08/2017
Fritz + Fränzi
Fritz + Fränzi
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das Märchen von Karriere und einfacher<br />
Vereinbarkeit zu glauben. Die<br />
Karrierefrau mit Kindern, die das<br />
mühelos schafft, ist eine Erfindung<br />
der Medien und der Wirtschaft.<br />
Sie selbst haben erfahren, was es<br />
heisst, in patriarchalen Strukturen<br />
aufzuwachsen.<br />
Meine Mutter wurde sehr jung mit<br />
mir schwanger, von einem älteren<br />
Mann anderer Nationalität, dem das<br />
Studium wichtiger war und der ein<br />
Jahr nach meiner Geburt das Land<br />
verliess. Damals war die Sozialfürsorge<br />
berüchtigt dafür, minderjährigen<br />
Müttern ihre Kinder wegzunehmen.<br />
Meine Mutter musste sich<br />
daher dem Willen meiner Grosseltern<br />
unterwerfen, wo wir beide<br />
wohnten. Sie bekam nie das Sorgerecht,<br />
das blieb beim Jugendamt, und<br />
sie erhielt auch keinerlei finanzielle<br />
Unterstützung. Auch ihre Schulbildung<br />
konnte sie nicht abschliessen.<br />
Sie heiratete später, war damit nach<br />
aussen hin rehabilitiert, machte Abitur<br />
und holte ihr Studium nach. Die<br />
Geschichte meines Familiennamens,<br />
die ich in meinem Buch schildere,<br />
zeigt die patriarchale Verfasstheit<br />
von Rechtsprechung und staatlicher<br />
Bürokratie, die letztlich unsere<br />
gesellschaftlichen und politischen<br />
Verhältnisse widerspiegelt.<br />
Claudia Landolt<br />
>>><br />
ist Mariam Irene Tazi-Preve echt dankbar.<br />
Endlich hat sie eine fundierte und schlüssige<br />
Erklärung für Müdigkeit, Erschöpfung und<br />
zeitweiligen Unmut über die Dreifachbelastung<br />
von so vielen Müttern (und Vätern!) gefunden.<br />
Von Mariam Irene Tazi-Preve<br />
kurz erklärt<br />
Mütter: Frauen werden in unserem<br />
gesellschaftspolitischen System gezwungen,<br />
sich zwischen dem Verzicht auf Kinder, dem<br />
Verzicht auf Berufstätigkeit und der<br />
Dreifachbelastung bei propagierter<br />
Vereinbarkeit zu entscheiden.<br />
Väter: Männern wird suggeriert, die Gewinner<br />
zu sein, sie sind aber ebenso in die Vorgaben<br />
des Systems eingespannt. Ihnen wird somit<br />
verunmöglicht, den Preis zu erkennen, den sie<br />
für ihr persönliches Leben zahlen müssen.<br />
Kinder: Um das System aufrechtzuerhalten,<br />
erfolgt eine dementsprechende Sozialisation<br />
der Kinder. Ihnen wird somit die Möglichkeit<br />
genommen, als nächste Generation das<br />
System grundsätzlich in Frage zu stellen<br />
und zu verändern. Voraussetzung für die<br />
Erwerbspartizipation der Eltern ist das klaglose<br />
«Funktionieren» der Kinder.<br />
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Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi<br />
August <strong>2017</strong>37