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WIRTSCHAFT+MARKT 06/2017

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THÜRINGEN | 21<br />

Bodo Ramelow: Es geht ihnen gut und<br />

ich lerne dauernd weitere neue Weltmarktführer<br />

kennen. Bis vor kurzem<br />

wusste ich beispielsweise nicht, dass<br />

es in Waltershausen ein Unternehmen<br />

gibt, das für rund 80 Prozent der Autound<br />

Eisenbahntunnel weltweit die Gummidichtungen<br />

liefert. Ich bin stolz, dass<br />

unser Land im bundesdeutschen Industrieranking<br />

vorn mitspielt. Gerechnet auf<br />

1.000 Einwohner liegen wir bei der Zahl<br />

der Industriearbeitsplätze auf dem vierten<br />

Platz.<br />

W+M: In Ihrem Bundesland hat sich die<br />

Automobil- und Automotivebranche in<br />

den vergangenen Jahren enorm entwickelt.<br />

Sehen Sie Gefahren für diesen<br />

Wirtschaftszweig angesichts der Folgen<br />

des Dieselabgas-Skandals?<br />

Bodo Ramelow: Der Dieselabgas-Skandal<br />

hat zu einer Rufschädigung für die gesamte<br />

deutsche Industrie geführt. Ich<br />

persönlich bin seit Jahrzehnten Dieselfahrer.<br />

Und den Wagen, den ich jetzt fahre,<br />

habe ich auch unter dem Aspekt der<br />

angeblich positiven Abgaswerte gekauft.<br />

Und da fühle ich mich als Verbraucher –<br />

offen gesagt - ziemlich veräppelt. Der<br />

Dieselabgas-Skandal löst aber weitere<br />

Fragen aus: Wie geht es mit der E-Mobilität<br />

und der Dekarbonisierung weiter?<br />

Hier kommt es auf die Strategie und ihre<br />

nachhaltige Wirkung an.<br />

Wir wissen, dass wir in Thüringen<br />

von diesen Fragen massiv<br />

betroffen sind. Ein Drittel<br />

aller Industriearbeitsplätze<br />

im Automotive-Bereich<br />

könnte verlorengehen. Wir<br />

brauchen hier tragfähige Lösungen,<br />

um den Umbau der Produktion langfristig<br />

zu bewältigen.<br />

man auf Parteitagen beschließen sollte,<br />

den Verbrennungsmotor ab 2035 zu verbieten,<br />

halte ich für schlechten Politikstil.<br />

Einfach zu sagen, der Verbrennungsmotor<br />

ist schlecht und wo der Strom für die<br />

E-Autos herkommt, interessiert mich<br />

nicht, bringt uns nicht weiter. Ich bin für<br />

den Umbau unserer Antriebsmobilität,<br />

aber das muss seriös und unter Einbeziehung<br />

aller Mobilitätsfaktoren erfolgen.<br />

Insofern hat Kölleda eine gute Perspektive<br />

für die nächsten Jahre. Parallel muss<br />

überlegt werden, ob dort künftig auch andere<br />

Mercedes-Produkte hergestellt werden<br />

können.<br />

W+M: Sie wollen noch in der laufenden<br />

Legislaturperiode eine Kreisreform durchsetzen,<br />

um die Verwaltungskosten perspektivisch<br />

zu senken. Was hätte der Mittelstand<br />

von einer derartigen Reform?<br />

Bodo Ramelow: Die Frage der Kostenersparnis<br />

ist in der ersten Phase der Reform<br />

von nur untergeordneter Bedeutung.<br />

Zu Einsparungen wird es erst kommen,<br />

wenn die Reform umgesetzt ist und ihre<br />

Wirkungen entfaltet, durch den dann erzielten<br />

Effizienzgewinn. Es geht um etwas<br />

anderes: Wir müssen unsere Verwaltung<br />

zukunftsfähig aufstellen, damit Bürger<br />

und Unternehmen effizient und professionell<br />

betreut werden können. Wer etwa<br />

ein BImSchG-Verfahren (Abkürzung für<br />

Bundes-Immissionsschutzgesetz – Anmerkung<br />

der Redaktion) machen muss,<br />

für den ist wichtig, dass es dafür im Land<br />

leistungsfähige Behörden gibt. Oder: Wer<br />

einen Bauantrag stellt, will in erster Linie<br />

wissen, ob er es mit qualifizierten Planern<br />

zu tun hat, die in kürzester Zeit die Freigabe<br />

sichern und nicht, wie der Landkreis<br />

heißt oder wie groß er ist.<br />

Kein Mitarbeiter in der Verwaltung muss<br />

um seinen Arbeitsplatz fürchten. Aber wir<br />

müssen jetzt die richtigen Entscheidungen<br />

treffen, welche Fachleute wir in Zukunft<br />

in unseren Behörden benötigen und<br />

einstellen müssen.<br />

W+M: Ganz offensichtlich sorgt die Kreisreform-Debatte<br />

für Unmut bei Kommunalvertretern<br />

und für Zwist innerhalb Ih-<br />

W+M: In Kölleda steht eines der modernsten<br />

Automotorenwerke Deutschlands.<br />

Welche Zukunft hat der Verbrennungsmotor<br />

in Thüringen?<br />

Foto: W+M<br />

Bodo Ramelow: In Kölleda wird ein Drittel<br />

aller Mercedes-Motoren gefertigt. Für<br />

Fahrzeugtypen, die dem aktuellen Entwicklungsstand<br />

und dem der nächsten<br />

Generation entsprechen. Die Frage, ob<br />

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