Demenzerkrankungen - Österreichische Gesellschaft für Neurologie
Demenzerkrankungen - Österreichische Gesellschaft für Neurologie
Demenzerkrankungen - Österreichische Gesellschaft für Neurologie
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
progressive Aphasie (PPA) diagnostiziert<br />
wurden, jedoch eine unerwartete DAT-Pathologie<br />
aufwiesen (Galton 2000, Knobb<br />
2006, Alladi 2007).<br />
Atypische Formen der DAT mit lobärer oder<br />
gyraler Atrophie wurden auch in folgenden<br />
Varianten beschrieben (von Gunten 2006):<br />
frontotemporale Atrophie (Hauptsymptom:<br />
progressive sprechmotorische oder Sprachstörung),<br />
präfrontale Atrophie (dysexekutive<br />
und Verhaltensdefizite) sowie Atrophie<br />
in der Zentralregion (motorische Ausfälle,<br />
Rigor, Myoklonus).<br />
Diese Fälle verweisen darauf, dass die klinische<br />
Präsentation von Demenzen Syndromcharakter<br />
hat und ein Rückschluss auf die<br />
zugrunde liegende Erkrankung nur eingeschränkt<br />
möglich ist. Die derzeit vorliegenden<br />
Daten belegen, dass atypische DAT-Formen<br />
häufiger als bisher vermutet sind (30<br />
% der Patienten mit fokalen neurodegenerativen<br />
Erkrankungen hatten DAT-Pathologie,<br />
Alladi 2006) und lassen ein Kontinuum<br />
zwischen Standardform und atypischen Varianten<br />
der DAT vermuten.<br />
Zur Therapie der pseudofokalen DAT-Formen<br />
liegen zurzeit noch keine validen Studien vor.<br />
Vor allem der Zusammenhang zwischen atypischer<br />
DAT, Pathomechanismus und Genetik<br />
wird in Zukunft zu interessanten Erkenntnissen<br />
führen. ■<br />
Literatur beim Verfasser<br />
20<br />
RESÜMEE<br />
SCHWERPUNKT<br />
Neben der häufigen Standard-Variante<br />
rechnet man zur Alzheimer-Erkrankung<br />
auch noch andere, seltenere Präsentationsformen,<br />
wie etwa die früh beginnende<br />
familiäre Form, oder „pseudofokale“<br />
Formen, bei denen eine regionale Atrophie<br />
mit dem Verlust einer bestimmten<br />
kognitiven Domäne gekoppelt ist. Fokale<br />
DAT-Varianten sind nur durch gute<br />
Bildgebung und spezielle neuropsychologische<br />
Untersuchungen von anderen<br />
Demenzen, wie etwa der LBD, CBD, VaD<br />
oder Prionenerkrankungen unterscheidbar.<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
Update<br />
vaskuläre Demenzen<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Aufgrund der Heterogenität der unterschiedlichen Formen der<br />
vaskulären Demenzen (VaD) fehlen allgemein anerkannte<br />
Goldstandards in den diagnostischen Kriterien. Da die tatsächliche<br />
Wirksamkeit der bei VaD häufig eingesetzten Medikamente vielfach<br />
nicht belegt ist, kommt einer effektiven medikamentösen Kontrolle der<br />
vaskulären Risikofaktoren eine umso größere Bedeutung zu.<br />
Definition, Kriterien<br />
und Epidemiologie<br />
Vaskuläre Demenz (VaD) ist als Überbegriff<br />
von ätiopathogenetisch, klinisch und bildgebend<br />
heterogenen Krankheitsbildern<br />
aufzufassen. Für die Diagnose einer VaD<br />
ist die kausale und/oder zeitliche Verknüpfung<br />
von Symptomen des Demenzsyndroms<br />
mit Hinweisen <strong>für</strong> eine zerebrovaskuläre<br />
Störung maßgebend. Kausalität ist<br />
anzunehmen, wenn die Demenz im Anschluss<br />
an einen Schlaganfall auftritt. Abrupt<br />
auftretende, persistierende Verschlechterungen<br />
kognitiver Funktionen<br />
sind <strong>für</strong> bestimmte Formen der VaD wie<br />
der Multiinfarktdemenz mit multiplen Infarkten<br />
diagnostisch richtungweisend.<br />
Hinsichtlich des zeitlichen Verlaufs findet<br />
sich am anderen Ende des Spektrums die<br />
subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie,<br />
die häufig durch eine schleichende<br />
Progression von Symptomen wie Störung<br />
von Antrieb und frontal-exekutiven Funktionen,<br />
Gangataxie, Hypokinese, Rigidität<br />
und Inkontinenz einhergeht. Weitere klassische<br />
Formen der VaD stellen die sog. strategischen<br />
Infarkte (z.B. im Thalamus) und<br />
der Status lacunaris mit multiplen lakunären<br />
Infarkten dar. Es können auch Mischformen<br />
von Infarktmustern vorliegen. Weitere<br />
mögliche Ursachen einer VaD sind intrazerebrale<br />
Hämorrhagien und hereditäre<br />
Arteriopathien wie die zerebrale autosomal<br />
dominante Arteriopathie mit subkortikalen<br />
Infarkten und Leukoenzephalopathie (CA-<br />
DASIL).<br />
Univ.-Doz. Prim. Dr.<br />
Friedrich Leblhuber<br />
Abteilung <strong>für</strong> Neurologisch-<br />
Psychiatrische Gerontologie,<br />
Landes-Nervenklinik<br />
Wagner-Jauregg, Linz<br />
Dr. Raffi Topakian<br />
Abteilung <strong>für</strong> <strong>Neurologie</strong>,<br />
Landes-Nervenklinik<br />
Wagner-Jauregg, Linz<br />
Diagnostische Kriterien: Ähnlich heterogen<br />
wie die Krankheitsbilder sind auch die<br />
zur Diagnose der VaD vorgeschlagenen Kriterien<br />
unterschiedlicher Fachgesellschaften.<br />
Ein allgemein anerkannter Goldstandard<br />
ist nicht definiert. Gegenwärtig werden<br />
die diagnostischen Kriterien der<br />
National Institute of Neurological Disorders<br />
and Stroke und Association Internationale<br />
pour la Recherche et l’Enseignement en<br />
Neurosciences (NINDS-AIREN) bevorzugt,<br />
zumal diese Kriterien sehr spezifisch sind<br />
und die Rolle des Neuroimaging deutlich<br />
aufgewertet ist. Die NINDS-AIREN-Kriterien<br />
sind allerdings wenig sensitiv, wodurch<br />
möglicherweise die VaD in bestimmten<br />
Populationen „unterdiagnostiziert“ werden<br />
könnte.