08/2017
Fritz + Fränzi
Fritz + Fränzi
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Kinder lernen schnell und mit<br />
hoher Motivation die<br />
Umgebungssprache, um<br />
Freunde zu finden.<br />
Nathalie hat eine<br />
Deutschschweizer<br />
Mutter und einen<br />
französischsprachigen<br />
Vater aus der<br />
Romandie. In der Schweiz aufgewachsen,<br />
lernte sie sowohl Schweizerdeutsch<br />
als auch Französisch und<br />
spricht heute beides gleichermassen.<br />
Davon profitiere sie sehr, sagt die<br />
heute 24-Jährige, da sie ohne<br />
Sprachbarrieren leicht neue Freundschaften<br />
knüpfen könne. Zurzeit<br />
lässt sich Nathalie zur Lehrerin für<br />
die Sekundarstufe ausbilden. Sie<br />
möchte in Zukunft Deutsch, Englisch<br />
und Französisch als Fremdsprache<br />
unterrichten. Ihre zweisprachig<br />
ausgerichtete Erziehung<br />
be einflusste auch ihre spätere Be -<br />
rufswahl: «Mein Interesse für Sprachen<br />
wurde so geweckt. Ich konnte<br />
nicht nur Deutsch und Französisch<br />
ohne Mühe in frühster Kindheit lernen,<br />
es fiel mir auch leichter, meine<br />
zusätzlichen Sprachen, Englisch und<br />
Italienisch, zu lernen.»<br />
Laut einer Erhebung des Bundesamts<br />
für Statistik aus dem Jahr 2015<br />
sind fast 20 Prozent der ständigen<br />
Wohnbevölkerung in der Schweiz<br />
zweisprachig. Weitere 4 Prozent<br />
geben an, mehr als zwei Hauptsprachen<br />
zu beherrschen. Dies beinhaltet<br />
die Kompetenz, zwei oder mehr<br />
Schweizer Landessprachen als<br />
Hauptsprachen (fast) gleichwertig<br />
zu sprechen. Am häufigsten ist dabei<br />
die Kombination Deutsch/Französisch<br />
(10 Prozent) und Deutsch/<br />
Italienisch (10 Prozent), gefolgt von<br />
Französisch/Italienisch (6 Prozent).<br />
Rätoromanisch als Muttersprache<br />
geht meistens einher mit dem fliessenden<br />
Beherrschen von Deutsch<br />
oder Italienisch oder beidem. Mehrsprachigkeit<br />
beinhaltet jedoch ebenso,<br />
neben einer der vier Landessprachen<br />
eine andere Muttersprache zu<br />
sprechen. Zu den meistgenannten<br />
zählen hier: Englisch, Portugiesisch,<br />
Albanisch, Serbisch, Kroatisch und<br />
Spanisch. Betrachtet man sowohl<br />
die Zeit zu Hause als auch jene am<br />
Arbeitsplatz, so sprechen 40 Prozent<br />
der Schweizer Bevölkerung alltäglich<br />
zwei oder mehr Sprachen.<br />
finden und sich mit der Umwelt verständigen<br />
zu können. Im Einzelfall<br />
kann es jedoch zu ausserordentlich<br />
komplexen Konstellationen kommen:<br />
Eine Deutschschweizerin<br />
spricht Hochdeutsch mit ihrem<br />
Partner, welcher aus der Romandie<br />
stammt. Nun ziehen sie mit ihrem<br />
zweijährigen Sohn nach Norwegen.<br />
Das Kind wäre dadurch mit Hochdeutsch,<br />
Schweizerdeutsch, Französisch,<br />
Norwegisch und – wie oft in<br />
skandinavischen Ländern – mit<br />
Englisch konfrontiert. Welche Sprachen<br />
soll das Kind nun lernen und<br />
wie kann dies geschehen?<br />
Immer mehr junge Schweizer sind<br />
mehrsprachig<br />
Bei der jüngeren Schweizer Wohnbevölkerung<br />
(15–24 Jahre) lebt über<br />
ein Drittel im Alltag mehrsprachig.<br />
Rund 12 Prozent sprechen sogar drei<br />
Sprachen und mehr – Tendenz steigend.<br />
So wachsen in der Schweiz<br />
immer mehr Kinder wie Nathalie<br />
mehrsprachig auf. Durch die Zunahme<br />
von interkulturellen Paarkonstellationen<br />
ergeben sich auch öfter<br />
mehrsprachige Eltern. Der häufigste<br />
Grund sind Wohnortswechsel. Bei<br />
Zuzügen aus dem Ausland kommt<br />
oft eine andere Herkunftssprache<br />
mit einer Schweizer Landessprache<br />
zusammen, oder bei einem Kantonswechsel<br />
kann es zu einer neuen<br />
Umgebungssprache kommen. Zieht<br />
ein französischsprachiges Paar mit<br />
Kindern nach Zürich, sprechen die<br />
Kinder zum Beispiel zu Hause Französisch,<br />
jedoch in der Schule<br />
Deutsch. Vielleicht gehen die Kinder<br />
aber auch in eine französischsprachige<br />
Schule, damit die Herkunftssprache<br />
neben der Umgebungssprache<br />
besser gefestigt werden kann.<br />
Generell lernen Kinder die<br />
Umgebungssprache schnell und mit<br />
Eine Person – eine Sprache<br />
Auch bei weniger komplexen<br />
Sprachkonstellationen ist es lohnenswert,<br />
sich Gedanken über die<br />
Spracherziehung der Kinder zu<br />
machen. Eltern können beispielsweise<br />
gemeinsam überlegen, welche<br />
Sprachen sie weitergeben möchten<br />
und wie sie dies gestalten. Dafür gibt<br />
es scheinbar unendlich viele Konstellationen<br />
und Modelle. Das populärste<br />
und erfolgversprechendste<br />
lautet «Eine Person – eine Sprache»;<br />
das bedeutet, dass das Kind mit einer<br />
Person immer dieselbe Sprache<br />
spricht und mit einer anderen Person<br />
eine andere Sprache. Die betreffende<br />
Person muss kein Elternteil sein, es<br />
kann sich dabei genauso gut um<br />
Betreuungspersonen, Lehrpersonen<br />
oder Grosseltern handeln. Das Konzept<br />
«Eine Person – eine Sprache»<br />
wurde bereits vielfach in der Praxis<br />
getestet und soll das Risiko verringern,<br />
dass Kinder Sprachen vermischen.<br />
Auch bei Nathalie wurde diese<br />
hoher Motivation, um Freunde zu Regel umgesetzt. Die Mutter >>><br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi<br />
August <strong>2017</strong>51