MTD_DDG_2017_12
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diabeteszeitung · 2. Jahrgang · Nr. <strong>12</strong> · 20. Dezember <strong>2017</strong><br />
Im Blickpunkt<br />
25<br />
Prostatakarzinome werden<br />
durch Diabetes besonders aggressiv<br />
Offenbar mehr Wachstumsreize als bei stoffwechselgesunden Patienten<br />
STUTTGART. Anders als viele andere Tumoren kommt das<br />
Prostatakarzinom bei Patienten mit Typ-2-Diabetes wohl<br />
seltener vor als im Bevölkerungsdurchschnitt. Wenn ein<br />
Diabetespatient aber an Prostatakrebs erkrankt, ist seine<br />
Prognose besonders ungünstig.<br />
Populationsbezogene Studien<br />
zeigen eine etwa 10 % niedrigere<br />
Inzidenz von Prostatakarzinomen<br />
bei Menschen mit Dia betes,<br />
berichtete Privatdozent Dr. Martin<br />
Heni, Institut für Diabetesforschung<br />
und Metabolische Erkrankungen,<br />
Universität Tübingen. Die Sterblichkeit<br />
an diesem Tumor ist bei diesen<br />
Patienten aber signifikant höher, wie<br />
kürzlich eine große Langzeitstudie<br />
gezeigt hat (Hazard Ratio 1,23;<br />
p < 0,0001).<br />
»Bei den übrigen<br />
Krebsentitäten<br />
nicht von<br />
Bedeutung«<br />
Das unterscheidet das Prostatakarzinom<br />
von anderen Tumoren. „Bei<br />
den üb ri gen Krebserkrankungen<br />
ist es für die Prognose nicht von<br />
Bedeutung, ob der Patient noch einen<br />
Diabetes hat oder nicht“, so Dr.<br />
Heni.<br />
Die Tübinger Forscher haben kürzlich<br />
die Daten ihrer eigenen Prostatektomie-Patienten<br />
zusammengefasst<br />
und dabei festgestellt, dass insgesamt<br />
weniger Diabetespatienten darunter<br />
waren, als man erwarten würde. Diejenigen<br />
mit Diabetes hatten aber bei<br />
Diagnose zehnmal so häufig bereits<br />
Lymphknoten-Metastasen und mehr<br />
als doppelt so häufig Hochrisiko-<br />
Tumoren.<br />
Man fragt sich: Was macht das Prostatakarzinom<br />
dieser Patienten so<br />
aggressiv? Die Wissenschaftler untersuchten<br />
dies an einer prospektiven<br />
Kohorte, von der umfassende<br />
Angepasste Therapie<br />
bei Diabetespatienten?<br />
Nach Ansicht von Dr. Heni muss in Folgestudien<br />
geprüft werden, ob geänderte<br />
Therapiestrategien bei Diabetespatienten<br />
mit Prostatakarzinom zu<br />
einer besseren Prognose führen<br />
können. Beispielsweise sollte man<br />
versuchen, den Insulinrezeptor<br />
nicht zu aktivieren, um weniger<br />
Wachstumsreize zu induzieren.<br />
Daten zum Tumor und zum<br />
Stoffwechsel erhoben wurden.<br />
Das Ergebnis: Schuld sind weder<br />
Insulin und Insulinresistenz noch<br />
Hyperglykämie oder Dyslipidämie.<br />
Unterschiede zu Patienten ohne<br />
Diabetes fanden sich dagegen beim<br />
Insulinrezeptor und den Sexualhormonen.<br />
Isoform des Insulinrezeptors<br />
bindet mehr Wachstumsfaktoren<br />
Bei den Insulinrezeptoren exprimieren<br />
Erwachsene normalerweise<br />
fast nur die Isoform B, die im Unterschied<br />
zum A-Rezeptor kein IGF<br />
bindet.<br />
Diabetes und<br />
Prostatakarzinom<br />
ist eine<br />
sehr gefährliche<br />
Mischung.<br />
Foto: iStock/Dr_Microbe<br />
Im Prostatakarzinom der Diabetespatienten<br />
dagegen kommt es zu einer<br />
Verschiebung zum A-Rezeptor, sodass<br />
IGF mehr Wachstumsreize setzen<br />
kann. „Insulin und IGF haben<br />
im Karzinom deutlich stärkere<br />
mitogene und proliferative<br />
Effekte als in der gesunden<br />
Prostata“, erklärte Dr. Heni.<br />
Faktoren mit negativem<br />
Einfluss auf die Prognose<br />
Auch die Androgenrezeptoren<br />
sind bei Diabetespatienten<br />
im Prostatakarzinom<br />
überexprimiert, wodurch die<br />
Spiegel des Tumormarkers PSA<br />
höher sind als bei stoffwechselgesunden<br />
Krebspatienten. Bei Menschen<br />
mit Diabetes stehen Insulin- und<br />
Androgenrezeptor im Wechselspiel,<br />
sodass verstärktes Insulin-Signaling<br />
den Androgenrezeptor hochreguliert.<br />
Außerdem ist die Steroidbiosynthese<br />
im Tumor so verändert,<br />
dass Modulatoren, die den Östrogenrezeptor<br />
schützen, weniger gebildet<br />
und verstärkt abgebaut werden.<br />
All diese Faktoren können die<br />
Prognose negativ beeinflussen. ara<br />
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