Demenzerkrankungen - Österreichische Gesellschaft für Neurologie
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NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Palliativmedizin<br />
Palliative Care bei Patienten mit Gehirntumoren<br />
Das Management der von Gehirntumoren verursachten Symptome und der Nebenwirkungen der Therapie stellen<br />
<strong>für</strong> alle, die an der Behandlung mitarbeiten, eine Herausforderung dar. Die Kommunikation ist in vielen Fällen<br />
schwierig. Damit aber PatientInnen über Behandlungsoptionen entscheiden können, müssen ihnen die<br />
entsprechenden Informationen – empathisch – kommuniziert werden.<br />
Die Weltgesundheitsorganisation beschreibt<br />
Palliative Care als ein „Unterstützungssystem,<br />
das die PatientInnen durch Eingehen auf ihre<br />
individuellen Bedürfnisse in die Lage versetzen<br />
soll, die Beeinträchtigungen durch die<br />
Krankheit zu bewältigen und bis zum Tod<br />
ein aktives Leben zu führen.“<br />
Ziele von Palliative Care sind insbesondere<br />
die Erhaltung und Verbesserung der Lebensqualität,<br />
die Kontrolle belastender Symptome<br />
sowie die Ermöglichung eines würdigen<br />
Todes.<br />
Ein wesentlicher Aspekt dieses Prozesses ist<br />
die Einbeziehung der PatientInnen und ihrer<br />
Familien in die Therapieentscheidungen, was<br />
eine entsprechende Information, Aufklärung<br />
und Unterstützung voraussetzt.<br />
Primäre Gehirntumoren sind das achthäufigste<br />
Karzinom bei PatentInnen im arbeitsfähigen<br />
Alter und stehen an 5. Stelle<br />
bei den Todesursachen bei unter 65-Jährigen.<br />
Die Inzidenzrate liegt bei 8/100.000.<br />
Gliome sind mit 90 % die häufigsten primären<br />
Gehirntumoren. Zumeist handelt es<br />
sich um hochgradige Gliome, die mit einer<br />
ungünstigen Prognose verbunden sind,<br />
auch wenn der/die PatientIn auf die Therapie<br />
anspricht. Zusätzlich zu den primären<br />
Gehirntumoren entwickeln 20–40 % der<br />
PatientInnen mit anderen Karzinomen Gehirnmetastasen.<br />
Die Diagnose eines Gehirntumors hat erhebliche<br />
Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen.<br />
Zu den Symptomen zählen Beeinträchtigungen<br />
der Kommunikationsfähigkeit,<br />
der Kognition, physische Behinderungen, visuelle<br />
Defizite, Veränderungen der Sensorik,<br />
Persönlichkeitsveränderungen, Gedächtniseinbußen,<br />
eingeschränkte Zurechnungsfähig-<br />
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keit und veränderte Körperwahrnehmung.<br />
Da die Behandlung von Gehirntumoren oft<br />
palliativ ist, ist es besonders wichtig, dass die<br />
PatientInnen über Ablauf und Folgen informiert<br />
sind. Die Risiko-Benefit-Ratio der Therapie<br />
muss sorgfältig abgewogen werden. Zu<br />
den belastenden Nebenwirkungen der Behandlung<br />
zählen Alopezie, Hautreaktionen,<br />
Otitis, Fatigue; Somnolenz, Nausea und Erbrechen.<br />
Die PatientInnen fühlen sich verletzlich<br />
und leiden unter einem niedrigen Selbstwertgefühl<br />
und dem Entgleiten der Kontrolle.<br />
Zudem stellen viele der Behandlungen –<br />
wie z. B. eine 6-wöchige Strahlentherapie<br />
mit täglichen Spitalsterminen – einschneidende<br />
Eingriffe in den Alltag der PatientInnen<br />
dar.<br />
Erhöhter intrakranialer Druck: Bei PatientInnen<br />
mit hochgradigen Gliomen kommt es<br />
oft zu einem erhöhten intrakranialen Druck.<br />
Zur Reduktion der zerebralen Ödeme werden<br />
häufig Kortikosteroide eingesetzt. Daten<br />
aus klinischen Studien zu Kortikosteroiden<br />
liegen in dieser Indikation nicht vor, sodass<br />
der Einsatz auf klinischer Erfahrung und Expertenmeinung<br />
basiert. Da die Behandlung<br />
mit Kortikosteroiden mit zahlreichen Nebenwirkungen<br />
einhergeht, sollte die Symptomkontrolle<br />
mit einer möglichst niedrigen Dosis<br />
versucht werden. Zu den Nebenwirkungen<br />
zählen: gastrointestinale Beschwerden, Hyperglykämie,<br />
proximale Myopathie, Elektrolytverschiebungen,<br />
verringerte Immunabwehr,<br />
Insomnie, Flüssigkeitsretention, Hypertonie,<br />
Irritabilität und psychotische Zustände.<br />
Zudem kann sich die Körperwahrnehmung<br />
verändern, was nicht nur <strong>für</strong> PatientInnen,<br />
sondern auch <strong>für</strong> Angehörige sehr belastend<br />
ist.<br />
Epileptische Anfälle: Epileptische Anfälle<br />
sind mit einer Inzidenz von 35–70 % – abhängig<br />
von der Art und Lokalisation des Tumors<br />
– ein verbreitetes Symptom bei Gehirntumoren.<br />
Am häufigsten sind partielle und<br />
sekundär generalisierte Anfälle. Rezidivierende<br />
Anfälle wirken sich negativ auf die Lebensqualität<br />
aus und führen zu sozialer Isolation,<br />
Verlust an Selbstständigkeit und zu<br />
Fahrbeeinträchtigungen.<br />
Die Behandlung der Anfälle ist mitunter<br />
schwierig. So kann eine Therapie mit Antiepileptika<br />
(AE) zu einer Verschlechterung der<br />
kognitiven Beeinträchtigungen beitragen.<br />
Zudem ist wegen möglicher Interaktionen mit<br />
chemotherapeutischen Substanzen und<br />
wegen reduzierter Wirksamkeit der Kortikosteroide<br />
die Wahl des AE von besonderer Bedeutung.<br />
Da PatientInnen mit hochgradigen<br />
Gliomen ein erhöhtes Risiko <strong>für</strong> venöse<br />
Thromboembolien aufweisen, sollte ein AE<br />
gewählt werden, das keine Wechselwirkungen<br />
mit Antikoagulantien aufweist. Außerdem<br />
können AE zu einer Gewichtszunahme<br />
führen. Aufgrund der vorliegenden Literatur<br />
ist ein prophylaktischer Einsatz von AE nicht<br />
erforderlich, obwohl dies gängige Praxis ist.<br />
Zu berücksichtigen sind auch Schluckstörungen<br />
in der terminalen Phase der Erkrankung.<br />
Lakasing 1 empfiehlt den Einsatz von rektalen<br />
und subkutanen Formulierungen.<br />
Venöse Thromboembolien: Das erhöhte Risiko<br />
von PatientInnen mit hochgradigen Gliomen,<br />
venöse Thromboembolien zu entwikkeln,<br />
wird mit angiogenetischen Faktoren in<br />
Zusammenhang gebracht.<br />
Junck 2 be<strong>für</strong>wortet eine sorgfältige klinische<br />
Überwachung. Von Klinikern wird auch eine<br />
Prophylaxe mit niedrigmolekularem Heparin