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Versicherung & Recht<br />

<strong>smartLiving</strong>.<br />

MAGAZIN<br />

WAS TUN, WENN DER MIETER<br />

NICHT (PÜNKTLICH) ZAHLT?<br />

Jeder Mieter schuldet seine mietvertraglich vereinbarte Miete<br />

aus dem Mietvertrag. Grundlage hierfür ist § 535 Abs. 2<br />

BGB. Mietverträge sollten hierbei grundsätzlich schriftlich abgefasst<br />

und von beiden Seiten unterzeichnet werden (sog. Urkunde),<br />

aber auch mündliche Mietverträge haben ihre Wirksamkeit.<br />

Ein Beweis auf Zahlungsanspruch können Vermieter<br />

jedoch einfacher durch die Schriftform beweisen.<br />

Leider bleibt es nicht immer bei dem reinen Beitreiben der<br />

noch offenen Mietrückstände bei unzuverlässigen Mietern,<br />

wenn deren finanzielle Verhältnisse dauerhaft angespannt<br />

sind. Denn Vermieter stehen dann meist vor der grundsätzlichen<br />

Frage, ob neben der Beitreibung der offenen Mietforderungen<br />

auch zeitgleich eine zusätzliche Kündigung des Mietverhältnisses<br />

erfolgen sollte. Doch was sagt das Gesetz und<br />

die aktuelle Rechtsprechung zu dieser Thematik?<br />

Mieter dürfen nach einem aktuellen<br />

BGH-Urteil ihre Miete später zahlen<br />

Mit seinem Urteil vom 5.10.2016 (Az. VIII ZR 222/15) sorgte<br />

der BGH für eine echte Sensation:<br />

Die Miete per Überweisung ist rechtzeitig bezahlt, wenn der<br />

Mieter seinen Überweisungsauftrag bis zum 3. Werktag eines<br />

Monats bei seiner Hausbank erteilt hat.<br />

Die Miete muss also nicht bereits am 3. Werktag auf dem Vermieterkonto<br />

eingegangen sein, vielmehr muss bis zum 3. Werktag<br />

die Überweisung erfolgen. Gleichzeitig wurde durch den<br />

BGH die sog. Rechtzeitigkeitsklausel für unwirksam erklärt,<br />

die sich heute in fast jedem Wohnungsmietvertrag findet.<br />

Bei Mietrückständen zählen<br />

ausschließlich regelmäßige Mietzahlungen<br />

Um zu wissen, ob die kritische Kündigungsgrenze bereits erreicht<br />

ist, darf ein Vermieter nur die regelmäßig vom Mieter zu<br />

zahlenden Leistungen wie Miete, Betriebskostenpauschale oder<br />

Betriebskostenvorauszahlungen berücksichtigen. Nicht mitgerechnet<br />

werden dürfen hingegen Nachzahlungen aus der Heizbzw.<br />

Betriebskostenabrechnung, der Kaution oder etwaige<br />

Schadensersatzansprüche (wenn zum Beispiel die Fensterscheibe<br />

mutwillig zertrümmert wurde). Nachzahlungen rechtfertigen<br />

infolge eines Zahlungsrückstandes noch keine Kündigung<br />

wegen Zahlungsverzugs, allenfalls bleibt dem Vermieter<br />

die Klage auf Zahlung oder der Weg über einen Mahnbescheid.<br />

Die Möglichkeiten der Vermieter bei Mietrückständen<br />

Ist ein Mieter mit zwei aufeinander folgenden Mieten inklusive<br />

Vorauszahlungen in Höhe von einer Monatsmiete plus einem<br />

Cent in Verzug, darf diesem fristlos nach § 543 Abs. 2 Nr.<br />

3 BGB gekündigt werden. Gleiches gilt, wenn die Mietschulden<br />

des Mieters aus mehreren Monaten eine Mindesthöhe<br />

von zwei Monatsmieten erreicht haben.<br />

Wichtig: In den meisten Fällen vermieten Vermieter neben<br />

der Wohnung auch noch eine Garage oder einen Stellplatz<br />

mit. Um feststellen zu können, ob der Mietrückstand jetzt tatsächlich<br />

für eine fristlose Kündigung ausreicht, muss der Vermieter<br />

die Grundmiete plus die Garagenmiete (evtl. auch<br />

noch Betriebskostenvorauszahlungen) zusammenrechnen.<br />

Beispiel: Die Miete beträgt 500 Euro plus 100 Euro Betriebskostenvorauszahlung.<br />

Zahlungen des Mieters: Juni 500 Euro,<br />

Juli 200 Euro, August 200 Euro, September 100 Euro. Fazit:<br />

Mietrückstand aus mehreren Monaten, Mietrückstand in<br />

Höhe von 1.400 Euro höher als die erforderlichen zwei Monatsmieten<br />

(1.200 Euro). Auch für diesen Fall wäre wieder<br />

eine schriftlose Kündigung möglich.<br />

Was ist für Vermieter vorteilhafter:<br />

Kündigung oder Zahlungsaufschub?<br />

Wer sich als Vermieter für einen Zahlungsaufschub entscheidet,<br />

sollte darauf achten, dass er in seinem Schreiben<br />

immer nur die exakt geschuldete Mietzahlung nennt. Gleichzeitig<br />

kann der Mieter auch darauf hingewiesen werden,<br />

dass er eventuell einen Wohngeldanspruch besitzt. Für den<br />

Fall einer Kündigung ist zu beachten, dass Mieter eine<br />

Schonfrist genießen. Innerhalb dieser Frist hat jeder Mieter<br />

die Möglichkeit, seine Mietschulden zu begleichen. Was im<br />

Umkehrschluss bedeutet: Die fristlose Kündigung des Vermieters<br />

wird dadurch unwirksam.<br />

Wichtig: Die Schonfrist läuft erst 2 Monate nach dem Zustellen<br />

der Räumungsklage ab. Werden innerhalb dieser Frist alle ausstehenden<br />

Mieten inklusive der aktuellen Miete bezahlt, macht<br />

der Mieter die fristlose Kündigung wieder ungeschehen.<br />

Dauerhaft braucht sich hierzu allerdings kein Vermieter einlassen,<br />

denn eine solche Schonfrist genießt der Mieter nur<br />

einmal innerhalb von zwei Jahren. Bei einem erneuten Mietrückstand<br />

innerhalb dieser Frist kann der Vermieter eine sofortige<br />

Kündigung nach § 543 BGB begründen – egal, ob der<br />

Mieter sofort wieder seine Mietschulden begleicht.<br />

Für den Fall einer Kündigung ist der Vermieter verpflichtet,<br />

diese unter Nennung des Kündigungsgrundes gegenüber allen<br />

in der Wohnung befindlichen Mietern auszusprechen.<br />

Treten Ehepaare als gemeinsame Vermieter auf, muss die<br />

Kündigung auch von beiden unterschrieben werden. Im Kündigungsschreiben<br />

sollte auch deutlich zum Ausdruck kommen,<br />

dass der Vermieter gleichzeitig dem weiteren Gebrauch<br />

der Wohnung widerspricht. Dies dient als Hinweis für den<br />

Fall, dass der Mieter trotz Kündigung nicht auszieht.<br />

Ganz wichtig: Der Hinweis auf das Widerspruchsrecht im<br />

Kündigungsschreiben! Wer diesen Hinweis unterlässt, verlängert<br />

damit das Widerspruchsrecht des Mieters bis zum ersten<br />

Termin des Räumungsrechtsstreits.<br />

Für die Räumung der Wohnung hat der Mieter in der Regel<br />

14 Tage Zeit, erst danach kann Räumungsklage beim Amtsgericht<br />

eingereicht werden.<br />

© Autor: Dietmar Kern<br />

Eine verspätete Mietzahlung führt häufig zu Rechtsstreitigkeiten,<br />

obgleich die Gesetzeslage eindeutig ist.<br />

WICHTIGE INFORMATIONEN<br />

Prozessuale Möglichkeiten und besondere Verfahrensarten<br />

bei hartnäckigen Schuldnern :<br />

[1] Richtig mahnen bzw. abmahnen (notfalls gerichtliche<br />

Geltendmachung des Zahlungsanspruches, Klage<br />

auf Mietzinszahlung)<br />

[2] Korrekte Betragsermittlung gegenüber dem Gericht,<br />

sonst droht eine lange Beweisaufnahme. Diese wiederum<br />

verhindert dann so lange das Räumungsurteil.<br />

[3] Richtig kündigen (Im Klageprozess auf Räumung<br />

und Zahlung bestehen – sog. kombinierte Klage).<br />

[4] Geltendmachung des Vermieterpfandrechts nach<br />

§ 562 BGB<br />

[5] Strafandrohung durch Pfandkehr nach § 289 StGB<br />

(d. h. alle pfändbaren Wertgegenstände des Mieters<br />

müssen in der Wohnung verbleiben)<br />

[6] Die durch den Zahlungsverzug entstandenen Kosten<br />

für die Beauftragung eines Anwalts beim Mieter als<br />

Verzugsschaden geltend machen<br />

[7] Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen<br />

wegen Verschlechterung der Mietsache<br />

[8] Erscheint der Mieter nicht zum Gütetermin vor Gericht,<br />

Versäumnisurteil beantragen<br />

[9] Kann der Vermieter bei Gericht seinen Zahlungsanspruch<br />

per Mietvertrag (Vertragsurkunde) beweisen,<br />

eignet sich eine Klage im Urkundenprozess (§ 592<br />

ZPO), bei dem sich auch ein Urkundenmahnverfahren<br />

vorschalten lässt. Es erfolgt dann ein schnelles Urteil<br />

unter Vorbehalt und der Vermieter kommt schneller<br />

an seinen Titel. In den seltensten Fällen kommt es<br />

zu einem Nachverfahren.<br />

[10] Liegen erhebliche Mietrückstände durch dauerhaft<br />

säumige Mieter vor, Klage auf zukünftige Leistungen<br />

nach § 257 ff ZPO i.V.m. § 259 ZPO erheben. Zulässig,<br />

wenn der Mieter einen Mietrückstand plus Mietnebenkosten<br />

in einer die Bruttomiete mehrfach übersteigenden<br />

Höhe auflaufen hat lassen (BGH, Urteil vom<br />

4.05.2011, Az. VIII ZR 146/10).<br />

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