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ANNE-SOPHIE MUTTER<br />
RUBR IK<br />
Aromen wahrnehmen. Das geht nur über das Kauen. Und<br />
die Kunst eines Sternekochs wie Paul Stradner käme beim<br />
Gast gar nicht richtig an. Es geht ums Schmecken: Zunge,<br />
Gaumen, Nase sind sehr wichtig, aber eben auch die Zähne.<br />
Es gibt viele medizinische Studien, die genau zeigen,<br />
dass jemand, der sein Essen gut zerkleinern kann, damit<br />
auch die Nährstoffe überhaupt erst ins Blut aufnimmt.<br />
Schlechte Zähne bedeuten also auch schlechte Blutwerte<br />
und umgekehrt.<br />
Wie kann falsche Ernährung die Zähne schädigen? Zu viel Zucker<br />
richtet ja beispielsweise Schaden an …<br />
Beschnidt: … der Zucker ist es eigentlich nicht. Der<br />
Zucker ist eher schlimm, weil er auf den Hüften landet.<br />
Schlimmer sind die Säuren. Damit werden die Zähne geschädigt.<br />
Das kann durch Wein kommen, Dressings, Obstsorten.<br />
Also nach dem Essen nicht sofort die Zähne reinigen.<br />
Das gibt Schäden. Man kann niemandem verbieten,<br />
das Glas Wein zu trinken. Aber nach dem Essen eine halbe<br />
Stunde mindestens warten bis zum Zähneputzen und am<br />
besten auch viel Wasser trinken, das neutralisiert.<br />
Können Sie denn als Spitzenkoch darauf Rücksicht nehmen, Herr<br />
Stradner?<br />
Stradner: Die Gesundheit spielt in der Küche von heute<br />
eine immer größere Rolle. Das gilt auch für die Zähne.<br />
Grundsätzlich sind wir körper- und gesundheitsbewusster<br />
geworden im Alltag. Da müssen wir Köche mit der Zeit gehen<br />
und auch eine Vorreiterfunktion einnehmen. In einem<br />
Sterne-Restaurant koche ich natürlich für Gäste, die einen<br />
höchstmöglichen Genuss haben wollen, das geht nicht ohne<br />
süß, salzig, sauer. Da müssen wir auch einen guten Mittelweg<br />
finden …<br />
Sie stehen beide für Spitzenleistungen. Was ist das Geheimnis hinter<br />
dem Erfolg?<br />
Stradner: Ich brauche ein klares Ziel, wo ich hin will, und<br />
muss mir dann den Weg dazu suchen. Gute Partner im<br />
Rücken sind sehr wichtig. Und noch ein Punkt: Kochen<br />
ist wie Fußball. Wenn nur ein einziger Spitzenstürmer auf<br />
dem Feld steht, funktioniert das nicht, es ist ganz klar die<br />
Mannschaft, die zählt.<br />
Beschnidt: Was mir sehr geholfen hat, war, dass ich extrem<br />
gute – durchaus harte – Lehrer hatte. Dann kam die<br />
Chance, hier ins Brenners Park-Hotel zu kommen, um das<br />
Qualitätsniveau dann auch umzusetzen und zu halten.<br />
Hier kann ich umsetzen, was alles möglich ist und nicht<br />
nur, was medizinisch notwendig ist ... mein oberstes Ziel<br />
bei der Behandlung von Patienten: Ich muss auf die Menschen<br />
eingehen. Das Geheimnis ist zunächst einmal Zuhören.<br />
Ich will das Problem verstehen und es dann zusammen<br />
mit dem Patienten lösen. Zeit ist heute unser höchstes Gut.<br />
Ich habe drei, maximal fünf Patienten am Tag.<br />
PAUL STRADNER<br />
(Jahrgang 1981) war von August 2012<br />
bis Oktober 2017 Küchenchef im Brenners<br />
Park-Restaurant in Baden-Baden.<br />
Bereits im November 2012 erhielt er<br />
den ersten Michelin-Stern. Im November<br />
2014 erkochte sich Stradner als<br />
einer der jüngsten deutschen Spitzenköche<br />
den begehrten zweiten Michelinstern.<br />
Zuvor war der in Graz geborene<br />
Koch weltweit in erstklassigen Häusern<br />
tätig – unter anderem mehrere Jahre<br />
bei Deutschlands bestem Koch Harald<br />
Wohlfahrt in der Schwarzwaldstube<br />
der Traube Tonbach in Baiersbronn.<br />
Stradner gilt als eines der ganz großen<br />
Kochtalente im deutschsprachigen<br />
Raum.<br />
LIVING & LIFE 83