Top50 Landeck 2017
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top 50 LANDECK | interview<br />
„Mit dem Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz<br />
wird Rechtssicherheit<br />
und eine bindende<br />
Wirkung für alle Behörden<br />
hergestellt.“<br />
begonnen, nicht mehr nur zwischen<br />
echten Werk- und echten Dienstverträgen<br />
zu unterscheiden, sondern<br />
die Kategorie dienstnehmerähnlicher<br />
Werkvertrag eingeführt.<br />
Heute spricht man pauschal von<br />
freien Dienstverträgen. Der VfGH<br />
hat wenig später eine Kategorie als<br />
verfassungswidrig aufgehoben, die<br />
Abgrenzung war teilweise an den<br />
Haaren herbeigezogen. Seit rund<br />
20 Jahren begleitet uns das Phänomen,<br />
dass die Gebietskrankenkassen,<br />
manchmal auch das Finanzamt,<br />
bei der Prüfung von Unternehmen,<br />
die Subunternehmer beschäftigen,<br />
teilweise Scheinselbstständigkeit<br />
feststellen. In der Folge wurden bestehende<br />
Vertragsverhältnisse einfach<br />
umqualifiziert und, da es sich<br />
nun um Mitarbeiter handelt, rückwirkend<br />
alle Steuern und Abgaben<br />
nachverrechnet. Waren davon mehrere<br />
Mitarbeiter betroffen, konnte<br />
das für ein Unternehmen mitunter<br />
existenzbedrohend sein. Es gab keine<br />
Möglichkeit, von der Behörde eine<br />
rechtsverbindliche Einschätzung<br />
zu bekommen.<br />
ECHO: Eigentlich ein unhaltbarer<br />
Zustand, für Unternehmer wie Arbeitnehmer<br />
bzw. Selbstständige gleichermaßen.<br />
Hilber: Ja. Mit diesem Zuordnungsgesetz<br />
soll Rechtssicherheit geschaffen<br />
und eine bindende Wirkung für<br />
alle Behörden hergestellt werden. Das<br />
ist das eigentlich Neue. Die Neuregelung<br />
basiert auf mehreren Säulen: Bei<br />
bestehenden Verträgen kann ein Antrag<br />
auf Feststellung gestellt werden.<br />
ECHO: Praktisch dürfte es sich dabei<br />
häufig um Umgehungskonstruktionen<br />
gehandelt haben<br />
Hilber: Ja, und solche wollen wir<br />
auch nicht schützen. Da gehen Sozialversicherungsbeiträge<br />
verloren.<br />
Vielfach hat man aber im guten<br />
Glauben gehandelt, nur um dann<br />
festzustellen, dass alles anders ist als<br />
angenommen.<br />
ECHO: Wer kann einen solchen<br />
Antrag stellen?<br />
Hilber: Sowohl der Arbeitgeber als<br />
auch der Auftragnehmer. Besonders<br />
praktisch ist das neue Gesetz aber<br />
bei neuen Verträgen, die vor Beginn<br />
zur Prüfung an die Krankenkasse<br />
weitergegeben werden können. Bei<br />
der Prüfung der Neuverträge wird es<br />
von entscheidender Bedeutung sein,<br />
wie lange die Behörde braucht, bis<br />
der Bescheid ergeht. Dieser Bescheid<br />
hat nämlich, wie bereits erwähnt, eine<br />
Bindungswirkung für Krankenkassen,<br />
Sozialversicherung und das Finanzamt.<br />
Es ist aber erwähnenswert, dass<br />
bei rund 95 Prozent aller Dienstverträge<br />
die Sachlage von vornherein<br />
klar ist.<br />
ECHO: Gerade in Wahlkampfzeiten<br />
werden Themen wie Gerechtigkeit<br />
und Fairness akut. Für wie gerecht<br />
halten Sie das österreichische<br />
Steuersystem?<br />
Hilber: Die Kammer der Steuerberater<br />
und Wirtschaftsprüfer hält<br />
sich grundsätzlich aus politischen<br />
Diskussionen heraus. Wir sind an<br />
keine Partei gebunden und werden<br />
es auch niemals sein. Für uns geht<br />
es vor allem darum, dass Steuern<br />
sich in einem vertretbaren Ausmaß<br />
bewegen. Wir sehen, ob die Wirtschaft<br />
die Steuerbelastung verträgt<br />
oder nicht und wie wir im internationalen<br />
Wettbewerb stehen. Das ist<br />
unsere Expertise. Da sehen wir, dass<br />
Unternehmer in Tirol eine höhere<br />
Abgabenquote als die Konkurrenz<br />
in Bayern oder Italien zu bewältigen<br />
haben. Unter diesem Aspekt kann<br />
man sich die Frage stellen, ob das<br />
gerecht ist oder ob es da eine Schieflage<br />
gibt.<br />
<br />
Interview: Marian Kröll<br />
44<br />
ECHO TOP 50 UNTERNEHMEN IM BEZIRK LANDECK <strong>2017</strong>