08/2017
Fritz + Fränzi
Fritz + Fränzi
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Erziehung & Schule<br />
analysieren, denen so lange unterschiedliche<br />
Prismengläser vorgeschaltet<br />
werden, bis die Bilder beider<br />
Augen subjektiv jeweils auf den<br />
schärfsten Punkt beider Netzhäute<br />
treffen und das Testbild korrekt<br />
anzeigen.»<br />
Ziel der Messung ist, die genaue<br />
Abweichung der Augen in sogenannten<br />
Prismendioptrien zu ermitteln.<br />
Mit diesen Werten kann dann<br />
eine Prismenbrille gefertigt werden,<br />
die die gemessene Abweichung ausgleichen<br />
und die Augen bei der täglichen<br />
Seharbeit entlasten soll. «Da<br />
sich die Augenmuskeln durch die<br />
jahrelange Anstrengung teilweise<br />
regelrecht verkrampfen, muss die<br />
Stärke der Prismen später gegebenenfalls<br />
erhöht werden», betont<br />
Fritz Gorzny. «In weniger als zwei<br />
Prozent der Fälle kann dann die<br />
endgültige Prismenzahl so hoch<br />
sein, dass eine Schieloperation sinnvoll<br />
wird.»<br />
In der Schulmedizin hat sich die<br />
MKH nie wirklich durchgesetzt.<br />
Trotz unzähliger positiver Erfahrungsberichte<br />
fehlen bis heute wissenschaftlich<br />
haltbare Studien zur<br />
Messgenauigkeit der Methode und<br />
auch zum Erfolg der Behandlung<br />
mit Prismenbrillen.<br />
Eine Kritikerin der MKH ist beispielsweise<br />
Gabriela Wirth Barben,<br />
Augenärztin für Schielen und Kinderaugenheilkunde<br />
in St. Gallen. Sie<br />
bezeichnet Winkelfehlsichtigkeit als<br />
Kunstprodukt: «Die Messmethode<br />
nach Haase misst Werte in einem<br />
durch Polarisationsfilter künstlich<br />
erzeugten Zustand, der mit natürlichem<br />
Sehen nichts zu tun hat.»<br />
Ausserdem kritisiert Wirth Barben,<br />
dass die nachträgliche Erhöhung der<br />
Prismen den Schielwinkel künstlich<br />
in die Höhe treibe. «Am Ende steht<br />
dann eine Schieloperation, die ohne<br />
Prismenbrille überhaupt nicht nötig<br />
gewesen wäre.»<br />
Ähnlich kritisch äussert sich<br />
Véronique Glauser, Präsidentin von<br />
Swiss Orthoptics und Dozentin am<br />
Zentrum für Ausbildung im Ge <br />
sundheitswesen in Winterthur. Sie<br />
hält die Messmethode nach Haase<br />
für zu kurz gegriffen und rät zu<br />
zu sätzlichen Tests. «Orthoptisten<br />
untersuchen als Spezialisten für<br />
beidseitiges Sehen das Zusammenspiel<br />
beider Augen unter natürlichen<br />
Bedingungen und führen dazu nicht<br />
nur einen, sondern unterschiedliche<br />
Tests durch», erklärt Véronique<br />
Glauser.<br />
Was sollen Eltern mit betroffenen<br />
Kindern jetzt tun?<br />
Einig sind sich Befürworter und Kritiker,<br />
dass vor der Behandlung einer<br />
Winkelfehlsichtigkeit immer erst alle<br />
anderen möglichen Ursachen für die<br />
Beschwerden fachkundig ausgeschlossen<br />
werden müssen. Véronique<br />
Glauser rät, dabei auch das<br />
soziale Umfeld des Kindes zu beachten.<br />
«Eine Scheidungssituation, Er <br />
wartungsdruck der Eltern oder Mobbing<br />
in der Schule können ebenfalls<br />
zu Kopfschmerzen und Schulversagen<br />
führen.» Erst dann empfiehlt<br />
Wirth Barben, sich zur weiteren<br />
Abklärung an eine Klinik mit<br />
orthoptischer Abteilung oder einen<br />
mit Kindern erfahrenen Augenarzt<br />
zu wenden, der mit einem Orthoptisten<br />
zusammenarbeitet.<br />
Fritz Gorzny hält Augenoptiker,<br />
die nachweislich Erfahrung auf dem<br />
Gebiet der Winkelfehlsichtigkeit<br />
haben und mit Prismenbrillen<br />
arbeiten, für die geeigneten An <br />
sprechpartner. Bruun bietet seinen<br />
Patienten nach der Messung versuchsweise<br />
eine Prismenleihbrille an.<br />
Bessern sich die Beschwerden damit<br />
nicht, liegt die Ursache woanders und<br />
der Patient kann die Brille einfach<br />
wieder zurückgeben.<br />
Bei der Abklärung sollte auch<br />
das soziale Umfeld des<br />
Kindes einbezogen werden.<br />
>>><br />
Anja Lang<br />
ist langjährige Medizinjournalistin. Sie<br />
ist Mutter von drei Kindern und lebt mit<br />
ihrer Familie in der Nähe von München.<br />
Das Thema Winkelfehlsichtigkeit ist ihr<br />
besonders wichtig, da auch ihre älteste<br />
Tochter davon betroffen ist.<br />
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Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi<br />
August <strong>2017</strong>