MTD_DDG_2017_12
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diabeteszeitung · 2. Jahrgang · Nr. <strong>12</strong> · 20. Dezember <strong>2017</strong><br />
News & Fakten<br />
7<br />
Ambulante Leistung<br />
trotz fehlender Evidenz<br />
G-BA stimmt für HBO beim diabetischen Fußsyndrom<br />
Ist DFS-Patienten<br />
durch eine<br />
Hyperbare Sauerstofftherapie<br />
geholfen?<br />
Foto: iStock/Cathy_Britcliffe<br />
STUTTGART. Der Gemeinsame<br />
Bundesausschuss (G-BA) hat trotz<br />
des nicht eindeutig belegten medizinischen<br />
Nutzens der Hyperbaren<br />
Sauerstofftherapie (HBO) beschlossen,<br />
Patientinnen und Patienten mit einem<br />
diabetischen Fußsyndrom (DFS) diese<br />
ergänzende ambulante Behandlungsmöglichkeit<br />
zu eröffnen. Die AG Fuß<br />
der <strong>DDG</strong> kritisiert diesen Beschluss.<br />
Durch die Entscheidung des G-BA<br />
wird regelhaft eine große Anzahl<br />
von DFS-Patienten ab dem Wagner-<br />
Stadium 2 die Option zu dieser<br />
nicht nachhaltig belegten Therapie<br />
bekommen – und das ohne Differenzierung,<br />
ob eine pAVK und/oder<br />
ein Infekt vorliegt. Ausgeschlossen<br />
sind lediglich DFS-Patienten ohne<br />
Wunden und mit oberflächlichen<br />
Wunden.<br />
Insbesondere wenn man das AM-<br />
NOG-Verfahren aufmerksam verfolgt,<br />
ist es mehr als erstaunlich, wie<br />
hier ohne Evidenz ein – was selbst<br />
vom G-BA so festgestellt wurde<br />
(„gibt Anhaltspunkte“) – nicht in<br />
belastbaren Studien klar überprüftes<br />
Verfahren zugänglich gemacht wird.<br />
Offensichtlich unterschätzt der G-BA<br />
auch die mit diesem Sündenfall verbundenen<br />
horrenden Kosten.<br />
Die <strong>DDG</strong> hat frühzeitig auf die<br />
mangelhafte und eher negative Studienlage<br />
hingewiesen. Die gerade<br />
veröffentlichte DAMO 2 CLES-Studie 1<br />
unterstreicht dies nachdrücklich.<br />
Trotz dieser Warnungen wurde hier<br />
interessierten Kreisen nachgegeben.<br />
HBO weiterhin nur in Studien<br />
und im Einzelfall einsetzen!<br />
Good clinical practice beim diabetischen<br />
Fußsyndrom bedeutet stets<br />
das Beschreiten multiprofessioneller<br />
Behandlungspfade. Dies beinhaltet<br />
mindestens die abgestimmte Kombination<br />
von Wunddebridements,<br />
Infektbehandlung, stadiengerechtem<br />
Wundmanagement, zielführender<br />
Druckentlastung sowie arteriell<br />
revaskularisierenden und chirurgischen<br />
Maßnahmen.<br />
Bereits die Studie von Fedorko et<br />
al. 2 konnte keinen Nutzen der HBO<br />
bezüglich Wundheilung und Amputationsindikation<br />
nach zwölf Wochen<br />
feststellen. Nun hat aber auch<br />
die niederländische DAMO 2 CLES-<br />
Studie methodisch einwandfrei gezeigt,<br />
dass gerade beim ischämischen<br />
DFS die adjuvante HBO gegenüber<br />
der alleinigen Standardbehandlung<br />
keinen Nutzen bringt – sowohl was<br />
die Amputationsrate als auch die<br />
Wundheilung nach zwölf Monaten<br />
anbelangt. Gerade den in der<br />
DAMO 2 CLES-Studie aufgezeigten<br />
schlechten Ergebnissen beim ischämischen<br />
DFS ist Rechnung zu tragen,<br />
da bei dieser Entität die durch<br />
die HBO pathogenetisch erklärte<br />
Wirksamkeit in besonderem Maße<br />
gegeben sein müsste.<br />
Daher empfiehlt die AG Fuß der<br />
<strong>DDG</strong>, die HBO beim DFS weiterhin<br />
nicht außerhalb von Einzelfallentscheidungen<br />
oder Studien einzusetzen.<br />
Die eindeutig negative Haltung<br />
der AG Fuß erklärt sich daraus, dass<br />
gerade bei den Patientengruppen,<br />
für die eine HBO aufgrund ihres<br />
Therapieprinzips indiziert wäre –<br />
nämlich gefäßmedizinisch austherapierte<br />
Patienten mit DFS, pAVK mit<br />
und ohne Neuropathie – die neuen,<br />
gut durchgeführten Studien keinen<br />
Vorteil zeigen.<br />
Studienlage und hohe Kosten<br />
sprechen für ein Umdenken<br />
Alle nationalen/internationalen<br />
Leitlinien sehen eindeutig vor, dass<br />
bei einer Gefäßmitbeteiligung diese<br />
Minderdurchblutung wieder zu<br />
Wenn es auf einfaches<br />
Blutzucker-Messen<br />
ankommt.<br />
®<br />
korrigieren ist – idealerweise mittels<br />
minimal-invasiver Verfahren<br />
(PTA) oder gefäßchirurgisch. Nur<br />
wenn beide Ansatzmöglichkeiten<br />
nicht mehr möglich sind, könnte die<br />
HBO zur Prävention einer Majoramputation<br />
herangezogen werden –<br />
wobei selbst dies durch die aktuelle<br />
Studie infrage gestellt wird.<br />
DUO TD–4285<br />
Es bleibt zu hoffen, dass angesichts<br />
der nicht begründbaren hohen Kosten<br />
des Verfahrens und der negativen<br />
Studienlage der G-BA schnellstmöglich<br />
seine Position revidiert.<br />
Prof. Dr. Ralf Lobmann für den<br />
Vorstand der AG Fuß der <strong>DDG</strong><br />
1. Santema KTB et al. Diabetes Care <strong>2017</strong>; online first<br />
2. Fedorko L et al. Diabetes Care 2016; 39: 392-399<br />
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