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neun, also in einem Alter, wo man<br />
sich ernsthaft <strong>die</strong> Frage stellen<br />
muss, ob so ein intensives Amt aus<br />
Sicht einer Mutter überhaupt zu<br />
verantworten ist. Mein Mann war<br />
<strong>und</strong> ist auch Beamter bei der Landeshauptstadt<br />
München. Damals<br />
haben wir uns <strong>die</strong> Elternzeit geteilt,<br />
was gut funktioniert hat. Ich<br />
habe das Glück, einen Mann zu haben,<br />
der sich immer gerne <strong>um</strong> <strong>die</strong><br />
Kinder kümmert. Letztlich war <strong>die</strong><br />
Entscheidung für eine Kandidatur<br />
insofern gut, weil ich nochmals<br />
etwas Neues in Angriff genommen<br />
habe.<br />
Mit der Familie geklärt, dann ja gesagt,<br />
dann kandi<strong>die</strong>rt. Wie haben<br />
<strong>die</strong> Bürger reagiert?<br />
„Wer is ’n des?“ Eine Münchnerin,<br />
<strong>die</strong> jetzt bei uns Bürgermeisterin<br />
werden will? Dabei war ich ja nie<br />
eine Münchnerin, habe nicht einen<br />
Tag in München gewohnt. Stattdessen<br />
bis zur Bürgermeisterwahl<br />
schon 17 Jahre in Penzberg. Als<br />
Pendlerin habe ich vom Wohnort<br />
tatsächlich nicht viel mitbekommen.<br />
Aber als zweifache Mutter<br />
ist man ständig mit anderen Eltern<br />
<strong>und</strong> verschiedenen Organisationen<br />
zusammen – so entstand ganz<br />
schnell ein Netzwerk. Und aus der<br />
Schlafstadt wurde schließlich eine<br />
richtige Heimat.<br />
Sie haben mit 53,78 Prozent der<br />
Stimmen gleich im ersten Wahlgang<br />
gewonnen, sich durchgesetzt<br />
gegen Richard Kreuzer <strong>und</strong> Wolfgang<br />
Sacher, damals zwei Haudegen<br />
der Penzberger Politik. Hat Sie<br />
der doch recht deutliche Wahlerfolg<br />
überrascht?<br />
Während des Wahlkampfs wurde<br />
mein Ehrgeiz geweckt <strong>und</strong> ich<br />
habe mir gedacht, war<strong>um</strong> meinen<br />
<strong>die</strong> beiden eigentlich, dass sie das<br />
besser können als ich. Den Bürgern<br />
habe ich offensichtlich den<br />
glaubhaften, ehrlichen Eindruck<br />
vermittelt, dass ich mich z<strong>um</strong> Wohl<br />
unserer Stadt einsetzen will. Jetzt<br />
sitze ich knapp vier Jahre später in<br />
meinem Amtszimmer <strong>und</strong> bin der<br />
Meinung, dass ich das Versprechen<br />
auch halten konnte, weil seither<br />
viel passiert ist.<br />
Reiben Sie sich gerade wegen des<br />
Erfolgs manchmal verw<strong>und</strong>ert <strong>die</strong><br />
Augen, wenn Sie ihren beeindruckenden<br />
Lebenslauf Revue passieren<br />
lassen?<br />
Wegen Familiennachzugs bin ich<br />
1970 im Alter von knapp zwei Jahren<br />
von Siebenbürgen mit meiner<br />
Familie nach Deutschland gekommen.<br />
Eine reiche Tante aus Amerika,<br />
<strong>die</strong> dort eine große Rinderfarm<br />
führte, hat uns aus Siebenbürgen<br />
freigekauft. Damals ist wirklich viel<br />
Geld geflossen. Es gibt sogar ein<br />
Buch über unsere Familie mit dem<br />
Titel „Der Befreiungsplan“. Aufgewachsen<br />
<strong>und</strong> bis z<strong>um</strong> Abitur zur<br />
Schule gegangen bin ich in Geretsried,<br />
dann nach Hof z<strong>um</strong> Stu<strong>die</strong>ren,<br />
wo ich auch meinen späteren<br />
Mann aus Murnau kennengelernt<br />
habe. Nach erster gemeinsamer<br />
Zeit in der Dachgeschosswohnung<br />
bei meinen Eltern haben wir uns<br />
etwas Gemeinsames gesucht <strong>und</strong><br />
sind so auf Penzberg gestoßen. Da<br />
wir beide in München arbeiteten,<br />
musste der Arbeitsplatz für uns<br />
gut erreichbar sein. Außerdem<br />
suchten wir für <strong>die</strong> Planung einer<br />
Familie einen Ort mit guter Infrastruktur.<br />
Penzberg war damals wie<br />
heute perfekt für uns beide. 20<br />
Autominuten nach Murnau, wo<br />
mein Mann aufgewachsen ist. 20<br />
Autominuten nach Geretsried, wo<br />
ich aufgewachsen bin. Und 35 Autominuten<br />
nach München.<br />
Die Pendlerei nach München ist für<br />
Sie als Bürgermeisterin inzwischen<br />
Geschichte. Wie kommen Sie mit<br />
den Penzberger Stadtratsmitgliedern,<br />
wie mit den Parteien aus?<br />
Die erste Halbzeit war in hohem<br />
Maße arbeitsintensiv, aber eher<br />
unaufgeregt. Mein Credo, ein Miteinander<br />
im Stadtrat zu pflegen,<br />
ist mir sehr wichtig. Wobei ich den<br />
Eindruck habe, dass es bei den<br />
Fraktionen zunehmend auch <strong>um</strong>s<br />
Profilieren geht. Vermutlich, <strong>um</strong><br />
sich für <strong>die</strong> nächste Wahl 2020 in<br />
Position zu bringen.<br />
Sie haben ja für <strong>die</strong> SPD kandi<strong>die</strong>rt,<br />
sind aber parteilos.<br />
Ganz genau. <strong>Das</strong> ist ein großer Vorteil.<br />
Es muss natürlich eine starke<br />
SPD geben, <strong>die</strong> mich schließlich<br />
auch aufgestellt hat. Aber es muss<br />
auch eine starke Bürgermeisterin<br />
geben. <strong>Das</strong> ist dann der Fall, wenn<br />
sie Mehrheiten auf sich vereinigen<br />
kann. Da <strong>die</strong> SPD bei uns keine<br />
absolute Mehrheit hat, brauche<br />
ich im Stadtrat so oder so auch <strong>die</strong><br />
Stimmen aus den anderen Fraktionen,<br />
sonst könnte ich unsere<br />
Beschlüsse nicht durchbringen.<br />
januar / februar <strong>2018</strong> | 11