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JOHANN SCHNEIDER-AMMANN<br />

Um ihn werden sich einst<br />

keine Mythen ranken wie<br />

um Rudolf Minger und General<br />

Guisan. Er ist weniger<br />

charismatisch als<br />

Adolf Ogi, nicht so populär<br />

wie Willi Ritschard, nicht<br />

so machtbesessen wie<br />

Kurt Furgler und mit<br />

grosser Wahrscheinlichkeit<br />

wird man für ihn<br />

nicht einen Marsch komponieren<br />

wie für Rudolf<br />

Gnägi. Johann Schneider-<br />

Ammann gemahnt nicht<br />

an einen Politiker und<br />

schon gar nicht an den typischen<br />

Politiker, den die<br />

«Mediokratien» des 21.<br />

Jahrhunderts hervorbringen.<br />

Sein Wesen und Wirken<br />

ist nicht auf mediale<br />

Wirkung, auf Aussenwahrnehmung<br />

ausgerichtet, wie<br />

bei den typischen modernen<br />

Politikern. Sein geht<br />

bei ihm vor Schein. Sein<br />

«Medien-Ego» ist klein.<br />

Johann Schneider-Ammann<br />

personifiziert den<br />

Unternehmer, der im direkten<br />

Gespräch durch Argumente<br />

überzeugt, den<br />

lösungsorientierten Pragmatiker.<br />

Er verrät feinen<br />

Sinn für Ironie und britischen<br />

Humor, und gerne<br />

wird seine Durchsetzungskraft<br />

unterschätzt. Sein<br />

Charisma wirkt im kleinen<br />

Kreis, nicht draussen auf<br />

der Galerie. Er braucht<br />

keinen medialen Lärm<br />

nach dem Motto: «Ich<br />

Bundesrat Johann<br />

Schneider-Ammann<br />

kennt den Oberaargau<br />

sehr gut.<br />

ZUSATZINFOS<br />

Kein Bundesrat wie jeder andere<br />

werde in den Medien gut<br />

dargestellt, also bin ich.»<br />

Wer es gern salopp formuliert<br />

mag: In ihm steckt<br />

mehr Inspektor Columbo<br />

als Georg Clooney. So gesehen<br />

ist Johann Schneider-Ammann<br />

ein untypischer,<br />

ein altmodischer<br />

und deshalb ein – guter,<br />

ein aussergewöhnlicher<br />

Politiker. Im Urteil der Geschichte<br />

wird er einst sehr<br />

viel besser dastehen, als<br />

im Urteil der medialen<br />

Zeitgenossen. Im Rückblick<br />

wird er als einer der<br />

grossen Bundesräte gewürdigt<br />

werden – und natürlich<br />

auch als einer der<br />

grössten Oberaargauer aller<br />

Zeiten.<br />

Zur Technologie gehört auch das Handy.<br />

Wie müssen wir uns das vorstellen: Klingelt<br />

ab und zu während einer Bundesratssitzung<br />

das Handy?<br />

Nein, das tut es nicht. Denn das Handy ist<br />

nicht nur ein Schreibgerät, es dient nicht nur<br />

dazu, Mails und Informationen abzurufen.<br />

Es ist auch ein Impulsgeber, der Standort ist<br />

jederzeit erkennbar und es ist sogar möglich,<br />

dass über das Handy jemand mithören kann,<br />

was im Raum gesprochen wird. Deshalb werden<br />

unsere Handys vor jeder Sitzung in einen<br />

Tresor eingeschlossen. Nach der Sitzung<br />

erhalten wir sie wieder zurück. Zu keinem<br />

Zeitpunkt ist im Bundesratszimmer ein Handy<br />

erlaubt.<br />

Wie müssen wir uns eine Bundesratssitzung<br />

vorstellen? Geht es da laut zu und<br />

her und wird auch mal mit der Faust aufs<br />

Pult gehauen?<br />

Nein. Es läuft sehr formell. Im normalen Leben<br />

sind wir alle per Du. Aber während den<br />

Sitzungen siezen wir uns.<br />

Ist das tatsächlich so?<br />

Ja, das ist so. Erst nach der Sitzung gehen<br />

wir wieder zum vertrauten Du über.<br />

Als Bundesrat sitzen Sie jetzt sozusagen<br />

auf der anderen Seite als zuvor als Nationalrat.<br />

Inwieweit verändert sich die Sichtweise,<br />

wenn man von der Legislative in<br />

die Exekutive wechselt?<br />

Natürlich sitzt man nicht mehr an der gleichen<br />

Seite des Tisches. Als Unternehmer, als<br />

Mitglied von Swissmem und als Nationalrat<br />

sass ich jeweils auf den Stühlen, auf denen<br />

Sie jetzt sitzen. Auf dem Stuhl, auf dem ich<br />

jetzt sitze, sass damals Frau Leuthard. Als<br />

Departementschefin musste sie sich jeweils<br />

anhören, was sie alles machen müsste und<br />

nicht macht. Seit ich dann selbst in den Bundesrat<br />

wechselte und das WBF übernahm,<br />

höre ich mir jeweils an, wie mir meine alten<br />

Kollegen die Leviten lesen und mir vorhalten,<br />

was ich alles nicht tue. Ich bin also in<br />

einer völlig anderen Rolle als vorher. Oder<br />

mit anderen Worten: Es war ein grosser<br />

Wechsel vom Parlamentarier zum Bundesrat,<br />

an den ich mich gewöhnen musste.<br />

Wo liegt denn dieser Unterschied?<br />

Als Bundesrat führen wir strategisch und<br />

tragen damit Verantwortung. Als Parlamentarier<br />

ist man das Bindeglied zwischen der<br />

Regierung und dem Bürger. Als Nationalrat<br />

war ich einer von 200. Man setzt sich für<br />

seine Interessen resp. für jene der Wählerinnen<br />

und Wähler und der Partei ein. Als Bundesrat<br />

trägt man mit sechs anderen Regierungsmitgliedern<br />

die Verantwortung.<br />

Können Sie als Bundesrat noch Parteipolitik<br />

machen?<br />

Nein, als Bundesrat mache ich keine Parteipolitik.<br />

Aber klar ist, dass ich ein FDP-Politiker<br />

bin und bleibe. Ich war in diesem Monat<br />

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