Taxi Times DACH - November 2017
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INTERNATIONAL<br />
INTERNATIONAL<br />
SO BILLIG WIE<br />
DIE U-BAHN<br />
Starker Preisverfall, ordentliche Regelungen und<br />
die Weltmeisterschaft 2018 waren die dominierenden Themen<br />
der russischen <strong>Taxi</strong>branche beim diesjährigen <strong>Taxi</strong>forum.<br />
Volkswagen, Skoda, Hyundai, Kia, Lada und<br />
der russische Newcomer Ravon kämpfen um<br />
den <strong>Taxi</strong>markt.<br />
Das jährliche Internationale eurasische <strong>Taxi</strong>forum fand dieses<br />
Jahr in Moskau statt. Dort haben 600 Beteiligte aus<br />
68 Regionen Russlands und einigen anderen Ländern<br />
hitzig über die Zukunft der <strong>Taxi</strong>branche diskutiert. Der jüngste<br />
Zusammenschluss von Uber und Yandex <strong>Taxi</strong> (ähnlich wie Google)<br />
rückte die russische <strong>Taxi</strong>branche ins Scheinwerferlicht.<br />
Das Russische eurasische <strong>Taxi</strong>forum ist eine von normalerweise<br />
zwei jährlich in Russland stattfindenden <strong>Taxi</strong>konferenzen. Beteiligte<br />
aus dem Osten treffen sich im Mai in Nowosibirsk (Sibirien)<br />
und die aus dem Westen im August in St. Petersburg oder Moskau.<br />
Dieses Mal beschäftigt sich ein zusätzliches Treffen in Sotschi im<br />
<strong>November</strong> mit der Rolle, die sich die russische <strong>Taxi</strong>branche bei der<br />
Beförderung der Zuschauer und VIPs bei der Fußballweltmeisterschaft<br />
2018 in Russland vorstellt. Die Erwartungen der <strong>Taxi</strong>fahrer,<br />
Betreiber und Portaldienste (Apps) an dieses Event sind hoch.<br />
AUS UBER & YANDEX WURDE NEWCO<br />
Der Zusammenschluss von Uber und Yandex ist ein Teil der jüngsten<br />
weltweiten Konsolidierung am App-Markt. Im Juli hat Uber die<br />
Bereiche Transport und Uber Eats in Russland mit Yandex <strong>Taxi</strong>,<br />
aktuell die beliebteste App in Russland, zu NewCo zusammengelegt.<br />
NewCo wird jeden Monat 35 Millionen Fahrten in 127 Städten<br />
anbieten (Uber war „nur“ in 21 Städten aktiv). Gesamtwert: über<br />
3,5 Millionen Euro.<br />
Tigran Khudaverdyan, CEO von Yandex <strong>Taxi</strong>, wird auch der<br />
neue CEO von NewCo. Beide Unternehmen investieren in diesen<br />
Deal: Uber ca. 200 Mio. Euro und Yandex lediglich 100 Mio. Euro.<br />
Yandex erhält einen Anteil von 59,3 % und Uber 36,6 %, die Mitarbeiter<br />
bekommen 4,1 %.<br />
Durch den Wettbewerb unter den App-Anbietern bleiben die (festen)<br />
Fahrpreise niedrig. Dadurch wächst der Markt, aber für die Fahrer<br />
bleibt weniger übrig.<br />
„Matreshka“: Russlands erster Prototyp eines selbstfahrenden <strong>Taxi</strong>s.<br />
Der Zusammenschluss dieser starken Konkurrenten folgt einer<br />
ähnlichen Strategie wie der Rückzug Ubers aus China nach intensiven<br />
Wettbewerbskämpfen. Dort hat Uber seine Anteile an das dominierende<br />
Unternehmen Didi Chuxing verkauft. Didi hat sich auch mit<br />
Careem aus Dubai zusammengetan und wurde Marktführer im Nahen<br />
Osten. In Asien geht der Kampf zwischen Uber und Grab weiter.<br />
Das Forum feierte auch das 110-jährige Bestehen von <strong>Taxi</strong>s in<br />
Moskau. Der kürzlich von Carspring veröffentlichte <strong>Taxi</strong>preisindex<br />
<strong>2017</strong> zeigte, dass eine <strong>Taxi</strong>fahrt in Moskau weltweit mit am günstigsten<br />
ist. Die Gründe dafür sind leicht zu erklären: Portaldienste<br />
(Apps) wie Yandex <strong>Taxi</strong>, Gett und Uber bieten (feste) Dumpingtarife,<br />
was allgemein fallende Preise in der Branche nach sich zieht. Die Entgelte<br />
sind so niedrig, dass sogar die billigen und berüchtigten „Piratentaxis“<br />
verschwunden sind. Die Studie von Carspring verglich die<br />
<strong>Taxi</strong>preise in 80 Städten weltweit auf der Grundlage von Wartezeiten,<br />
Stundensätzen und den Kosten einer Fahrt vom örtlichen Flughafen<br />
in die Innenstadt. Zürich ist mit einem durchschnittlichen Kilometerpreis<br />
von 4,40 Euro die teuerste Stadt, während ein <strong>Taxi</strong> in Moskau<br />
heute 0,23 Euro pro Kilometer kostet und die russische Hauptstadt<br />
somit die drittbilligste Stadt auf der Liste hinter Bangkok und Kairo<br />
(mit 0,09 Euro pro Kilometer der niedrigste <strong>Taxi</strong>preis weltweit) ist.<br />
DIE WUT DER TAXIFAHRER<br />
Kein Wunder, dass der <strong>Taxi</strong>fahrer Alexei Lukin von Moskau <strong>Times</strong><br />
und viele seiner Kollegen bei der Konferenz sich fragten: „Wie können<br />
Treibstoff, Fahrzeuge und Reparaturen immer teurer werden,<br />
während die Fahrpreise immer weiter fallen?“ Er und seine Kollegen<br />
sind nicht die Einzigen, die sich darüber Sorgen machen. Genau<br />
wie Berufstaxifahrer und <strong>Taxi</strong>unternehmen weltweit, die sich mit<br />
FOTOS: Wim Faber<br />
der Konkurrenz durch die Apps auseinandersetzen müssen, ist<br />
Lukin wütend, sehr wütend. Letzten Mai hat er sogar eine „Protestfahrt“<br />
auf dem Moskauer Ring organisiert. Ein mutiger Schritt<br />
in einer Stadt, in der spontane Demonstrationen verboten sind.<br />
Sich in Moskau mit einem ortsansässigen Fahrer (viele stammen<br />
aus den ehemaligen Sowjetrepubliken) zu verständigen, ist sehr<br />
schwierig, wenn man nicht russisch spricht und keine App benutzt<br />
(nur in russischer Sprache). Touristen, die am Flughafen oder Bahnhof<br />
ein <strong>Taxi</strong> nehmen, zahlen daher leicht den vierfachen Preis.<br />
In Moskau, wie überall im Land, sind die <strong>Taxi</strong>preise durch den<br />
Wettbewerb der Apps fast auf das Niveau des effizienten und vergleichsweise<br />
günstigen öffentlichen Nahverkehrs gesunken.<br />
Fahrer und <strong>Taxi</strong>unternehmen fühlen den Druck. Bei der Konferenz<br />
erzählte mir ein russischer <strong>Taxi</strong>-Experte von einem großen<br />
<strong>Taxi</strong>unternehmen im Rostow am Don, das im Mai seinen Betrieb<br />
eingestellt hat. Das Unternehmen, das unabhängigen Fahrern alle<br />
möglichen Leistungen und Annehmlichkeiten bot, konnte mit den<br />
Apps nicht Schritt halten. Stattdessen haben die Fahrer mit einer<br />
oder mehreren Apps zusammengearbeitet.<br />
Yandex sieht das anders: Die Wartezeiten auf ein <strong>Taxi</strong> sind um<br />
29 Prozent gesunken, die Anzahl der täglichen Fahrten eines Fahrers<br />
sowie dessen Einnahmen pro Stunde um 15 Prozent gestiegen.<br />
„Seit dem Start im Jahr 2011 hat Yandex dafür gesorgt, dass <strong>Taxi</strong>s<br />
in Moskau zuverlässiger und attraktiver geworden sind. Daher der<br />
Anstieg der <strong>Taxi</strong>fahrten.“ Aber der <strong>Taxi</strong>fahrer Lukin ist skeptisch,<br />
genauso wie viele seiner Kollegen. „Wir arbeiten doppelt so viel<br />
und verdienen nur noch ein Drittel. Außerdem sind wir von den<br />
Apps abhängig.“<br />
Die wichtigsten Themen beim <strong>Taxi</strong>forum: die Rolle des <strong>Taxi</strong>s<br />
(<strong>Taxi</strong>unternehmens) bei der Entwicklung der Digitalisierung in<br />
Russland, die laufende Diskussion über Regelungen (es gibt neue<br />
Gesetze, aber die sind noch nicht verabschiedet), die Rolle des <strong>Taxi</strong>s<br />
in der urbanen Mobilität, der ökologische Fußabdruck des <strong>Taxi</strong>s<br />
und die Entwicklung innovativer Technologien in der <strong>Taxi</strong>branche.<br />
Das <strong>Taxi</strong> wird bei der Weltmeisterschaft 2018 eine wichtige Rolle<br />
beim Transport spielen.<br />
SOFTWARE-ENTWICKLER HOFFEN AUF EXPANSION<br />
Bei der ziemlich kleinen Messe wurden <strong>Taxi</strong>s von Volkswagen,<br />
Skoda, Hyundai, Kia, Lada und dem russischen Newcomer Ravon<br />
gezeigt. Viele (neue) Softwareplattformen versuchen, <strong>Taxi</strong>fahrer<br />
zu schulen und ihre Tätigkeiten zu verwalten und zu kontrollieren,<br />
wenn sie sowohl für <strong>Taxi</strong>unternehmen als auch für verschiedene<br />
miteinander im Wettbewerb stehende Plattformen arbeiten.<br />
Viele IT-Entwickler hoffen, ihre IT-Produkte in Europa und den<br />
USA zu verkaufen. Das Highlight des Forums war zweifellos das<br />
erste selbstfahrende <strong>Taxi</strong> Russlands, „Matreshka“, entwickelt<br />
von Volgabus. <br />
wf<br />
Wo sind die <strong>Taxi</strong>s?<br />
Moskaus Verkehrszentrum überwacht sie alle.<br />
MOSKAUS TAXIS:<br />
IM DURCHSCHNITT 2,8 JAHRE ALT<br />
Dmitry Pronin, stellvertretender Leiter der Moskauer<br />
Abteilung für Straßen-, Verkehrs- und Infrastrukturentwicklung,<br />
ist der Ansicht, dass die 110 Jahre alte <strong>Taxi</strong>branche<br />
in der Hauptstadt mit 15 Mio. Einwohnern „eine der<br />
besten der Welt“ ist.<br />
„Es gibt immerhin 83 544 Lizenzen in Moskau“, so<br />
Pronin. „Jeden Tag befördern die Moskauer <strong>Taxi</strong>fahrer<br />
715 000 Menschen (7–8 Fahrten mit durchschnittlich<br />
1,7 Personen). Durchschnittliche Fahrtzeit: 21 Minuten.<br />
Durchschnittliche Länge: 11,8 km.“<br />
Im Vergleich zu 2015 ist der durchschnittliche Fahrpreis<br />
um 29 Prozent gefallen, von 650 auf 460 Rubel (9,32 Euro<br />
auf 6,57 Euro). Das durchschnittliche Alter der <strong>Taxi</strong>s in<br />
Moskau beträgt 2,8 Jahre, eines der niedrigsten in Europa.<br />
Der Grund? Moskau hat <strong>Taxi</strong>unternehmen beim Kauf neuer<br />
<strong>Taxi</strong>s aktiv finanziell unterstützt.<br />
Mithilfe der 5 500 Kameras überwacht das beeindruckende<br />
Verkehrszentrum Moskaus den Verkehr der Stadt rund<br />
um die Uhr an sieben Tagen in der Woche, und jeden Tag<br />
bekommen ca. zwei Millionen (!) Fahrer automatisch einen<br />
Strafzettel für Verstöße wie das Überfahren einer roten<br />
Ampel oder die unbefugte Nutzung von Bus- und Straßenbahnfahrspuren.wf<br />
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NOVEMBER / <strong>2017</strong> TAXI<br />
TAXI NOVEMBER / <strong>2017</strong><br />
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