Wirtschaftszeitung_25092017
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8 MACHER &MÄRKTE<br />
Die Macht der Marke<br />
Das Münsterland will künftig besser wahrgenommen werden. Das ist wichtig, um<br />
sich für die Herausforderungen der Zukunft zuwappnen, sagen die Verantwortlichen.<br />
Regionen als Marke verstehen. Das<br />
ist nicht neu und auch nicht selten. In<br />
Zeiten von Fachkräftemangel und<br />
gesellschaftlicher Überalterung<br />
wird alles versucht, mit Hilfe einer<br />
raffinierten Ansprache das Interesse<br />
von Investoren, auswärtigen Nachwuchskräften<br />
und jungen Familien<br />
zu wecken.<br />
It’s OWL“, heißt es inOstwestfalen,<br />
in Südwestfalen ist „Alles echt!“ –<br />
Vertreter beider Regionen erklären,<br />
ein wesentliches Ziel mit ihrer<br />
Kampagne erreicht zu haben: Aufmerksamkeit.<br />
Das Münsterland ist noch keine<br />
Marke, soll aber einewerden.<br />
Geht es nach<br />
dem Willen der<br />
Agentur Brandtrust<br />
und dessen Geschäftsführer<br />
Christoph<br />
Engl, wird die<br />
neue Marke Münsterland<br />
außergewöhnlich.<br />
Vorein paar Tagen stellte<br />
Engl in Münster das bisher<br />
Erreichtevor.Daging es um<br />
das Wortspiel von der „kultiviertesten<br />
Landlust inDeutschland“<br />
und der „ländlichsten<br />
Urbanität“. Das sind Begriffe, mit<br />
denen sich noch nicht unmittelbar<br />
werben lässt, weil sienicht eingängiggenug<br />
sind. Wohl aber beschreiben sie das<br />
Münsterland, seinen Charakter, „seine<br />
DNA“, so Engl.<br />
Wozu das Ganze? Spannende Frage, die<br />
im Vorfeld die Landräte, Münsters Oberbürgermeister<br />
Markus Lewe,IHK-Hauptgeschäftsführer<br />
Karl-Friedrich Schulte-<br />
Uebbing und Unternehmer Jan Ostendorfdiskutierten.<br />
Dem Münsterland geht<br />
es gut, „wir dürfen uns auf dem Erreichten<br />
aber nicht ausruhen“, sagte Dr. Olaf<br />
Gericke, Sprecher der Landräte.<br />
Engl ist ein spannender Typ, agil und eloquent.<br />
Er ist jemand, der vondem, waser<br />
tut und der Art und Weise, wie er es tut,<br />
überzeugt ist. Regionale Markenbildung<br />
hat für ihn mit Identität zu tun. Wichtig<br />
sind ihm die Abgrenzung und die auf den<br />
Punkt gebrachten Qualitäten. Niemand<br />
brauche eine dröge Aufl fistung von Fakten,<br />
sagt er.„Miteiner Leistungsbeschreibung<br />
kommen Sie nicht weiter.“ Wichtigerist<br />
es ihm, ein Bild zu erzeugen –und<br />
damit das Gefühl anzusprechen. „Wenn<br />
Menschen das Münsterland nicht kennen,<br />
aber sagen, da will ich hin, haben sie<br />
es geschafft.“<br />
Noch existiert die Marke Münsterland<br />
nur als erster Entwurf. Um den schließlich<br />
greifb<br />
arer zu machen, sollen nun<br />
Leuchtturmprojekte ins Leben gerufen<br />
werden, „die die Identität des Münsterlandes<br />
spiegeln“, sagte Heinrich-Georg<br />
Krumme, der Aufsichtsratsvorsitzende<br />
der Management-Agentur Münsterland<br />
e.V., die den Markenbildungsprozess initiiert<br />
hatte. Der funktioniere imÜbrigen<br />
nur,wennneben Verwaltung und Politik<br />
auch die Wirtschaft Einigkeit in der Region<br />
zeige, betonte Dr. Benedikt Hüffer,<br />
Präsident der IHK Nord Westfalen.<br />
„Wir stehen im Wettbewerb mit anderen<br />
Regionen um Investitionen sowie Fachund<br />
Führungskräfte“, sagte er. Es nutze<br />
nichts, „wenn wir wissen, wie es sich hier<br />
arbeiten und leben lässt“. Auch dieMenschen<br />
außerhalb des Münsterlandes<br />
müssten das für sich erkennen –und wollen.<br />
Elmar Ries<br />
OFFEN GESAGT<br />
Mehr als Werbung<br />
Eine Region als Marke zuverstehen,<br />
hat natürlich etwas mit Werbung,<br />
aber nichts mit schnödem Aufh<br />
übschen<br />
zu tun. In Zeiten, in denen der demografische<br />
Wandel drückt und Fachkräfte<br />
Mangelware sind, wird das Werben<br />
um kluge Köpfe und deren Familien zu<br />
einer ganzheitlichen Aufgabe.<br />
Wie Unternehmen stehen in einer<br />
hoch mobilen Gesellschaft auch Regionen<br />
in bisweilen scharfer Konkurrenz<br />
zueinander. Ist ein Betrieb<br />
spannend, die Region aber<br />
nicht, zieht die Zielgruppe<br />
schnell weiter. Das Problem haben<br />
vor allem ländliche Räume.<br />
Sie haben oftmals zwar mehr zu bieten<br />
alsKiepenkerl-Klischees. Nur wer<br />
weiß dasschon? Wird das Spannende,<br />
Interessante, emotional Ansprechende,<br />
Unverwechselbare einer Region<br />
herausgearbeitet,<br />
kann am Ende eine<br />
machtvolle Marke stehen.<br />
Das Münsterland ist auf<br />
dem Weg, so eine Marke<br />
zu werden. Das ist so wichtig<br />
wierichtig – und wird auch Zeit:<br />
Andere Regionen sind hier nämlich<br />
schon deutlich weiter. Elmar Ries<br />
Christoph Engl<br />
4.0 macht die Unternehmen schneller<br />
Foto: Wilfried Gerharz<br />
VDI-Forum „Industrie konkret“: Die Firmen können schon bei der Einführung von Fortschritten profitieren.<br />
„Der Wandel wird sich fortsetzen<br />
und nach und nach fast alle<br />
Branchen erfassen.“<br />
Sebastian Schmitz<br />
Kein eigenes Hotel, kein einziges<br />
Bett –und doch ist airbnb, der Community-Marktplatz<br />
für Buchung und<br />
Vermietung von Unterkünften, in<br />
wenigen Jahren zum ernsten Konkurrenten<br />
der Hotelbranche geworden.<br />
Sebastian Schmitz zieht daraus<br />
eine Schlussfolgerung: Unternehmen<br />
müssen sich wappnen und die<br />
digitale Transformation angehen.<br />
Schmitz, Experte des Forschungsinstituts<br />
FIR an der<br />
RWTH Aachen, sprach in<br />
Münster beim VDI-Forum „Industrie<br />
konkret“ im Medienhaus<br />
Aschendorff. Das Beispiel aus dem<br />
kalifornischen Silicon<br />
Valley–dort<br />
wurde das Buchungssystem<br />
erdacht<br />
– verdeutlichte<br />
recht gut,<br />
wie schnell alte<br />
Geschäftsmodelle<br />
ins Wanken geraten<br />
können. Auch<br />
der Beförderungsvermittler Uber steht<br />
für diesen Trend. Der Taximarkt ist gewarnt.<br />
Das FIR geht in diesem Zusammenhang<br />
wichtigen Fragen nach, die in Zeiten der<br />
fortschreitenden Digitalisierung jedes<br />
Unternehmen für sich beantworten sollte:Welche<br />
Chancen und Risiken birgt die<br />
Digitalisierung für meinGeschäftsmodell<br />
und meine Geschäftsprozesse? Welche<br />
Technologien sind für meine Digitalisierungsvorhaben<br />
technisch und wirtschaftlich<br />
geeignet? Wieführe ich neue digitale<br />
Technologien zielgerichtet im Unternehmen<br />
ein?<br />
Bei den digitalen Geschäftsmodellen sind<br />
die Bereiche Finanzen, Medien und Handel<br />
heuteschon deutlich weiter als Energie<br />
und Produktion. Durch die Industrie<br />
4.0 und das Internetder Dingeerhält die<br />
Entwicklung laut Sebastian Schmitz ein<br />
ganz neues Momentum.<br />
Industrie 4.0 wird Unternehmen schneller<br />
machen. Sie können zum Beispiel Anpassungsprozesse<br />
in deutlich weniger<br />
Zeit umsetzen, weil die Systeme integriert<br />
und abgestimmt sind, weil Analysen<br />
früher vorliegen, Gegenmaßnahmen rascher<br />
eingeleitet werden können. Ergebnisse<br />
stehen früher zur Verfügung.<br />
Schmitz: „Die Fähigkeit, Daten zu nutzen,<br />
um hieraus Wissen zu generieren,<br />
wird zukünftig Gewinner von Verlieren<br />
unterscheiden.“<br />
Schon auf dem Weg zur Industrie 4.0<br />
können Unternehmen nach Erkenntnissen<br />
des FIR vonFortschritten profitieren.<br />
Die Stufen lauten: sehen (was passiert?),<br />
verstehen (warum passiert es?), vorbereitet<br />
sein (was wird passieren?), sich<br />
selbst optimieren (wie kann autonom reagiert<br />
werden?). Eine rein technologiegetriebene<br />
Betrachtung hat sich als nicht<br />
ausreichend herausgestellt.<br />
Ein großes Thema: Industrie 4.0 prägt zurzeit viele Messen.<br />
Laut Schmitz muss für eine erfolgreiche<br />
Umsetzung die gesamte Unternehmensstruktur<br />
berücksichtigt werden. Es<br />
braucht einen digitalen roten Faden.<br />
Der münsterländische VDI setzt die Reihe<br />
zur Industrie 4.0 am 12. Oktober fort.<br />
Dann geht es um einen Erfahrungsbericht.<br />
wk<br />
Foto: dpa