Literatur bei der Verfasserin<br />
77
Service –Veranstaltungstermine<br />
Drei-Länder-Kongress „Mitochondriale Medizin“<br />
<strong>Neurologie</strong> & Pädiatrie<br />
10.–12. Juli<br />
Naturwissenschaftliche Fakultät der Universität Salzburg,<br />
Hellbrunner Straße 34, 5020 Salzburg<br />
Information: Universitätsklinik <strong>für</strong> Kinder- und<br />
Jugendheilkunde, Univ.-Doz. Dr. Barbara Kofler,<br />
Müllner Hauptstraße 48, 5020 Salzburg<br />
E-Mail: b.kofler@salk.at<br />
Webinfo: www.salk.at/mitomed<br />
NeuSIG Satellite to the Glasgow 2008<br />
World Congress on Pain<br />
13.–15. August<br />
Royal Society of Medicine, London, UK<br />
Webinfo: www.kenes.com/neuropathic2008<br />
12 th World Congress of Pain<br />
17.–22. August<br />
Glasgow, Schottland<br />
Webinfo: www.iasp-pain.org<br />
12 th Congress of the European Federation<br />
of Neurological Societies<br />
23.–26. August<br />
Madrid, Spanien<br />
E-Mail: headoffice@efns.org<br />
Webinfo: www.efns.org/efns2008<br />
81. Kongress der Deutschen <strong>Gesellschaft</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> mit Fortbildungsakademie<br />
10.–13. September<br />
CCH-Congress Center, Hamburg, Deutschland<br />
Information: AKM Congress Service GmbH,<br />
Hauptstraße 18, 79576 Weil am Rhein<br />
Tel.: +49 (0)76 21/98 33-0<br />
E-Mail: info@akmcongress.com<br />
Webinfo: www.dgn2008.de<br />
Symposium and Workshop<br />
„Neuroimaging of developmental disorders“<br />
12.–16. September<br />
Dubrovnik, Kroatien<br />
Information: Depol komunikacije, Petrova 45, 10000 Zagreb,<br />
Maja Orsag<br />
Tel.: +385 (0)1/244 43 33<br />
Fax: +385 (0)1/243 14 78<br />
E-Mail: maja@depol.org<br />
Webinfo: www.depol.org<br />
Psychotherapiewoche 2008<br />
13.–19. September<br />
Bad Hofgastein<br />
Information: Dr. Siegfried Odehnal, Schelleingasse 8,<br />
1040 Wien<br />
Tel.: +43 (0)1/505 44 54<br />
Fax: +43 (0)1/505 44 54 14<br />
E-Mail: psy-med@chello.at<br />
Webinfo: www.psy-med.info<br />
86<br />
24. Ernst Klenk Symposium in Molecular Medicine;<br />
Protein Aggregation an Brain Disease<br />
14.–16. September<br />
MTI-Hörsaalgebäude, EG Raum 8a<br />
Joseph-Stelzmann-Straße 52, 50931 Köln, Deutschland<br />
Information: Dr. Debora Grosskopf-Kroiher,<br />
Joseph-Stelzmann-Str. 52, 50931 Köln<br />
Tel.: +49 (0)221/478 69 82<br />
E-Mail: klenk-symposium@uni-koeln.de<br />
Webinfo: www.zmmk.uni-koeln.de<br />
6. Neurophysiologisches und neuromuskuläres<br />
Symposium<br />
19.–20. September<br />
Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Medizinische Universität Graz,<br />
Auenbruggerplatz 22, 8036 Graz<br />
Information: Univ.-Prof. Dr. Stefan Quasthoff,<br />
Univ.-Klinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong> Graz<br />
E-Mail: stefan.quasthoff@meduni-graz.at<br />
8 th European Congress on Epileptology<br />
21.–25. September<br />
Berlin Internationales Congress Centrum, Messedamm 22,<br />
14055 Berlin, Deutschland<br />
Information: ILAE Congress Secretariat, 7 Priory Hall,<br />
Stillorgan, Dublin 18, Irland<br />
Tel.: +353 (0)1/20 56 720<br />
Fax: +353 (0)1/20 56 156<br />
E-Mail: berlin@epilepsycongress.org<br />
Webinfo: www.epilepsyberlin2008.org<br />
6 th World Stroke Congress<br />
24.–27. September<br />
Wien, Österreich, Reed Messe Wien<br />
Messeplatz 1, 1021 Wien<br />
Information: Univ.-Prof. Dr. Michael Brainin,<br />
Kenes International, 17 Rue du Cendrier, PO Box 1726,<br />
1211 Geneva, Schweiz<br />
Tel.: +41 (0)22/908 04 88<br />
Fax: +41 (0)22/732 28 50<br />
E-Mail: reg_stroke08@kenes.com<br />
Webinfo: www.kenes.com/stroke2008<br />
2. Kongress der Transkulturellen Psychiatrie<br />
im deutschsprachigen Raum<br />
26.–28. September<br />
Universitätsklinik <strong>für</strong> Psychiatrie und Psychotherapie Wien,<br />
Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien<br />
Information: Ass.-Prof. Dr. Alexander Friedmann,<br />
Dr. med. univ. Solmaz Golsabahi<br />
E-Mail: alexander.friedmann@meduniwien.ac.at;<br />
solmaz.golsabahi@marienhospital-hamm.de<br />
18. Tagung der Deutschen <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Geschichte<br />
der Nervenheilkunde (DGGN) in Kooperation mit<br />
dem Institut <strong>für</strong> Geschichte der Medizin<br />
1.–3. Oktober<br />
Wien<br />
Information: Dr. med. Helmut Gröger<br />
Insitut <strong>für</strong> Geschichte der Medizin, Währinger Straße 25,<br />
1090 Wien<br />
E-Mail: helmut.groeger@meduniwien.ac.at
16. Jahrestagung der <strong>Österreichische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong><br />
<strong>für</strong> NeuroRadiologie und 5. Grazer Kurs <strong>für</strong><br />
Interventionelle Neuroradiologie<br />
2.–4. Oktober<br />
Graz<br />
Information: Ines Kurka<br />
Tel.: +43 (0)316/385 22 20<br />
E-Mail: ines.kurka@klinikum-graz.at<br />
Neuroimaging-Akademie<br />
3.–4. Oktober<br />
Wien<br />
Information: ÖGN-Sekretariat<br />
Primarärzteforum<br />
10. Oktober<br />
Kaiser-Franz-Josef-Spital, Mehrzwecksaal<br />
Information: ÖGN-Sekretariat<br />
6 th International Congress on Mental Dysfunctions &<br />
Other Non-Motor Features in Parkinson’s disease and<br />
Related Disorders<br />
16.–19. Oktober<br />
Dresden, Deutschland<br />
E-Mail: pdment2008@kenes.com<br />
Webinfo: www.kenes.com/pdment2008<br />
ÖGN MS-Akademie<br />
17.–18. Oktober<br />
Mondsee, Salzburg<br />
Information: ÖGN-Sekretariat<br />
Jahrestagung der <strong>Österreichische</strong>n Wachkoma<br />
<strong>Gesellschaft</strong><br />
17. Oktober<br />
Geriatriezentrum am Wienerwald, Festsaal,<br />
Jagdschlossgasse 59, 1130 Wien<br />
E-Mail: info@wachkoma.at<br />
Webinfo: www.wachkoma.at<br />
2 nd World Congress on Controversies<br />
in Neurology (CONy)<br />
23.–26. Oktober<br />
Hilton Hotel, Athen, Griechenland<br />
Information: 53 Rothschild Boulevard, PO Box 68,<br />
61000 Tel Aviv, Israel<br />
Tel.: +972 (0)3/56 66 166<br />
Fax: +972 (0)3/56 66 177<br />
E-Mail: Info@comtecmed.com<br />
Webinfo: www.comtecmed.com/cony/2008<br />
5. Südtiroler Neurophysiologisches Wochenende<br />
24.–26. Oktober<br />
Rathaus der Gemeinde Sand in Taufers/Campo Tures,<br />
Hotel Drumlerhof, Rathausstraße 6,<br />
39032 Sand in Taufers/Campo Tures, Italien<br />
Information: Neurophysiologische Fortbildungs-Akademie<br />
GmbH, Hermann-Pünder-Str. 21, 81739 München<br />
E-Mail: kurs@neuro-akademie.de<br />
Akademie Neuromuskuläre Erkrankungen<br />
31. Oktober 2008<br />
Kaiser-Franz-Josef-Spital, Mehrzwecksaal<br />
Information: ÖGN-Sekretariat<br />
ÖGN-Sekretariat: Tanja Weinhart<br />
Garnisongasse 7/22, 1090 Wien<br />
Tel.: +43 (0)1/512 80 91-19<br />
E-Mail: weinhart@admicos.com<br />
ÖGN-Facharztausbildungsseminar WS 2008<br />
6.–8. November<br />
Univ.-Klinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Anichstraße 35, 6020 Innsbruck<br />
Information: ÖGN-Sekretariat<br />
3. CEOPS Schmerzkongress mit dem Thema<br />
„Rückenschmerzen neu verstehen – Aktiv ab 40“<br />
8. November<br />
Orthopädisches Spital Speising, PAV I, Festsaal,<br />
Speisinger Straße 109, 1130 Wien<br />
Information: Frau Mag. (FH) Katharina Gernesch-Hadhri<br />
Tel.: +43 (0)1/801 82-269<br />
Fax: +43 (0)1/801 82-290<br />
E-Mail: katharina.gernesch@oss.at<br />
Webinfo: www.ceops.at<br />
Jahrestagung der <strong>Österreichische</strong>n<br />
Parkinsongesellschaft<br />
13.–15. November<br />
Hotel Courtyard by Marriott, 4020 Linz<br />
Information: Univ.-Doz. Dr. Gerhard Ransmayr<br />
Tel.: +43 (0)732/7806-6811<br />
E-Mail: gerhard.ransmayr@akh.linz.at<br />
Klinische Liquordiagnostik – Aufbaukurs<br />
14. November<br />
Hörsaal der Univ.-Klinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, Auenbruggerplatz 22,<br />
8036 Graz<br />
Information: Univ.-Prof. Dr. Juan Archelos, Labor <strong>für</strong><br />
Liquordiagnostik, Universitätsklinik <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>, 8036 Graz<br />
Tel.: +43 (0)316/385-84871<br />
Fax: +43 (0)316/385-2342<br />
E-Mail: juan.archelos@meduni-graz.at<br />
NEUROREHABILITATION 2008<br />
Jahrestagung – Eine Kooperation von ÖGNR,<br />
DGNR & SGNR – sowie ÖGN-ÖGNR Curriculum<br />
Neurorehabilitation, Modul 2 und 3<br />
4.–6. Dezember<br />
Parkhotel Schönbrunn, Wien<br />
Information: Christian Linzbauer,<br />
Wiener Medizinische Akademie, Alser Straße 4, 1090 Wien<br />
Tel.: +43 (0)1/405 13 83-17<br />
E-Mail: oegnr2008@medacad.org<br />
Webinfo: www.neuroreha.at/Kalender.html<br />
ÖGN-Plattform Niedergelassene Neurologen<br />
5.–6. Dezember<br />
Renaissance Hotel Salzburg, Fanny-von-Lehnert-Straße 7,<br />
5020 Salzburg<br />
Information: ÖGN-Sekretariat<br />
ÖGN MS-Usermeeting<br />
5. Dezember<br />
Renaissance Hotel Salzburg, Fanny-von-Lehnert-Straße 7,<br />
5020 Salzburg<br />
Information: ÖGN-Sekretariat<br />
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