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Zum Aufführungsrecht<br />
• Das Recht zur Aufführung erteilt der<br />
teaterverlag elgg, CH-3123 Belp<br />
Tel. + 41 (0)31 819 42 09<br />
www.theaterverlage.ch / information@theaterverlage.ch<br />
Montag - Freitag von 09.00 bis 11.30 Uhr & 13.30 bis 17.00 Uhr<br />
• Der Bezug der nötigen Texthefte - Anzahl Rollen plus 1 - berechtigt<br />
nicht zur Aufführung.<br />
• Es sind darüber hinaus angemessene Tantièmen zu bezahlen.<br />
• Mit dem Verlag ist vor den Aufführungen ein Aufführungsvertrag<br />
abzuschliessen, der festhält, wo, wann, wie oft und zu welchen<br />
Bedingungen dieses Stück gespielt werden darf.<br />
• Auch die Aufführung einzelner Teile aus diesem Textheft ist<br />
tantièmenpflichtig und bedarf einer Bewilligung durch den Verlag.<br />
• Bei eventuellen Gastspielen mit diesem Stück, hat die aufführende<br />
<strong>Spiel</strong>gruppe die Tantième zu bezahlen.<br />
• Das Abschreiben oder Kopieren dieses <strong>Spiel</strong>textes - auch<br />
auszugsweise - ist nicht gestattet (dies gilt auch für<br />
Computerdateien).<br />
• Übertragungen in andere Mundarten oder von der Schriftsprache in<br />
die Mundart sind nur mit der Erlaubnis von Verlag und Verfasser<br />
gestattet.<br />
• Dieser Text ist nach dem Urheberrechtsgesetz vom 1. Juli 1993<br />
geschützt. Widerhandlungen gegen die urheberrechtlichen<br />
Bestimmungen sind strafbar.<br />
• Für Schulen gelten besondere Bestimmungen.<br />
"Es gibt Leute, die ein Theaterstück als etwas "Gegebenes"<br />
hinnehmen, ohne zu bedenken, <strong>das</strong>s es erst in einem Hirn erdacht,<br />
von einer Hand geschrieben werden musste.“<br />
Rudolf Joho
Barbara Seeliger, Ursula Ullrich, Horst Schmidt<br />
<strong>Spiel</strong> <strong>mir</strong> <strong>das</strong><br />
<strong>Nibelungenlied</strong><br />
Ein Mordsspektakel<br />
Besetzung<br />
Bild<br />
28 Rollen (Mehrfachbesetzungen möglich)<br />
Andeutungsbühne<br />
«Du wirst ihn töten, Hagen!»<br />
Der alte Sagenstoff ist spannend wie ein Krimi. Es geht um<br />
Macht, Liebe, Intrigen, einen Mord und um einen<br />
unermesslichen Schatz.<br />
König Gunther aus Worms will heiraten. Seine Auserwählte<br />
ist Brunhild, die Königin von Island. Aber die Ratgeber des<br />
Königs, seine beiden Brüder Gernot und Giselher und sein<br />
Onkel, der finstere Hagen haben die Befürchtung, <strong>das</strong>s<br />
Gunther der starken Frau nicht gewachsen ist. Da kommt der<br />
sagenhafte Siegfried gerade recht. Er hat einen Drachen<br />
getötet, den riesigen Nibelungenschatz erobert - und jetzt will<br />
er Kriemhild, die schöne Schwester des Wormser Königs<br />
heiraten. Man wird schnell handelseinig: Siegfrieds Wunsch<br />
soll erfüllt werden, wenn er Gunther hilft, Brunhild zu<br />
erringen. Und so nimmt <strong>das</strong> Schicksal seinen Lauf.<br />
«Was die Nachwelt mit diesem Helden anfangen wird, ist<br />
<strong>mir</strong> egal.»<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
die jugendreihe 131
Personen<br />
Ein Junge<br />
Ansager<br />
Beppo<br />
Sascha<br />
Uli<br />
Sigi<br />
Wulle<br />
Tini<br />
Hartmut<br />
Jung-Siegfried<br />
König Siegmund<br />
Königin Siegelind<br />
ein <strong>Spiel</strong>kamerad<br />
der Drache<br />
Gunther<br />
Ute<br />
Kriemhild<br />
Gernot<br />
Giselher<br />
Hagen von Tronje<br />
ein Diener<br />
Siegfried<br />
Brunhild<br />
Dr. Rüdiger Degenschild<br />
Rüdiger von Bechlarn<br />
ein Westernheld<br />
Bauer<br />
Bauernkind<br />
Mehrfachbesetzungen möglich.<br />
König zu Worms<br />
seine Mutter<br />
seine Schwester<br />
sein Bruder<br />
sein jüngster Bruder<br />
Prinz aus Xanten<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Königin von Island<br />
- 2 -
<strong>Spiel</strong> <strong>mir</strong> <strong>das</strong> <strong>Nibelungenlied</strong><br />
1. Bild: Die Gaukler kommen<br />
Die Gaukler ziehen ein. Sie laden ihren Wagen aus<br />
und bauen auf Podest, Vorhang.... Eine Wäscheleine<br />
wird gespannt, Wäsche gewaschen, gekocht, gerührt,<br />
gestrickt.. Einige üben Akrobatik, Einrad, Jonglieren,<br />
Flöte...<br />
Beppo kehrt. Ein Junge schaut sich <strong>das</strong> Ganze an.<br />
Beppo Uns ist in alten maeren wunders viel geseit:<br />
von helden lobebaeren, von grôzer arebeit,<br />
von fröuden, hôchgezîten, von weinen und von klagen,<br />
von küener recken strîten muget ir nu wunder hoeren<br />
sagen.<br />
Junge „Muget wunder hoeren sagen”. Was ist denn <strong>das</strong> für<br />
eine Sprache?<br />
Beppo So beginnt <strong>das</strong> <strong>Nibelungenlied</strong>, <strong>das</strong> berühmteste Werk<br />
des deutschen Mittelalters.<br />
Junge Das ist doch kein Deutsch!<br />
Beppo Doch. So hörte sich die deutsche Sprache vor 800<br />
Jahren an.<br />
Junge Aber <strong>das</strong> versteht man doch heute gar nicht mehr. Geht<br />
<strong>das</strong> jetzt so weiter?<br />
Beppo Nein, keine Angst, wir spielen <strong>das</strong> schon so, <strong>das</strong>s man<br />
versteht.<br />
Junge Na, Gottseidank! Wie heisst <strong>das</strong>, was ihr da spielt?<br />
Beppo Das <strong>Nibelungenlied</strong>.<br />
Junge Ein Lied? Wird <strong>das</strong> alles gesungen?<br />
Beppo Nein, es geht um die alte Sage von den Nibelungen. Du<br />
kennst sie bestimmt.<br />
Junge Ist <strong>das</strong> die Geschichte aus Worms? Von Siegfried und<br />
so?<br />
Beppo Ja, ganz recht. Aber Siegfrieds Leben beginnt in<br />
Xanten.<br />
Junge Ein Wort mit X: Xanten.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 3 -
Beppo<br />
Junge<br />
Beppo<br />
In Xanten am Niederrhein lebten vor langer, langer<br />
Zeit König Siegmund und Königin Siegelind. Sie<br />
hatten einen Sohn, Siegfried geheissen.<br />
Das heisst bei uns: Der hat Siegfried geheissen.<br />
Siegfried war schön und stark, und schon in jungen<br />
Jahren vollbrachte er manche Heldentat.<br />
2. Bild: Jung Siegfried<br />
Zwei Stühle werden auf <strong>das</strong> Podest gestellt, ebenso<br />
ein Schachbrett mit Figuren. Siegfried mit<br />
Goldperücke, ein <strong>Spiel</strong>kamerad, König und Königin<br />
nehmen ihre Plätze ein. Ein Schild „Xanten“ wird<br />
hochgehalten. Die Königin strickt. Der König schläft.<br />
Die Kinder spielen Schach.<br />
Ansager In Xanten herrscht tiefer Frieden. Der König schläft,<br />
die Königin strickt, ihr Sohn Siegfried spielt mit einem<br />
Kameraden.<br />
<strong>Spiel</strong>kamerad Schach!... Matt! Ich habe gewonnen!<br />
Siegfried schaut sich <strong>das</strong> an, erhebt sich langsam,<br />
wischt die Figuren mit einer raschen Handbewegung<br />
vom Brett, stürzt sich auf den <strong>Spiel</strong>kameraden und<br />
erwürgt ihn.<br />
Siegelind Siegfried! Sie reisst ihren Sohn weg. Der flüchtet sich<br />
zu seinem Vater. Dieser streicht ihm tröstend über<br />
den Kopf. Siegelind beugt sich über den<br />
<strong>Spiel</strong>kameraden. Er ist tot.<br />
Siegmund Der fünfte in dieser Woche.<br />
Siegelind Langsam wird es schwierig, <strong>Spiel</strong>kameraden für ihn zu<br />
finden. Er ist ein bisschen wild.<br />
Siegmund Lass ihn. Er muss sich austoben.<br />
Siegelind Er meint es nicht böse, aber er ist so kräftig.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 4 -
Siegmund<br />
Siegelind<br />
Siegmund<br />
Junge<br />
Beppo<br />
Junge<br />
Beppo<br />
Junge<br />
<strong>Spiel</strong> <strong>mir</strong> <strong>das</strong> <strong>Nibelungenlied</strong><br />
Sei ohne Sorge, Frau. Wenn er gross ist, wird er schon<br />
ein guter und gerechter König werden. Erfreuen wir<br />
uns vorerst an seiner Leibesstärke. Bestimmt kann sie<br />
uns noch von Nutzen sein, wenn er die Feinde unseres<br />
Landes zur Strecke bringt.<br />
Die Feinde, ja – aber die <strong>Spiel</strong>kameraden ? Keiner will<br />
mehr mit ihm spielen. Und so manches Huhn fiel seiner<br />
Kampfeslust zum Opfer!<br />
Aber Frau! Auf ein Huhn mehr oder weniger kommt es<br />
doch nicht an. Er soll nur recht in Übung bleiben.<br />
Siegmund schläft wieder ein und schnarcht. Siegelind<br />
strickt. Ein Huhn gackert.<br />
3. Bild: Gedichtvortrag<br />
Ein Mordskerl, der Siegfried!<br />
lacht und kehrt. Im wahrsten Sinn des Wortes, ein<br />
Mordskerl<br />
Ahh -Ist <strong>das</strong> der Siegfried mit dem Schwert von dem<br />
Ludwig Uhland?<br />
Uhland???<br />
Ja, <strong>das</strong> war so ein ganz langes Gedicht, <strong>das</strong> mussten<br />
wir in der Schule auswendig lernen. Die Szene wird<br />
zur Schulsituation. Der tote <strong>Spiel</strong>kamerad sagt ihm<br />
manchmal vor.<br />
Siegfrieds Schwert – von Ludwig Uhland<br />
Jung Siegfried war ein stolzer Knab,<br />
ging von des Vaters Burg herab.<br />
Wollt rasten nicht in Vaters Haus,<br />
wollt wandern in alle Welt hinaus.<br />
Begegnet ihm manch Ritter wert<br />
mit festem Schild und breitem Schwert.<br />
Siegfried nur einen Stecken trug;<br />
<strong>das</strong> war ihm bitter und leid genug.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 5 -
Ansager<br />
Ansager<br />
Und als er ging im finstern Wald,<br />
kam er zu einer Schmiede bald.<br />
Da sah er Eisen und Stahl genug;<br />
ein lustig Feuer Flammen schlug.<br />
„O Meister, liebster Meister mein,<br />
lass du mich dein Geselle sein,<br />
und lehr du mich mit Fleiss und Acht,<br />
wie man die guten Schwerter macht!”<br />
Siegfried den Hammer wohl schwingen kunnt,<br />
er schlug den Amboss in den Grund.<br />
Er schlug, <strong>das</strong>s weit der Wald erklang<br />
und alles Eisen in Stücke sprang.<br />
Und von der letzten Eisenstang<br />
macht er ein Schwert so breit und lang.<br />
„Nun hab ich geschmiedet ein gutes Schwert,<br />
nun bin ich wie andre Ritter wert.<br />
Nun schlag ich wie ein andrer Held<br />
die Riesen und Drachen in Wald und Feld.”<br />
Licht aus.<br />
4. Bild: Kampf mit dem Drachen<br />
Die Gaukler musizieren und führen Kunststücke vor.<br />
Der Ansager kommt durch den Vorhang.<br />
Hört, hört. ihr Leute! Es wird ruhig. Hochverehrtes<br />
Publikum! Wir zeigen euch heute, wie Siegfried mit<br />
dem Drachen kämpft. Ihr kennt Siegfried. Er ist mutig,<br />
tapfer schön, stark, ein wahrer Held. – Und hier ist<br />
Siegfried.<br />
Siegfried kommt durch den Vorhang, zeigt sich von<br />
allen Seiten, lässt die Muskeln spielen. Die Gaukler,<br />
johlen, klatschen, schreien, pfeifen, trampeln...<br />
Und nun kommt der Drache. Vorsicht, er ist gefährlich,<br />
scheusslich, böse, teuflisch. Ein schreckliches<br />
Ungeheuer. Hier ist er!<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 6 -
<strong>Spiel</strong> <strong>mir</strong> <strong>das</strong> <strong>Nibelungenlied</strong><br />
Ein Gaukler im Drachenkostüm kommt durch den<br />
Vorhang. Er tänzelt herum wiegt den Kopf hin und<br />
her, stösst fauchende und knurrende Geräusche aus,<br />
greift einen Zuschauer an. Die Gaukler, kreischen,<br />
zucken zurück, nähern sich aber immer wieder.<br />
Siegfried und der Drache umkreisen sich. Kleine<br />
Angriffe mit Rückzug und Ausfallschritten. Die<br />
Angriffe beider werden mit Tommelwirbeln begleitet.<br />
Siegfried stolpert, fällt hin, der Drache über ihm.<br />
Siegfried „ersticht” den Drachen von unten. Der<br />
Drache jault, zuckt stirbt. Siegfried erhebt sich,<br />
schlägt ihm den Drachenkopf ab, hält ihn hoch.<br />
Tarzanschrei. Die Gaukler schreien, jubeln,<br />
applaudieren rhythmisch: („Siegfried, Siegfried”).<br />
Ansager Und nun badet Siegfried im Blute des Drachen.<br />
Ein Bottich wird hereingetragen, der Drachenkopf<br />
darüber ausgeleert. Siegfried steigt in die Wanne,<br />
entkleidet sich hinter einem Badetuch, wäscht sich<br />
reibt sich mit Fingerfarbe ein. Die Gaukler schauen<br />
gebannt zu. Siegfried steht auf und zeigt sich rot<br />
eingefärbt.<br />
Ansager Das Drachenblut macht Siegfried unverletzlich. Aber -<br />
da fällt ihm ein Lindenblatt auf den Rücken. Der<br />
Ansager hebt ein grosses Lindenblatt hoch, zeigt es<br />
dem Publikum und klebt es Siegfried auf den Rücken.<br />
Und dies wird für immer Siegfrieds Schwachstelle<br />
sein. Denn an dieser Stelle wird der Held auch<br />
weiterhin verwundbar bleiben. Tja nichts ist<br />
vollkommen. Und nun auf Wiedersehen, ihr lieben<br />
Leute! Bis zum nächsten Abenteuer unseres grossen<br />
Siegfried.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 7 -
Ansager<br />
Gunther<br />
Hagen<br />
Giselher<br />
Gernot<br />
Giselher<br />
Gunther<br />
Giselher &<br />
Gernot<br />
Hagen<br />
Gernot<br />
5. Bild: Königliche Geschäfte<br />
Schild: „Königshof zu Worms”.<br />
Von draussen Musik, Stimmengewirr, Gelächter. Ein<br />
Diener trägt eine Fackel herein. Ute und Kriemhild<br />
sitzen und sticken. Giselher liegt schlafend herum.<br />
Auch in Worms herrscht Frieden. Noch.<br />
Gunther und Gernot betreten lachend und scherzend,<br />
Hagen ernst die Bühne. Es wird hell. Gunther setzt<br />
sich in seinen Sessel, Gernot rechts von ihm, halb<br />
liegend. Hagen bleibt hinter Gunther stehen. Gernot<br />
schenkt Gunnther funkelnden Johannisbeersaft in<br />
den Glaspokal ein. Gunther hebt <strong>das</strong> Glas.<br />
Und morgen ziehen wir in die Schlacht.<br />
Aber so weit sind wir doch noch nicht, mein König.<br />
Bedenke doch, in welchem Zustand unsere Rüstungen<br />
sind.<br />
zeigt seinen Helm. Ja, genau! Mein Federbusch ist<br />
ganz zerzaust.<br />
zeigt sein Panzerhemd vor. Und soll ich vielleicht in<br />
diesem altmodischen Panzerhemd die Sachsen<br />
erschlagen?<br />
Mit diesen albernen Silberspangen kann man sich in<br />
keiner Schlacht mehr sehen lassen. Die sind megaout!<br />
Dietrich von Bern trug in der Schlacht gegen die<br />
Vandalen golddurchwirkte Beinröhren.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Ah!<br />
Ihr denkt nur an den Zierrat. Die Sachsen sind stark.<br />
Wie wollt ihr sie besiegen? Sind eure Schwerter<br />
scharf? Halten eure Schilde und Helme ihren Hieben<br />
stand?<br />
Das ist typisch. Hagen der Warner und Mahner, der<br />
immer alles schwarz sieht. Er hebt sein Schwert und<br />
- 8 -
<strong>Spiel</strong> <strong>mir</strong> <strong>das</strong> <strong>Nibelungenlied</strong><br />
zeigt auf den Stein am Griff. Seht euch diesen Rubin<br />
an! Wieviel schöner wird er leuchten, wenn die Klinge<br />
rot vom Blut der Sachsen ist.<br />
Hagen Bedenkt den Feldzug genau. Unser Heer ist nicht<br />
gerüstet.<br />
Ute Was macht ihr euch blutige Gedanken um die Sachsen?<br />
Wird uns nicht bald <strong>das</strong> schöne Island gehören, wenn<br />
Gunther die Königin Brunhild zur Frau nimmt?<br />
Hagen Vielleicht ist ein Ringen mit den Sachsen noch<br />
vergnüglicher als ein Kampf mit der Königin von<br />
Island.<br />
Giselher singt nach der Melodie „Es war ein König in Thule”-<br />
oder als Rap:<br />
Es sitzt eine Königinne in Island überm Meer.<br />
Eine, die ihr gleichet, findet man wohl schwer.<br />
Schön ist sie über die Massen, gewaltig ihre Kraft;<br />
sie kämpft mit ihren Freiern und besiegt sie<br />
meisterhaft.<br />
Den Stein wirft sie weit und ferne und springt darüber<br />
hin.<br />
Wer sie erringen wollte zu seiner Königin,<br />
drei Kämpfe muss er gewinnen mit der Fraue<br />
hochgeborn.<br />
Verliert er auch nur einen, so ist sein Leben verlorn.<br />
Gunther Immer der Reihe nach! Erst erobern wir Sachsen, und<br />
dann erobern wir Island.<br />
Ein Stein fliegt durchs Fenster, eingewickelt in einen<br />
Brief. Giselher hebt ihn auf.<br />
Giselher Ein Brief von Brunhild, der Königin von Island. Er<br />
gibt den Brief Gernot, der reicht ihn an Gunther<br />
weiter. Gunther erbricht <strong>das</strong> Siegel und liest den<br />
Brief vor - Brunhilds Stimme aus dem Off.<br />
Brunhild (off) „Gunther, König zu Worms, Eure Werbung macht<br />
mich glücklich. Gunther lehnt sich entspannt zurück;<br />
alle atmen erleichtert auf. Kein grösserer Wunsch<br />
beseelt mich als der, Euch in Island empfangen zu<br />
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Kein Aufführungsrecht.<br />
- 9 -
können. Kommt und kämpft mit <strong>mir</strong>! Besiegt mich im<br />
Lanzenstechen, im Steinschleudern und im Springen –<br />
und ich will Euch gern als Euer Weib nach Worms<br />
folgen.“<br />
Giselher Das ist ja wundervoll!<br />
Kriemhild Glückwunsch, mein Bruder!<br />
Gunther Na also, ich wusste es doch. Die ganze Aufregung war<br />
umsonst.<br />
Hagen Ich kann es nicht glauben. Er schaut Gunther über die<br />
Schulter. Der Brief ist noch nicht zu Ende! Er reisst<br />
Gunther den Brief aus der Hand und liest weiter.<br />
Brunhild (off) „Sollte ich aber siegreich aus dem Kampf hervorgehen<br />
- woran ich nicht zweifle -, so wird es <strong>mir</strong> eine noch<br />
grössere Lust sein, Euer gekröntes Haupt abzuschlagen<br />
und auf den Zinnen meiner Burg aufzuspiessen.“<br />
Ute Oh Gott! Sie fällt in Ohnmacht und wird von<br />
Kriemhild aufgefangen.<br />
Brunhild (off) „Doch soll Euch <strong>das</strong> nicht bedrücken, denn Ihr werdet<br />
Euch in bester Gesellschaft befinden. Eure Vorgänger,<br />
die Euch an Stärke bei weitem überlegen waren,<br />
modern bereits im Burggraben. In freudiger Erwartung<br />
Brunhild, Königin von Island.“<br />
Gernot Du bist etwas blass, Bruder. Ist dir nicht wohl?<br />
Gunther geht unruhig auf und ab, den Brief in der Hand. Ein<br />
Teufelsweib! Sie macht mich rasend! Ich muss sie<br />
haben! Aber sie macht <strong>mir</strong> Angst. Doch ich werde sie<br />
besiegen, denn ich bin ein Mann und sie ist nur eine<br />
Frau. Er zerreisst mit viel Mühe den Brief in Fetzen<br />
und wirft diese auf den Boden.<br />
Ute Gunther, mein Sohn, lass ab von ihr! Sie ist eine Hexe!<br />
Es muss doch nicht Island sein.<br />
Hagen Sie wird dich töten, Gunther. Sie wird dich zertreten<br />
wie einen Wurm.<br />
Gunther Dann hilf <strong>mir</strong> doch! Ihr alle müsst <strong>mir</strong> helfen. Ihr seid<br />
meine Ratgeber!<br />
- 10-<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.
Gunther<br />
Gunther<br />
Hagen<br />
Giselher<br />
Gernot<br />
Hagen<br />
Giselher<br />
Gernot<br />
Hagen<br />
Gunther<br />
Hagen<br />
<strong>Spiel</strong> <strong>mir</strong> <strong>das</strong> <strong>Nibelungenlied</strong><br />
Er geht auf Hagen zu und fasst ihn am Revers.<br />
Hagen stösst ihn weg. Gunther schwankt und fällt<br />
hin. Jammernd kriecht er über den Boden.<br />
Wer hilft <strong>mir</strong>? Wer hilft <strong>mir</strong>?<br />
Der Diener kommt, sehr verwirrt. Er flüstert mit<br />
Giselher, Aufregung. Die Botschaft wird weitergegeben<br />
an Gernot, dann an Hagen.<br />
Was ist los? Was flüstert ihr? Will <strong>mir</strong> keiner etwas<br />
sagen? Ich bin hier der König!<br />
Eine schlimme Botschaft, mein König. Die Sachsen<br />
haben die Grenze überschritten. Ihre Heere<br />
marschieren auf Worms zu. Alle laufen<br />
durcheinander.<br />
Alles stürzt über uns zusammen. Nur ein Wunder kann<br />
uns noch retten.<br />
Das Bild erstarrt. Beppo kehrt die Papierfetzen unter<br />
den Teppich. Man hört Pferdegetrappel. Gernot<br />
schaut durch ein Fernglas.<br />
Ein fremder Reiter mit Gefolge. Was hat <strong>das</strong> zu<br />
bedeuten? Kennst du ihn, Hagen? Er gibt ihm <strong>das</strong><br />
Fernglas.<br />
langsam und bedeutungsvoll. Wunder fallen nicht<br />
immer vom Himmel. Manchmal kommen sie auch zu<br />
Pferd.<br />
Ein Wunder?<br />
Wer ist <strong>das</strong>?<br />
Das kann nur Einer sein! Dieses herausgeputzte Pferd!<br />
Diese edelsteinüberhäufte Rüstung! Dieses sagenhafte<br />
Goldhaar! Dieses geheimnisumwobene Schwert! Das<br />
kann nur Einer sein!<br />
Wer ist <strong>das</strong>, Hagen? Ich bitte dich, sage es uns endlich!<br />
Das ist der Wunderknabe aus Xanten. Siegfried, der<br />
Drachentöter, der Besitzer der Tarnkappe und des<br />
riesigen Nibelungenschatzes. Der schöne Siegfried, der<br />
Liebling aller Frauen.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 11-
Gernot<br />
Hagen<br />
Ute<br />
Giselher<br />
Hagen<br />
Gernot<br />
Gernot<br />
Diener<br />
Hagen<br />
Siegfried<br />
Hagen<br />
Gunther<br />
Siegfried<br />
Hagen<br />
Ja und?<br />
Was will er bei uns? Kampf? Streit? Eine Frau?<br />
Kriemhild!<br />
Komm, mein Kind! Wir ziehen uns zurück! Kriemhild<br />
und Ute ab.<br />
Unsere Schwester? Niemals!<br />
Sachte, sachte, liebster Giselher. Natürlich wird er<br />
Kriemhild nicht ohne Gegenleistung bekommen. Wir<br />
werden uns seine Werbung zunutze machen. Gunther<br />
und Gernot nehmen Hagen freudig in die Mitte.<br />
Kriemhild für Brunhild.<br />
Und für die Sachsen!<br />
Wunder fallen nicht vom Himmel. Genausowenig wie<br />
Helden. Sie werden gemacht, um sich ihrer zu<br />
bedienen.<br />
Siegfried, der Prinz aus Xanten. Ein Gong ertönt.<br />
Siegfried tritt auf.<br />
Willkommen in Worms, Drachentöter. Er geht auf<br />
Siegfried zu.<br />
Seid gegrüsst, König Gunther; und Ihr, edle Recken.<br />
Ich bin Hagen von Tronje, ein Ratgeber König<br />
Gunthers.<br />
Ich bin König Gunther. Dies sind meine Brüder:<br />
Gernot und Giselher. Interessiert mustert Siegfried,<br />
den Daumen im Gürtel, die Anwesenden.<br />
Und wo ist eure Schwester? Die schöne Kriemhild? Er<br />
hebt einen Stickrahmen hoch, der noch auf<br />
Kriemhilds Stuhl liegt. Wollt ihr sie vor <strong>mir</strong><br />
verstecken? Ihretwegen ritt ich nach Worms. Sie allein<br />
begehre ich als Königin in Xanten.<br />
Eure Werbung ehrt uns. Jedoch überrascht uns Eure<br />
Eile. Wir...<br />
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Kein Aufführungsrecht.<br />
- 12-
<strong>Spiel</strong> <strong>mir</strong> <strong>das</strong> <strong>Nibelungenlied</strong><br />
Siegfried Warum lange reden? Weil ich den Nibelungenschatz<br />
besitzen wollte, erschlug ich die Könige Schilbung und<br />
Nibelung. Und weil ich Kriemhild besitzen will, kam<br />
ich hierher.<br />
Gernot Gunther ist sicherlich bereit, mit dir darüber zu reden,<br />
Siegfried, aber unsere Herzen sind zum Feiern zu<br />
betrübt.<br />
Siegfried Was bedrückt euch?<br />
Hagen Die Sachsen sind in unser Land eingefallen und<br />
zwingen uns zum Handeln. Unser Heer ist noch nicht<br />
gerüstet...<br />
Siegfried lacht. Die Sachsen! Sattelt mein Pferd und richtet die<br />
Hochzeit. In einer Woche bin ich wieder zurück.<br />
Giselher Du willst uns helfen, Siegfried?<br />
Siegfried Na klar, wenns was zu kämpfen gibt, könnt ihr immer<br />
auf mich zählen.<br />
Hagen Damit nehmt Ihr uns eine Last von der Seele.<br />
Siegfried Was denkt Ihr, König Gunther? Ihr redet kein Wort?<br />
Gernot Eine Frau hat ihm vollkommen den Kopf verdreht.<br />
Giselher Gunther hat um die Königin von Island geworben.<br />
Siegfried Brunhild? Oh! Da habt Ihr euch aber viel<br />
vorgenommen?<br />
Hagen Ihr kennt die <strong>Spiel</strong>regeln?<br />
Siegfried Das ist kein <strong>Spiel</strong>! Mit menschlichen Kräften ist dieser<br />
Kampf nicht zu gewinnen.<br />
Hagen Was meint Ihr damit?<br />
Siegfried Es gibt nur einen Mann, der diese Frau besiegen kann.<br />
Gunther Wer ist <strong>das</strong>?<br />
Siegfried Ich!<br />
Gunther So bin ich verloren.<br />
Siegfried König Gunther, ich will Euch helfen, Brunhild zu<br />
erwerben, wenn Ihr <strong>mir</strong> Eure Schwester Kriemhild zur<br />
Frau gebt.<br />
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- 13-
Gunther<br />
Gernot<br />
Giselher<br />
Siegfried<br />
Hagen<br />
Siegfried<br />
Ansager<br />
Kind<br />
Bauer<br />
Kind<br />
Bauer<br />
Kind<br />
Bauer<br />
Meine Hand darauf.<br />
Kriemhild für Brunhild!<br />
Und für die Sachsen!<br />
Natürlich, die Sachsen. Kümmern wir uns erst um die<br />
Sachsen. Tauchen wir unsere Schwerter in ihr Blut!<br />
Lasst uns zuvor zur Messe gehen und unsere Waffen<br />
segnen. Er wirft seinen Umhang um.<br />
Gut. Auf zur Messe!<br />
6. Bild: Bauern<br />
Ein Bauer steht am Bühnenrand mit seiner Mistgabel<br />
und wischt sich die Stirn. Schild: „Auf dem Lande“.<br />
Die Wormser haben mit Siegfrieds Hilfe die Schlacht<br />
gewonnen. Im ganzen Land ist die Freude gross. Naja,<br />
vielleicht doch nicht überall...<br />
Das Bauernkind kommt gerannt.<br />
Vater, Vater, hast du es schon gehört?<br />
Was?<br />
Die Sachsen sind geschlagen.<br />
Hm.<br />
Vater, wir haben gesiegt!<br />
Wir? Wer wir? Wir Bauern? Unsere Felder sind<br />
verwüstet. Unser Vieh ist abgeschlachtet. Und wir sind<br />
am Verhungern. Für uns kleine Leute ist es gleich, ob<br />
die Sachsen siegen oder unsere Herren aus Worms.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 14-
Ansager<br />
Ansager<br />
Ansager<br />
Ansager<br />
Ansager<br />
<strong>Spiel</strong> <strong>mir</strong> <strong>das</strong> <strong>Nibelungenlied</strong><br />
7. Bild: Eroberung Brunhilds<br />
Die Gaukler bilden zwei Gruppen. Sie tragen Fahnen,<br />
Mützen und Schals zweier Fussballclubs (Jungen –<br />
Mädchen). Schild: “Island“.<br />
Hochverehrtes Publikum, heute zeigen wir euch, wie<br />
Gunther Brunhild gewann. Natürlich ist auch unser<br />
Held Siegfried wieder mit dabei, wenn wir ihn auch<br />
nicht ständig sehen können. Denn Siegfried ist<br />
unsichtbar, wenn er die Tarnkappe trägt. Zuerst sehen<br />
Sie Brunhild, die schöne, starke, eiserne Jungfrau. Sie<br />
lässt sich von keinem Mann auf den Arm nehmen. Da<br />
ist sie!<br />
Trommelwirbel. Brunhild kommt durch den<br />
Vorhang, im Leichtathletikdress, darüber einen<br />
langen Umhang und eine Krone auf dem Kopf. Die<br />
Fans jubeln.<br />
Und nun kommt Gunther, der weder Kosten noch<br />
Mühen gescheut hat, diese Fau zu erringen. Wird er es<br />
schaffen? Da ist Gunther!<br />
Gunther, ebenfalls in Leichtathletikanzug mit langem<br />
Umhang und Krone. Auch seine Fans jubeln.<br />
Und jetzt sehen Sie Siegfried, den Helden, der den<br />
Drachen bezwang.<br />
Trommelwirbel. Der Vorhang bewegt sich. Niemand<br />
ist zu sehen.<br />
Aha, Sie sehen, Siegfried trägt bereits die Tarnkappe,<br />
drum sehen Sie ihn nicht, wie Sie sehen.<br />
Brunhild und Gunther werfen ihre Umhäge ab. Sie<br />
laufen sich warm, machen Lockerungsübungen.<br />
Der Kampf beginnt. Erste Runde: Lanzenstechen.<br />
Gong. Wer umfällt, hat verloren. Brunhild hat den<br />
ersten Stich. Mehrere Gauklerinnen reichen Brunhild<br />
einen Speer. Brunhild wippt vor und zurück,<br />
konzentriert sich... Gunther zuckt zusammen.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 15-
Gunther<br />
Siegfried<br />
Ansager<br />
Ansager<br />
Ansager<br />
Ansager<br />
Ansager<br />
Ansager<br />
Ansager<br />
Wer hat mich da berührt? Er blickt um sich. Niemand<br />
ist zu sehen. Man hört Siegfrieds Stimme.<br />
Hab keine Angst, ich bin es, Siegfried. Ich werde den<br />
Stoss schon abfangen.<br />
Brunhild nimmt Anlauf. Trommelwirbel; sie sticht<br />
zu. Tusch. Gunther strauchelt, fällt aber nicht.<br />
Im Gegenstich jetzt Gunther.<br />
Gunther nimmt Anlauf; Trommelwirbel; er sticht zu.<br />
Brunhild stürzt mit einem Schrei.<br />
Das hätte Gunther nicht allein geschafft! Sieger in der<br />
ersten Runde: König Gunther! Gunthers Fans jubeln.<br />
Zweite Runde: Steinschleudern. Gong.<br />
Gaukler bringen Styroporbrocken herein. Gunther<br />
und Brunhild stehen nebeneinander, Gesicht zum<br />
Publikum.<br />
Auf die Plätze, fertig, los!<br />
Trommelwirbel. Beide werfen gleichzeitig die<br />
Brocken ins Publikum.<br />
Brunhild: 1429 Meter. -Gunther: 1430 Meter. Jubel<br />
von Gunthers Anhängern.<br />
Dritte Runde: Weitsprung. Gong.<br />
Beide gehen in Startposition. Trommelwirbel. Sie<br />
springen ab und verschwinden aus dem Blickfeld der<br />
Zuschauer. Der Ansager verfolgt ihren Flug durchs<br />
Fernglas.<br />
Gunther hat gewonnen! Das war ein neuer Weltrekord.<br />
Ein Glück für Gunther, <strong>das</strong>s es Tarnkappen gibt. Jubel<br />
bei Gunthers Fans. Die stolze Brunhild ist besiegt und<br />
wird Gunthers Frau, ob sie will oder nicht.<br />
Gunther und Brunhild erscheinen wieder auf der<br />
Bühne, Gunther in Siegerpose, Brunhild geschlagen,<br />
verwirrt, sauer.<br />
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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 16-
Junge<br />
Beppo<br />
Junge<br />
Beppo<br />
Giselher<br />
Gernot<br />
Giselher<br />
8. Bild: Idylle<br />
<strong>Spiel</strong> <strong>mir</strong> <strong>das</strong> <strong>Nibelungenlied</strong><br />
Beppo kehrt.<br />
Hat die Brunhild nicht geschnallt, <strong>das</strong>s Gunther und<br />
Siegfried sie ausgetrickst haben?<br />
Zuerst nicht. Na, vielleicht hat sie geahnt, <strong>das</strong>s nicht<br />
alles mit rechten Dingen zuging. Aber sie konnte sich<br />
ihre Niederlage nicht erklären. Und so musste sie<br />
Gunther und seinen Getreuen nach Worms folgen. Dort<br />
wurde ihnen ein grosser Empfang bereitet. Brunhild<br />
wurde herzlich aufgenommen und die Hochzeitsvorbereitungen<br />
begannen.<br />
Und Siegfried?<br />
Ja, Siegfried musste Gunther daran erinnern, <strong>das</strong>s ihm<br />
als Belohnung für seine Hilfe Kriemhild versprochen<br />
war. Als der Frühling ins Land zog, wurden die beiden<br />
Hochzeiten mit grosser Pracht und Herrlichkeit<br />
gefeiert.<br />
Die Bühne wird hell. Unter einem blühenden Baum<br />
sitzen nebeneinander Gunther und Brunhild,<br />
Siegfried und Kriemhild. Die Szene soll wie ein<br />
Gemälde wirken. Gunther hält Brunhilds Arm und<br />
schaut sie an, während Brunhild Siegfried mit<br />
glühenden Blicken verschlingt. Kriemhild und<br />
Siegfried sind einander zugewandt und haben nur<br />
Augen für einander. Hinter Siegfried steht Hagen.<br />
Das Bild ist unbewegt. Gernot und Giselher stehen<br />
abseits und schauen <strong>das</strong> Bild an. Vielleicht<br />
fotografieren sie. - Schild: „Worms“.<br />
Ach, Gernot, war <strong>das</strong> eine wunderschöne Hochzeit. Es<br />
ist doch wahr: Die Liebe siegt über alles. Und schau<br />
nur, wie glücklich alle sind.<br />
Wovon sprichst du, liebster Giselher?<br />
Siegfried und Kriemhild sind ganz in ihr Glück<br />
versunken...<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 17-
Gernot<br />
Und? Siehst du sonst noch einen Glücklichen?<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Giselher Aber... Gunther, unser Bruder, ist er denn nicht<br />
glücklich? Er hat so heftig um Brunhild geworben, und<br />
nun ist sie endlich seine Frau. Sie ist eine bezwingende<br />
Schönheit.<br />
Gernot Bezwingend. Das ist gut. Das ist sogar sehr gut. Sie hat<br />
ihn im wahrsten Sinne des Wortes bezwungen.<br />
Geradezu gefesselt hat sie ihn in ihrer Hochzeitsnacht.<br />
O du naiver Kindskopf, wo hast du nur deine Augen<br />
und Ohren? Fernes, leises Donnergrollen.<br />
Giselher Was meinst du? Glaubst du, Brunhild liebt unseren<br />
Bruder nicht?<br />
Gernot Wie kommst du darauf? Sie hat ja nur Augen für den<br />
starken, mächtigen König Gunther, wie du siehst.<br />
Giselher betroffen. Aber - sie schaut ihn ja gar nicht an!<br />
Gernot Was du nicht sagst! Siegfried ist ja auch wirklich ein<br />
toller Mann! Und wie zahm er geworden ist! Sogar<br />
Hagen scheint zu seinen Fans zu gehören.<br />
Giselher Alle lieben Siegfried.<br />
Gernot auflachend. Ja, alle lieben Siegfried. Die einen<br />
bewundern sein schönes Gesicht, die anderen<br />
bestaunen seinen starken, fast unverletzlichen<br />
Rücken...<br />
Giselher Das hört sich an, als wärst du eifersüchtig.<br />
Donnerschlag. Ich glaube, es gibt ein Unwetter.<br />
Gernot Das fürchte ich auch. Donner- und Regengeräusche.<br />
Alle erheben sich. Die Männer spannen Regenschirme<br />
auf. Die Damen verlassen - beschirmt - die<br />
Bühne. Dabei drängt Brunhild Kriemhild in den<br />
Hintergrund und geht mit stolz erhobenem Kopf an<br />
ihr vorbei. Brunhild gibt Gunther einen Stoss. Er<br />
strauchelt.<br />
- 18-
Junge<br />
Beppo<br />
Junge<br />
Beppo<br />
Gernot<br />
Gunther<br />
Gernot<br />
Gunther<br />
Gernot<br />
Gunther<br />
<strong>Spiel</strong> <strong>mir</strong> <strong>das</strong> <strong>Nibelungenlied</strong><br />
9. Bild: Intrigen (9 Blackouts)<br />
Beppo kehrt.<br />
Der Gernot, ist der wirklich eifersüchtig auf Siegfried?<br />
Ja, nicht nur Gernot. Seit der Hochzeit ist jetzt schon<br />
einige Zeit vergangen. Siegfried steht dem König mit<br />
Rat und Tat zur Seite und unterstützt ihn in allen<br />
seinen Unternehmungen. Er macht sich unentbehrlich<br />
und ist bei dem Volk sehr beliebt.<br />
Das ist doch gut – oder?<br />
Aber Siegfried sonnt sich richtig in seiner Beliebtheit.<br />
Und damit stellt er andere in den Schatten.<br />
Die folgenden neun Blackouts folgen ohne Pause<br />
rasch aufeinander. Man sieht nur die sprechenden<br />
Personen im Scheinwerferkegel. Die übrige Bühne<br />
liegt im Dunkeln.<br />
Blackout 1<br />
Gunther sitzt auf einem Sessel in der Mitte. Gernot<br />
steht hinter dem Sessel. Jubelrufe:“Siegfried,<br />
Siegfried...” verklingen langsam.<br />
die Rufe nachäffend. Siegfried, Siegfried! Wer ist hier<br />
eigentlich der König?<br />
Man bewundert ihn...<br />
Das Volk ist vernarrt in den Schönling. Es ist nicht gut,<br />
wenn die Leute nicht wissen, wem sie zuzujubeln<br />
haben!<br />
Was soll man tun? Wir haben ihm viel zu verdanken.<br />
Langsam geht er <strong>mir</strong> auf die Nerven, unser schöner<br />
Schwager Siegfried! Du fragst nur ihn um Rat, auf uns<br />
hörst du gar nicht mehr. Er ist der grosse Held. Er darf<br />
sich alles erlauben. Auch Hagen macht sich Gedanken.<br />
Ich weiss, ich weiss!<br />
Trommelwirbel.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 19-
Kriemhild<br />
Brunhild<br />
Kriemhild<br />
Brunhild<br />
Kriemhild<br />
Brunhild<br />
Kriemhild<br />
Brunhild<br />
Kriemhild<br />
- 20-<br />
Blackout 2<br />
Kriemhild und Brunhild stehen am Fuss einer<br />
Treppe/Leiter rechts auf der Bühne. Man hört Kirchenmusik.<br />
Am oberen Ende der Treppe sieht man<br />
ein Kirchenportal. Brunhild geht eine Stufe hoch.<br />
Oh, Brunhild, willst du wieder einmal den Vortritt<br />
haben?<br />
Der Königin lässt man den Vortritt. So geziemt es sich<br />
bei Hofe.<br />
geht an ihr vorbei. Du bist nur Gunthers Frau. Mein<br />
Bruder ist ein bisschen glanzlos geworden, findest du<br />
nicht auch?<br />
geht an ihr vorbei. Das sieht so aus, weil Siegfried es<br />
glänzend versteht, sich in den Vordergrund zu drängen.<br />
geht an ihr vorbei. Er drängt sich nicht, er steht im<br />
Vordergrund. Wo Siegfried ist, stehen alle anderen<br />
Männer im Hintergrund. Er ist der eigentliche König.<br />
geht an ihr vorbei. Gunther hat erreicht, was vor ihm<br />
kein Mann geschafft hat. Er hat mich im Zweikampf<br />
besiegt. Siegfried hat diesen Kampf nicht gewagt –<br />
leider.<br />
lacht, geht auf die gleiche Stufe. Siegfried hat schon<br />
ganz andere Drachen bezwungen! Er fand dich nicht<br />
besonders attraktiv, meine Liebe. Er hat dir nicht die<br />
Ehre erwiesen, dich offen zu besiegen. Aber er hat dich<br />
geschafft, glaube <strong>mir</strong>! Er hat es getan, um mich zu<br />
erringen. So war <strong>das</strong>.<br />
schlägt die Hände vors Gesicht. Das ist nicht wahr!<br />
Siegfried hat dich bezwungen. Mit seiner List, seiner<br />
Kraft und mit seiner Tarnkappe. Gunther war nur zum<br />
Schein der Sieger, wie er jetzt nur zum Schein König<br />
ist. Und nun lass mich vorbei. Der wahren Königin<br />
lässt man den Vortritt. So geziemt es sich bei Hofe.<br />
Sie geht an Brunhild vorbei und steht ganz oben.<br />
Trommelwirbel.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.
Hagen<br />
Gunther<br />
Hagen<br />
Gunther<br />
Gunther<br />
Giselher<br />
Gunther<br />
Giselher<br />
<strong>Spiel</strong> <strong>mir</strong> <strong>das</strong> <strong>Nibelungenlied</strong><br />
Blackout 3<br />
Gunther sitzt auf dem Sessel in der Mitte. Hagen<br />
steht hinter ihm.<br />
Das war zu viel! Er hat Brunhild gedemütigt. Meine<br />
Königin weint vor Zorn.<br />
Aber Siegfried hat doch gar nichts gesagt. Das war<br />
doch reines Weibergeschwätz.<br />
Trotzdem, <strong>das</strong> war zu viel! Warum konnte er sein Maul<br />
nicht halten? Warum musste er bei Kriemhild mit<br />
seinen Heldentaten angeben? Die Tränen der Königin<br />
schreien nach Rache!<br />
Hör auf, hör auf damit! Vielleicht brauche ich ihn<br />
noch!<br />
Trommelwirbel.<br />
Blackout 4<br />
Gunther sitzt im Sessel in der Mitte. Giselher am<br />
Boden vor Gunther.<br />
Die Königin redet seit Tagen kein Wort mit <strong>mir</strong> und<br />
fühlt sich betrogen. Sie weint und verweigert jegliche<br />
Nahrung, bis sie ihre Rache bekommt. Hagen geht <strong>mir</strong><br />
aus dem Weg und Gernot hetzt und hetzt gegen<br />
Siegfried. Alle wollen, <strong>das</strong>s ich stark bin. Aber keiner<br />
tut etwas.<br />
Wir haben Siegfried viel zu verdanken. Er hat uns<br />
immer geholfen, wenn wir ihn brauchten. Gerade dir!<br />
Das ist es ja! Er macht sich unentbehrlich. Er wird zu<br />
stark. Man verachtet mich. Ich glaube, sie haben Recht:<br />
Siegfried muss weg.<br />
Ich will von alledem nichts wissen. Ich bewundere<br />
Siegfried und ich will nicht, <strong>das</strong>s er gekränkt wird.<br />
Trommelwirbel.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 21-
Siegfried<br />
Gernot<br />
Siegfried<br />
Gernot<br />
Siegfried<br />
Brunhild<br />
Hagen<br />
Brunhild<br />
Hagen<br />
Brunhild<br />
Hagen<br />
Brunhild<br />
Blackout 5<br />
Siegfried und Gernot sitzen auf einem Tisch links.<br />
Es tut <strong>mir</strong> ja so Leid, <strong>das</strong>s Kriemhild ihren Mund nicht<br />
halten konnte. Das ist zu dumm!<br />
Geschehen ist geschehen.<br />
klopft ihm auf die Schulter. Aber wir Männer werden<br />
uns doch von dem Krach der Frauen nicht auseinander<br />
bringen lassen. Ich habe Kriemhild befohlen, sich<br />
schnellstens wieder mit Brunhild zu versöhnen.<br />
Ach ja?<br />
Klar! Ich will keinen Streit im Haus! Kriemhild ist<br />
doch wirklich ein Schatz! Aber <strong>das</strong>s die Frauen einfach<br />
ihren Mund nicht halten können! Ich sage dir,<br />
Kriemhild hat aus purer Eitelkeit bei Brunhild mit<br />
meinen Heldentaten angegeben. Er lacht und schüttelt<br />
den Goldkopf. Diese Frauen!<br />
Trommelwirbel.<br />
Blackout 6<br />
Tisch rechts aussen. Brunhild auf Hagens linker<br />
Seite, klammert sich an Hagen.<br />
Rette meine Ehre, Hagen. Ich bitte dich!<br />
Was soll ich tun, Königin?<br />
Räche meine verlorene Ehre, Hagen. Es wird auch dein<br />
Schaden nicht sein.<br />
Königin, was willst du, <strong>das</strong>s ich tue?<br />
laut. Töte Siegfried. Töte ihn. Es gibt keine andere<br />
Lösung.<br />
Brunhild, weisst du, was du von <strong>mir</strong> verlangst?<br />
Siegfried muss sterben. Und du bist der Einzige, der<br />
den Mut hat, ihn zu töten.<br />
Trommelwirbel.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 22-
Gernot<br />
Hagen<br />
Gernot<br />
Hagen<br />
Gernot<br />
Gunther<br />
Hagen<br />
Gunther<br />
Hagen<br />
<strong>Spiel</strong> <strong>mir</strong> <strong>das</strong> <strong>Nibelungenlied</strong><br />
Blackout 7<br />
Tisch rechts aussen. Gernot auf Hagens rechter Seite.<br />
Ja, <strong>das</strong> Mass ist voll;ich kann ihn nicht mehr sehen. Er<br />
macht uns alle klein. Er muss weg. Wir können ihn<br />
nicht mehr brauchen. Er muss weg, und zwar<br />
endgültig!<br />
Du hast gut reden: „Er muss weg”! Als ob Siegfried<br />
sich so leicht aus der Welt schaffen liesse!<br />
Er muss aus der Welt geschafft werden. Wenigstens<br />
aus unserer Welt. Was die Nachwelt mit diesem<br />
Helden anfangen wird, ist <strong>mir</strong> egal. Du wirst ihn töten,<br />
Hagen!<br />
Ich also soll eure Machtgelüste stillen?<br />
Es geht auch um deine Macht, Hagen. Räche die<br />
Königin und rette die Ehre Gunthers. Diese Tat wird<br />
dich mächtiger machen, als du es je warst!<br />
Trommelwirbel.<br />
Blackout 8<br />
Sessel in der Mitte Gunther und Hagen stehen links<br />
und rechts vom Sessel.<br />
Ich zögere, diesen Beschluss gut zu heissen, mein<br />
Freund.<br />
Gut gezögert, mein König.<br />
Siegfried töten? Ich sehe ein, <strong>das</strong>s er <strong>mir</strong> nicht mehr<br />
nützen kann, <strong>das</strong>s er weg muss. Aber töten...?<br />
Siegfried muss sterben. Und ich werde ihn töten<br />
müssen. Gunther küsst ihn auf die Wange und geht.<br />
Als toter Held wird Siegfried ein guter Held sein. Man<br />
wird ihn verehren als den strahlenden, schönen, guten<br />
Helden. Und ich bin der einzige Gegenspieler für ihn:<br />
Der finstere, hässliche Bösewicht.<br />
Trommelwirbel.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 23-
Blackout 9<br />
Gunther steht links, Hagen rechts. ein Diener bringt<br />
Gunther eine Waschschüssel. Gunther wäscht sich<br />
die Hände „in Unschuld“, schaut sie an, sie sind rein.<br />
Er trocknet sie an einem weissen Handtuch ab.<br />
Gunther und Hagen sprechen abwechselnd die<br />
einzelnen Zeilen ihres Monologes ins Publikum.<br />
Gunther<br />
Hagen<br />
Die Fäden sind gespannt. Die Fallstricke sind ausgelegt.<br />
Die <strong>Spiel</strong>er sind bereit.<br />
Das <strong>Spiel</strong> nimmt seinen Lauf.<br />
Ich habe die schwerste Rolle. Es wird ein blutiges <strong>Spiel</strong>.<br />
Früher nützte <strong>mir</strong> Siegfried. Jeder hat seine Zeit.<br />
Jetzt brauche ich Hagen mehr. Jetzt braucht er mich.<br />
Er dient <strong>mir</strong> treu.<br />
Er ist mein König.<br />
Es geht um meine Ehre.<br />
Es geht um die Macht.<br />
Der Diener bringt Hagen die Schüssel. Er wäscht sich die Hände,<br />
schaut sie an, sie sind rot. Er trocknet sie am weissen Handtuch ab.<br />
Es wird rot. Er knüllt es zusammen und wirft es auf den Boden.<br />
Licht aus.<br />
Ansager<br />
10. Bild: Dia Abend<br />
Zwei Gaukler tragen ein Rednerpult in die Mitte der<br />
Bühne. Eine Leinwand wird aufgestellt. Ein Schild<br />
mit dem Namen des Aufführungsortes wird<br />
hereingetragen.<br />
Meine Damen und Herren, wir befinden uns hier in der<br />
Aula (dem Gemeindehaus, der Volkshochschule, dem<br />
Kultursaal...) von (Aufführungsort). Wie wir alle<br />
wissen, hat Hagen damals seinen finsteren Plan in die<br />
Tat umgesetzt. Doch über den Tatort streiten sich die<br />
Geister. Der Kulturschaffende, Herr Dr. Degenschild<br />
aus dem Odenwald, einem deutschen Mittelgebirge<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 24-
Degenschild<br />
<strong>Spiel</strong> <strong>mir</strong> <strong>das</strong> <strong>Nibelungenlied</strong><br />
unweit von Worms am Rhein, wird Sie mit den<br />
hochinteressanten Ergebnissen seiner Forschungen<br />
vertraut machen.<br />
Ein distinguierter Herr mit Brille, Fliege, Anzug<br />
(oder eine Dame mit Kostüm) und Zeigestock tritt an<br />
<strong>das</strong> Rednerpult.<br />
Guten Abend, meine sehr verehrten Damen und<br />
Herren, liebe Kinder, ich begrüsse Sie sehr herzlich zu<br />
unserem heutigen Dia-Abend. Ich darf mich kurz<br />
vorstellen: Mein Name ist Degenschild, Dr. Rüdiger<br />
(Gerhilde) Degenschild. Ich bin Quellenforscher,<br />
besser gesagt: Brunnenforscher aus Gras-Ellenbach im<br />
Odenwald und beschäftige mich seit vielen Jahren<br />
wissenschaftlich mit der Frage: Wo starb Siegfried?<br />
Die Antwort gleich vorweg: Siegfried starb am<br />
Siegfriedsbrunnen in Gras-Ellenbach. Wo sonst? Und<br />
nun folgen Sie <strong>mir</strong> bei meiner Beweisführung!<br />
Er zeigt mit dem Stock auf <strong>das</strong> 1. Dia (Gesamtansicht<br />
eines Dorfes). Dies ist Gras-Ellenbach, wie es heute<br />
aussieht. 2. Dia (Zeigt den Wald). Uns so sah es vor<br />
tausend Jahren aus. Damals hausten dort noch Bären<br />
und Löwen. Hier war ein bevorzugtes Jagdgebiet der<br />
Könige aus Worms, die des öfteren über den Rhein<br />
kamen und sich austobten. Und eines Tages im<br />
Spätherbst ritten Gunther, Gernot, Giselher, Hagen und<br />
die übrigen Recken zur Löwenjagd in den Odenwald.<br />
Nichts ahnend nahm auch der edle Siegfried an dem<br />
Jagdvergnügen teil. Als der König Hunger hatte, blies<br />
man ins Horn, und die Jäger versammelten sich auf<br />
einer Lichtung, um zu speisen. Sie assen Bärenschlegel,<br />
Löwenlendchen, Auerochsen-Geschnetzeltes<br />
und andere Köstlichkeiten. Durch eine List des<br />
finsteren Hagen war der Wein in den Spessart gebracht<br />
worden. Siegfried war sehr ärgerlich, weil er grossen<br />
Durst hatte, und Hagen schlug ihm einen Wettlauf zum<br />
nahegelegenen Siegfriedsbrunnen vor. 3. Dia (Zeigt<br />
eine Quelle oder einen Brunnen). Und hier, an diesem<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 25-
Ort starb Siegfried durch den tödlichen Speerstich des<br />
hinterhältigen Hagen, der den Mord später als einen<br />
ganz normalen Jagdunfall ausgab. An dieser Stelle<br />
muss sich Siegfried niedergebeugt haben, und Hagen<br />
verbarg sich wohl hinter dieser Linde hier ... 4. Dia<br />
(Zeigt ein mickriges Bäumchen). ... um seine grausame<br />
Tat auszuführen. Das ist <strong>das</strong> Ergebnis meiner<br />
Forschungen. Nun gibt es im Odenwald noch einige<br />
unbedeutende Ortschaften, die behaupten, die<br />
schreckliche Untat sei sozusagen auf ihrem Mist<br />
gewachsen, will sagen: habe sich an ihrem Dorfbrunnen<br />
zugetragen. Aber, liebe Kinder, meine sehr<br />
verehrten Damen und Herren, ich habe Ihnen mit<br />
meinen Dias bewiesen, <strong>das</strong>s der wahre Siegfriedsbrunnen<br />
nur in Gras-Ellenbach sein kann. Siegfrieds<br />
Mordort zieht auch heute noch viele Menschen an.<br />
Was suchen all diese Menschen hier im schönen<br />
Odenwald? Sie suchen Erholung, Ruhe, Kultur,<br />
Geschichte und sie wollen auch gut essen. Und wenn<br />
Sie sich nach dieser Fülle von historischen<br />
Informationen ein kulinarisches Vergnügen gönnen<br />
wollen, dann empfehle ich einen Besuch im Hotel<br />
Kriemhildenruh in Gras-Ellenbach. 5. Dia (Hotel<br />
Kriemhildenruh). Sie können dort im erlesenen<br />
Rahmen historische Köstlichkeiten geniessen, wie<br />
Lendchen à la Kriemhild an süss-sauren Waldhimbeeren,<br />
Hagenschlegel auf Béchamelkartöffelchen,<br />
Etzel-Geschnetzeltes vom Holzkohlengrill oder<br />
Brunhildengulasch am Spiess für zwei Personen.Es<br />
gibt übrigens auch Kinderteller. Ich wünsche Ihnen<br />
guten Appetit und danke Ihnen für Ihre<br />
Aufmerksamkeit. Guten Abend.<br />
Licht aus.<br />
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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 26-
<strong>Spiel</strong> <strong>mir</strong> <strong>das</strong> <strong>Nibelungenlied</strong><br />
11. Bild: ... und was jetzt?<br />
Die Gaukler sitzen überall herum. Alles sieht etwas<br />
derangiert aus. Beppo kehrt nicht. Wulle sitzt in einer<br />
Tonne.<br />
Ansager Meine Damen und Herren, ich muss mich<br />
entschuldigen, wir wissen nicht so recht, wie wir Sie<br />
jetzt weiter unterhalten sollen. Wir sind ziemlich ratlos.<br />
Hören Sie selbst...<br />
Sascha Und was machen wir jetzt?<br />
Beppo Wieso? Wir machen weiter mit der Nibelungengeschichte.<br />
Uli<br />
Aber Siegfried, unser Held, ist doch tot!<br />
Sigi Ich könnte den Hagen erschlagen. Der hat unseren<br />
Helden kaputt gemacht.<br />
Junge Warum braucht ihr denn unbedingt einen Helden?<br />
Kann man nicht ohne Held weiterspielen?<br />
Wulle erhebt sich aus der Tonne. Ohne Held kein Geld. So<br />
ist die Welt.<br />
Verschwindet wieder in der Tonne.<br />
Sascha Er muss schön sein.<br />
Uli<br />
Und stark.<br />
Tini Und die Frauen müssen ihm zu Füssen liegen.<br />
Sigi Könnte man die Nibelungengeschichte nicht zu einem<br />
guten Ende bringen?<br />
Wulle Ein neuer Held könnte auftreten und Kriemhild könnte<br />
sich in ihn verlieben.<br />
Ein Westernheld erscheint in einem roten Licht.<br />
Musik.Vielleicht zündet er sich lässig eine Marlboro<br />
an und spielt mit seinem Colt.<br />
Ansager Das ist eine andere Geschichte, ein anderes Stück.<br />
Verschwinde! Hier ist kein Platz für dich!<br />
Westernheld Hasta la vista, Baby. Verschwindet.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 27-
Beppo<br />
Hartmut<br />
Junge<br />
Beppo<br />
Beppo<br />
Kriemhild<br />
Wir sollten doch mit den Nibelungen weitermachen.<br />
Auch wenn <strong>das</strong>, was nun kommt, nur noch Mord und<br />
Totschlag ist.<br />
Dann machen wir doch weiter, damit wir’s hinter uns<br />
bringen<br />
Licht aus.<br />
12. Bild: Brautwerbung<br />
Beppo kehrt.<br />
Das mit dem Westernheld hätte ich gern gesehen. Aber<br />
ich will auch wissen, wie die Nibelungengeschichte<br />
weitergeht.<br />
Kriemhild lebte dreizehn Jahre lang in grossem Leid,<br />
ohne Siegfrieds Tod auch nur einen Tag vergessen zu<br />
können.<br />
Schattenbild: Kriemhild hält den toten Siegfried im<br />
Arm. Brunhild kommt, kniet zu seinen Füssen nieder,<br />
ersticht sich.<br />
Nach dreizehn langen Jahren kam Rüdiger von<br />
Bechlarn nach Worms, ein Abgesandter des<br />
Hunnenkönigs Etzel. Etzels Frau war vor einiger Zeit<br />
gestorben und man hatte ihm von der noch immer<br />
jungen und schönen Kriemhild erzählt. Der<br />
Hunnenönig beschloss wieder zu heiraten, und sein<br />
Vertrauter, Rüdiger von Bechlarn, sollte Kriemhild<br />
fragen, ob sie Etzels Frau, und damit Königin im<br />
Hunnenland werden wollte.<br />
Licht auf einen Stuhl in der Mitte. Kriemhild sitzt,<br />
Rüdiger steht vor ihr.<br />
Ich habe Euch rufen lassen, Rüdiger, obwohl ich Eure<br />
Botschaft bereits vernommen und die Werbung König<br />
Etzels abgelehnt habe.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 28-
<strong>Spiel</strong> <strong>mir</strong> <strong>das</strong> <strong>Nibelungenlied</strong><br />
Rüdiger Aber dreizehn Jahre sind seit Siegfrieds Tod<br />
vergangen, Königin. Nacht ist in Worms. Lasst die<br />
Toten ruhen und begrabt Eure Trauer. Kommt dahin,<br />
wo die Sonne scheint. Ihr seid noch jung und schön.<br />
Beginnt ein neues Leben an der Seite König Etzels.<br />
Kriemhild Für mich gibt es keine Sonne mehr seit jener Nacht.<br />
Rüdiger Ich verstehe Euch Herrin. Man hat Euch grosses Leid<br />
zugefügt und Euch tief verletzt. Wärt Ihr Herrn Etzels<br />
Gemahlin, keiner würde es je wieder wagen, Euch zu<br />
kränken.<br />
Kriemhild Ehe der Tag graut, werdet Ihr meine Entscheidung<br />
hören.<br />
Rüdiger verbeugt sich und geht.<br />
Kriemhild schreitet in grünes Licht getaucht unheilschwanger<br />
auf und ab. Sie macht immer wieder Pausen. Mit<br />
Siegfried hat man auch mich getötet. Allein der Hass<br />
hält mich am Leben. Ich forderte den Tod des Mörders,<br />
doch meine Brüder schützten Hagen. Zu tief waren sie<br />
selbst in die Tat verstrickt. Nun suchte ich Männer, die<br />
Hagen töten sollten. Durch den Nibelungenschatz, der<br />
<strong>mir</strong> seit Siegfrieds Tod gehörte, war ich unermesslich<br />
reich und mächtig, und Männer, die für Gold töten, gibt<br />
es genug. Doch Hagen ahnte die Gefahr und raubte <strong>mir</strong><br />
den Schatz. Zum Zeichen, <strong>das</strong>s ihnen der<br />
Nibelungenschatz gehörte, nennen sie sich seitdem<br />
Nibelungen. Doch dann versenkte Hagen den ganzen<br />
Schatz im Rhein. Nur Siegfrieds Schwert behielt er und<br />
trägt es – <strong>mir</strong> zum Hohn – an seinem Gürtel. Mordlust<br />
Junge<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
durchzuckt mein Herz bei diesem Anblick. Und<br />
fürchterliche Gedanken gehen in meinem Kopf herum.<br />
König Etzel ist ein Mann mit ungeheurer Macht. Und<br />
ungeheuer ist meine Chance. Ich werde Etzel heiraten.<br />
Und dann werde ich endlich meine Rache geniessen.<br />
Ich werde Hagens Kopf bekommen. Und es ist <strong>mir</strong><br />
ganz gleich, wie viele Köpfe sonst noch rollen werden.<br />
O Gott, was für eine böse Frau!<br />
- 29-
Ansager<br />
Giselher<br />
Gunther<br />
Giselher<br />
Gernot<br />
Gunther<br />
Hagen<br />
Gernot<br />
13. Bild: Rast der Nibelungen<br />
In der Mitte lagern Gunther, Gernot, Giselher,<br />
Hagen. Die anderen <strong>Spiel</strong>er sitzen deutlich von ihnen<br />
entfernt. Ein Wegweiser „Etzelburg”.<br />
Meine Damen und Herren, Kriemhilds Hochzeit mit<br />
dem Hunnenkönig Etzel liegt nun schon ein paar Jahre<br />
zurück. Nun hat sie ihre Verwandten aus der alten<br />
Heimat in Etzels Reich eingeladen. Die königlichen<br />
Herren sind aufgebrochen ins Hunnenland. Viele<br />
Bedienstete und Tausende bewaffneter Krieger<br />
begleiten sie. Eine Tagesreise vom Ziel entfernt gibt es<br />
eine Rast.<br />
Das ist wohl der letzte Halt vor unserer Ankunft auf<br />
der Etzelburg.<br />
Wir haben die Donau überquert, morgen werden wir<br />
unsere Schwester wieder sehen.<br />
Ich freue mich darauf.<br />
Ob Kriemhild wieder ganz die Alte ist? Ich wünschte,<br />
sie hätte ihre unglückseligen Rachegedanken begraben.<br />
Sie hat einen neuen Mann, ein grosses Reich, ein Kind.<br />
Als sie uns verliess, war sie ein Schatten ihrer selbst.<br />
Ich hoffe, <strong>das</strong>s sie diese unangenehme Sache mit<br />
Siegfried vergessen hat.<br />
Die Zeit heilt alle Wunden. Meinst du nicht auch,<br />
Hagen?<br />
Soll ich es noch einmal wiederholen? Ich habe dich<br />
schon in Worms gewarnt. Du hättest dieser Hochzeit<br />
mit Etzel niemals zustimmen dürfen, Gunther. Der<br />
zweite Gatte Kriemhilds ist gerade gut genug, den<br />
ersten zu rächen. Das ist es, was uns in Etzels Burg<br />
erwartet: ihre Rache.<br />
Feigling! Kehr doch um! Wir haben keine Rache zu<br />
befürchten, Hagen. Du erschlugst Siegfried, vergiss <strong>das</strong><br />
nicht!<br />
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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 30-
Hagen<br />
Gernot<br />
Gunther<br />
Gunther<br />
Gernot<br />
Giselher<br />
Rüdiger<br />
Giselher<br />
Rüdiger<br />
Giselher<br />
Sascha<br />
Rüdiger<br />
Gernot<br />
Rüdiger<br />
Tini<br />
Gernot<br />
<strong>Spiel</strong> <strong>mir</strong> <strong>das</strong> <strong>Nibelungenlied</strong><br />
Mir fehlt es nicht an Mut, <strong>das</strong> weisst du ganz genau.<br />
Doch keiner von uns wird den Rhein wieder sehen. Wir<br />
alle werden sterben.<br />
Du bist ein ewiger Schwarzseher, Hagen!<br />
Genug. Wir sollten gehen.<br />
Alle stehen auf, nehmen die Helme in die Hand,<br />
gürten die Schwerter. Rüdiger tritt auf.<br />
Rüdiger, Freund, sei uns willkommen!<br />
Alle begrüssen ihn freudig. Giselher umarmt ihn.<br />
Es ist schön, ein vertrautes Gesicht zu sehen.<br />
Kommst du von Etzels Burg?<br />
Ja.<br />
Dann ist alles gut!<br />
Nichts ist gut. Ich bin drei Tage und drei Nächte<br />
geritten, um euch zu sagen: Freunde, kehrt um! Warum<br />
kommt ihr ins Hunnenland?<br />
Wir wollen nichts von den Hunnen, unsere Schwester<br />
hat uns eingeladen!<br />
So viel Dummheit gehört verboten.<br />
Die Einladung kam nicht von eurer Schwester, sondern<br />
von Siegfrieds Witwe!<br />
bedächtig. Selbst wenn es wahr wäre, <strong>das</strong>s Kriemhild<br />
Böses gegen uns im Schilde führt, so sind wir doch<br />
auch König Etzels Gäste. Und die Gastfreundschaft ist<br />
uns allen heilig.<br />
schaut alle der Reihe nach an. Es wäre nicht <strong>das</strong> erste<br />
Mal, <strong>das</strong>s ein vertrauender Gast von seinen Gastgebern<br />
erschlagen wurde. Und wenn ihr als Gäste an Etzels<br />
Hof kommt, warum begleiten euch dann 9000<br />
bewaffnete Krieger?<br />
9000 Bewaffnete für einen Verwandtenbesuch! Die<br />
lügen doch wie gedruckt!<br />
zu Rüdiger. Wir danken dir für deinen Rat. Aber unser<br />
Entschluss steht fest.<br />
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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 31-
Gunther<br />
Gernot<br />
Wulle<br />
Uli<br />
Sigi<br />
Ansager<br />
Sigi<br />
Wulle<br />
Hartmut<br />
Beppo<br />
Gunther<br />
Hagen<br />
Rüdiger verbeugt sich und geht.<br />
Wir können nicht zurück, unsere Ehre steht auf dem<br />
<strong>Spiel</strong>.<br />
Es wäre feige umzukehren.<br />
Es ist unglaublich, wie viele Menschen schon<br />
umgekommen sind, weil einer Mut beweisen will.<br />
Ehre und Mut, <strong>das</strong> sind doch Vorwände. Hier geht es<br />
um Macht, Rache und Habgier, wie so oft. Und dafür<br />
schicken sie Tausende in den Tod.<br />
Wäre es nicht mutiger umzukehren?<br />
Ich fürchte, dafür ist es jetzt zu spät.<br />
Die meisten werden wohl in den Tod rennen, aber<br />
vielleicht können einzelne sich wehren und umkehren.<br />
Ich schlage vor, wir erklären den 9000 Leuten, was wir<br />
erkannt haben. Dann müssen die mutigen<br />
Staatsoberhäupter allein in den Krieg ziehen.<br />
Ich gehe mit, und wenn es mein Leben kostet. Ich will<br />
als Held in die Geschichte eingehen, nicht als Feigling.<br />
Er geht zu den <strong>Spiel</strong>ern in die Mitte. Giselher reicht<br />
ihm einen Helm.<br />
ruft ihm nach. Was ist feige? Was ist mutig?<br />
Der Einladung eines so mächtigen Königs nicht zu<br />
folgen wäre eine Beleidigung. Und <strong>das</strong> könnte nicht<br />
nur unserer Sicherheit schaden, sondern auch unserem<br />
guten Ruf.<br />
Also, dann weiter! Durch Bäche von Blut! Er schreibt<br />
auf den Wegweiser vor <strong>das</strong> Wort „Etzelburg” ein M.<br />
Licht aus.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 32-
Ansager<br />
Ansager<br />
Junge<br />
Beppo<br />
Hartmut<br />
Rüdiger<br />
Gunther<br />
Hagen<br />
14. Bild: Schlacht<br />
<strong>Spiel</strong> <strong>mir</strong> <strong>das</strong> <strong>Nibelungenlied</strong><br />
Grosse Kampfszenen: Schwertkämpfe, Ringkämpfe,<br />
Verfolgungsjagden, Tumult, Lärm. Weisse Leinwand,<br />
Schattenspiel. Dramatische Musik, Schwarzlicht,<br />
Nebelmaschine, Stroboskop, Blitz, Donner.<br />
Licht aus.<br />
15. Bild: Finale<br />
Alle liegen tot, aber sehr malerisch auf der Bühne.<br />
Nebel verzieht sich. Beppo auf seinen Besen gestützt<br />
und der Junge schauen sich <strong>das</strong> Bild an.<br />
Leider hatte damals keiner den Mut umzukehren. Und<br />
so kam es, wie es kommen musste. Kriemhilds Rache<br />
entfachte einen Kampf, der in einem Blutbad endete.<br />
Keiner hat überlebt, weder die Gastgeber noch die<br />
Gäste.<br />
Beppo beginnt zu kehren.<br />
Ich fürchte, mit Kehren kommt man hier nicht weiter.<br />
Sind <strong>das</strong> jetzt alles Helden? Wenn die Toten doch<br />
reden könnten!<br />
Versuchen wir’s doch mal!<br />
Er geht durch <strong>das</strong> Schlachtfeld, hebt einzelne<br />
„Leichen“ hoch, die jeweils reden und dann stehen<br />
bleiben.<br />
Ich wurde mit 300 Kameraden im Quartier überfallen<br />
und niedergemetzelt.<br />
Der Saal, in dem ich mit 500 Gefährten beim Essen<br />
sass, wurde über unseren Köpfen abgebrannt. Keiner<br />
von uns konnte dem Inferno entkommen.<br />
Meine Schwester Kriemhild liess mich hinrichten.<br />
Mich hat Kriemhild eigenhändig erschlagen.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
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Diener<br />
Sigi<br />
Gernot<br />
Degenschild<br />
Beppo<br />
Sascha<br />
Uli<br />
Wulle<br />
Tini<br />
mit tropfnassen Haaren. Ich wurde im Burggraben<br />
ertränkt.<br />
hängend, Kopf in der Schlinge. Wir wurden an den<br />
Zinnen der Burg aufgehängt.<br />
mit dem Kopf unterm Arm. Nun ratet mal, was <strong>mir</strong><br />
passiert ist.<br />
Ich bin nur vom Pferd gefallen. Beim historischen<br />
Nibelungenfestzug kurz hinter Gras-Ellenbach.<br />
Die Nibelungen sind schon lange tot.<br />
springt auf. Wir aber leben noch!<br />
Alle kommen hoch.<br />
Es gibt ein Leben vor dem Tod!<br />
Machen wir <strong>das</strong> Beste draus!<br />
zum Publikum. Und ihr auch!<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
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