Demenzerkrankungen - Österreichische Gesellschaft für Neurologie
Demenzerkrankungen - Österreichische Gesellschaft für Neurologie
Demenzerkrankungen - Österreichische Gesellschaft für Neurologie
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
häufiger als bei Frauen vor (Verhältnis ca.<br />
6 : 4). In beiden Fällen setzt die Demenz<br />
durchschnittlich knapp nach dem 70. Lebensjahr<br />
ein. Auch ist in beiden Fällen die Parkinsonsymptomatik<br />
stärker auf die Körperachse<br />
als die Extremitäten bezogen und geht<br />
mit Störungen der Stand- und Gangstabilität<br />
sowie mit einem verminderten Ansprechen<br />
auf die L-Dopa-Therapie einher.<br />
Andere Differentialdiagnosen<br />
Wichtige Differentialdiagnosen sind die Alzheimererkrankung,<br />
die durch signifikant<br />
geringere und seltene psychiatrische Symptome<br />
sowie Parkinson-Symptomatik charakterisiert<br />
ist, die vaskuläre Demenz (differentialdiagnostisch<br />
vaskuläre Risikofaktoren, evtl.<br />
Schlaganfallanamnese, Nachweis vaskulärer<br />
Läsionen in der zerebralen Bildgebung), selten<br />
die Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung oder<br />
die Hashimoto-Encephalopathie bzw. der Hydrocephalus<br />
communicans (Normaldruckhydrocephalus).<br />
Ein diagnostisches Hilfsmittel ist neben der<br />
anamnestischen und klinischen Beurteilung<br />
eine umfassende neuropsychologische Untersuchung<br />
zum Nachweis der Demenz, die zumindest<br />
zu Beginn weniger durch eine Gedächtnisstörung<br />
als durch frontal-exekutive<br />
Funktionsstörungen und visuell-räumliche<br />
Denkstörungen sowie Störungen der räumlichen<br />
Wahrnehmung gekennzeichnet ist.<br />
In der zerebralen Bildgebung findet sich im<br />
Gegensatz zur Alzheimererkrankung seltener<br />
und im geringen Ausmaß eine Atrophie des<br />
Hippokampus. Im Dopamin-Transporter-<br />
SPECT lässt sich eine Verminderung der Speicherung<br />
des Liganden (FP-CIT oder Beta-CIT)<br />
im Striatum nachweisen (siehe oben).<br />
Therapeutische Interventionen<br />
DBL und PDD sind durch eine hohe Komorbidität<br />
gekennzeichnet (vor allem Unfälle,<br />
verursacht durch Stürze, Infekte). Die Therapie<br />
orientiert sich an den klinischen Sympto-<br />
Abb.: Die funktionelle Bildgebung mittels SPECT und 123 J-FP-CIT zeigt bei einem<br />
DLB-Patienten eine deutlich verminderte striatale Dopamintransporter-Bindung<br />
(rechts) verglichen mit einem AD-Patienten<br />
DaTSCAN TM -Bild<br />
Transversaler Schnitt<br />
durch das Striatum<br />
Alzheimer-Krankheit<br />
Normale Verteilung von<br />
DaTSCAN TM<br />
(symmetrisches Striatum)<br />
men. Gegen das Parkinsonsyndrom wird L-<br />
Dopa eingesetzt, wobei eine Hochdosistherapie<br />
häufig wegen Verstärkung visueller Halluzinationen,<br />
wahnhafter Gedanken oder Risiko<br />
eines Delirs nicht durchgeführt werden<br />
kann.<br />
Die Demenz, aber auch Verhaltensstörungen<br />
(Antrieb, Wahn, Depression und Halluzinationen)<br />
lassen sich mit Cholinesterasehemmern<br />
therapieren (Evidenz 1. Grades liegt <strong>für</strong><br />
die Substanz Rivastigmin vor).<br />
Sind visuelle Halluzinationen oder andere<br />
psychiatrische Phänomene stärker ausgeprägt,<br />
wird eine Behandlung mit einem atypischen<br />
Neuroleptikum, in erster Linie Clozapin in einer<br />
Dosierung von 25–75 mg täglich, erforderlich.<br />
Unter dieser Therapie sind über zumindest 3<br />
Monate wöchentlich, dann monatlich Differentialblutkontrollen<br />
erforderlich.<br />
Die neurogene Blasenstörung (Dranginkontinenz,<br />
in Folge von Detrusorhyperaktivität)<br />
wird mit peripher wirksamen Anticholinergika<br />
behandelt (Tolterodin, Caroverin, Trospium).<br />
Gegen die orthostatische Hypotonie werden<br />
Flüssigkeitszufuhr, Kochsalzzufuhr, Überprüfung<br />
und Reduktion einer allfälligen antihypertensiven<br />
Therapie, Midodrin (bis 3-mal<br />
5 mg täglich) und in schweren Fällen Fludrocortison<br />
empfohlen.<br />
Eine depressive Symptomatik wird am besten<br />
mit SSRI behandelt, eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung<br />
mit Clonazepam (0,5–1 mg).<br />
Da auch unter bestmöglicher L-Dopa-Therapie<br />
motorische Restsymptome bestehen bleiben,<br />
ist eine intensive Physiotherapie zur Förderung<br />
der Mobilität und Verhinderung von<br />
Stürzen angezeigt. Gegen die zum Teil hartnäckige<br />
Obstipation helfen diätetische Maßnahmen<br />
und Macrogol.<br />
PatientInnen mit DLB und PDD haben eine<br />
reduzierte Lebensprognose. Sie bedürfen<br />
einer umfassenden medizinischen Betreuung,<br />
aber auch einer besonderen pflegerischen Zuwendung<br />
und wiederholter klinische Kontrollen.<br />
■<br />
Literatur beim Verfasser<br />
DaTSCAN TM -Bild<br />
Transversaler Schnitt<br />
durch das Striatum<br />
Lewy-Körperchen-Demenz<br />
Abnormale Verteilung<br />
von DaTSCAN TM<br />
(asymmetrisches Striatum)<br />
25