Demenzerkrankungen - Österreichische Gesellschaft für Neurologie
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NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Multiple Sklerose<br />
Im Bezug auf die von Swanton vorgeschlagene<br />
Vereinfachung der MRT-Diagnosekriterien<br />
war dieser Unterschied weniger ausgeprägt<br />
und insgesamt gesehen, d. h. auch<br />
unter Berücksichtigung des Nachweises einer<br />
zeitlichen Dissemination von keiner Relevanz,<br />
wenn man jeweils die mit gleicher Feldstärke<br />
durchgeführten Untersuchungen miteinander<br />
verglich.<br />
Diese Ergebnisse sind dahingehend beruhigend,<br />
als auch mit 1,5-Tesla-Geräten kaum<br />
eine diagnostizierbare MS übersehen werden<br />
sollte. Zur Beurteilung der Krankheitsaktivität<br />
müssen aber jedenfalls die Ausgangs- und<br />
Folgeuntersuchung mit derselben MRT-Feldstärke<br />
vorgenommen werden.<br />
Hinweise zur Pathophysiologie: Neben<br />
dem diagnostischen Einsatz versprechen wir<br />
uns von MRT-Untersuchungen auch eine gewisse<br />
Reflexion pathophysiologischer Abläufe<br />
zur Beurteilung der Krankheitsprogression<br />
und Prognoseabschätzung. Zwei Untersuchungen<br />
aus der Arbeitsgruppe von Bruce<br />
Trapp und Richard Rudick zeigen mögliche<br />
neue Zusammenhänge auf.<br />
In einer histopathologischen MRT-Vergleichuntersuchung<br />
bestätigten Elisabeth Fisher et<br />
al. 6 , dass MS-Läsionen mit T1-Hypointensität<br />
(so genannte Black Holes) und einer reduzierten<br />
Magnetisierungstransferrate (MTR)<br />
weniger Axone enthalten. Sie beobachteten<br />
zudem, dass die Axone in den betreffenden<br />
Läsionen teilweise geschwollen waren. Der<br />
dadurch höhere Flüssigkeitsgehalt liefert eine<br />
gute Erklärung <strong>für</strong> die beobachteten Signalveränderungen.<br />
In Ergänzung dazu konnten nun Young E.<br />
A. et al. 7 nachweisen, dass diese geschwollenen<br />
Axone in der Mehrzahl der Fälle wahrscheinlich<br />
funktionell inaktiv sind. Sie fanden<br />
nämlich, dass geschwollene Axone in chronischen<br />
MS-Läsionen zum großen Teil keine<br />
70<br />
Abb.: 20-jährige Patientin mit schubförmiger MS<br />
Beim Vergleich axialer T2-gewichteter Sequenzen erscheinen die 3.0-Tesla Aufnahmen etwas<br />
schärfer konturiert (z. B. bessere Differenzierung von Kortex und Marklager infolge eines günstigeren<br />
Signal-Rausch-Verhältnisses). Einzelne kleine fokale Signalveränderungen sind gegenüber der<br />
Untersuchung bei 1.5-Tesla zusätzlich zu erkennen (Pfeile)<br />
oder nur geringe Na + /K + -ATPase enthalten,<br />
welche <strong>für</strong> die Erregungsleitung essenziell ist.<br />
Das Fehlen der Na + /K + -ATPase wäre auch eine<br />
Erklärung <strong>für</strong> die Schwellung der Axone, da<br />
damit die axonale Homöostase nicht mehr<br />
ausreichend aufrechterhalten werden kann.<br />
Diese Befunde weisen somit auf einen weiteren<br />
pathophysiologischen Mechanismus<br />
hin, der zur neurologischen Dysfunktion im<br />
Rahmen des Fortschreitens der MS beitragen<br />
kann.<br />
Die MRT-Marker T 1 Black Holes und eine<br />
MTR-Reduktion zeigen weiters nicht nur eine<br />
Verminderung der Axonendichte an, sondern<br />
vermögen offensichtlich auch jene Läsionen<br />
zu identifizieren, in denen axonale Schwellung<br />
und damit auch neuronale Dysfunktion<br />
vorliegen.<br />
Zukünftige Verlaufsuntersuchungen: Inwieweit<br />
damit die genannten MRT-Marker<br />
auch eine Möglichkeit zur Verlaufsbeurteilung<br />
der Funktionalität von Axonen und der<br />
Beeinflussbarkeit dieses Prozesses durch the-<br />
rapeutische Intervention darstellen, müssen<br />
zukünftige läsionale Verlaufsuntersuchungen<br />
zeigen. Bereits jetzt liefern die berichteten<br />
Daten jedenfalls eine weitere interessante Erklärungsmöglichkeit<br />
<strong>für</strong> die Entstehung der<br />
chronischen Behinderung bei MS.<br />
Literatur:<br />
1 Swanton J. K. et al., Modification of MRI criteria for<br />
multiple sclerosis in patients with clinically isolated<br />
syndromes.JNNP. 2006; 77(7):830-3.<br />
2 Swanton J. K. et al., MRI criteria for multiple sclerosis in<br />
patients presenting with clinically isolated syndromes: a<br />
multicentre retrospective study. Lancet Neurol 2007;<br />
6(8):677-86<br />
3 Wattjes M. P. et al., Higher sensitivity in the detection of<br />
inflammatory brain lesions in patients with clinically isolated<br />
syndromes suggestive of multiple sclerosis using<br />
high field MRI: an intraindividual comparison of 1.5 T<br />
with 3.0 T. Eur Radiol 2006; 16(9):2067-73.;<br />
4 Wattjes M. P. et al., Does high-field MR imaging have an<br />
influence on the classification of patients with clinically<br />
isolated syndromes according to current diagnostic MR<br />
imaging criteria for multiple sclerosis? AJNR Am J Neuroradiol<br />
2006; 27(8):1794-8.<br />
5 Wattjes M. P. et al., High field MR imaging and 1H-MR<br />
spectroscopy in clinically isolated syndromes suggestive<br />
of multiple sclerosis: correlation between metabolic alterations<br />
and diagnostic MR imaging criteria. J Neurol<br />
2008; 255(1):56-63<br />
6 Fisher E. et al., Imaging correlates of axonal swelling in<br />
chronic multiple sclerosis brains. Ann Neurol 2007;<br />
62(3):219-28<br />
7 Young E.A., et al., Imaging correlates of decreased<br />
axonal Na+/K+ ATPase in chronic multiple sclerosis<br />
lesions. Ann Neurol 2008; 63:428-35