08/2017
Fritz + Fränzi
Fritz + Fränzi
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Erziehung & Schule<br />
Erst einmal: Die im Beitrag erwähnte Del-Ferro-Methode<br />
gilt in der Fachwelt als umstritten,<br />
da sie sich zu einseitig auf Atemtechnik fokussiert.<br />
In der Schweiz wird seit Jahren eine Methodenkombination<br />
verfolgt, die sich an den<br />
Bedürfnissen der Betroffenen orientiert.<br />
Die Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik<br />
HfH führt seit Jahren ein Stottercamp<br />
für Jugendliche aus dem deutschsprachigen<br />
Raum durch. (Vgl. Fritz+Fränzi,<br />
September 2015.) Inwiefern findet dort<br />
eine Methodenkombination statt?<br />
In diesem Therapie-Setting kombinieren wir<br />
vor allem zwei Methoden: Der «Nicht-Vermeidungs-Ansatz»<br />
soll die Kinder dazu bringen,<br />
das Stottern nicht krampfhaft zu umgehen<br />
und die Angst davor zu verlieren. Sie erlernen<br />
einen selbstbewussten Umgang mit dem Stottern.<br />
Zum anderen vermitteln wir eine Sprechtechnik,<br />
wie das «chillige Sprechen», bei dem<br />
die Jugendlichen gemütlich, mit reduziertem<br />
Tempo sowie Pausen sprechen und so das<br />
flüssige Sprechen begünstigt wird.<br />
Es geht also nicht darum, in dieser Woche<br />
ganz stotterfrei zu werden?<br />
Nein. Das können wir nicht versprechen. Kein<br />
Therapeut bzw. keine Therapeutin kann das.<br />
Stottern zeigt sich als Sprechstörung, die ab<br />
dem Jugendalter kaum mehr heilbar ist. Deshalb<br />
ändert sich im Teenageralter das Therapieziel:<br />
Die Jugendlichen sollen möglichst lernen,<br />
souverän mit dem Stottern und Sprechen<br />
umzugehen.<br />
Was können Eltern tun, die bemerken, dass<br />
ihr Kind zu stottern anfängt?<br />
80 Prozent der Kinder machen zwischen dem<br />
dritten und sechsten Lebensjahr eine Phase<br />
durch, in der sie nicht flüssig sprechen. Bei einem<br />
Grossteil von ihnen geben sich diese<br />
Schwierigkeiten von alleine. Fordern die Eltern<br />
ihr Kind jedoch ständig auf, erst einmal zu<br />
überlegen, was sie sagen wollen, machen sie<br />
es erst recht auf diese Störung aufmerksam,<br />
was dazu führen kann, dass sie sich in einem<br />
Stottern manifestiert. Ich rate Eltern daher,<br />
möglichst geduldig und entspannt zu bleiben.<br />
Dabei ist es doch wichtig, eine Sprechstörung<br />
möglichst früh therapieren zu lassen.<br />
Das ist richtig. In einer möglichst frühen Therapie<br />
bekommen Kinder vom Kleinkind- bis ins<br />
Jugendalter eine gute Chance, souverän mit<br />
dem Stottern umzugehen oder Sprechtechniken<br />
zu erlernen, die ein Stottern erst gar nicht<br />
auftreten lassen. Wir haben an der HfH eine<br />
Beratungsplattform erarbeitet, an die sich Eltern<br />
wenden können. Dort werden sie online<br />
beraten oder zusammen mit ihrem Kind für<br />
eine Beratung und Abklärung eingeladen.<br />
Trotzdem: Eine Beratung wie auch eine Abklärung<br />
sind nicht automatisch der Beginn einer<br />
Therapie. Aber sie bieten Eltern Gewissheit.<br />
www.hfh.ch > Unser Service > Expertenwissen<br />
online> Stotterberatungsstelle<br />
Wolfgang G. Braun<br />
ist Logopäde und Dozent an der<br />
interkantonalen Hochschule für<br />
Heilpädagogik in Zürich, Schwerpunkte:<br />
Störungen der Rede, Prävention, Logopädie<br />
im Frühbereich und Diagnostik.<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi<br />
August <strong>2017</strong>63