Kicker der Ortenau Sommer 2012/2013
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1. Fußball-Bundesliga<br />
Sich selbst bewusst sein<br />
Interview des Trainerteams des SC Freiburg im <strong>Kicker</strong> <strong>der</strong> <strong>Ortenau</strong><br />
So erfolgreich zu sein wie in <strong>der</strong> Rückrunde <strong>der</strong><br />
vergangenen Saison, kann man nicht voraus<br />
planen. Stattdessen haben sich die Trainer des<br />
SC Freiburg zum Ziel gesetzt, die Intensität <strong>der</strong><br />
täglichen Arbeit konstant auf höchstem Niveau<br />
zu halten – auch falls Phasen kommen sollten,<br />
in denen messbare Ergebnisse mal ausbleiben.<br />
Red: Herr Streich, Herr Baier, Herr Voßler, ein<br />
denkwürdiges Bundesliga-Halbjahr liegt hinter<br />
dem SC Freiburg. Was ist davon nach sieben<br />
Wochen Trainingspause geblieben?<br />
Patrick Baier: Die Jungs arbeiten genauso intensiv<br />
und akribisch wie im vergangenen halben Jahr,<br />
das ist geblieben. Alle Beteiligten sind weiter mit<br />
unglaublich viel Freude und Engagement dabei ...<br />
Red: ... und haben sich gut von <strong>der</strong> kräftezehrenden<br />
Rückrunde erholt?<br />
Lars Voßler: Es war eine schöne <strong>Sommer</strong>pause nach<br />
einer am Ende schönen Saison. Alle wirken gut<br />
erholt und haben die Lust und Kraft, hier wie<strong>der</strong><br />
täglich zusammen zu sein und zusammenzuarbeiten.<br />
Red: In <strong>der</strong> Rückrunde <strong>der</strong> vergangenen Saison<br />
gelang das so eindrucksvoll, dass Freiburg ins<br />
Fußballfieber fiel und viele Anhänger sich an<br />
die mittleren 1990er Jahre erinnert fühlten.<br />
Christian Streich: Natürlich empfindet man es als<br />
etwas ganz Beson<strong>der</strong>es, wenn die Leute sich so für<br />
einen interessieren und emotional so dabei sind.<br />
Red: Aber dass es so gut laufen würde, ...<br />
Streich: ... war nicht selbstverständlich. Natürlich<br />
nicht. Wir wollten durch Kleinigkeiten ein funktionierendes<br />
Gebilde entwickeln mit dem Gefühl, dass<br />
wir gemeinsam in die gleiche Richtung gehen.<br />
Red: Wann haben Sie gemerkt, dass es funktioniert?<br />
Streich: Dass dieses Gebilde funktionieren könnte,<br />
war mir nach wenigen Trainingseinheiten in<br />
unserem Wintertrainingslager in Spanien klar.<br />
Aber natürlich nicht, welche Ergebnisse wir in <strong>der</strong><br />
Rückrunde erzielen werden.<br />
Es kamen junge Spieler aus <strong>der</strong> Fußballschule,<br />
die hoch motiviert waren. Die an<strong>der</strong>en waren mit<br />
<strong>der</strong> Hinrunde sehr unzufrieden und wollten sich<br />
unbedingt an<strong>der</strong>s präsentieren. So konnten wir<br />
alles ausblenden, was auch nur ansatzweise hätte<br />
stören können.<br />
Voßler: Als Trainer konnte man korrigieren und kritisieren<br />
und hat gemerkt, dass es ankommt, dass es<br />
angenommen wird.<br />
Red: Mit <strong>der</strong> Folge, dass die Messlatte für die<br />
neue Spielzeit nun sehr hoch liegt nach den 27<br />
Punkten, die in <strong>der</strong> Rückrunde <strong>der</strong> vergangenen<br />
Saison geholt wurden.<br />
Streich: Wir haben keine Latte gelegt und wir müssen<br />
auch keine überspringen. Wir versuchen weiter,<br />
in <strong>der</strong> täglichen Arbeit ganz genau hinzuschauen<br />
und den Jungs Vertrauen zu geben, damit sie gut<br />
mit uns zusammenarbeiten können. Und wir probieren<br />
weiterhin sehr verantwortungsbewusst mit<br />
den finanziellen Möglichkeiten umzugehen, die wir<br />
hier in Freiburg haben.<br />
Baier: An<strong>der</strong>s gesagt, es geht nicht mehr um die<br />
Frage: Was war? Wir arbeiten genau so weiter, wie<br />
wir es vorher getan haben. Auf Einflüsse von außen<br />
können wir eh nur sehr begrenzt reagieren.<br />
Red: Auch wenn das, was war, kein Thema<br />
mehr sein soll, ist die Frage, was wird, vor<br />
allem in fußballerischer Hinsicht eine sehr<br />
spannende.<br />
Baier: Es könnte sein, dass viele Gegner an<strong>der</strong>s<br />
gegen uns spielen als noch in <strong>der</strong> vergangenen<br />
Saison. Es ist unsere Aufgabe, die Mannschaft so<br />
vorzubereiten, dass sie möglichst viele Lösungen<br />
hat, in unterschiedlichen Spielsituationen genauso<br />
wie bei variierenden Spielweisen <strong>der</strong> Gegner.<br />
Red: Wie ordnet man als Kollege denn den<br />
medialen Hype um Christian Streich ein? Hat<br />
<strong>der</strong> etwas verän<strong>der</strong>t in <strong>der</strong> Gruppe?<br />
Baier: Das wäre ja katastrophal. Wir arbeiten 15<br />
Jahre zusammen, dass Christian jetzt öfter ein<br />
Thema in den Medien ist, än<strong>der</strong>t überhaupt nichts<br />
an meiner Sicht auf das Ganze.<br />
Voßler: Ich finde es sogar gut, dass Christian uns<br />
damit viel abnimmt, was die Öffentlichkeitsarbeit<br />
angeht. Ich arbeite gerne im Hintergrund, arbeite<br />
gerne zu – und darin sind Patrick und ich uns, glaube<br />
ich, sehr ähnlich.<br />
Red: Aber thematisiert wird im Trainerbüro<br />
schon mal, was da passiert ist und passiert.<br />
Voßler: Ganz ehrlich: Was geschrieben o<strong>der</strong> gesendet<br />
wird, interessiert intern wirklich kaum. Das wäre<br />
erst dann ein Thema, wenn unsere gemeinsame<br />
Arbeit darunter leiden würde. Aber das tut sie<br />
definitiv nicht.<br />
Red: Apropos gemeinsame Arbeit: Wenn <strong>der</strong><br />
Eindruck nicht getrogen hat, war die Arbeit in<br />
<strong>der</strong> Rückrunde auf allen Ebenen sehr intensiv,<br />
ob beim Training, am Spielfeldrand o<strong>der</strong> auf<br />
dem Platz. Lässt sich das so einfach auf eine<br />
ganze Saison ausdehnen?<br />
Baier: Da wollen wir jetzt wie<strong>der</strong> ansetzen und<br />
weitermachen, und wir hoffen, dass wir wie<strong>der</strong><br />
belohnt werden.<br />
Streich: Wobei diese Belohnung nicht in erster Linie<br />
materiell ist.<br />
Red: Son<strong>der</strong>n?<br />
Streich: Sie ist ideeller Natur. Wir stehen für den SC<br />
Freiburg und damit für eine Philosophie, die wir vermitteln<br />
wollen. Das haben wir seit Januar probiert,<br />
und viele Leute haben, glaube ich, ein sehr feines<br />
Gespür dafür entwickelt, dass wir wissen, was war<br />
und was ist. Das gibt dir Selbstvertrauen und Kraft,<br />
den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen.<br />
Red: Aber braucht es dafür nicht auch kurzfristigen<br />
Erfolg?<br />
Streich: Erfolg ist mir zu plakativ ausgedrückt. Es<br />
wird immer wie<strong>der</strong> auch schwierige Phasen geben.<br />
Darauf müssen wir uns mental vorbereiten und<br />
auch dafür das Niveau hochhalten. Der energetische<br />
Aufwand, mit dem wir arbeiten, darf nicht<br />
nachlassen, selbst wenn <strong>der</strong> messbare Erfolg mal<br />
ausbleibt. Diesen Anspruch den Spielern jeden Tag<br />
vorzuleben, ist die Voraussetzung für alles an<strong>der</strong>e.<br />
Interview: Heimspiel<br />
Red: Wobei die Stimmung und die Arbeit im<br />
Trainingslager in den Himmel zu loben, zu den<br />
Standardfloskeln im Fußball gehört.<br />
Streich: Bei uns war es nicht nur daher gesagt.<br />
Es herrschte tatsächlich von Anfang an eine gute<br />
Stimmung. Die Haltung <strong>der</strong> Spieler hat gestimmt. Es<br />
kamen neue Spieler dazu, die hoch motiviert waren.<br />
8<br />
Winterneuzugang Ivan Santini, behauptet den Ball im Testspiel gegen den OFV.<br />
Foto: Heuberger