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Stadt-Anzeiger 633

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<strong>Stadt</strong>-<strong>Anzeiger</strong> Nr. <strong>633</strong> 14. Februar 2018 Seite13<br />

„Im Wald und auf der Heide…“ hat Dr. Bernd Sommer sein Refugium als Naturfreund und Weidmann gefunden<br />

„Das ist des Jägers Ehrenschild: Den Schöpfer im Geschöpfe ehren“<br />

Mächtig erhebt sich im lippischen<br />

Südosten zwischen Schieder und<br />

Elbrinxen das Schwalenberger<br />

„Mörth“ bis auf 446 Metern Höhe.<br />

Ein Großteil dieser Hochmoorfläche<br />

ist heute mit Fichten- und<br />

Lärchenkulturen bepflanzt. In dieser<br />

zusammenhängenden Waldregion<br />

hat Dr. Bernd Sommer aus Bad<br />

Meinberg seinen Ort gefunden, an<br />

den er sich gerne zurückzieht. Sein<br />

gepachtetes Jagdrevier umfasst 200<br />

Hektar und besteht überwiegend aus<br />

Waldbestand. Es ist Lebensraum von<br />

Nieder-, Dam- und Schwarzwild. Auf<br />

zwei Wiesenflächen treten die Tiere<br />

aus dem Schutz des Waldes heraus.<br />

Weidmänner (und Frauen) haben es<br />

bei ihrer Freizeitbeschäftigung aber<br />

nicht immer leicht. Beim Thema Jagd<br />

scheiden sich die Geister. Manche<br />

halten sie für überflüssig. Bernd<br />

Sommer ist überzeugt, dass er das<br />

Richtige tut. Dabei weiß er sich mit<br />

fast 390.000 Jägern in Deutschland<br />

und mit über 80 Prozent der Bevölkerung<br />

einig, die die Jagd und den<br />

damit verbundenen Naturschutz als<br />

sinnvoll und notwendig ansehen<br />

(Erhebung IfA-Institut).<br />

Hege und Pflege von<br />

Natur und Wild<br />

Jagd bedeutet Hege und Pflege<br />

der Natur und wilden Tiere. Dessen<br />

ist sich Dr. Sommer bewusst. Mit<br />

Respekt und großer Sorgfalt nimmt<br />

er diese Aufgabe wahr. Dabei pflegt<br />

der 50-Jährige die uralte Tradition<br />

dieses Handwerks und achtet ebenso<br />

auf den modernen Tierschutz.<br />

Das bedeutet vor allem: Kein Jäger<br />

Schwarzwild wird zurzeit intensiv bejagt, um die afrikanische Schweinepest<br />

zu verhindern.<br />

Foto: Arnold Pöhlker<br />

schießt auf Wild aus purer Lust am<br />

Töten. Vorrang hat das Naturerlebnis.<br />

Also das Innehalten, um die<br />

Landschaft und Stille zu genießen,<br />

dabei die großen und kleinen Tiere<br />

in ihrem natürlichen Lebensraum zu<br />

beobachten – ein Freizeitvergnügen,<br />

das dem Zahnarzt auch Gelegenheit<br />

gibt, Abstand von seinem stressigen<br />

Berufsalltag zu finden. Oft kommen<br />

dem Bad Meinberger dabei gute Ideen.<br />

Die braucht er nicht nur als Arzt.<br />

Davon profitieren auch Vereine, in<br />

denen er sich ehrenamtlich engagiert,<br />

beispielsweise bei der Eisbahn im<br />

Kurpark, in der Schützengesellschaft<br />

und im Heimatverein.<br />

Jagdgesetze und<br />

Auflagen sind<br />

einzuhalten<br />

Stundenlanges Warten und ruhiges<br />

Ansitzen vor der Dämmerung oder<br />

früh morgens ist oft nötig, um Tiere<br />

richtig anzusprechen, wenn ihr Abschuss<br />

außerhalb der festgelegten<br />

Schonzeiten erlaubt ist. Bei der Jagd<br />

hat sich jeder Weidmann an Gesetze<br />

und behördlichen Auflagen zu halten.<br />

Ansonsten macht er sich strafbar und<br />

gilt nicht mehr als zuverlässig. Konsequenzen<br />

wie der Jagdscheinentzug<br />

können sogar dann drohen, wenn sich<br />

ein Jäger in anderen Bereichen (Verkehrsdelikte,<br />

Straftaten) etwas zu<br />

Schulden kommen lässt. Die strengen<br />

Jagdvorschriften verpflichten den<br />

Jäger auch zur richtigen Auswahl<br />

und zum „sauberen Schuss“, damit<br />

das Tier nicht leidet. „Das ist man<br />

aber auch persönlich dem Geschöpf<br />

schuldig. Jeder ist für sein Handeln<br />

verantwortlich“, spricht Sommer die<br />

Jagd-Ethik an. Bei unklaren Situationen<br />

sei es besser, nicht zu schießen.<br />

Wer den Finger am Abzug krumm<br />

macht, muss sich im Klaren sein, was<br />

das bedeuteten kann. Der Umgang<br />

mit einem Gewehr ist nur dann nicht<br />

gefährlich, wenn Regeln eingehalten<br />

werden. Schon allein deshalb müssen<br />

sich angehende Weidmänner und<br />

Frauen einer intensiven Ausbildung<br />

unterziehen, die mit einer staatlichen<br />

Prüfung abschließt. „Natürlich ist<br />

das Jagdgeschehen bei Drück- und<br />

Treibjagden oder in einer Gruppe<br />

auch ein geselliges Ereignis, Gemeinschaft<br />

mit Gleichgesinnten.<br />

Man lernt interessante Menschen<br />

kennen“, freut sich Dr. Sommer wie<br />

seine Kollegen immer auch auf die<br />

Après-Jagd mit ihrer kommunikativen<br />

Gemütlichkeit, beispielsweise<br />

bei sich im „Bienenhaus“.<br />

Nachsuche nach<br />

verletzten Tieren ist ein<br />

Muss<br />

Seinen ersten Schuss setzte der<br />

Bad Meinberger auf einen Rehbock<br />

ab. Das war 1996 auf dem Rittergut<br />

Oetker in Hornoldendorf. „Der kam<br />

fast wie bestellt kurz vor Sonnenuntergang.<br />

Dabei war ich ziemlich<br />

aufgeregt, wollte nichts falsch<br />

machen. Der Bock sollte im Schuss<br />

auch liegen“. Aus dem Jägerjargon<br />

übersetzt heißt das, dass das Tier<br />

ohne große Qualen schnell erlegt<br />

wird. Besonders bei Drückjagden<br />

kann es vorkommen, dass ein Tier<br />

nur verletzt wird. Dass das aber<br />

in 70 Prozent aller Fälle passieren<br />

soll, wie vom Wildtierschutz e.V.<br />

Deutschland behauptet, bezweifelt<br />

Bernd Sommer. „Einen schlechten<br />

Schuss kann es besonders dann<br />

geben, wenn auf flüchtige Tiere<br />

geschossen wird. Das ist jedoch die<br />

Ausnahme“. Und wenn doch der<br />

Fall mal eintritt, gibt es dafür ein<br />

verbindliches Procedere. Nach dem<br />

angeschossenen Wild ist so schnell<br />

wie möglich mit einem Schweißhund,<br />

der auf Fährten anspricht, zu<br />

suchen, um es zu erlösen. Das ist nicht<br />

ganz ungefährlich, vor allem wenn es<br />

dämmert oder bei einem verletzten<br />

Keiler. Bei Schwierigkeiten muss<br />

ein professioneller Nachsucher mit<br />

seinem Schweißhund verständigt<br />

werden. „Das ist vorgeschrieben und<br />

gehört zur weidmännischen Ehre.<br />

Wir sind es dem Tier schuldig. Ich<br />

würde es mir persönlich auch nicht<br />

verzeihen, wenn ich nicht sofort<br />

nachsuchen würde“, so Sommer.<br />

Die Achtung vor dem Wild, eine<br />

meist ganz persönliche Geschichte<br />

mit jedem erlegten Tier und das<br />

besondere Verantwortungsgefühl für<br />

die Vor- und Nachsorge sind im Weidhandwerk<br />

wie ein ehernes Gesetz.<br />

Natürlich gibt es in diesem Metier<br />

auch mal ein „schwarzes Schaf“,<br />

weiß Dr. Sommer zu berichten. Aber<br />

das kommt eher selten vor. Allen<br />

Jägern gehe es um die Würde, die<br />

oberste Priorität beim Jagen hat. So<br />

wie es im Gedicht „Weidmannsheil“<br />

von Oskar von Riesenthal (1830 –<br />

1898) zum Ausdruck kommt: „Das<br />

ist des Jägers Ehrenschild, dass er<br />

beschützt und hegt sein Wild, weidmännisch<br />

jagt, wie sich‘s gehört, den<br />

Schöpfer im Geschöpfe ehrt.“<br />

Mit dem „grünen<br />

Abitur“ zum<br />

gestandenen Jäger<br />

Bevor sich jemand Jäger beziehungsweise<br />

inzwischen immer häufiger<br />

auch Jägerin nennen darf, steht<br />

die Mühe, sich auf eine keineswegs<br />

einfache Jagdprüfung – das „grüne<br />

Abitur“ – vorzubereiten. Und zwar<br />

mit allem, was dazu gehört. In zahlreichen<br />

Lehrgängen müssen die Kandidaten<br />

eine ganze Menge Kenntnisse<br />

aus der Forst- und Landwirtschaft,<br />

dem Jagdrecht und der Wildbiologie<br />

büffeln, um die staatliche Prüfung<br />

zu bestehen und den Jagdschein zu<br />

erhalten. Doch damit nicht genug.<br />

Nach dem ersten erlegten Wild<br />

folgt der „Jäger-Schlag“. Das ist<br />

eine weitere, gegen Ende immer<br />

feuchtfröhlicher werdende Prüfung<br />

unter Vorsitz des „Jagdkönigs“,<br />

Jagdpächters und eines erfahrenen<br />

Jägers. Dem Kandidaten werden<br />

eine Menge Prüfungsfragen gestellt,<br />

bei deren richtiger Beantwortung<br />

immer ein Wachholder gegen den<br />

Prüfungsstress herunter zu kippen<br />

ist... Mit erfolgreichem Bestehen dieser<br />

in jeder Hinsicht harten Prüfung<br />

erfolgt die endgültige Aufnahme in<br />

den Kreis der Jägerschaft. „Dieses<br />

Prüfungsritual musste ich 1996<br />

durchmachen“, schaut Dr. Sommer<br />

zurück. Wer jetzt aber meint, das eigene<br />

Jagdrevier sei zwangsläufig der<br />

nächste Schritt, der irrt. Nahezu zehn<br />

Jahre Praxiserfahrung muss jeder<br />

„Jung“-Jäger zunächst sammeln, um<br />

seine „Revierfähigkeit“ zu beweisen.<br />

Erst danach kann er oder sie sich<br />

um ein eigenes Revier bemühen.<br />

Zwischendurch, und das ist sogar<br />

jährlich vorgeschrieben, muss jeder<br />

Weidmann einen „Schießnachweis“<br />

auf bewegtes Wild erbringen. Dies<br />

auch deshalb, um an Drückjagden<br />

teilzunehmen.<br />

Drückjagden sind<br />

alternativlos<br />

Nun ist nicht alles Friede und<br />

Freude im Verständnis um die Jagd.<br />

Tierschützer kritisieren besonders<br />

Drückjagden. Hier wird als Gesellschaftsjagd<br />

das Wild durch Treiber<br />

mit oder ohne Hund zu den Jägern<br />

gebracht. Dr. Sommer klärt auf, was<br />

dahinter an Notwendigem steht:<br />

„Jeder Pächter muss jährlich einen<br />

vorgegebenen Abschlussplan erfüllen.<br />

In meinem Revier bedeutet das<br />

beispielsweise 12 Rehe und zwei bis<br />

drei Stück Damwild (Rothirsche)<br />

sowie Schwarzwild, das derzeit wegen<br />

einer befürchteten Schweinepest<br />

häufiger geschossen werden darf“.<br />

In größeren Revieren können die<br />

vorgegebenen Abschusszahlen nur<br />

durch Drückjagden erreicht werden.<br />

Der Landesverband als Verpächter<br />

beispielsweise des Schwalenberger<br />

„Mörth“ verpflichtet im Pachtvertrag<br />

die Jäger, an Drückjagden teilzunehmen.<br />

Diese Jagd ist insoweit<br />

alternativlos, weil sie, wie auch<br />

Einzeljagden, zur Regulierung des<br />

Wildbestandes beiträgt. Durch das<br />

Nahrungsangebot, auch durch intensive<br />

Monokultur wie Maisanbau hervorgerufen,<br />

ist eine Überpopulation<br />

entstanden. Bernd Sommer verweist<br />

auf eine Studie in der Schweiz. Dort<br />

habe man zehn Jahre ein Revier nicht<br />

bejagt. Die Folge sei sogar eine<br />

Überpopulation von kranken und<br />

schwachen Tieren gewesen.<br />

„In unseren Breiten hat das Wild<br />

meist nicht viele oder überhaupt<br />

keine natürlichen Feinde. Allenfalls<br />

ist es der Menschen oder das Auto“.<br />

Sicherlich biete der Einzelansitz<br />

gegenüber Treibjagden den Vorteil,<br />

dass das Wild ruhig bleibt und in<br />

einer günstigen Position steht, um<br />

einen sicheren Schuss abzugeben.<br />

So erkennt man auch besser das<br />

Leittier und wird statt seiner ein<br />

anderes ansprechen. Grundsätzlich<br />

tabu sind auch Muttertiere, die ihre<br />

Jungen noch aufziehen. Manche<br />

Tierschützer glauben, dass Jäger<br />

das Wild füttern, um es zu Trophäen<br />

heran zu züchten. Auch hier verhält<br />

sich die Wirklichkeit anders. „Wir<br />

dürfen gar nicht füttern. Lediglich<br />

um den Hochsitz herum gibt es sogenannte<br />

Kirrungen. Das sind kleine<br />

Futterstellen, wo nach deutschem<br />

Recht einen Platz zum Ausbringen<br />

von Getreide oder Mais, beispielsweise<br />

unter Steinen, erlaubt ist, um<br />

Schwarzwild anzulocken“, so Dr.<br />

Sommer. Die Kritik an umweltschädlichem<br />

„Bleischrot“ ist inzwischen<br />

veraltet. Als Alternative haben sich<br />

bleifreie Jagdschrotpatronen nahezu<br />

Arnold<br />

DIE SERIE IM STADT-ANZEIGER<br />

durchgesetzt.<br />

Derzeit steht der Abschuss von<br />

Schwarzwild besonders im Fokus.<br />

Das hängt mit der afrikanischen<br />

Schweinepest zusammen, die sich<br />

in Polen und<br />

Tschechien<br />

ausgebreitet<br />

hat. Deshalb<br />

wurde die<br />

Jagdzeit ausnahmsweise<br />

verlängert.<br />

Auch am Ende<br />

einer Jagd ist<br />

sich der Jäger<br />

seiner<br />

Verantwortung<br />

bewusst.<br />

Strikt achtet<br />

er auf die Vorschriften<br />

zur<br />

Fleischhygiene<br />

und ebenso<br />

auch hier auf<br />

Brauchtumsregeln.<br />

Dabei<br />

wird das tote<br />

Wild in einer<br />

bestimmten<br />

Reihenfolge<br />

auf die rechte<br />

Körperseite<br />

gelegt. Jedes<br />

erlegte Tier<br />

erhält einen<br />

Bruch, meist<br />

einen Fichtenzweig,<br />

mit<br />

Dr. Bernd Sommer<br />

Diesmal:<br />

triftt...<br />

als Jäger<br />

dem es geschmückt wird. Bei Jagden<br />

wird jede Tierart mit einem „Totsignal“<br />

auf dem Jagdhorn „verblasen“,<br />

ehe den Abschluss das große „Halali“<br />

bildet. Das gute, regionale Wildfleisch<br />

ohne Antibiotikabelastung<br />

ist bei Metzgereien und Restaurants<br />

beliebt. Natürlich verschmäht auch<br />

jeder Jäger keinen schmackhaften<br />

Wildbraten.<br />

Handelt als Naturfreund und Jäger mit großem Respekt vor Tieren und sehr verantwortungsbewusst:<br />

Dr. Bernd Sommer aus Horn-Bad Meinberg Foto: Arnold Pöhlker

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