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<strong>12</strong> Kongress aktuell<br />

diabeteszeitung · 2. Jahrgang · Nr. <strong>12</strong> · 20. Dezember <strong>2017</strong><br />

Wenn das Herz schlapp macht<br />

Neue Substanzklassen könnten bei diastolischer Herzinsuffizienz helfen<br />

MANNHEIM. Die diastolische Herzinsuffizienz – nach neuer<br />

Definition als Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion<br />

(HFpEF) bezeichnet – betrifft häufig Diabetespatienten.<br />

Herkömmliche medikamentöse Therapien greifen hier nicht<br />

richtig, sodass nach neuen Strategien gesucht wird.<br />

Patienten mit HFpEF haben im<br />

Prinzip die gleichen Symptome<br />

wie solche mit systolischer<br />

Herzinsuffizienz (heute HFrEF),<br />

auch die natriuretischen Peptide<br />

sind erhöht. Ihre Ejektionsfraktion<br />

(EF) ist aber mit über 50 % erhalten<br />

und man findet strukturelle Veränderungen<br />

ebenso wie eine diastolische<br />

Dysfunktion, erklärte Professor<br />

Dr. Ulrich Kintscher vom Center<br />

for Cardiovascular Research, Charité<br />

– Universitätsmedizin Berlin.<br />

HFpEF besonders häufig bei<br />

Übergewicht und Diabetes<br />

In der Pathophysiologie zeigen sich<br />

deutliche Unterschiede: Bei der<br />

HFrEF ist ein schädigendes kardiales<br />

Ereignis (z.B. ein Infarkt) Ausgangspunkt.<br />

Dadurch kommt es zu übermäßiger<br />

neurohumeraler Aktivierung<br />

mit Störung der Kontraktilität.<br />

Ganz anders bei der HFpEF: Hierbei<br />

handelt es sich eher um eine Systemerkrankung<br />

mit erhöhter Inflammation.<br />

Primärer Angriffspunkt sind<br />

hier die Endothelzellen. Diese Form<br />

der Herzinsuffizienz findet man gehäuft<br />

bei Übergewicht, Hypertonie,<br />

metabolischem Syndrom und Diabetes.<br />

Mortalität noch so hoch<br />

wie vor knapp 40 Jahren<br />

Das Problem: Herkömmliche Medikamente,<br />

die bei systolischer Herzinsuffizienz<br />

eindeutig die Prognose<br />

verbessern wie ACE-Hemmer, ß-<br />

Blocker oder Spironolacton richten<br />

Patienten mit HFpEF von der<br />

Couch holen<br />

Patienten mit HFpEF sind in ihrer körperlichen<br />

Belastbarkeit genauso eingeschränkt<br />

wie solche mit HFrEF. Bei beiden Formen<br />

der Herzinsuffizienz hat körperliches Training<br />

einen präventiven Effekt. Ältere Sportler<br />

unterscheiden sich in der diastolischen<br />

Funktion nicht von jüngeren Untrainierten,<br />

sagte der Kardiologe Professor Dr. Frank<br />

Edelmann von der Charité – Universitätsmedizin<br />

Berlin. Auch wenn bereits eine<br />

HFpEF vorliegt, wirkt sich körperliches<br />

Training positiv aus, wie mehrere Studien<br />

gezeigt haben. Gut belegt sind eine Steigerung<br />

der Belastbarkeit und eine Erhöhung<br />

der Lebensqualität. Zum Teil wurde eine<br />

Verbesserung der diastolischen Funktion<br />

gezeigt – die Verbesserung der Skelettmuskelfunktion<br />

spielt aber möglicherweise<br />

die größere Rolle. Negative Effekte wurden<br />

nicht beobachtet – das körperliche Training<br />

hat sich als sehr sicher erwiesen. Ob sich<br />

das körperliche Training auch positiv auf<br />

die Prognose auswirkt, wird zurzeit in der<br />

Ex-DHF-Studie untersucht.<br />

bei HFpEF wenig aus, erklärte Professor<br />

Dr. Andreas B. Birkenfeld,<br />

Universitätsklinikum Carl Gustav<br />

Carus, Dresden. Spezielle Therapien<br />

mit nachgewiesener Reduktion<br />

der Mortalität stehen somit für diese<br />

Patienten nicht zur Verfügung –<br />

die Mortalität ist hier noch genauso<br />

hoch wie in den 1980er Jahren.<br />

Typisch für eine<br />

diastolische<br />

Herzinsuffizienz:<br />

Die Wand des<br />

Herzens ist<br />

deutlich verdickt.<br />

Foto: Science Photo Library/<br />

Bavosi, John<br />

Neue Substanzklassen wecken<br />

jetzt aber Hoffnungen: u.a. die<br />

bisher als orale Antidiabetika eingesetzten<br />

SGLT2-Inhibitoren. Für<br />

Empagliflozin wurde in der EMPA-<br />

REG OUTCOME-Studie nicht nur<br />

die Reduktion kardiovaskulärer<br />

Endpunkte gezeigt – auch die Hospitalisierung<br />

aufgrund von Herzinsuffizienz<br />

verringerte sich deutlich.<br />

Dies galt für alle Subgruppen, unabhängig<br />

von Alter, Nierenfunktion<br />

und Komedikation. Ähnliches<br />

zeichnet sich auch für Canagliflozin<br />

und Dapagliflozin ab, sodass es sich<br />

um einen Klasseneffekt zu handeln<br />

scheint. Wie ist dieser positive Effekt<br />

auf die Herzinsuffizienz zu erklären?<br />

An der Blutzuckersenkung liegt es<br />

eher nicht – bisher konnte kein Zusammenhang<br />

zwischen HbA 1c und<br />

Mortalität bei Herzinsuffizienz gezeigt<br />

werden.<br />

Wie lässt sich der Effekt der<br />

SGLT2-Hemmer erklären?<br />

Positiv könnten sich die Senkung<br />

des Blutdrucks und die Steigerung<br />

der Natriurese durch die SGLT2-<br />

Hemmer auswirken – dies kann<br />

aber nicht die einzige Erklärung<br />

sein, so der Referent. Als einen weiteren<br />

möglichen Erklärungsansatz<br />

nannte Prof. Birkenfeld die mäßige<br />

Erhöhung der Ketonkörper durch<br />

diese Substanzen. Gerade das insuffiziente<br />

Herz nutzt die Ketonkörper<br />

quasi als „Superbenzin“ zur Energiegewinnung,<br />

was Sauerstoff einspart,<br />

erklärte der Experte. Studien<br />

zum Einsatz von SGLT2-Inhibitoren<br />

bei Herzinsuffizienz laufen bereits –<br />

erste Ergebnisse werden 2019/2020<br />

erwartet.<br />

ARNI zeigen ebenfalls<br />

positive Wirkungen<br />

Auch die Gruppe der ARNI (Angio-<br />

tensin-Rezeptorblocker-Neprilysin-<br />

Hemmer) könnte interessant sein.<br />

Die bisher bei HFrEF eingesetzten<br />

Substanzen bremsen nicht nur das<br />

RAAS-System, sondern stärken auch<br />

die Wirkung der natriuretischen<br />

Peptide. Dies führt unter anderem<br />

auch zu einer Förderung der Ketogenese,<br />

erklärte der Experte. Damit<br />

hätten auch die ARNI das Potenzial,<br />

Patienten mit HFpEF zu helfen.<br />

Maria Weiß<br />

11. Diabetes Herbsttagung<br />

und 41. Hypertonie-Kongress<br />

Superfoods auf dem Prüfstand<br />

Reich an Proteinen und Vitaminen – aber auch an Pestiziden und Schadstoffen<br />

MANNHEIM. Klüger, schöner, fitter<br />

und gesund bis ins hohe Alter – es<br />

gibt fast nichts, was Anbieter von<br />

„Superfoods“ nicht versprechen. Aber<br />

können das die teuren Nahrungsmittel<br />

wirklich leisten? Und haben sie einen<br />

besonderen Nutzen für Diabetespatienten?<br />

Bei „Superfoods“ handelt es sich<br />

in der Regel um natürliche, meist<br />

exotische Lebensmittel, die größere<br />

Mengen an Vitaminen, Mineralstoffen,<br />

Proteinen und sekundären<br />

Pflanzenstoffen enthalten. Selten<br />

werden sie frisch, meist in getrockneter<br />

Form angeboten. Die Liste ist<br />

lang: Chiasamen, Goji- und Acaibeeren,<br />

Quinoa, Weizengras oder<br />

Matcha u.v.m. – sie alle versprechen<br />

positive Effekte auf die Gesundheit.<br />

»Bei Diabetes<br />

ist die Situation<br />

anders«<br />

Professor Dr. Yurdagül Zopf vom<br />

Hectorzentrum für Ernährung, Bewegung<br />

und Sport am Universitätsklinikum<br />

Erlangen mahnte jedoch<br />

zur Vorsicht bei den meist aus exotischen<br />

Ländern importierten Lebensmitteln:<br />

Die Schadstoffbelastung mit<br />

Pestiziden, Mineralöl oder Cadmium<br />

ist oft hoch und auch Schimmelrückstände<br />

sind nicht selten. Bei<br />

Ökotest wurden im letzten Jahr 22<br />

Superfoods (davon 18 Bioprodukte)<br />

getestet – 15 erhielten die Note<br />

„mangelhaft“ oder „ungenügend“.<br />

So wurden z.B. in Gojibeeren u.a.<br />

Enterobakterien nachgewiesen, bei<br />

Chiasamen wurden z.T. die Grenzwerte<br />

für Pestizide überschritten.<br />

Zwei Produkte mussten aufgrund<br />

der Untersuchung vom Markt genommen<br />

werden. Studien zum<br />

Nachweis der postulierten gesundheitsfördernden<br />

Effekte sind zumeist<br />

unzureichend oder fehlen völlig.<br />

Die Expertin riet daher, sich lieber<br />

auf dem heimischen Markt umzuschauen.<br />

Chiasamen haben in der<br />

Zusammensetzung z.B. sehr viel<br />

Ähnlichkeit mit Leinsamen, Quinoa<br />

mit Haferflocken. Und auch<br />

Heidelbeeren, Brokkoli, schwarze Johannisbeeren,<br />

Grünkohl, rote Beete<br />

oder Mandeln sind reich an gesunden<br />

sekundären Pflanzenstoffen.<br />

Zudem wird<br />

damit auch noch der<br />

Geldbeutel geschont.<br />

Grundsätzlich benötigen<br />

Gesunde bei einer<br />

ausgewogenen Ernährung<br />

in Deutschland<br />

keine zusätzlichen Vitamine<br />

oder Nahrungsergänzungsmittel,<br />

betonte<br />

Prof. Zopf. Etwas<br />

anders ist die Situation<br />

bei Patienten mit Diabetes<br />

– hier kann es<br />

aufgrund der Stoffwechselsituation<br />

durchaus an Mikronährstoffen mangeln.<br />

Dazu gehören z.B. die Vitamine<br />

B 1 , B <strong>12</strong> , C und D, Folsäure, Magnesium,<br />

Zink und Kupfer. Eine entsprechende<br />

Substitution sollte aber nicht<br />

Matcha, Chia und<br />

Quinoa: am Ende nur<br />

Schall und Rauch?<br />

Foto: fotolia/Printemps<br />

ungezielt, sondern nur bei nachgewiesener<br />

Unterversorgung erfolgen,<br />

so die Empfehlung der Kollegin.<br />

MW<br />

11. Diabetes Herbsttagung<br />

und 41. Hypertonie-Kongress

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